Autor Thema: Eisernes Kreuz (EK) vor 1914  (Gelesen 90027 mal)

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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #30 am: Di, 29. Dezember 2009, 18:13 »
Das Großkreuz des Eisernen Kreuzes 1813

Seinem Charakter gemäß war das Großkreuz des Eisernen Kreuzes eine Auszeichnung für die Generalität,die nur äußerst sparsam , infolge der hohen Anforderungen,vergeben werden konnte.Für das Großkreuz galt das Prinzip der Höherstufung nicht .Das wurde einerseits der Arbeitsweise der Generalität gerecht und ließ andererseits die Möglichkeit politisch motivierter Verleihungen offen,von denen man zum Vorteil der Auszeichnung letztendlich keinen Gebrauch machen mußten; einziger Grenzfall ist die Vergabe an den Kronprinzen Johann von Schweden. Dennoch besaßen alle fünf Armee-und Korpskommandanten zuvor das Eiserne Kreuz 1. und 2. Klasse ,Drei der fünf Großkreuze fallen in das Kriegsjahr 1813, denen 162 Eiserne Kreuze 1. Klasse und 4493 der zweiten Klasse gegenüberstehen.Die Verleihungsdaten an Blücher ,Bülow und den schwedischen Kronprinzen beweisen durchaus Fingerspizengefühl und militärisches Kalkül.Der Anfang der Frühjahrsoffensive 1813 war militärisch alles andere als berauschend und zusätzlich schrieb das Statut der Stiftung nach § 6 für ein Großkreuz ".....eine gewonnene Schlacht .... Wegnahme einer bedeutenden Festung bzw. deren anhaltende Verteidung vor ." Erst nach dem Waffenstillstand vom 4.6.1813 , der bis 10.8. dauerte, und in dessen Verlauf sich endlich das Bündnis mit Österreich festigte , stand man besser da.Sofort danach wurden auch die dringend benötigenden militärischen Erfolge in Großkreuze umgesetzt : Blücher am 31.8., Bülow am 15.9. und der Kronprinz noch im Herbst 1813. Der Ansporn für die kämpfende Truppe glich einer moralischen Aufrüßtung.
Ein besseres Beispiel ,daß Auszeichnungen , zeitlich richtig eingesetzt, Instrummente der Politik und Beeinflussung sind,läßt sich kaum denken.1814 erhielten dann Tauenzien,der Eroberer von Wittenberg, und York für seine Erfolge im Frankreich-Feldzug das Großkreuz.Nachträgliche Verleihungen an Friedrich Heinrich Graf Kleist von Nolendorf,Generallieutnant und späterer Generalfeldmarschall , sowie an den russischen Generallieutenant und späteren General der Infanterie ,Graf Ostermann-Tolstoi für den Einsatz bei Kulm,lassen sich nicht bestätigen.

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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #31 am: Di, 29. Dezember 2009, 19:01 »
Das Eiserne Kreuz mit goldenen Strahlen


Die einzige nicht im Statut vorgesehene Auszeichnung des Eisernen Kreuzes erhielt Generalfeldmarschall Blücher am 26.7.1815- das Eiserne Kreuz mit goldenen Strahlen.( Gritzner gibt fälschlicher weise den 7.7.1815 an.) Die Stiftung erfolgte formlos, jedoch mit persönlichen Handschreiben : " Ich wünsche , daß Sie zum Andenken an ihre letzt erfochtenen Siege das hierbei erfolgende Zeichen an Stelle der ersten Klasse  des eisernen Kreuzes tragen mögen . Ich weiß, das keine goldenen Strahlen den Glanz ihrer Verdienste erhöhen können; es ist mir aber ein freudiges Geschäft,die volle Anerkennung der selben auch durch eine äussere entsprechende Auszeichnung zu beurkunden,in dem ich Mir für ruhigereVerhältnisse das Vergnügen vorbehalte , Ihnen noch fernere Beweise Meiner stets dauernden Erkenntlichkeit zu geben ."
Hauptquartier Paris,den 26.7.1815
Friedrich Wilhelm
Da der König am gleichen Tage mit der General-Ordens-Kommission in Sachen Vererbung korrespondierte wäre es ein leichtes gewesen dieser Auszeichnung eine statutenmäßige Grundlage zu geben. Die Unterlassung beweist,daß der König nur einen einmaligen Gnadenbeweis im Auge hatte.Belohnt wird Blüchers Sieg bei Belle-Alliance.Nach dessen Tod am 17.8.1819 sollte das einmalige Ordenszeichen zunächst in der Kgl.Kunstkammer aufbewahrt und dann, wie von König Friedrich Wilhelm bestimmt, unter die Reliquien des Kgl.Hauses eingereiht werden.
Tatsächlich aber blieben alle Orden und Ehrenzeichen Blüchers auf dessen Wohnsitz Schloß Krieblowitz, wo sie bei einem Großbrand Ende 1820 vernichtet wurden.Um 1850 bemühte sich die Familie die Orden und Ehrenzeichen von den verschiedenen Staaten erneut zu erhalten.Die Generals-Ordens-Kommission ließ daraufhin ein zweites Exemplar anfertigen und der Familie aushändigen.Erst dieses 2.Exemplar gelangte in die Kgl.Kunstkammer und nach der Umwandlung des Kgl.Zeughauses in ein Armeemuseum in dessen Bestand.Schneider bildet das Exemplar aus der Kgl.Kunstkammer ab. Die Abmessungen entsprechen denen ,die von Hessenthal/Schreiber angegeben . Stern : 77,0 x76,5 mm,aufgelegtes Eiserne Kreuz 1.Klasse 33,0 mm Durchmesser.Als Sternkorpus wurde ein silberner Stern des Roten - Adler- Ordens 1.Klasse genommen und vergoldet.Das Exemplar im Kgl.Zeughaus ist 1914 fotografiert worden.( Stern 78,0 x 76.0 mm, aufgelegtes Eiserne Kreuz 1.Klasse 33,0 mm Durchmesser).
So ist die einzige " authentische " Darstellung des tatsächlich verliehenen Eisernen Kreuzes mit goldenen Strahlen das ordensmäßig durchaus sorgfältig ausgeführte Gemälde von Christian David Gebauer,daß sich im Hohenzollern Museum Schloß Monjibou befand.                                                                                                                                                              

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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #32 am: Di, 19. Januar 2010, 00:02 »
Besondere Ehrungen 1813


Das Ansehen des Eisernen Kreuzes bei König und Volk drückte sich durch zahlreiche Ehrungen aus,von denen die wichtigsten neben der Vererbung sicherlich waren :
  - um auch jene Kämpfer zu ehren und der Nachwelt zu überliefern,die infolge Tod auf dem Schlachtfeld nicht mehr geehrt werden konnten, die aber lt. einstimmigen Zeugnis von Vorgesetzten und Kameraden das Eiserne Kreuz verdient hatten, sollten sie lt. Verordnung vom 5.5.1813 in den Regimentskirchen auf Ehrentafeln namentlich genannt werden.
 - auf allen Kirchentafeln, die alle Gefallenen des jeweiligen Kirchspiels enthielten, kamen "zuförderst" die Träger des Eisernen Kreuzes, bzw. jene, die dessen würdig gewesen wären,
 - die Wachen hatten allen Inhabern des Eisernen Kreuzes Ehrenbezeugungen zu erweisen ,
 - über Inhaber des Eisernen Kreuzes aus dem Mannschaftsstand durfte strenger Arrest nicht mehr verhängt werden ,
 - starb ein Inhaber des Eisernen Kreuzes, so hatten seine Angehörigen Anspruch auf ein Begräbnis  mit militärischen Ehren am Garnisonsort,
 - die Kriegsdenkmünze 1813/14 zeigt auf der Rückseite das Eiserne Kreuz,
 - das Eiserne Kreuz ist Bestandteil der Standarte des Königs,der Königin und des königlichen Hauses.Durch Kaiser Wilhelm I ging es über auf die Standarte des Deutschen Kaisers, der Kaiserin und des Kronprinzen,
 - " um das Eiserne Kreuz für alle Zeiten der Armee zu erhalten " und als ständige Erinnerung erhielten alle vor dem Feinde gewesenen Fahnen und Standarten der Armee lt.Ordre vom 3.6.1814 das Eiserne Kreuz in die Fahnen- und Standartenspitze,
 - ebenfalls am 3.6.1814 wurde als besondere Ehrung für hervorragende Leistung dem Generalfeldmarschall von Blücher und dem Staatskanzler von Hardenberg sowie später (1865) dem Grafen von Nostiz, Adjutant Blüchers, die Einführung des Eisernen Kreuzes in das Wappen gestattet,
 - 1814 wurde die Quadriga,1806 von Napoleon vom Brandenburger Tor requiriert,aus Paris zurückgebracht. Sie erhielt daraufhin an Stelle der aus Helm,Schild und Panzer bestehenden römischen Trophäe einen Stab mit lorbeerumkränzten Eisernen Kreuz
 - eine weitere Manifestation unter zahlreichen anderen Bauwerken war der 1813 aus Eisen errichtete gotische Turm auf der Anhöhe Tempelhofer Berg in Berlin.Er trug auf der Spitze das Eiserne Kreuz und in den sechs Seitenfeldern u.a. die Rückseite des Ehrenzeichens.Das Bauwerk wurde so dominierend, das seit dem bis heute die Gegend um den Turm, obwohl dieser nicht mehr vorhanden ist , nur " Kreuzberg" genannt wird.


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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #33 am: Di, 19. Januar 2010, 23:59 »
Das Kulmer Kreuz


Das Kulmer Kreuz findet sich in fast allen Veröffentlichungen die dem Eisernen Kreuz gewidmet sind,in Zusammenhang mit diesem behandelt,obwohl die beiden Auszeichnungen im Grunde genommen bis auf die formale Ähnlichkeit nichts gemeinsam haben.
Das Eiserne Kreuz war eine individuelle Auszeichnung, die für persönliche erwiesene Tapferkeit ausschließlich an preußische Soldaten verliehen wurde; das Kulmer Kreuz dagegen eine Massenauszeichnung (die erste,die je ein preußischer König gestiftet hat) speziell für die Mitkämpfer der russischen Garde an dem harten Gefächt bei Priesten,einer kleinen Ortschaft westlich von Kulm.Das Kulmer Kreuz wurde unabhängig von irgentwelchen persönlichen Verdienst summarisch vergeben.Es bildet mit diesem Charakter eine Ausnahme im Freiheitskrieg ,denn für keine der folgenden , sicher oft nicht weniger harten Gefechte und Schlachten dieses Feldzugs sind analoge Dekorationen in Preußen vergeben worden. Erst 50 Jahre später,im Krieg gegen Dänemark 1864 , wurden für den Sturm auf Düppel und die Einnahme von Alsen den Mitkämpfern speziell dafür gestiftete Kreuze verliehen, die dem Charakter des Kulmer Kreuzes entsprechen.Der Gedanke an die Stiftung einer speziellen Auszeichnung für die Priesten - Kämpfer kam dem preußischen König Friedrich Wilhelm III., der persönlich das Gefächt verfolgte, ganz offensichtlich noch am Abend des Kampftages;Ein impulsives Gefühl der Erleichterung, daß eine drohende Katastrophe von der Hauptarmee der Verbündeten abgewendet worden war und Dankbarkeit gegenüber den russischen Soldaten,die das verhindert hatten.
Der Freiheitskrieg hatte im April 1813 mit einem Frühjahrsfeldzug begonnen (dessen Höhepunkt die Schlacht von Groß-Görschen war),der für keinen der Gegner einen entscheidenden Erfolg gebracht hatte und am 2.Juni mit einem Waffenstillstand abgeschlossen wurde.Nach Wiederaufnahme der Kampfhandlungen am 15.August traten die Verbündeten, nunmehr durch den Beitritt Österreichs verstärkt,mit drei Armeen,einer Nord-Armee unter Bernadotte,der Blücher`schen Schlesischen Armee und der von Böhmen her operierenden Hauptarmee unter Schwarzenberg,erneut an.Nach einem in Trachenburg gemeinsamen beschlossenen Operationsplan, der nach dem Beitritt Österreichs in Rechenberg erweitert worden war, sollte jede Armee selbstständig offensiv in Richtung auf den mitteldeutschen Raum operieren,dabei jedoch einer entscheidenden Konfrontation mit dem Hauptstreitkräften Napoleons ausweichen,um diesen die Möglichkeit zu nehmen, die verbündeten Armeen einzeln auszuschalten.Eben das und darin lag seine einzige Chance den Feldzug erfolgreich abzuschließen,versuchte Napoleon.


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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #34 am: Mi, 20. Januar 2010, 23:36 »
 Er warf sich auf die Schlesische Armee, die jedoch nach Plan einer Schlacht auswich und nach Osten zurückging. Mittlerweile hatte sich die Hauptarmee in Bewegung gesetzt, über die Erzgebirgspässe den Dresdener Raum erreicht und bedrohte damit die Rückzugswege Napoleons über die Elbe.Dieser, immer noch der glänzende Operateur,erkannte die Gefahr, gruppierte blitzschnell um, erreichte mit seinen Garden in Gewaltmärschen Dresden und konnte dort den Verbündeten eine verheerende Niederlage- sein letzter Sieg auf deutschem Boden - beibringen.Deren geschlagene Korps strebten wiederum auf verschiedenen Wegen dem rettenden Bömen zu,wobei das Überschreiten der wenigen Pässe, deren ohnehin schlechte Wege durch regnerisches Wetter aufgeweicht waren, zu einer gefährlichen Stauung führte.Das verfolgende östlichste französische Korps Vandamme konnte relativ schnell die Ausläufer des Erzgebirges über den Nollendorfer Paß überschreiten, in die bömische Ebene eindringen und in Richtung Teplitz vorstoßen. Gelang es ihm diesen Ort zu erreichen,bevor die Hauptstreitkräfte der Verbündeten die Erzgebirgspässe überschritten hatten, waren diese die Rückzugswege abgeschnitten. Die letzte Möglichkeit eine Riegelstellung aufzubauen, um den französischen Vormarsch zu stoppen,lag im Bereich hinter Kulm , das am 29.8. morgens die hinhaltende kämpfenden russischen Truppen , bestehend aus dem Garde- und dem II. Korps auf ihrem Rückzug erreicht hatten. Hier schaltete sich der preußische König, der, Teplitz befindlich, die akute Gefahr erkannt hatte, ein und bat den kommandierenden russischen General Ostermann-Tolstoi dringend ( befehlen konnte er nicht ) den französischen Vormarsch zumindestens für einen Tag zu stoppen und damit die Pässe freizuhalten. Erst der Hinweis, der Zar wäre persönlich in Gefahr, brachte Ostermann-Tolstoi dazu , seinen Truppen den Befehl zu geben, die erreichte Position nunmer coute que coute zu halten. So entbrannte an der Riegelstellung, der russischen Truppen vor Priesten , während des gesammten 29.August eines der härtesten Gefechte des Krieges . Trotz kontinuirlicher Angriffe der mehrfach überlegenen Franzosen ( wobei Priesten einige Male den Besitzer wechselte) , gelang kein Durchbruch. Am Abend des Tages,als erste Verstärkung der Verbündeten herangeführt werden konnten, begann sich die Lage zu entspannen- das Desaster war verhindert.Friedrich Wilhelm III., zu dem sich mittlerweile der Zar Alexander I. gesellt hatte, konnte aufatmen. Dies dürfte auch der Moment gewesen sein, wo der König den Entschluß zur Stiftung einer besonderen Auszeichnung für die russischen Truppen, die schwerste Verluste hat hinnehmen müssen,faßte: sozusagen die Geburtsstunde des Kulmer Kreuzes.



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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #35 am: Do, 21. Januar 2010, 23:19 »
Bereits am folgenden Tag erbat der König vom Generaladjutanten des Zaren,Arakschejew, ein Verzeichnis der an den Kämpfen des Vortages beteiligten Einheiten. Dieses Verzeichnis, das schon am 2.September Friedrich Wilhelm III. übergeben wurde, findet sich im Standartwerk über das Eiserne Kreuz von Luis Schneider aus dem Jahre 1872:
Das Verzeichnis weist 12066 Mann aus, was dem etatmäßigen Bestand entsprechen dürfte, also ohne Abzug der Verluste des Kampftages. Auffällig ist, daß fast ausschließlich Garde Einheiten aufgeführt sind, obwohl das II. Korps genauso im Brennpunkt der Kämpfe stand und ihr kommandierender General , Prinz Eugen von Württenberg , nach dem Ausfall Ostermann-Tolstois,dem eine Kanonenkugel einen Arm weggerissen hatte, den Gesammtbefehl führte.Ob nun der König selbst aus Unkenntnis nur die Listen der russischen Garde erbat, oder russischerseits nur die Garde-Einheiten gemeldet wurden, muß offen bleiben.Daß später die Auszeichnungen ausschließlich den Angehörigen der Garde-Regimenter zuteil wurden, hat beim II. Korps zu bitteren Enttäuschungen und zu Protesten Eugen von Württenbergs geführt.
Der König wollte auszeichnen, die Frage war womit ? Das Eiserne Kreuz kam aus den anfangs erwähntenGründen nicht in Betracht, auch nicht das preußische Militär-Ehrenzeichen; gleichfalls eine individuell zu vergebende Auszeichnung. So entstand wohl beim König der Gedanke, eine spezielle Dekoration zu schaffen. Zunächst dachte er an ein gewebtes Kreuz, in der Form des Eisernen Kreuze ähnlich, das auf die Uniform zu nähen war.
Zunächst erlaubten allerdings die dem Höhepunkt der Schlacht bei Leipzig zustrebenden Kampfhandlungen dem König , der sich stets alle das Kreuz betreffenden Entscheidungen persönlich vorbehielt,nicht,die Angelegenheit weiter zu verfolgen. Als er am 5. November erneut in seiner Hauptstadt war, griff er die Frage der Kulmer Auszeichnung sofort wieder auf.Er ordnete die Anfertigung eines gewebten Probekreuzes an, womit eine Witwe Humbert beauftragt wurde.Diese Probeausführung wurde dem König in sein Frankfurter Hauptquartier gesandt und von diesem mit kleineren Abänderungen für gut befunden.Mit Schreiben vom 4.Dezember an die Preußische Ordenskommission, wurde diese von Absicht des Königs , den russischen Truppen , die am 29.8. bei Kulm gefochten hatten,eine Auszeichnung zu verleihen, in Kenntnis gesetzt und die Ausfertigung von 12 000 Stück gemäß der Probe befohlen.


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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #36 am: Sa, 23. Januar 2010, 20:58 »
Dieser 4. Dezember 1813 wird verschiedentlich als Stiftungszeitpunkt des Kulmer Kreuzes angesehen, da eine reguläre Stiftungsurkunde nicht existiert.
Die Fertigung der Webkreuze war bereits im Gange , als sich der Vorsitzende der Ordenskommission, General v.Diericke, der erst jetzt von Schlesien kommend von der Auszeichnung erfuhr, protestierend einschaltete.Er riet dringend von einer gewebten Auszeichnung ab. Auf Grund der schlechten Erfahrungen, die man mit dem Bandkreuz des EKI. gemacht hatte, schlug er seinerseits ein einfaches Blechkreuz vor, von dem er 12 Probekreuze anfertigen  ließ, die keinen höheren Stückpreis als 3 Groschen erforderten.
Die Probekreuze aus Blech folgten dem König nach Frankreich, wo er am 29.Jannuar in Chamont die Ausführung genehmigte und eine sofortige Herstellung anordnete.
Ein Kreuz dieser Fertigung bewahrt das Wehrgeschichtliche Museum Rastatt.Es ist aus 0,4 mm starkem Eisenblech in den Abmessungen 39,5 x 39,5 mm ausgestanzt und wiegt 3,45g.
Die etwa 2,5 mm starke Umrandung wurde aus Silberbronze aufgetragen. An den Kreuzspitzen befinden sich je zwei Bohrungen zum Annähen.
Außer dem Eisenblech-Kreuz wurde eine silberne Ausführung hergestellt, die bei von Hessenthal und Schreiber sowie vorher bei Heyden generell als Offizierskreuz bezeichnet wird.
Nach Luis Schneider wurden jedoch nur 11 Exemplare an die höheren Generalität bis herunter zum Brigadegeneral verteilt.Das ist kaum vorstellbar,waren doch bei Garde auch die Regimentskommandeure Generalmajore, eine Zäsur gegenüber den gleichrangigen Brigadiers ist schlechthin undenkbar. Viele Offiziersporträts unter dem Generalsrang zeigen ein Kulmer Kreuz , daß, soweit mann das auf Gemälden klassifizieren kann, der silbernen Ausführung entspricht .Von diesen Silberkreuzen für Offiziere ist, soweit bekannt, kein Exemplar bis heute erhalten, eine exakte aktenmäßige Beschreibung ist ebenfalls nicht bekannt. Das einzige Exemplar , daß in einer deutschen Sammlung war , besaß das Hohenzollern-Museum im Schloß Monbjiou in Berlin.Die im Kriege verlagerten wertfollen Ordensbestände sind leider verschollen. Archivaufnahmen dieser Sammlung liegen nicht vor.Die einzigen Bilder dürften Privataufnahmen sein , die Oberstleutnant Gutschmidt in den 30-er Jahren von den Einzelnen Einschüben, in denen die Ordenssammlung untergebracht war , machte.Die Negative sind heute im Archiv Wacker verwahrt, das freundlicherweise das wiedergegebene Bild jenes Einschubs , der neben den Eisernen Kreuzen die beiden Ausführungen des Kulmer Kreuzes enthielt, zur Verfügung gestellt hat.Die Anordnung erlaubt einen Größenvergleich der verschiedenen Auszeichnungen. Die leider nicht sehr scharfe Aufnahme läßt zum Offizierskreuz folgende Aussage zu : Das Zentrum war offentsichtlich schwarz lackiert und durch eine erhabene Umrandung wie beim Eisernen Kreuz gegen den silbernen Randstreifen hin abgrenzt. Die Kreuzspitzen hatten wie beim Eisenblech-Kreuz Bohrungen zum Annähen .


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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #37 am: So, 24. Januar 2010, 20:54 »
Im Haus Doorn findet sich das "Kulmer Kreuz", das König Leopold I. von Belgien getragen hat, der als russischer General und Kommandeur des Garde Kürassier-Reg. bei Kulm dabei war. Die bei V.E.Bowen abgebildete Rückseite zeigt klar , daß es sich um ein normales EK 1. Klasse mit Nadelausführung handelt, dessen Befestigung etwas modifiziert ist. Kein Zweifel , daß der König es getragen hat, jedoch wird er sich an Stelle des unpraktischen Annähkreuzes eben ein Eisernes Kreuz beschafft haben, was sicher auch andere Besitzer, vor allem wenn sie es auf dem Küraß tragen wollten, taten.So stellt sich auch ein im Ordensbuch des bekannten russischen Numismatikers I.G.Spasskij abgebildetes Kulmer-Kreuz aus dem Besitz der Erimitage als Eisernes-KreuzI.Klasse heraus, daß durchaus aus dem Nachlaß eines Kulm-Mitkämpfers stammen mag.
Bis 23.April 1814 waren 4000 Kreuze hergestellt und nach Paris versandt, wo Friedrich Wilhelm III. dem Vernehmen nach die Verteilung der Auszeichnung persönlich vornehmen wollte. Er soll dann davon Abstand genommen haben, weil diese Anzahl nicht für alle Anwärter ausgereicht hätte.
Der nächste ins Auge gefaßte Termin für die Verleihung war der 13. August 1814 , an dem russischen Garden auf den Marsch in die Heimat Berlin passieren sollten.Es lagen jetzt genügend Kreuze vor, doch kam es erneut zu keiner Verteilung. Der Grund dafür ist nicht klar ersichtlich. Möglicherweise gab es noch Unklarheiten und Unvollständigkeiten in den russischen Listen. Anderer Meinung nach wären Bedenken aufgekommen, einen geschlossenen Truppenkörper durch Berlin marschieren zu lassen, bei dem ein großer Teil der Soldaten ein Kreuz auf der Brust trug,das optisch völlig dem Eisernen Kreuz I.Kl. glich, was der Wertung dieser seltenen Dekoration Abbruch getan hätte. Eine merkwürdige Begründung, die derart kleinlich ist , daß man sie dem König von Preußen nicht zumuten sollte. Wie auch immer, die Kulm-Kämpfer kehrten ohne Kreuz in ihre Heimat zurück.
Erst gut ein Jahr später trafen aus St.Petersburg über den General v. Schröler neue Listen ein, die den König auf dem Wiener Kongreß erreichten. In den Listen waren 19 Generäle, 424 Stabs- und Subalternoffiziere sowie 11 120 Uffz. und Mannschaften ausgewiesen.Das Kriegsministerium erhielt umgehend Order, die Kulmer Kreuze nach St.Petersburg zu senden . Luis Schneider nennt 11 silberne und 7120 Eisenblechkreuze, von Hessenthal und Schreiber dagegen 443 Offizierskreuze und 11120 Mannschaftskreuze. Verteilt wurden gemäß russischer Rückmeldung 7131 Kreuze an die noch überlebenden Veteranen . Gleichzeitig mit der Versand Order wurde im AUftrag des Königs die General-Ordens-Kommission durch ein Schreiben des Obersten Thile vom 24. Mai 1815 verständigt . Dieses Schreiben ist die einzige amtliche Dokummentation über die Stiftung des Kulmer-Kreuzes.


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« Antwort #38 am: Mo, 25. Januar 2010, 19:51 »
Es dauerte ein weiteres Jahr , also fast drei Jahre nach dem Kampftag bei Pristen, bis in St.Petersburg den Veteranen die Kreuze übergeben wurden. Die Militärzeitung " Der russische Invalide" meldet in einer Notiz vom 27. April 1816 :
" Am 24. des Monats sind hier die Ehrenzeichen des Eisernen Kreuzes eingetroffen .S.M. der König von Preußen hat allerhöchst geruht diese zur Verteilung an die Teile der Garde, welche mit herrausragender Tapferkeit am 17.Tag des August 1813 bei Kulm gekämpft haben zu bestimmen. Anläßlich des Eintreffens dieser schmeichelhaften Auszeichnungen hat der Kommandierende General des Garde-Korps Graf Miloradowitsch folgenden Tagesbefehl erlassen : Seine Majestät der Kaiser und die verbündeten Monarchen haben zusammen mit ganz Europa der ungewöhnlichen Tapferkeit, welche die Truppen der russischen Garde bei dem berühmten Gefecht bei Kulm am 17.August 1813 erwiesen haben, volle Gerechtigkeit widerfahren lassen. Aus dem Wunsch, seine besondere Bewunderung für die hervorragenden Leistungen dieser Truppe zum Ausdruck zu bringen, hat der preußische König geruht , sie mit dem Ehrenzeichen des Eisernen Kreuzes zu belohnen.S.M. der Kaiser , der die gleiche Anerkennung zollt, hat dies allerhöchst genehmigt, und freut sich der ihrer Tapferkeit erwiesenen schmeichelhaften Auszeichnung.Euch, ihr verdienstvollen Offiziere und tapferen Soldaten der Garde, die ihr am 17.August gekämpft habt, gehören nun diese neuen Ehrenzeichen. Sie werden auf euerer Brust die Anzahl derer vermehren , die ihr mit eurem Mühen und eurem Blut in den Schlachten zur Rettung des Vaterlands, zum höherem Ruhme Rußlands und zur Befreiung Europas verdient habt.
Gen.d.Inf.Graf Miloradowitsch "

Viele der russischen Soldaten, die damals auf Lebenszeit dienten, verbrachten ihren Lebensabend in Invalidenhäusern, sogenannten " Bogaldenyi"  .Diese verwahrten oft im Nachlaß der im Haus Verstorbenen deren Auszeichnung . Vom Richter zitiert eine Liste der Invalidenhauses zu Tschesmensk aus dem Jahre 1853, mit den seinerzeit verwahrten Dekorationen :
       a) Ehrenzeichen des Anna-Ordens                          10
       b) Ehrenzeichen des Kriegs-Ordens ( Georgskreuz ) 19
       c) Preußisches Eisernes Kreuz                                21
       usw,.......



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Re: Eisernes Kreuz (EK)
« Antwort #39 am: Mi, 27. Januar 2010, 21:14 »
Unter der Bezeichnung Preußisches Eisernes Kreuz verbirgt sich das Kulmer Kreuz.Diese Bezeichnung findet sich generell in russischen Quellen, so auch den Erläuterungen der Ordenszeichen innerhalb der Offizier-Rangliste. Durch die in den Invalidenhäusern verwahrten Kulmer Kreuze haben sich viele in Russland erhalten und können noch heute im historischen Museum in Moskau gezeigt werden.
Anders verfuhr man mit den aus dem Fertigungsüberhang in Preußen verbliebenen Kreuzen.Dr.K.-G. Klietmann berichtet im O & M-Magazin 13/1983: " Auf königliche Order wurden im Jahre 1878 von der Ordens-Kommission 878 Kreuze, die bislang dort verwahrt waren, an das Artillerie-Depot übergeben und dort 1904 auf Befehl von Wilhelm II. eingeschmolzen. Der Erlös-also der von rund 3 kg Eisen-wurde der Kasse der General-Ordens-Kommission überwiesen ! Nur zwei Exemplare, die dem Zeughaus und dem Hohenzollern-Museum übergeben wurden, überlebten die Vernichtungsaktion!"
Russische Offiziersporträts, vor allem die in der sogenannten Kriegs-Galerie ( Woen-naja Galerija ) im Winterpalais zusammengestellten sämtliche Generäle der Freiheitskriege , zeigen verschiedentlich das Kulmer  Kreuz . Als Beispiel seien die Porträts des Generäle Potemkin, Kommadeur des Semjonow-Reg.bei Kulm und des Generals D.W. Golitzyn wiedergegeben , wobei letzterer noch folgende betrachtungswerte Ordens-Kombination trägt : Den preußischen Rote - Adler- Orden des einklassischen Typs, den Kommandeur des bayrischen Militär-Max-Joseph-Ordens und das Ritterkreuz des österreichischen Maria Theresia-Ordens.
Die hohe Wertung, die das Kulmer Kreuz in der russischen Militärgeschichte genoß, ist u.a. aus folgendem ersichtlich : Als um die Jahrhundertwende zum 20 Jhd. für fast alle Regimenter sogennante Regimentsabzeichen gestiftet wurden  ( wobei Regimentsjubiläen meist den Zeitpunkt bestimmten und die Entwürfe von den Regimentern selbst stammten ) , wählten viele der am Gefecht von Priesten beteiligten Einheiten als Grundkörper das Kulmer Kreuz . Darauf wurden dann die Initialien der Herrscher oder Chefs sowie die Jahreszahlen aufgelegt,z.B.die Abzeichen des Garde-Jägerregiments und des St.-Petersburger Garde-Regiments.


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