Autor Thema: Eisernes Kreuz (EK) vor 1914  (Gelesen 90063 mal)

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Offline Hubert

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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #40 am: Do, 28. Januar 2010, 18:38 »
Das Eiserne Kreuz 1870


Auch nach mehr als 50 Jahren war der Volkskrieg von 1813 als einer der härtesten und entbehrungsreichsten in der preußischen Geschichte im Bewustsein der Bevölkerung lebendig geblieben. Der Kriegserklärung Frankreichs vom 19.7.1870 leistete diesen Erinnerungen erneut Vorschub,Frankreich - das war das Synonym für Entrechtung und Unterdrückung und diese ( Volks- ) Meinung wurde nun erneut durch die Demütigung des Monarchen Wilhelm I., durch den Angriff auf Preußens existentielle Rechte, bestätigt. Nach dem Krieg und Sieg von 1870/71 entstand eine Fülle patriotischer Literatur zur Vorgeschichte und Vorbereitung des Krieges, zu seiner Militärgeschichte, zur politischen Geschichte des Krieges , ja selbst zur Kulturgeschichte dieser Auseinandersetzung. Niemals wurde dabei versäumt , auf die Wesensgleichheit zum Ablauf von 1813 hinzuweisen.
Das liest sich für 1813 dann so : " Der Druck der Napoleonischen Gewaltherrschaft , das rücksichtslose Zertreten ihrer heiligsten Interessen hatte die Deutschen gewaltsam gelehrt, daß sie ein Volk seien, ein großes gemeinsames Volk.Im Befreiungskriege brachten sie dies zum ersten Male wieder als Macht nach Außen zur Geltung."
Für 1870 klingt es nicht minder heroisch: " Eine Unter den Linden aufgelegte, von vielen Tausenden unterzeichnete Adresse bezeugte"....Euer Königlichen Majestät in diesen Tagen ( 17.7.1870 -Anm.d.Verf.) der Gefahr der unverbrüchliche Treue, die allgemeine Begeisterungfür den Kampf. Das Volk drängt zu den Waffen. Wir haben nur ein Wort in dieser Zeit: Mit Gott für König und Vaterland! Hurra drauf! "
Später schrieben die Chronisten : " Endlich hatte man einen unverfälschten Krieg gegen den Erbfeind, der ohne vernünftigen Grund die ruhe des Friedens brach. In dem Gefühle, daß der Krieg aufgezwungen sei, daß man Haus und Herd, Weib und Kind verteidigen müsse, war die Erregung tiefer und innerlicher als in Frankreich". König Wilhelm I. von Preußen befand sich im Einklang mit der zeitgenössischen Würdigung der Ereignisse durch Staatsführung und Volk, als er am 19.7.1870 vom Staatsministerium unverzüglich die Urkunde eines Stiftungsentwurfs für das Eiserne Kreuz verlangte :
" Angesichts der ernsten Lage des Vaterlandes und in dankbarer Erinnerung an die Heldentaten unserer Vorfahren in den großen Befreiungskriege, will ich das von Meinem in Gott ruhenden Vater gestiftete Ordenszeichen des Eisernen Kreuzes in seiner ganzen Bedeutung wieder aufleben lassen. Das Eiserne Kreuz soll, ohne Unterschied des Ranges oder Standes, verliehen werden als eine Belohnung für das Verdienst , welches entweder im wirklichen Kampfe mit dem Feinde, oder daheim, in Beziehung auf diesen Kampf für die Ehre und Selbstständigkeit des theuren Vaterlandes, erworben wird. Das Staats-Ministerium hat Mir den Entwurf einer Urkunde über die Stiftung des Eisernen Kreuzes unverzüglich vorzulegen. Ich bemerke in Bezug hierauf :


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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #41 am: Sa, 30. Januar 2010, 18:18 »
1. Die für diesen Krieg wieder ins Leben gerufene Auszeichnung des Eisernen Kreuzes soll, wie früher, aus zwei Klassen und einem Großkreuz bestehen. Die Ordenszeichen und das Band bleiben unverändert, nur ist auf der glatten Vorderseite das W mit der Krone und darunter die Jahreszahl 1870 anzubringen.
2. die zweite Klasse wird an einem schwarzen Bande mit weißer Einfassung , wenn das Verdienst im Kampf mit dem Feinde erworben ist , und an einem weißen Bande mit schwarzer Einfassung, wenn dies nicht der Fall ist, im Knopfloch, die erste Klasse auf der linken Brust und das Großkreuz, noch einmal so groß als die der beiden Klassen , um den Hals getragen:
3. die zweite Klasse des Eisernen Kreuzes soll zuerst verliehen werden; die erste Klasse kann nicht anders erfolgen , als wenn die zweite schon erworben war, und wird neben der letzteren getragen;
4. das Größkreuz kann ausschließlich nur für eine gewonnene entscheidende Schlacht, nach welcher der Feind seine Position verlassen mußte, desgleichen für Wegnahme einer bedeutenden Festung oder für die anhaltende Vertheidigung einer Festung, die nicht in feindliche Hände fällt, der Commandierende erhalten;
5. alle Vorzüge, die bisher mit dem Besitz des Ehrenzeichens erster und zweiter Klasse verbunden waren , gehen auf das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse über;
6. Ich behalte Mir vor, darüber Bestimmung zu treffen , ob und wie weit die jetzt bestehenden Kriegs-Orden und Militär-Ehrenzeichen auch in diesem Kriege zur Ausgabe gelangen sollen."

Wilhelm
Berlin, den 19.Juli 1870

Bereits drei Tage später erhielt Wilhelm I. aus der Hand seines Generaladjutanten und Chef des Militärkabinetts Generallieutenant von Treskow, das erste Probekreuz, entsprechend den Vorschriften des königlichen Erlasses, Punkt 1.
Duplizität der Ereignisse : Auch das Statut von 1870 wird zurückdatiert wie ehedem 1813, diesmal auf den 19.7.1870 , den Todestag der Mutter des Königs, der unvergessenen Königin Luise:


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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #42 am: Sa, 06. Februar 2010, 18:03 »
" Wir Wilhelm von Gottes Gnaden König von Preußen,
Angesichts der ernsten Lage des Vaterlandes und in dankbarer Erinnerung an die Heldenthaten unserer Vorfahren in den großen Jahren der Befreiungskriege, wollen Wir das von Unserem in Gott ruhenden Vater gestiftete Ordenszeichen des Eisernen Kreuzes  in seiner ganzen Bedeutung wieder aufleben lasen. Das Eiserne Kreuz soll, ohne Unterschied des Ranges oder Standes, verliehen werden als eine  Belohnung für das Verdienst, welches entweder im wirklichen Kampfe mit dem Feinde, oder daheim, in Beziehung auf diesen Kampf für die Ehre und Selbstständigkeit des theuren Vaterlandes erworbenen wird.
Demgemäß verordnen Wir wie folgt :
 
  1. Die für diesen Krieg wieder ins Leben gerufene Auszeichnung des Eisernen Kreuzes soll, wie früher, aus zwei Klassen und einem Großkreuz bestehen. Die              Ordenszeichen sowie das Band bleiben unverändert, nur ist auf der glatten Vorderseite das W mit der Krone und darunter die Jahreszahl 1870 anzubringen.
  2. Die zweite Klasse wird an einem schwarzen Bande mit weißer Einfassung, wenn das Verdienst im Kampf mit dem Feinde erworben ist, und an einem weißen Bande mit schwarzer Einfassung, wenn dies nicht der Fall ist, im Knopfloch, die erste Klasse auf der linken Brust und das Großkreuz , noch einmal so groß als das der beiden Klassen,  um den Hals getragen.
 3. Die zweite Klasse des Eisernen Kreuzes soll zuerst verliehen werden; die erste Klasse kann nicht anders erfolgen , als wenn die zweite schon erworben war, und wird neben der letzteren getragen.
 4. Das Großkreuz kann ausschließlich nur für eine gewonnene entscheidende Schlacht, nach welcher der Feind seine Position verlassen mußte, desgleichen für Wegnahme einer bedeutenden Festung oder für die anhaltende Vertheidigung einer Festung, die nicht in feindliche Hände fallen läßt, der Commandierende erhalten.
 5. Alle Vorzüge , die bisher mit dem Besitz des Militär-Ehrenzeichens erster Klasse verbunden waren, gehen, vorbehaltlich der verfassungsmäßigen Regelung einer Ehren-Zulage, auf das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse über."

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Berlin , den 19. Juli 1870.
(L.S.)
Wilhelm
ggez. Graf v. Bismark-Schönhausen.v. Roon.Graf v. Itzenplitz.v.Mühler.v. Seschow. Graf zu Eulenburg. Leonhardt.Campenhausen.

Das ist im wesentlichen eine abgewandelte Fassung der Stiftung von 1813 . Die im  Erlaß vom 19.7.1870 noch offen gelassene Suspension aller anderen preußischen Kriegsorden ist ( auf Vorschlag des Staatsministeriums ) bereits zurückgenommen; die einzige Auszeichnung für den deutsch französichen Krieg wird das Eiserne Kreuz also nicht sein. Neben diesem werden verliehen ;
der Hohe Orden,vom Schwarzen Adler
der Pour le Merite
der Rote-Adler-Orden
der Kronen- Orden und
das Militär-Ehrenzeichen.



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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #43 am: So, 07. Februar 2010, 21:35 »
Ja mehr noch . Vorrausschauend bestimmt Wilhelm I. per Erlaß vom 22.7.1871 an den Präsidenten des Staatsministeriums wie patriotische Handlungen außerhalb des Kriegsschauplatzes zu belohnen seien.Da bei hat er wohl in erster Linie Sanitätsverdienste und Verwundetenpflege im Auge . Wörtlich heißt es,daß "....Männer, welche sich während des jetzt beendeten Krieges durch patriotische Handlungen auserhalb des Kriegsschauplatzes vorzugsweise hervorgethan haben , ein bereits bestehender Orden mit einem besonderen Abzeichen verliehen werde. Ich bestimme demgemäß zur Dekoration solcher Personen die dritte und vierte Klasse Meines Kronen Ordens,sowie das Allgemeine Ehrenzeichen."
Die Möglichkeit sozusagen das Eiserne Kreuz an Nichtkämpfer zu umgehen um u. a. auch dessen Wert durch geringere Verleihungszahlen zu schützen, wurde ausgiebig genutzt. Im Kriege 1870/71 wurden verliehen;
438 Kronenorden dritter Klasse mit dem roten Kreuz am Erinnerungsbande (=sechsmal gestreiftes weißes Band).
1977 Kronen Orden vierter Klasse mit dem roten Kreuz am Erinnerungsbande.
189 Allgemeine Ehrenzeichen mit dem roten Kreuz am Erinnerungsbande.
58 Kronenorden dritter Klasse am Erinnerungsbande.
288 Kronenorden vierter Klasse am Erinnerungsbande.
42 Allgemeine Erinnerungszeichen am Erinnerungsbande.
Punkt 5 des Statuts von 1870 knüpfte in unmittelbarer Folge an die  Seniorenstiftung vom 3.8.1841 an , indem den Inhabern des Eisernen Kreuzes die gleichen Vorrechte in Aussicht gestellt wurden.( Diese Vorrechte genossen letztlich nur 96 Veteranen von 1813/15!).
Die Präambel, und das scheint wesentlich , hebt die Ausschließlichkeit des Eisernen Kreuzes für preußische Staatsbürger auf und paßt sich damit den neuen politischen und militärischen Gegebenheiten an. Zu seinem Symbol als Zeichen des einseitigen und nunmehr erneuerten Freiheitskampfes kommt ein zweites: das Eiserne Kreuz verbindet die deutschen Einzelstaaten als ihnen übergeordnetes patriotisches Zeichen.



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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #44 am: Di, 09. Februar 2010, 23:28 »
Die administrative Abwicklung des Eisernen Kreuzes von 1870/71 lag in den Händen des Militärkabinetts ; also Vorschlagswesen,Registrierung, Übergabe- unterstützt von zuständigen untergeordneten Dienststellen. Die 1813/15 amtierenden Generals-Ordens-Kommission wurde damit nicht mehr beauftragt, sondern konnte sich, ihrer eigentlichen Aufgabe gemäß, um die Orden und Ehrenzeichen Preußens im Sinne einer in Friedenszeiten tätigen Ordenskanzlei kümmern. Unbestritten blieb jedoch ihr Recht die Verleihungspapiere auszufertigen,lt.Allerhöchster Entscheidung vom 1.8.1871.
Analog zu 1813 erhielten die Offiziere wiederum Patente, "... die Seine Majestät Allerhöchsteigenhändig vollziehen wollen",für alle anderen genügten Besitzzeugnisse. In beiden Urkunden wurde der Ort der Auszeichnung nicht mehr angegeben, sondern die Formulierung "....Auszeichnung im Feldzuge von 1870/71 " gebraucht.Sämtliche Verleihungen waren von Wilhelm I. in seiner Eigenschaft als König von Preußen befohlen worden.
Als über den Einzelstaaten stehendes Ehrenzeichen sollte das Eiserne Kreuz an erster Stelle an der Ordensspange getragen werden. Das führte inoffiziell, insbesondere bei den Beliehenen der Königreiche Bayern,Sachsen und Württenberg zu Differenzen. Dort vor allem wurde eine derartige " Unterordnung" unter das Königreich Preußen abgelehnt. Schließlich hatte man das Ehrenzeichen im Kampf für Deutschland erworben und nicht für Preußens Glorie.So finden sich immer wieder Beispiele ,daß die einzelstaatlichen Tapferkeitsauszeichnungen vor dem Eisernen Kreuz getragen wurden.Ähnliches Verhalten ist 1914/18 feststellbar, noch verstärkt durch die zahlreichen Parallelstiftungen der Einzelstaaten zum Eisernen Kreuz.Das erste Eiserne Kreuz von 1870 erwarb sich der Kronprinz als Oberbefehlshaber der 3. Armee für die Siege von Weißenburg und Reichshofen. Der alte General von Steinmetz, Kommandeur der Nordarmee, erhielt das erste Eiserne Kreuz 1. Klasse, wobei man sein Eisernes Kreuz 2. Klasse von 1813 als Vorraussetzung für die nächsthöhere Stufe anerkannte.( Damit umging man geschickt die offene Frage der erneuten Verleihung einer 2. Klasse).Die Vererbung des Eisernen Kreuzes entfiel 1870 : die Auszeichnung war infolge verbesserter technischer Möglichkeiten jederzeit in ausreichender Menge verfügbar, außerdem wirkte der uneffektive bürokratische Aufwand (1814-1839) immer noch abschreckend; hatten doch weder die Generals-Ordens-Kommission noch die zuarbeitenden Militärbehörden eine Erfüllung aller Ansprüche sicherstellen können.Zur Frage der Überschaubarkeit und innewohnende Transparenz des Ehrenzeichens gehört auch der abschlägige Bescheid an die Johanniter, zusätzlich das Eiserne Kreuz mit dem der Johanniter zu verbinden . Auch für die Johanniter-Ritter galt das Eiserne Kreuz am weißen Nichtkämpferband als verbindlich.
Der vielfach vorgetragene Wunsch, Krankenpflegerdienste sowie andere patriotische Handlungen in der Heimat mit dem Eisernen Kreuz am Nichtkämpferband zu belohnen , wurde auf Anraten der Generals-Ordens-Kommission vom 7.6.1871 ebenfalls abgelehnt.


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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #45 am: So, 21. Februar 2010, 14:25 »
Der Ehrensold nach Artikel 5


der Artikel 5 versprach Vergünstigungen, die mit dem Besitz des Militär-Ehrenzeichens 1.und 2. Klasse verbunden waren, auch auf die Inhaber des Eisernen Kreuzes auszudehnen. Über diesen Passus kam es im November 1872 zum Streit zwischen Reichskanzler Otto von Bismark und dem Kriegsminister Albrecht von Roon.
Von Roon war generell für den Ehrensold,von Bismark war dagegen. Mit Schreiben vom 1.11.1872 listete von Roon alle preußischen Auszeichnungen auf , die materielle Vorrechte beinhalteten und begründete u.a. den Anspruch damit sowie mit der Kabinetts-Ordre vom 28.12.1825, die er als die eigentlichen Grundlagen des Artikels 5 ansah. Das Geld für die Seniorenstiftung von 1841 kam aus einem Staatsfond, den die Generals-Ordens-Kommission verwaltete . Für die Auseinandersetzung ist es wichtig zu wissen,daß die Mittel nicht aus dem Militäretat kamen.Von Roon forderte nun für die Inhaber des Eisernen Kreuzes ebenfalls einen Ehrensold, das finanzielle Defizitsollte durch französische Reperationszahlungen ausgeglichen werden. Geschätzt wurde ein Aufwand von 1,74 Mio.Taler im ersten Jahr, danach würde sich die Summe durch die natürliche Sterbebrate verringern. Es sollten auf jedes Eiserne Kreuz 1.Klasse fünf und jedes Eiserne Kreuz 2. Klasse am Kämpferband 3 Taler monatlich entfallen.
Mit Schreiben vom 13.11.1872 lehnte von Bismark als Reichskanzler den verfassungmäßigen Rechtsanspruch für einen derartigen Ehrensold ab. Begründung: das (preußische) Statut ist weder für den ehemaligen Norddeutschen Bund noch für das nachfolgend ausgerufene Deutsche Reich ( 18.1.1871) rechtlich bindend.
( Ordensstiftungen und -verleihungen , ebenso Ehrenzeichen, waren hochgeschätzte souveräne Ehrenrechte der einzelnen Fürsten, heute würde man sagen Ländersache und nicht Bundesangelegenheiten ).  Von Bismark sieht den Ehrensold zudem eine Pension für Bedürftige, deren Notwendigkeit er mit dem Reichsgesetz vom 27.6.1871 , der Anhebeung der Pensionen von Veteranen und Invaliden, bestreiten. Von Bismark war daran gelegen, den ideellen Wert des Ehrenzeichens hoch zu halten , Geld in Zusammenhang mit dem Eisernen Kreuz war ihm suspekt. In dieses Bild paßt auch , daß er beide Klassen des Eisernen Kreuzes von Wilhelm I. nur äußerst widerwillig annahm.Ablehnen war ihm rechtlich nicht möglich und wäre wohl auch reichspolitisch unklug gewesen. Dennoch warf er dem Monarchen vor, er würde Eiserne Kreuze bei Hofe an hochgestellte Persönlichkeiten " verschenken " . Von Bismark wollte das Eiserne Kreuz alleine für Verdienste an der Front, im Kampfe, bewahren.




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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #46 am: Mo, 01. März 2010, 23:31 »
Vordergründig aber dürfte von Bismark die Ausgaben für die Staatskasse gescheut haben. Seine Hinhaltetaktik verschlepte die Entscheidung maßgeblich . Am 26.5.1876 bildete sich deswegen in Berlin eine " Petitions-Kommission" , die versuchte, die Auszahlung des Ehrensoldes und die gesetzlichen Absicherung desselben voranzutreiben . Dennoch dauerte es bis zum 2.6.1878 , ehe der Reichstag ein entsprechendes Gesetz billigte.
§ 2 des Gesetzes bennent den Kreis der Berechtigten, denen ein Ehrensold von 3 Talern für die 2. Klasse am Kämpferband pro Monat zusteht , "... wenn sie zugleich das preußische Militär-Ehrenzeichen 2. Klasse oder eine dieser gleichzuachtende militärische  Dienstauszeichnung besitzen " . Die Aussage ist ebenso problematisch wie unklar ,denn ;
Welche nichtpreußischen Ehrenzeichen könnten hilfsweise für das Militär-Ehrenzeichen eingesetzt werden ? Der innere Wertvergleich zwischen zwei verschiedenen Ehrenzeichen läßt sich ja nur subjektiv vollziehen.Alles lief also auf eine Prüfung pro nichtpreußische Antragsteller hinaus, die administrativ und personell überhaupt nicht zu bewältigen war. Außerdem wäre die ( preußische) General-Ordens-Kommission dafür weder kompetent noch autorisiert gewesen. Folglich überließ man Kaiser Wilhelm I. die abschließende Entscheidung. Am 19.11.1878 bestimmte er, welche militärischen Dienstauszeichnungen dem preußischen Militär-Ehrenzeichen " gleichgeschaltet" seien:
a) Auszeichnungen, welche in einem der seit 1866 mit Preußen verbundenen Landesteile vor der Vereinigung verliehen worden sind:
1) das im vormaligen Königreich Hannover verliehene Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inschrift. " Kriegsverdienst " , sofern dasselbe für Tapferkeit im Kriege verliehen worden ist
2) das im vormaligen Kurfürstenthum Hessen verliehene Militär-Verdienstkreuz ( von Silber )
b) Auszeichnungen, welche in einem der Bundesstaaten außer Preußen vor dem Kriege 1870/71 verliehenen worden sind:
3) das Königlich bayrische Militär-Verdienstkreuz;
4)die Königlich bayrische silberne auf goldene Militär-Verdienstmedaille;
5) die Königlich sächsische silberne und goldene Militär-Verdienstmedaille des Militär-St.Heinrichsorden;
6) die Königlich württembergische silberne Militär-Verdienstmedaille;
7) die Großherzoglich badische Verdienstmedaille am Band der militärischen Carl-Friedrich-Verdienstmedaille;
8) das Großherzoglich hessische silberne Kreuz des Verdienstordens Phillips des Großmüthigen;
9) die Großherzogliche hessische goldene Verdienstmedaille des Ludwigsordens mit der Inschrift "Für Tapferkeit";
10) das mit dem Großherzogliche oldenburgischen Haus-und Verdienstordens des Herzogs Peter Friedrich Ludwig verbundene Allgemeine Ehrenzeichen mit gekreuzten Schwertern;
11) das mit dem Herzoglichen braunschweigischen Ordens Heinrichs des Löwen gestiftete Verdienstkreuz erster und zweiter Klasse, insofern dasselbe für Tapferkeit im Kriege verliehen ist;
12) die mit dem Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausorden affilierten Ehrenzeichen :
das Verdienstkreuz
dei Verdienstmedaille in Silber und
die Verdienstmedaille in Gold
insofern dieselben für Tapferkeit in Kriege verliehen worden sind



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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #47 am: Fr, 26. März 2010, 16:56 »
Besondere Ehrungen 1870


Neben dem Ehrensold erfreute sich das Eiserne Kreuz von 1870/71 weiterer Ehrungen :
-Fahnen und Standarten, "...die im Feuer gewesen" wurden ausgezeichnet, indem die Fahnen-und Standartenspitzen das Eiserne Kreuz erhielten. War das Eiserne Kreuz zuvor schon verliehen gab es ein Fahnenband" ...in der Farbe des Eisernen Kreuzes und dem Kreuz darin."
-Die Siegessäule in Berlin zeigt das Eiserne Kreuz in den Parierstange in der Hand der Siegesgöttin Viktoria.
-Die Kriegsdenkmünze 1870/71 zeigt auf der Rückseite bei Kommbattanten und Nichtkommbattanten ein lorbeerumkränztes Eisernes Kreuz .
-Die Wappen aller Ausgezeichneten,die wegen besonderer Verdienste im Kriege geadelt wurden , erhielten das Eiserne Kreuz.
-Am 26.8.1895 verlieh Kaiser Wilhelm II. allen Trägern des Eisernen Kreuzes von 1870/71 zum Ordensband ein silbernes Eichenlaub mit der Jubiläumszahl " 25 ",
 ( das freilich vom Inhaber auf eigene Kosten zu beschaffen war ).
-Die Kriegsflagge der deutschen Flotte,1867 von Norddeutschen Bund geschaffen, wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgestattet.

Die Kriegsjahre 1870/71 wurden nicht nur durch den Sieg über Frankreich erhöht, sondern vor allem durch die Erfüllung des Einheitstraumes vom Deutschen Reich. Vorher empfand man das Land als ohnmächtig, von widerstreitenden Interessen zerrissen und zum Spielball fremder Mächte degradiert. So sah man, ähnlich wie in den Freiheitskriegen 1813 , auch im Eisernen Kreuz von 1870 einen Bestandteil  "... des inneren deutschen Menschen " , was immer das zeitgenössisch bedeutet haben mag. Unter den vielen  ( übersteigerten) vaterländischen Bekenntnissen jener Zeitspiegeln die des Dichters Julius Wolff,selbst Inhaber des Eisernen Kreuzes, den eigentlichen Charakter als stets neu einsetzbares Vehikel patriotischer Begeisterung wieder:

" Doch meinen Enkeln weisen
Noch an des Grabes Rand
Will ich mein Kreuz aus Eisen
Mit hellem Silberrand.
Und will sie lassen schwören
Aufs Kreuz am schwarzen Band
Daß Herz und Hand gehören
Allstund dem Vaterland.
Bricht dann aus alten Gleisen
Noch mal hervor der Krieg,
Hurra! Du Kreuz von Eisen-
Dann wieder auf zum Sieg!"



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« Antwort #48 am: Fr, 26. März 2010, 17:52 »
Die Urkunden zum Eisernen Kreuz [/center



Bis einschließlich Juli 1871 waren 8 Großkreuze , 1230 Eiserne Kreuze 1.Klasse, 40200 Eiserne Kreuze 2.Klasse am Kämpferband und 3050 am Nichtkämpferband, insgesamt also 44 488 Auszeichnungen von der Generals-Ordens-Kommission dem Militärkabinett übergeben und danach ausgehändigt worden. Patente und Besitzzeugnisse waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausgefertigt, die Unterlagen hatten sich beim Militärkabinett angesammelt.Die nunmehr geforderte Ausstellung der Papiere warf einige grundsätzliche Fragen Auf:
1813-15 enthielten die Patente für Offiziere und ihnen im Range gleichstehende Militärbeamte weder den Grund für die Auszeichnung noch den Ort. Die Reihenfolge der Vergabe wurde lediglich durch das Datum der Kgl.Verleihungs-Ordre festgelegt.König Friedrich Wilhelm III. unterschrieb die Patente eigenhändig, ebenso die für das Eiserne Kreuz am Nichtkämpferband. Sollte man wieder so verfahren ? Entscheidender schien noch die Frage , ob der König von Preußen oder der deutsche Kaiser und König von Preußen die Auszeichnung verliehen hatte und inwieweit diese die Eigenschaft in die Patente einzugehen hatte.Bei den ab der Reichseinigung verliehenen preußischen Orden und Ehrenzeichen hatte man auf das Prädikat des deutschen Kaisers jedenfalls verzichtet.Die General-Ordens-Kommission konnte zu dem die Zahl der Patente an Offiziere nur schätzen.Dabei ging man von den Zahlen der Jahre 1813-15 aus und rechnete sie im Verhältnis zur Truppenstärke von 1870/71 hoch . Man kam auf 10.000 Urkunden,1813-15 waren es noch unter 4000 gewesen.
Zu Klären war ob die Militärpersonen, die ohne Offiziere zu sein vor dem Feinde Offiziersdienst getan hatten, Patente oder Besitzzeugnisse bekommen sollten; da alle Zeugnisse vom Feldwebel abwärts in die Zuständigkeit der Generals-Ordens-Kommission ( Vollzug durch den Präses ) fielen .
Die Form der Besitzzeugnisse war für 1813-15 durch ein Schema festgelegt worden.


Schema zu einem Besitz-Zeugnisse für das Eiserne Kreuz zweiter Klasse.

Zeugniß
über den Rechtmäßigen Besitz des Eisernen Kreuzes zweiter Klasse für den Unteroffizier Heinrich Kallmäckel vom Leib-Infanterie-Regiment.Auf höchsten Befehl Sr.Majestät des Königs bezeugt die General-Kommission in Angelegenheiten der Königlich Preußischen Orden hierdurch dem



Unteroffizier Heinrich Kallmäckel,


daß Sr. Majestät ihm hat das Eiserne Kreuz zweiter Klasse
wegen Wohlverhaltens in den verschiedenen Gefächten von Laôn bis zur Einnahme Paris zu verleihen geruht haben, und daß es Höchsdero ausdrücklicher Wille ist , daß die Behörden , welche invalide Soldaten zu versorgen verpflichtet sind , auf die baldige und gute Versorgung derjenigen ,die dieses Ehrenzeichen tragen und über dessen Verleihung das Zeugniß der unterschriebenen Commission ausweisen, vorzüglich Rücksicht nehmen sollen, wenn sie den Invaliden-Schein erhalten haben .
    Berlin , den 16.August 1815
 General-Commission in Angelegenheiten der
 Königlich Preußischen Orden.


(L.S)                                                               v.Dieriecke


Wollte man bei diesem Schema bleiben mußte man textlich Bezug nehmen auf §4 des Reglements vom 20.7.1867 über die Zivilanstellung und Zivilversorgung der Militärpersonen des Heeres und der Marine. Die Entscheidung WilhelmI. zu allen diesen Fragen kam aus Bad Ems am 1.8.1871 und lautete :



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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #49 am: Mo, 29. März 2010, 18:50 »
Allerhöchste Entscheidung, die Ausfertigung der Patente und Besitz-Zeugnisse betreffend.
[/b]



In Folge des Berichts der Königlichen General-Ordens-Commission vom 15.v.Mts. haben des Kaisers und Königs Majestät Allerhöchstlich Vortrag erstatten lassen und Nachstehendes zu bestimmen geruht:

   Für die Offiziere und die im Offiziers-Range stehenden Militär-Beamten , welche für Auszeichnungen im Feldzug 1870-71 mit dem Eisernen Kreuze beliehen worden, sowie für diejenigen Personen in höheren Lebensstellungen , welche das Eiserne Kreuz am weißen Bande mit schwarzen Streifen erhalten haben, sind durch die Königliche General-Ordens-Commission Patente in der bisherigen üblichen Form auszufertigen, die Seine Majestät Allerhöchsteigenhändig vollziehen wollen.
   Die übrigen mit dem Eisernen Kreuz begnädigten Personen - also auch diejenigen Militärs, welche ohne eine Offiziers-Charge zu bekleiden, vor dem Feinde Offizierdienste gethan haben- erhalten Besitz-Zeugnisse nach Maßgabe des vorgelegten Formulars mit der darin vorgeschlagenen Bemerkung hinsichtlich des Civil-Versorgungs-und des Civil-Anstellungs-Scheins. In den Patenten sowohl wie in den Besitz-Zeugnissen ist der Ort der Auszeichnung nicht anzugeben, sondern als Grund der Verleihung : 1870-71 anzuführen.
   Die Verleihungen des Eisernen Kreuzes haben Seine Majestät sämmtlich als König von Preußen zu befehlen geruht, wonach die Ausfertigung der Patente und Besitz-Zeugnisse stattzufinden hat.
   Die Königliche General-Ordens-Commission beehre ich mich auf Allerhöchsten Befehl hiervon ganz ergebenst in Kenntniß zu setzen, indem ich das Weitere ebenmäßig anheimstelle und schließlich nicht unterlasse, ganz ergebenst zu bemerken, wie seine Majestät in Bezug auf die veröffentlichende Ordensliste noch keine Bestimmung getroffen haben und den desfälligen Vorschlägen der Königlichen General-Ordens-Commission entgegen sehen wollen, wenn derselben die stattgehabten Verleihungen des Eisernen Kreuzes durch Allerhöchste Ordre mitgetheilt sein werden.

                                  

                                                                                                                                               v.Selchow






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