Autor Thema: Stalingrad  (Gelesen 35908 mal)

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Stalingrad
« Antwort #20 am: Sa, 17. März 2007, 11:13 »
Während die Stoßgruppierung um Tormossin gar nicht erst zum eigenen Angriff kommt, sondern sofort in schwerste Abwehrkämpfe bei Nishne-Tschirskaja verwickelt wird, gelingt es dem LVII. Panzerkorps der Armeegruppe Hoth mit der 6. Panzerdivision an der Spitze, am 12. Dezember entlang der Eisenbahnlinie Tichorezk-Stalingrad vorzustofjen und innerhalb von drei Tagen den Axai-Jessaulowski zu erreichen. Den Kampfgruppen sollen Kraftfahrzeugkolonnen mit mehreren Tausend Tonnen Munition, Treibstoff und Verpflegung für die Truppen im Kessel folgen.

Inzwischen hat der Chef des Stabes der 6. Armee, Generalmajor Schmidt, im Raum Karpowka-Rokotino hinter der Südwestfront des Kessels Verbände zusammenziehen lassen, die Hoth entgegenstoßen und einen Korridor zwischen der Entsatzarmee und dem Kessel schaffen sollen. Zu diesem Stoßkeil gehören die noch einsatzfähigen Panzer der 6. Armee, ungefähr 40 bis 50 Stück, sowie Einheiten der 3. mot., 29. mot. und 295. I.D., die den Korridor rechts und links sichern sollen. LKWs mit einem Laderaum von 700 Tonnen haben den Auftrag, von Karpowka aus den Panzern zu folgen und den Nachschub von Hoth zu übernehmen. Das V III. Fliegerkorps soll Sprit und Panzermunition in den Korridor abwerfen.

Auf den Befehl zum Ausbruch - die Aktion hat den Decknamen „Donnerschlag" - warten wir nun Tag für Tag. Die Lage im Kessel wird immer drückender und besorgniserregender. Die Kampfkraft der Truppe mindert sich auch durch Hunger, Erfrierungen, Krankheiten - der Grad der Entkräftung wird täglich bedrohlicher, muß man doch einen Gewaltmarsch von 30 bis 40 Kilometern einplanen. Der Laderaum und die wachsende Zahl der Verwundeten und Erkrankten geraten in ein Verhältnis, das zur Aufgabe des ursprünglichen Plans, alle Marschunfähigen mitzunehmen, zwingt.

Aber das Signal für „Donnerschlag" kommt nicht, auch nicht nach dem 19. Dezember, als Manstein an Paulus den Befehl gegeben hat, sich mit den für den Ausbruch vorgesehenen Kräften bereitzuhalten. Zu diesem Zeitpunkt ist nicht nur der Angriff Hoths bei Werchne-Kumski, bei Wertjanski und Krugljakow gestoppt worden, sondern die Armeen der sowjetischen Woronesher und Südwest-Front haben zwischen Weschenskaja und Nowaja Kalitwa den mittleren Don überquert, die deutschen Stellungen und die der 8. italienischen Armee überrannt und stoßen nun nach Süden vor.

Uns wird klar, daß vom Westen her mit einem Entsatz nicht mehr zu rechnen ist. Ob sich die 17. und 6. Panzerdivision der Armeegruppe Hoth noch einmal würden freikämpfen können, erscheint fraglich. Aber auch bei uns im Kessel haben sich die ohnehin nicht günstigen Bedingungen für einen erfolgreichen Ausbruch durch ständig größer werdende Erschöpfung an Mensch und Material verschlechtert. Wie wir uns ohne ein gleichzeitiges weiteres Vordringen Hoths aus dem Kessel durchschlagen sollen, ist für uns alle problematisch.

Zwar gelingt es dem LVII. Panzerkorps noch einmal, über die hart umkämpften Räume nach Nordosten vorzustoßen und bis zum 23. Dezember den Myschkowa-Abschnitt bei Wassiljewka zu behaupten. Es kommt zu Luft- und Panzerschlachten, bei denen auf beiden Seiten mit höchstem Einsatz und unter schwersten Verlusten gekämpft wird. Dann wirft die sowjetische Gegenoffensive unter General Jeremenko Hoths Truppen innerhalb weniger Tage weit nach Südwesten zurück. Die Aktion „Wintergewitter" ist gescheitert, das Schicksal der 6. Armee besiegelt.

Noch in den letzten Tagen des Massensterbens werden wir an die Funksprüche Mansteins denken: „Haltet aus, ich hau euch raus! -Haltet aus, wir kommen!" Unfähig, aus dem bisherigen Verlauf des Ostfeldzuges, vor allem aus der Niederlage vor Moskau, die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen und die Stärke des Gegners, sein strategisches und taktisches Können richtig einzuschätzen, hat Manstein seinem verbrecherischen Ehrgeiz nicht nur die 6. Armee geopfert, sondern auch das Leben Zehntausender deutscher, italienischer und rumänischer Soldaten, die in jenem Dezember 1942 in der Don- und Wolgasteppe, bei Kantemirowka, Alexejewo-Losowskoje, Werchne-Tschirskaja, Tormossin, Kotelnikowski, verbluteten.

Generaloberst Paulus ist sich stets im klaren darüber gewesen, daß ein selbständiger Ausbruch nur in den ersten Tagen der Einschließung möglich gewesen wäre. Aber diesen Ausbruch und auch später die Aktion „Donnerschlag" will er nur auf ausdrücklichen Befehl des OKH einleiten, nicht im Alleingang. Als ihm diese Genehmigung wieder und wieder verweigert wird, bleibt er mit seiner Armee in der „Festung Stalingrad". Auch später, in Gesprächen im Kriegsgefangenenlager und nach seiner Heimkehr in Dresden, bestätigt Paulus immer wieder, er sei damals der festen Überzeugung gewesen, daß die 6. Armee durch ihr Ausharren wesentliche Kräfte der Roten Armee binde und daß es daher auf jeden Tag längeren Durchhaltens ankomme. Er habe deshalb weder den Ausbruch noch später die Kapitulation „auf eigene Faust" verantworten können.

In seiner Ansicht, daß von Stalingrad aus die Entwicklung der Kampfhandlungen an den anderen Fronten nicht abzuschätzen sei, wird Paulus übrigens Anfang Januar auch vom Kommandierenden General unseres XIV. Panzerkorps, General Hube, bestätigt. Hube berichtet am 7. Januar nach einem persönlichen Vortrag im Führerhauptquartier, Hitler habe erneut der 6. Armee befohlen, Stalingrad bis zum Äußersten zu verteidigen, und wenn es zuletzt nur noch das Stadtgebiet sei. Es komme unter allen Umständen darauf an, Zeit zu gewinnen, damit der Südabschnitt der Front stabilisiert werden könne. Eine neue Entsatzoffensive sei geplant, auch mit Verbänden der Heeresgruppe A.

Das hat Hube am 7. Januar berichtet, einen Tag vor dem sowjetischen Kapitulationsangebot, drei Tage vor der letzten Offensive der Roten Armee!

Gruß
Josef

Offline adrian

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Stalingrad
« Antwort #21 am: Sa, 17. März 2007, 11:57 »
Hallo Josef,

ein Lob an den fleißigen Arbeiter. Ich habe diese Berichte sehr aufmerksam gelesen und hoffe, dass sich für mich einmal ein ganzes Bild zu Stalingrad ergibt, es ist noch so vieles nicht geklärt. So suche ich noch immer den genauen Standort des I. Bataillons des IR. 120 (mot.). Arturo hatte mir mitgeteilt, dass das Bataillon mit der 10. Komp. in Marinowka eingesetzt gewesen sein soll. Sag mal, gibt es hierzu Kartenmaterial? Hast Du vielleicht selber welches? Ich danke Dir für die vielen Hinweise.
Josef, ich suche Literatur zur 305. ID. Kennst Du welche?

Gruß Werner
Suche alles zur 60. Inf.Div. (mot.) (Danziger Division) bis Stalingrad

Offline md11

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Stalingrad
« Antwort #22 am: Sa, 24. März 2007, 20:14 »
Heereseinheiten bzw.Truppenteile,deren Zugehörigkeit zu einer Division nicht bekannt ist:

Alarm-Btl.Nachsch. IV

 Höh.Art.Kdr. 310

 Art.Rgt. 46, II.
 
Abt. Art.Rgt. 53, II. Abt.

Art.Rgt. 50, Stabs-Bttr. u. II. Abt.

Art.Rgt. 72,II. Abt.

schw.Art.Abt. 430

schw.Art.Abt. 616

sehw.Art.Abt. 631

schw.Art.Abt. 733

schw.Art.Abi. 800

Ie.Beob.Abt. 28

 schw.Art.Abt. 849

schw.Art.Abt. 851
 
schw.Art.Abt. 855

Bäcker.Kp. 542

 Fstgs.Bau-Btl. 16

Bau-Btl. 110

Bau-Btl. 540,1. Kp.
 
Gr.Heeres-Baudienstst. 92

le.Beob.(Lehr)Abt. 40

le.Beob.Abt. 43

Beob.Bttr.(Pz.) 16

Betriebsstoff-Verw.Kp. 571

Brücken-Bau-Btt. 255

Brücken-Bau-Btl. 522

Brücken-Bau-Btl. 655

Brücken-Kol.B 48

Brücken-Kol. 404

Brücken-Kol.B 657

Brücken-Kol. 952,

Staffel u. Stab Durchgangslager (Stammlg.) 205

Feldpostamt 792

Feldzeug-Btl. 7

FIa.Btl. 602

FIa.Btl. 608

FIa.Btl. 614

FIa.MG-Btl. (schw.) mot.Z 66

Kart. -u. Vermessungs.Abt. 617

Kart.Bttr. 650

Kesselwag.Kol.f.Betriebsst. 674

Feld-Kdtr. 249 V

Kfz.Ersatzteil-Staffel 104

Bewegl.Kfz.Instands.Kp. 128

BewegLKfz.Instands.Kp. 175

gr.Kw.Kol. f. W assertrsp. 643

kl.Kw.Kol. 795

kl.Kw.Kol. 829

Kw.Trsp. Abt. 612

2. u. 4.Kranken. Kraftw.Zug 542

1.   Feld-Laz. 542

Laz.u.Hauptverb.Pl.Stalingrad

Armee-Nachr.Rgt. 549

15. Fernsprech-Bau-Kp. 643

Korps-Nachsch.Tr. 473, 1. u. 2. kl.Kw.Kol.

Nachsch.Btl. 542

Nachsch.Abt. 543, Kol.

Fahrkol. 691

OT-Einsatz Y/6 Einh. 43

OT-Einsatz 1/6 Einh. 47

Pz.Jäg. Abt. 521

Pz.Jäg.Abt. 611

Pz.Jäg.Abt. 670

Fstgs.Pi.Stab 16

Pi.Rgt.Stab 604

Pi.Brück.Btl. 21

Pi.Btl. 41

Pi.Btl. 45, 3. Kp.

Pz. Pi.Btl. 50

Pz.Pi.Btl. 140

Pi.Btl. 60

Bau-Pi.Btl. 63, 4.

Kp. Bau-Pi.Btl. 122, Br.Kol.B

Pi.Btl. 134,Kol. u. Br.Kol.B

Pi.Btl. 635

Pi.Bt1.754, Stab u. Kol.

Schlächter.Kp. 573

le.Radf.Straßenbau-Btl. 501

Straßenbau-Btl. 521

 Straßenbau-Btl. 540

Sturmgesch.Abt. 245

Armee-Verpfleg.Amt 540

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Stalingrad
« Antwort #23 am: Sa, 24. März 2007, 20:40 »
schw. Werfer-Rgt. 2

Werfer-Rgt. 51

Werfer-Rgt. 53

Wehrwirtsch.Erfassungs-Kdo. 6

Fallsch.Flak-Abt.

Flak-Rgt. 8

 Flak-Rgt. 9, I. Abt.

Flak-Rgt. 12, Stab I. u. Kol. 1.

Flak-Rgt. 49

Flak-Rgt. 241, 4., 5. Bttr. u. Kol. I

Flak-Abt. 91, 2. u. 3. Bttr.

le.Flak-Abt. 99

Lehr- u.Vers.Rgt.Flak-Art.

Sch.II

Nahaufkl.Gru. 7, Stabs-Kp. u. Ln.

Betr.Kp.

Nahaufkl.Gru. 12, Stabs-Kp. u.Ln.Betr.Kp.

Nahaufkl.Gru. 16, Stabs-Kp.u.Ln.Betr.Kp.

 Nahaufkl.Staffel 1 (H) 10

Nahaufkl.Staffel 2 (H) 41

Nahaufkl.Staffel 6 (H) 41

Kampfgru. 900, Stab

Lehrgeschw. 2., 7. Nahaufkl.Staff.

FIg.Horst-Kdtr. (E) 18/IV

Lw.Bau-Btl. 6/IlI, 1. Kp.

Lw.Bau-Btl. 19/III, 2. Kp.

Lw.Bau-Btl. 24/XI, 2. Kp.

Lw.Schtz.Rgt.zbV., I. Btl.

Lw.Ldsch.Zug 13/VII

Lw.Ldsch.Zug 155/XIII

Luftgau-Nachr.Rgt.Rostow, Stab I u. 23. Kp.

Lw.Nachsch.Abt. 1/III, Stab u. KoI.

Lw.Nachsch.Kp. 17/III

Lw.Nachsch.Kp. 3/VIII kl.Flug-betriebsstoff-Kol. 2/III

Lw.Trsp.Kol. 64/IV

Lw.Trsp.Kol. 12/VII

Lw.Feldwerft-Verb. 40, V.Abt.


Gruß
Josef

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Stalingrad
« Antwort #24 am: Do, 19. April 2007, 08:57 »
Russischer Gegenangriff am 19.11.1942

Quelle-Die Grosse Offensive 1942 (H.Scheibert u.W.Haupt)
« Letzte Änderung: So, 04. Juli 2010, 11:03 von Adjutant »

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Re: Stalingrad
« Antwort #25 am: Sa, 09. Juni 2007, 21:04 »
Karte:
Gegenangriff am Don 21.11 - 24.11.1942

Quelle-Die Schlachten der Heeresgruppe Süd (W.Haupt)

« Letzte Änderung: So, 04. Juli 2010, 11:03 von Adjutant »

Offline nimbus0

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Re: Stalingrad
« Antwort #26 am: So, 23. Dezember 2007, 22:25 »
Wehmütiger wird man das Fest wohl kaum gehalten haben:

http://feldpost.mzv.net/

Offline md11

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Re: Stalingrad
« Antwort #27 am: Fr, 15. Februar 2008, 21:17 »
-Totensonntag in Nishni-Tschirskaja-

Bis zum 21. November befand sich das Armee-Hauptquartier in Golubinskaja, fünfzehn Kilometer nordwärts Kalatsch. Man hatte hier bis zuletzt eine Änderung der Lage erhofft, und das war auch der Grund, warum der Chef des Generalstabes der 6. Armee mit der Verlegung der Führungsabteilung gewartet hatte.

Eigentlich hätte Golubinskaja bereits seit drei Wochen gerävmt sein müssen, denn so lange waren die festen Winterquartiere in Nishni-Tschirskaja schon fertig.
Zwei Stunden bevor die russischen Panzer auf den Donhöhen standen und mit den Mündungen ihrer Kanonen auf das Quartier der Armee zeigten, war der Stab alarmiert worden. Das war am 21. November um elf Uhr vormittags.

Was nun kam, war mit einem Abmarsch eigentlich nicht mehr zu vergleichen. Ein großer Teil der Fahrzeuge und Lagerbestände blieb zurück, so die Einrichtungen der Armee, die Filmvorführungsgeräte der Propaganda-Kompanie, das Kasino der Führungsabteilung.

Ein Teil des Stabes versuchte, über die Donhöhenstraße nach Süden und so nach Tschir zu kommen. Das mißlang, denn um diese Zeit standen die russischen Aufklärungsspitzen vier Kilometer vor Kalatsch und sperrten die Donhöhe nach Südwesten.

Also kehrt und nach Norden. Man ging bei Perepolni über den Don und in kleineren Gruppen über das Eis bei Golubinskaja. General Paulus und der Chef des Generalstabes flogen in zwei Störchen nach dem Winterquartier der Armee, die Führungsabteilung traf am Nachmittag dort ein.

Die Quartiere in Golubinskaja übernahm General Hube mit dem Stab des XIV. Panzerkorps, das mit Teilen der 14. und 16. Panzer-Division den Russen entgegengeworfen wurde. Es blieb beim Versuch, die Panzer der Roten Armee aufzuhalten, sie fuhren um die Kampfgruppen der deutschen Divisionen herum und donnerten über den Flugplatz der NAG 7, an der Schmalspurbahn entlang, über das Kampffeld der Sommer-Panzerschlacht von Kalatsch, süd- und südwestwärts.

Als General Paulus in Nishni-Tschirskaja eintraf, erreichte ihn der Funkspruch Hitlers:

„Der Oberbefehlshaber begibt sich mit seinem Stab nach Stalingrad. Die 6. Armee igelt sich ein und wartet weitere Befehle ab."

In der Nacht lief ein weiterer Funkspruch bei der Führungsabteilung ein:

„Der zwischen Don und Wolga verbleibende Truppenverband der 6. Armee hat sich als Festung Stalingrad zu bezeichnen.« Das Oberkommando der Wehrmacht meldete an diesem Tage folgendes:

„An der Donfront stehen rumänische und deutsche Truppen in harten Kämpfen gegen starke feindliche Panzer- und Infanterieangriffe."

In dem gut bürgerlich eingerichteten Zimmer des Hauptquartiers der 6. Armee trafen sich am frühen Vormittag des anderen Tages Generaloberst Hoth und General der Panzertruppen Paulus mit ihren Chefs. Während der Fernsprecher unaufhörlich klingelte und eine ernste Nachricht von der anderen überboten wurde, während sich der Ring um die 6. Armee unaufhörlich schloß, erörterten die beiden Truppenführer die mögliche Entwicklung der Lage. Man war sich des Ernstes der Situation voll bewußt, und die knappen sachlichen Worte ließen schon am 22. November das Schicksal erkennen, das der 6. Armee ein paar Monate später beschieden war.

Was wurde denn besprochen?

In den Morgenstunden war der Kommandeur der 9. FlakDivision Generalmajor Pickert in Nishni-Tschirskaja eingetroffen, und der Chef der Armee hatte ihn mit den Worten empfangen: „Wir lassen uns aus der Luft versorgen", und mit der Frage:

„Was würden Sie tun, Pickert?"

„Ich würde sofort mit allen zusammenzuraffenden Kräften nach
Südwesten zum Ausbruch antreten, und ich kann den Ausbruch mit beträchtlichen Flakkräften, leichten wie schweren Flak-Batterien, unterstützen. Die leichten Geschütze können wir notfalls im Mannschaftszug über die Steppe bringen, Munition habe ich genug, und Gefechtsfahrzeuge mit Betriebsstoff stehen fahrbereit." Und der Kommandeur der Flak-Truppe fügte noch hinzu:

„Eine Luftversorgung halte ich für ganz ausgeschlossen, nichts wie sofort antreten."
Dieser Ansicht des Kommandeurs der 9. Flak-Division hielt General Schmidt folgenden entgegen:

„Wir haben natürlich auch diesen Ausbruch erwogen, sind aber aus folgenden Gründen zu dem Entschluß gekommen, im Raum Stalingrad zu bleiben:

1. Die Armee hat Befehl, diesen Raum zu halten.

2. Der Ausbruch durch die deckungslose winterliche Steppe würde napoleonisch enden, weil wir uns etwa fünfundvierzig Kilometer durch die Steppe kämpfen müßten, bis wir das andere Donufer auf einer Brücke erreichen können. Der Don ist noch nicht so fest zugefroren, daß er schwere Fahrzeuge hält. Er muß also auf Brücken überschritten werden, und außerdem hat der Feind das stark überhöhte westliche Donufer besetzt, gegen das wir dann aus der ebenen Steppe angreifen müßten, oder aber weit nach Südwesten ausholen, um das andere Ufer zu gewinnen.

3. Wir müßten die Masse des schweren Materials verlieren und fünfzehntaasend Verwundete in Feldlazaretten und Verbandsplätzen dem Feind überlassen."

Das war es, was General Schmidt in Anwesenheit des Oberbefehlshabers, der nichts dazu sagte, erwiderte, um dann abschließend zu sagen:

„Die Luftversorgung haben wir bereits gefordert."

So war es. Die Arme hatte in einem Funkspruch, bevor sie nach Nishni-T'schirskaja ging, erklärt, die westlich des Don stehenden Kräfte zurückzunehmen und den Raum von Stalingrad zu halten.

Es ist die Feststellung zu treffen, daß der Armee die Luftversorgung nicht angeboten, sondern von dieser gefordert wurde. Diese wurde dann gegeben, aber mit zu starken Worten und zu schwachen Kräften.

Gegen Mittag flog General Paulus mit dem Chef im Storch durch einen engen Korridor in den Kessel oder, wie es offiziell hieß, „Festung Stalingrad". Und zwar an dem Mittag, an dem sich General Paulus von Generaloberst Hoth verabschiedet hatte. Dem Flug war ein männlicher, aber tief zu Herzen gehender Abschied vorausgegangen. Nachdem beide Oberbefehlshaber während des ganzen Sommers und im Herbst als gute Nachbarn nebeneinander gekämpft hatten, gingen sie nun mit kurzem militärischen Gruß auseinander, einem ungewissen Schicksal entgegen.
Quelle:Stalingrad (H.Schröter)

mfg
Josef

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Luftwaffen-Felddivision wollte die Sache gradebiegen
« Antwort #28 am: Sa, 16. Februar 2008, 07:40 »
Luftwaffen-Felddivision wollte die Sache gradebiegen

Im Spätsommer 1942 wurden die ersten Luftwaffen-Felddivisionen aufgestellt. Das war zu der Zeit, als der Generalstab des Heeres aus dem überzähligen Bodenpersonal der Luftwaffe Kräfte abziehen wollte, um diese in die ausgeschlackten Ostdivisionen einzureihen.

Es kam nicht dazu, die Schuld daran trug der Reichsmarschall. Erst auf die Anweisung Hitlers wurden sechundvierzigtausend Mann für den Erdkampf freigegeben, aber Reichsmarschall Göring stellte eine Bedingung. Er wollte diese Männer der Luftwaffe nicht dem Heer zur Verfügung stellen, sondern unter der Befehlsführung von Luftwaffenoffizieren zu selbständigen Einheiten machen.

„Man kann nicht von mir verlangen, diese Kräfte dem Heer zu geben, damit sie von irgendeinem General in die Kirche geschickt werden."

Die Luftwaffendivisionen wurden nicht in die Kirchen geschickt. In den Morgenstunden des 25. November rollte die 16. Luftwaffen-Division von Morosowskaja kommend durch Nishni-Tschirskaja.

Es war eine vollmotorisierte Division. Sie bestand aus gesundheitlich vollwertigen Leuten, war hervorragend gekleidet und saß stolz auf ihren Fahrzeugen.

Zu den Landsern an der Straße sagten sie: „Wollen die Sache gradebiegen."

Und die Landser hoben ihre Köpfe aus dem Dreck und antworteten: „Menschenskinder, wenn wir eure Waffen hätten, dann sähe es hier anders aus."

Sie wollten die Sache gradebiegen, das war sicherlich so gemeint. Aber was wurde daraus?

Noch am gleichen Tage fuhren sie in die Bereitstellung, aufgesessen und mit ihrem ganzen Troß. Als ob es zur Parade ginge. Das konnte nicht gut gehen. Und es ging nicht gut.

Am Abend des darauffolgenden Tages befand sich in Tschirskaja eine Versprengtensammelstelle der gleichen Division. Der Kommandeur der Panzerabwehrabteilung lehnte im Bunker dem Kampfgruppenführer Hauptmann Goebel gegenüber fassungslos an der Wand. Die Abteilung hatte keinen Schuß abgegeben, sie hatte die auf sie zukommenden Gestalten für zurückgehende deutsche Einheiten gehalten; wegen der Pelzmäntel und der Tarnbekleidung. Und sie hatten an die zweite Linie geglaubt, in der sie sich befanden, und an die Chance, nunmehr die Russen vor die Gewehre und Kanonen zu kriegen.

Und dabei hätte man jeden Landser fragen können. Wenn ihm jemand von der zweiten Linie ein Wort gesagt hätte, dann würde er darüber gelacht haben wie über einen guten Witz.

Am Abend erschoß sich der Kommandeur, von dessen Abteilung noch zwölf Mann am Leben waren. Es war der einzige Schuß, der aus seiner Pistole abgefeuert wurde.
Was von der Division übrigblieb wurde auf die Kampfgruppen links und rechts vom Wege verteilt.


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Re: Stalingrad
« Antwort #29 am: Sa, 16. Februar 2008, 07:46 »
Die Panzerzangen schlossen sich um die Armee

Am Südausgang von Kalatsch, wo die große Straße östlich des Don nach Nishni-Tschirskaja führt, schlossen sich nach einem Marsch von zweihundertundfünfzig Kilometern die Panzerspitzen des russischen Angriffskeiles aus Klerskaja und Beketowka.

Die 6. Armee war eingekesselt.

In diesem Ring befanden sich: das IV., VIII, XI. und LI. Armeekorps sowie das XIV. Panzerkorps.

Dazu gehörten die Infanterie-Divisionen 44, 71, 76, 79, 94, 99, 100, 113, 295, 297, 305, 371, 376, 384 und 389 und die motorisierten Divisionen 3, 29 und 60, sowie die Panzer-Divisionen 14, 16 und 24. Von der Luftwaffe: Fine Jagdgruppe, eine Nahaufklärungsstaffel, die Bodenorganisation von zwei Flugplätzen, ferner die 9. Flak-Division mit den Flak-Regimentern 37, 91 und 194, insgesamt 11 schwere und 19 leichte Flak-Batterien und einige Kolonnen, schließlich noch einige Verbände der Luftnachrichtentruppe.

An rumänischen Kräften waren Teile der 1. rumänischen Kavallerie-Division und der 20. rumänischen Infanterie-Division dabei. Ferner das 100. kroatische Infanterie-Regiment.

Weiterhin befanden sich im Einschließungsring die Sturmgeschütz-Abteilungen 243 und 245, die Werfer-Regimenter 2 und 51. Die Pionier-Bataillone 45, 294, 336, 255, 501, 605, 652, 672, 685, 912, 921, 925 und das Bataillon zur besonderen Verwendung, sowie das Armee-Nachrichten-Regiment 648.

Neben diesen Einheiten gehörten zum Kessel Heeres-Artillerie-Abteilungen, Bau-Bataillone, Polizeiformationen, OT-Gruppen, Feldpostabteilungen und weitere einhundertneunundzwanzig selbständige Einheiten.

Der Wehrmachtsbericht sagte dazu folgendes:

„Im Raum südlich Stalingrads und im großen Donbogen stehen die deutschen und rumänischen Verbände im Zusammenwirken mit starken Nahkampffliegerwaffen weiterhin in schweren Abwehrkämpfen."

Am Abend des 22. November um 18 Uhr meldete der Oberbefehlshaber der 6. Armee durch Funkspruch:
„Armee eingeschlossen. Ganzes Zaritza-Tal, Eisenbahn von Sowjetski bis Kalatsch, dortige Donbrücke, Höhen auf dem Westufer Don bis Golubinskaja, Olskinskij und Krainij trotz heldenhaften Widerstandes in Händen der Russen.

Weitere Kräfte vorgehen von Südosten über Businowka nach Norden und besonders stark nach Westen.

Lage bei Surowikino und Tschir unbekannt.
Stalingrad und Nordfront starke Spähtrupptätigkeit, Angriffe auf IV. Armeekorps abgewiesen und bei der 76. Infanterie-Division. Dort kleinere Einbrüche. Armee hofft Westfront östlich Don am Golubaja-Abschnitt aufbauen zu können. Südfront ostwärts Don noch offen. Ob sie durch starke Schwächung der Nordfront durch Aufbau dünner Linien von Kapowka über Marinowka, Golubinka zu schließen ist, erscheint fraglich.

Don zugefroren und überschreitbar. Betriebsstoff bald aufgebraucht. Panzer und schwere Waffen dann unbeweglich, Munitionslage gespannt, Verpflegung reicht für sechs Tage.

Armee beabsichtigt verbliebenen Raum von Stalingrad bis Don zu halten und hat hierzu alles eingeleitet.

Voraussetzung ist, daß Schließung der Südfront gelingt und reichliche Verpflegung zugeflogen wird.

Handlungsfreiheit für den Fall, daß Igelbildung im Süden nicht gelingt. Lage kann dann zwingen, Stalingrad und Nordfront aufzugeben, um mit ganzer Kraft Gegner an Südfront zwischen Don und Wolga zu schlagen und hier Anschluß an 4. Panzerarmee zu gewinnen. Angriff nach Westen wegen starkem Feind und Geländeschwierigkeiten nicht erfolgversprechend. gez. Paulus."

Die Lage, in der sich die Armee befand, war unbequem, aber sie brauchte operativ gesehen noch keine Katastrophe zu bedeuten. Es gab nicht nur für die Armeeführung, sondern auch für die Heeresgruppe einen militärisch vertretbaren Entschluß:

„Stalingrad sofort aufzugeben."

In militärischen Kreisen einschließlich des Generalstabes des Heeres wurde nicht die absolute Notwendigkeit des Ausbruchs debattiert, sondern ausschließlich über die Richtung des Durchbruches gesprochen. Maßgebend dafür waren die geringste Entfernung zur nächsten nicht eingeschlossenen eigenen Truppe, die feindliche Kräftegruppierung und das Gelände. Über das Gelingen des Ausbruches bestand bei der 6. Armee von vornherein Zweifel wegen des Mangels an Betriebsstoff, Munition und Winterbekleidung, zumal die Truppe in der deckungslosen Steppe gegen einen überlegenen Gegner anzutreten hatte.

Am gleichen Tage richtete der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe „B" ein Fernschreiben an das Oberkommando des Heeres. In diesem Spruch wurden die operativen Notwendigkeiten der Lage dargestellt.

Das Fernschreiben verdient in den Akten der Kriegsgeschichte festgehalten zu werden und hat folgenden Wortlaut:

„Trotz der ungewöhnlichen Schwere des zu fassenden Entschlusses, dessen Tragweite mir voll bewußt ist, muß ich melden, daß ich die Zurücknahme der 6. Armee, die von General Paulus vorgeschlagen wurde, für notwendig halte.

1. Die Versorgung der zwanzig Divisionen umfassenden Armee auf dem Luftwege ist nicht möglich. Mit dem verfügbaren Lufttransportraum, entsprechendes Wetter vorausgesetzt, kann täglich nur ein Zehntel des wirklichen Tagesbedarfes in den Kessel geflogen werden.

2. Der Entlastungsangriff, da rasches Durchschlagen im Hinblick auf die zu erwartende Weiterentwicklung nicht mit Sicherheit vorausgesetzt werden darf, kann in Anbetracht der Dauer des Aufmarsches kaum vor dem 10. Dezember geführt werden. Aufmarschzeiten im einzelnen sind dem Generalstab des Heeres gemeldet. Die 6. Armee kann aber mit ihren rapide absinkenden Vorräten nur wenige Tage ausreichen. Die Munition wird schnell aufgebraucht sein, da der Kessel an allen Fronten angegriffen wird.

Ich verspreche mir aber von einem Durchschlagen der 6. Armee nach Südwesten eine Entspannung der Gesamtlage.

Die Armee ist die einzige Kampfkraft, mit der ich nach dem völligen Ausfall der 3. rumänischen Armee dem Feind noch Schaden zufügen kann. Die zunächst nach Südwesten, dann mit dem Nordflügel längs der Eisenbahn Tschir bis Morosowskaja zu  wählende Stoßrichtung wird zudem die bereits gespannte Lage im Raume von Swetnoje-Kotelnikowo auflockern. Endlich bedeutet die verbleibende Kampfkraft der 6. Armee einen unentbehrlichen Zuwachs für die neu aufzubauende Verteidigung und die Vorbereitung der Gegenangriffe.

Ich verkenne nicht, daß mit der vorgeschlagenen Operation hohe Opfer insbesondere materieller Art verbunden sein werden. Sie werden aber immer hinter denen zurückbleiben, die mit dem nach Lage der Dinge unvermeidlichen Aushungern der Armee im Kessel gebracht werden müssen.
gez. Freiherr von Weichs, Generaloberst."

Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe „B" hoffte, daß die Klarheit und Unverblümtheit dieser Darstellung Adolf Hitler von der Notwendigkeit des Ausbruchs überzeugen würde.

Die auf dieses Fernschreiben folgenden Anordnungen der Obersten Führung zielten im großen gesehen auf die Zuführung von Kräften der Heeresgruppe „A" zur 4. Panzerarmee hin, weiterhin waren aus Frankreich die 6. und 7. Panzer-Division auf dem Wege zum Osten. Diese Kräfte hatten die Aufgabe, die 4. Panzerarmee so zu verstärken, daß die 6. Armee durch einen Angriff vorn Süden nach Norden freigeschlagen werden konnte.

Das Heeresgruppenkommando maß den im Anmarsch befindlichen Kräften nur die Bedeutung einer wünschenswerten Verstärkung der 4. Panzerarmee zu, die Führungsstaffel war der Ansicht, daß die Verstärkungen erst verspätet eintreffen würden und auch kräftemäßig gar nicht imstande wären, den angestrebten Erfolg herauszuholen.

Letzten Endes hoffte man, daß sich der Chef des Generalstabes des Heeres mit der auch von ihm vertretnen Auffassung der Heeresgruppe „B" durchsetzen würde. Vorerst schien alles gut zugehen, man konnte um diese Zeit noch nicht wissen, daß nicht vorhergesehene Zusammenhänge den schon winkenden taktischen Erfolg in eine Katastrophe verwandeln würden.

Quelle:Stalingrad (H.Schröter)

mfg
Josef
« Letzte Änderung: So, 04. Juli 2010, 11:00 von Adjutant »

 


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