Autor Thema: Russische Kriegsgefangene  (Gelesen 241 mal)

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Offline Ulla

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Russische Kriegsgefangene
« am: Mi, 25. November 2009, 00:06 »
Hier ein Artikel aus "Stimme und Weg" von 2001. Obwohl einige Jahre zurück, jedoch gute Informationen um die Thematik besser zu verstehen.

Wo verblieb Michail Komlew?
Unterlagen über Kriegsgefangene wieder aufgetaucht
In Podolsk bei Moskau befinden sich Unterlagen, die endlich Auskunft geben können über leben und Tod russischer Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Denn die Wehrmacht hat genau Buch geführt über jeden russischen Kriegsgefangenen. Jetzt sind die Akten wieder aufgetaucht.

Und so könnte es sein, dass sich in russischen Familien nun alte Menschen über eine Karte von Deutschland beugen, um den Ort zu suchen, an dem einer aus ihrer Mitte vor über fünfzig Jahren den Tod und seine letzte Ruhestätte fand.
Über fünf Millionen sowjetrussische Soldaten gerieten zwischen 1941 und 1945 in Gefangenschaft. Davon gelangten etwa 1 Million nach Deutschland, von denen etwa jeder Zweite ums Leben kam.
Die Verhältnisse in den Lagern waren unvostellbar primitiv. Harte Arbeit, ständiger Hunger infolge permanenter Unterernährung, Seuchen und auch Erschießungen waren an der Tagesordnung. Nach den Feststellungen deutscher Historiker starben die meisten Gefangenen in den ersten Monaten.
Erst 1942/1943 wurde die Lage etwas besser, da das NS-Regime Arbeitskräfte aller Art benötigte, um die Kriegsmaschinerie in Gang halten zu können. Allein im Lager Bergen-Belsen in Niedersachsen kamen im ersten Winter 14.000 gefangene Sowjetsoldaten ums Leben. Bis zum Kriegsende dürften es mehr als 20.000 gewesen sein.
Bis vor kurzem glaubte man, die deutschen Behörden hätten keine Unterlagen über das Schicksal der Kriegsgefangenen angelegt, sondern diese nach ihrem Tod einfach als namenslose Unbekannte irgendwo verscharrt. Ihre Hinterbliebenen in Russland jedenfalls mussten von der traurigen Gewissheit ausgehen, dass sie niemals erfahren würden, wo der Vater, Ehemann, Bruder oder Sohn seine letzte Ruhestätte erhalten hatte. Da in den Augen Stalins ohnehin jeder Gefangene als ein "Verräter seines Volkes" missachtet wurde, hat man auch von sowjetischer Seite nichts unternommen, den Verbleib russischer Menschen in deutschen Gefangenschaft aufzuklären.
Wer das Glück hatte, nach dem Krieg aus den Lagern nach Russland heimkehren zu können, wanderte oft umgehend in ein Lager des "Gulag", weil man ihm politisch misstraute.
Auskünfte über verstorbene Leidensgefährten wurden von ihm nicht abverlangt. Nun aber gibt es eine Möglichkeit, das Dunkel um das Schicksal der als vermisst geltenden Soldaten aufzuhellen.
Über jeden einzelnen Gefangenen wurde nämlich von der Wehrmacht genau Buch geführt. Jeder Arbeitseinsatz, krankheit, Tod und Begräbnisort wurden registriert. Diese Unterlagen sind 1945 komplett in das Archiv des sowjetischen Verteidigungsministerium gebracht und dort vergessen worden. Offensichtlich bestand auch kein Interesse daran, die Angehörigen zu informieren.
Nun sind deutsche und russische Experten dabei, eine Datenbank einzurichten, die Unterlagen durchzusehen und zu übersetzen, um endlich die Hinterbliebenen über den Verbleib ihrer Angehörigen zu informieren. So wird z.B. -falls es sie noch gibt- die Familie Komlew, geboren am 23.Oktober 1914, am 18.Oktober 1941 in deutsche Gefangenschaft geriet, dann ins Lager Bergen-Belsen kam und dort am 31.12.1941 an Fleckfieber starb. Seine Frau Nina Komlewa, in Ramino im Gebiet Twer, hat davon nie erfahren.
Hans Lützkendorf
« Letzte Änderung: Mi, 23. Juni 2010, 22:53 von Ulla »
Gruß Ulla

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