Autor Thema: Das Attentat in Sarajewo, Juni 1914  (Gelesen 4079 mal)

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Das Attentat in Sarajewo, Juni 1914
« am: Di, 03. April 2007, 16:11 »
Das Attentat in Sarajewo, Juni 1914

Die Ermordung des Thronfolgerpaares der Habsburgermonarchie, Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este und Herzogin Sophie von Hohenberg, am 28. Juni 1914 in Sarajewo hat als politisches Attentat die Weltgeschichte entscheidend geprägt. Diese „Katastrophe“ habe einen „erschütternden Eindruck“ hinterlassen, meinte der k. u. k. Geschäftsträger in seinem Bericht vom 29. Juni 1914 und bittet um Nachsicht, dass er „das blutige Drama von Sarajewo“ noch nicht mit der „nötigen Fassung, Sachlichkeit und Ruhe“ beurteilen könne.

Erzherzog Ferdinand avancierte durch den Tod seines Vaters (1896) faktisch zum Thronfolger der Monarchie. Er war durch sein politisches Programm, die Aktivitäten des „Belvedere-Kreises“ und seine nicht standesgemäße Ehe mit Gräfin Sophie Chotek (Herzogin von Hohenberg) keineswegs in der uneingeschränkten Gunst des Monarchen. Gegen den Widerstand des Kaisers setzte Franz Ferdinand seine Heirat mit Sophie Chotek durch und leistete am 28. Juni 1900 einen feierlichen Eid, mit dem er für seine Kinder auf die Erbfolge und die Mitgliedschaft im Erzhaus verzichtete. Nach dem Besuch des Deutschen Kaisers Wilhelm II. in Konopischt (12. und 13. Juni 1914) bereitete Franz Ferdinand, in seiner Funktion als „Generalinspektor der gesamten bewaffneten Macht“ Österreich-Ungarns, die er seit August 1913 innehatte, die Reise zu den Manövern in Bosnien vor. Die lakonische Ankündigung in dem Brief an Erzherzog Ludwig Salvator vom 21. Juni 1914, dem Todestag von Bertha von Suttner – die mit ihrem Buch „Die Waffen nieder!“ die Friedensbewegung anführte – lässt nicht erkennen, dass diese Reise in ein Gebiet führen würde, dass seit Jahren durch heftige Agitationen und derbe Propaganda besetzt war. Ob die Auswahl des Tages, jener 28. Juni 1914, als bewusste Provokation der Serben angesetzt war, ist auszuschließen. Die Attentäter hatten Belgrad bereits am 28. Mai verlassen und wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal den genauen Terminplan des Thronfolgers. Der „Vidovan“ (St.-Veit-Tag) und die Erinnerung an die Schlacht auf dem Amsfeld spielte aber in der nachfolgenden Diskussion sehr wohl eine wichtige Rolle.

Der Thronfolger, seine Frau und das militärische Gefolge nahmen Quartier in Bad Illid`ze westlich von Sarajewo. Das dichte Besuchsprogramm, in dessen Mittelpunkt zweifellos die militärischen Manöver am 26. und 27. Juni standen, sah zahlreiche Besichtigungen, Vorstellungen und offizielle Termine vor. Der Abschluß der Manöver in einem Gebiet rund 30 Kilometer südwestlich von Sarajewo, die – abgesehen von einigen notorischen Eigenwilligkeiten des Thronfolgers – zur allgemeinen Zufriedenheit verliefen, wurde mit einer offiziellen Hoftafel am 27. Juni gefeiert. Bei dieser Gelegenheit versuchten einige Teilnehmer den Erzherzog zu überzeugen, die für Sonntag, den 28. Juni 1914 geplante Fahrt nach Sarajewo abzusagen und unverzüglich mit der „Viribus Unitis“ die Rückreise anzutreten. Eine Absage hätte sicher einige Erklärungen nötig gemacht, aber Franz Ferdinand, der bekannt dafür war, auch im Korsett von offiziellen Verpflichtungen zu improvisieren und recht gerne Diskussionen über Folgen von Terminveränderungen und Absagen provozierte, schien dem Vorschlag einer sofortigen Abreise nicht abgeneigt. Oberstleutnant Erik von Merizzi, Adjutant des Landeschefs von Bosnien-Herzegowina und Feldzeugmeister Oskar von Potiorek, bestärkten schlussendlich den Thronfolger, doch nach Sarajewo zu gehen mit dem Argument, dass eine Absage als Affront gegenüber dem Landeschef und als Beleidigung der loyalen Bevölkerung interpretiert werden würde. Man wußte zwar über die Radikalisierung der irredentischen Szene in Bosnien-Herzegowina Bescheid, es mag aber eine Rolle gespielt haben, dass das Thronfolgerpaar ohne Zwischenfall bereits am 25. Juni 1914 nachmittags einen inoffiziellen Besuch in Sarajewo absolvierte und die Herzogin auch an den folgenden Tagen mehrmals allein in der Stadt gewesen war.

Am Sonntag, dem 28. Juni 1914, um 10.00 Uhr, empfing Oskar von Potiorek das Thronfolgerpaar am Bahnhof und von dort setzte sich die Wagenkolonne nach der Besichtigung des sogenannten „Defensionslagers“ in Richtung Rathaus in Bewegung. Auf der Rückbank des dritten Autos, gefahren von Leopold Loyka und als Beifahrer Gustav Schneiberg, Franz Ferdinands Hofkammerbüchsenspanner, saßen das Thronfolgerehepaar, Potiorek und der Wagenbesitzer, Franz Graf Harrach. Unterwegs zum Rathaus erfolgte das erste Attentat: die Handgranate des Nedeljko Cábrinovic`traf aber nur das nach hinten gefaltete Stoffdach und fiel unter das nachfolgende Auto, wo sie auch explodierte und zwei Personen, Graf Alexander Boos-Waldeck und Merizzi leicht verletzte.

Im Rathaus vereinbarte man, in das Garnisonsspital und von dort direkt zum Konak, der Residenz des Landeschefs, zu fahren. Graf Harrach postierte sich nun auf das linke Trittbrett, um den Thronfolger mit seinem Körper abzuschirmen. Ein fataler Kommunikationsfehler führte zur Tragödie: der erste Wagen der Kolonne fuhr nicht wie vereinbart geradeaus den Appelkai entlang, sondern bog nach kaum 400 Metern, der alten Route in die Altstadt folgend, in die Franz-Joseph-Straße ein. Potiorek, der den Irrtum bemerkte, gab seinem Fahrer noch Befehl  „(…) nicht in die Gasse hinein, sondern geradeaus am Quai weiter, wozu er aber vorher etwas zurückschieben hätte müssen, da wir im Moment, wo er das Auto an der Ecke zum Stehen brachte, mit der ganzen Autolänge ganz in die Franz-Joseph-Straße und zwar hart an das in der Fahrtrichtung rechts liegende, dicht mit Menschen besetzte Trottoir geraten waren. Im gleichen Moment hörte ich den rasch aufeinanderfolgenden Knall zweier Pistolenschüsse (…)“. Gavrilo Princip traf zweimal tödlich.

Beiden Attentätern, die nach einem misslungenen Selbstmordversuch durch Gift bei der Verhaftung misshandelt wurden, wurde vor dem Kreisgericht Sarajewo der Prozeß gemacht. Princip wurde ebenso wie Càbrinovic` zu 20 Jahren schweren Kerkers verurteilt. Das Militärgericht stellte fest, dass der Anschlag „auf eine Weise erfolgte, dass sich dagegen keinerlei Sicherheitsmaßregeln oder Abwehrmaßnahmen treffen ließen.“ Aus heutiger Sicht bot nur das Missverständnis über die Wegstrecke dem Täter die Gelegenheit zu den Pistolenschüssen aus nächster Nähe. Princip wurde noch im Dezember 1914 in die Festung Theresienstadt (Terezin) verlegt, wo er nach schwerer Krankheit am 28. April 1918 starb.

Princip und Càbrinovic`waren und die übrigen tatbereiten Aktivisten waren weder Einzeltäter noch professionell geschulte und organisierte „Killer“, sondern fanatisierte Jugendliche. Unter dem Einfluß revolutionärer Literaten, idealistischer Professoren, nationalistisch-chauvinistischen Politiker und Militärs verherrlichten sie den Tyrannenmord und handelten letztlich aus eigenem Entschluß.

Zweifellos gab es indirekte Verbindungen zu serbischen Organisationen und zu höchsten Militär- und Regierungskreisen in Belgrad. Der Verdacht, dass die „Rädelsführer nicht nur unter dem ungebildeten Volke, sondern in der Propagandaabteilung des Auswärtigen Amtes“ in Belgrad zu suchen seien, waren für Wien Argumente, der „unaufhörliche(n) aggressive(n) Wühlarbeit“ Serbiens, wie dies ein Zeitgenosse formulierte, nunmehr mit ultimativen Forderungen entgegenzutreten und auch den Kriegsfall nicht mehr auszuschließen.

Wenige Wochen nach dem Attentat stand ganz Europa in Waffen und in dem erwähnten Bericht ist in Ansätzen die Argumentationslinie des Wiener Ballhausplatzes zu erkennen, die schließlich zur Kriegserklärung an Serbien führen sollte.

Seit Jahren herrschte zwischen der Monarchie und Serbien eine durch nationalistische Töne aufgeheizte Stimmung. „Jahrelang ist in Serbien Haß gegen die Monarchie gesät worden. Die Saat ist aufgegangen und Mord geerntet“, schreibt Geschäftsträger Storck. Das Attentat des Gavrilo Princip stärkte jene Fraktionen in Wien, die eine militärische Expedition gegen Serbien favorisierten.

Auszug aus Österreich Edition
« Letzte Änderung: Fr, 18. Juni 2010, 22:10 von Adjutant »
" Tradition ist die Flamme hüten und nicht die Asche bewahren "
Grüße aus Wien

Offline md11

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Das Attentat in Sarajewo, Juni 1914
« Antwort #1 am: Di, 01. Mai 2007, 00:24 »
hab da noch was gefunden!

Quelle-Unser Jahrhundert im Bild (1964)

Gruß
Josef
« Letzte Änderung: So, 13. Juni 2010, 18:21 von Adjutant »

Offline Adjutant

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Das Attentat in Sarajewo, Juni 1914
« Antwort #2 am: Di, 01. Mai 2007, 09:14 »
Habe auch noch einige Bilder von Graf Greifenburg bekommen

1.     28.06.1914 kurz vor dem Attentat
2.     Die Kreuzung die die Welt veränderte  (Bilder von 2005)
3.                  -------"--------
4.     Gedenktafel an das Attentat von  1914
5.                 -------"---------
« Letzte Änderung: So, 13. Juni 2010, 18:22 von Adjutant »
" Tradition ist die Flamme hüten und nicht die Asche bewahren "
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Re: Das Attentat in Sarajewo, Juni 1914
« Antwort #3 am: So, 08. Juli 2007, 20:19 »
Hier noch ein paar Bilder aus dem Heeresgeschichtlichen Museum in Wien

Bild 1 u. 2  Auto des Thronfolgers
Bild 3 die original Uniform des Thronfolgers
« Letzte Änderung: So, 13. Juni 2010, 18:27 von Adjutant »
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Grüße aus Wien

 


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