Autor Thema: Vom Vormarsch in den Transsylvanischen Alpen bis zum Stellungskrieg an der Putna 1916  (Gelesen 4722 mal)

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Während die Oberste Heeresleitung vor Verdun die französische Armee "ausbluten" lassen wollte,überraschte im Juni 1916 eine russische Offensive im Süden der Ostfront die Mittelmächte.Unter General Brussilow erlangten die Truppen des Zaren,von denen Falkenhayn noch im Dezember 1915 gemeint hatte,ihre Wehkraft sei gebrochen,in der Bukowina den größten Schlachtensieg des ganzen Krieges.Der Angriff durchstieß am 4.Juni die k.u.k.4.Armee (Erzherog Joseph Ferdinand) in Richtung Luzk (Lutsk) und brach bei Czernowitz (Chernovtsy) in die Front der k.u.k.7.Armee (Pflanzer-Baltin) ein.
Verlockt durch die Aussicht auf Siebenbürgen und die Bukowina und unter dem Druck eines russischen Ultimatums erklärte das Königreich Rumänien am 27.August 1916 Österreich-Ungarn den Krieg,einen Tag bevor Italien dem Deutschen Reich nunmehr offiziell den Krieg erklärte.Um die Gefahr einer Bedrängnis Bulgariens entgegenzutreten,folgte die Kriegserklärung Deutschlands und Bulgariens an Rumänien.Seit dem Tage der Kriegserklärung rückten die rumänischen Divisionen in breiter Front langsam in Siebenbürgen ein,wo sie zunächst nur auf geringen Widerstand stießen.
Durch die k.u.k. 1.Armee unter General Arthur Frhr.Arz.von Straußenburg,der selbst aus Siebenbürgen stammte,wurde östlich Klausenburg (Cluy) von den Ausläufern der Karpaten bis zum Fuße der Transsylvanischen Alpen eine Abwehrlinie gebildet,aus Grenzschutz- und Landsturmbataillonen sowie deutschen Kontingenten.Seit dem 12.September befanden sich darunter Einheiten des Alpenkorps.
Offensichtliche Befürchtungen,das Alpenkorps könne als Gebirgs-Division nicht erhalten bleiben,stellten sich als unbegründert hraus.Gewissermaßen aus den Trümmern des Stellungskrieges vor Verdun löste die OHL das Alpenkorps heraus,geeignet als Gebirgstruppe zum Kampf in den Transsylvanischen Alpen (Südkarpaten).
Krafft v.Dellmensingen gelang es,mit seinen Soldaten und teilweise mit unkonventionellen Mitteln zum dritten Mal einen gebirgstauglichen,beweglichen Verband zu bilden.Nach und nach kamen in Mühlbach (Sebes) südlich Karlsburg (Alba Julia) am Fuße der Südkarpaten die Einheiten des Alpenkorps an:
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- bayerische Jäger-Brigade Nr.1 (Jäger-Regiment 1 mit 1.und 2.Jägerbataillon und zwei Reserve- Bataillonen
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- Infanterie-Leibregiment mit 3 Bataillonen
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- Jäger-Regiment Nr.2 mit 10.Jägerbataillon (10.Reserve-Jägerbataillon und Reserve-Jägerbataillon 14)
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- 3./4.Chevaulegers-Regiment
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- preußisches Garde-Feldartillerie-Regiment 204 (3 Abteilungen mit je 3 Batterien und einer leichten Munitionskolonne)
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- Gebirgs-Artillerie-Abteilung 6 (3 Kanonen-Batterien)
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- Flugabwehrkanonenzug 11,zwei Pionier-Kompanien
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-Divisions-Brückentrain 6
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- Gebirgs-Minenwerfer-Kompagnie 175
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- eine Feldhaubitzen-Batterie
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- eine 10-cm Kanonen-Batterie
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- Sanitäts-Kompagnie 201
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- Staffelstäbe 142,143
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- Korps-Kraftwagenkolonne
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- Rekrutendepots
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Es fehlten wieder an Tragtieren,Ausrüstung und Bekleidung,und die Versorgungseinrichtungen des Korps sahen sich vor Aufgaben gestellt,die mit den üblichen Instrumenten,wie sie Streitkräften zur Verfügung standen,nicht zu bewältigen waren.
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(es geht noch weiter)
Gruß
Josef
« Letzte Änderung: Do, 17. Juni 2010, 11:36 von Ulla »

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Die politischen und militärischen Entwicklungen der ersten Hälfte des Jahres 1916 hatten das Vertrauen in die Oberste Heeresleitung erschüttert und zur Berufung des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg als Chef des Generalstabes des Feldheeres geführt (29. August 1916). Dem bisherigen Chef, General der Infanterie v. Falkenhayn, wurde auf Vorschlag Hindenburgs der Oberbefehl über die 9. Armee übertragen, die südwestlich der k. u. k. 1. Armee gegen die rumänischen Angreifer aufmarschierte. „Ich habe heute den Oberbefehl über die neunte Armee übernommen", schreibt Falkenhayn an die Armee. „Für sie gilt es, den treulosen Feind nicht nur zu schlagen, sondern zu vernichten, der, zu feige zum ehrlichen Kampfe, und unter Bruch von Vertrag und Versprechen uns heimtückisch in den Rücken fiel." Das Unternehmen könne nur gelingen, fährt er fort, wenn jeder bereit sei, sein Bestes und Letztes zu geben. Verachtet sei deshalb der, der die ihm anvertraute Stellung nicht bis zum letzten Atemzuge halte. Der Aufruf schließt mit den Worten: „VergeBt niemals, daß im Kriege Sieger bleibt, Wer den festen Willen hat zum Siege. [. ..] Vorwärts denn Kameraden mit Gott"!" Der neue Befehlshaber hatte konkrete Vorstellungen und ein taktisches Konzept mitgebracht und ließ nicht einen Tag vergehen, es in die Tat umzusetzen.

Mit dem Gros der Armee ging Falkenhayn gegen die 1. Rumänische Armee vor, die langsam südlich Hermannstadt (Sibiu) aus dem Alt (Olt)-Tal vordrang. Das Alpenkorps hatte hingegen die Aufgabe, über die bis zu 2 000 Meter aufsteigenden Höhen des Cibin-Gebirges gegen die Paßstraße bei Caineni (Cieneni) und nördlich vorzugehen, um sich in den Besitz des Roten Turm-Passes (Turnu Rosu) zu bringen. Nicht umsonst glaubten die Rumänen, daß es unmöglich sei, das Cibin-Gebirge operativ zu nutzen: Der Gebirgstock war völlig unwirtlich, ohne Wege und nur auf Saumpfaden zu begehen. Auf den Höhen - ohne Siedlungen, ohne Lebensmittel und Futter für die Pferde - stieg die verstärkte bayerische Jäger-Brigade Nr. 1 über den menschenleeren Grenzkamm. Alle Fahrzeuge und der Rest des Korps marschierten auf der Talstraße Mühlbach (Sebes) - Boicza (Bacäu), entlang dem Nordrand des Gebirges. Tragtierko)onnen, Funker undSignaltrupps fehlten, die Fernsprech-Abteilung und die Sanitäts-Kompanie waren nicht gebirgsmäßig ausgerüstet, Gebirgs-Artillerie fehlte, und erst im letzten Moment waren der Brigade noch drei Geschütze einer österreichischen Gebirgs-Kanonen-Batterie zugeteilt worden. Der Korpsstab übertrug unter diesen Umständen das Kommando über die Kampftruppen der Operation auf den Kommandeur der Brigade, Generalmajor Tutschek. Nach vier Tagen, am 26. September, meldete die Brigade 'S, eine Jäger-Kompanie mit Maschinengewehr-Kompanie und Pionierzug habe den Roten Turm-Paß zwischen Caineni und Riul Vadului seit sechs Uhr früh in Besitz. Noch um 11 Uhr hatten Flieger gemeldet, auf dem PaB sei es ruhig, aber noch am selben Tag wurde die Aussage von zwei rumänischen Zivilisten bekannt'6, die berichteten, am Tag zuvor sei rumänische Artillerie in südlicher Richtung auf den Paß zumarschiert. Die östlich Hermannstadt umklammerte und geschlagene rumänische 1. Armee entzog sich - wenn auch unter schweren Verlusten - der 9. Armee und suchte ihr Heil in der Flucht über den Roten-Turm-Paß und den Vulkan-PaB' (Merisor), den aber das Alpenkorps ebenfalls samt einem Teil des Grenzkammes besetzt hielt (23. September).

Über den Roten-Turm-Paß führte eine 10 bis 12 Meter breite, gute Straße, die auch schwere Fahrzeuge aushielt, dagegen waren die Wege zwischen beiden Pässen nur für Tragtiere gangbar und gut zu verteidigen 'e; die rumänische Armee saß also in der Falle, die Fa)kenhayn ihr gestellt hatte19. Densechs Bataillonen und der Gebirgs-Kanonen-Batterie war auf dem RotenTurm-Paß jedoch lediglich eine örtliche Sperre an drei Stellen möglich; zudem war Abwehr nach Süden gegen angreifende Rumänen und nach Norden gegen die zurückflutende, geschlagene rumänische 1. Armee nötig. Für weitere Sperren, westlich des Passes, aber vor allem östlich gegen das Fogarascher (Muntü Fägära§ului) Gebirge zu, fehlten die Kräfte. Aber auch den bei Hermannstadt siegenden Truppen der 9. Armee war es nicht gelungen, den geschlagenen Feind unmittelbar nach der Schlacht zu verfolgen und im Sinne Clausewitz' zu „vernichten". Zwar gelang es den aus dem Süden, also von der rumänischen Seite herangeführten Kräften nicht, den Paß aufzusprengen und in ihren Besitz zu bringen, doch rettete sich ein nicht unbeträchtlicher Teil der rumänischen 1. Armee unter Zurücklassung von Geschützen, Fahrzeugen und Gerät über die Wege und Stege des Fogarascher Gebirges in die nördliche Walachei. Noch 20 Jahre später konnte es sich Krafft v. Dellmensingen nicht versagen, Falkenhayn vorzuhalten, das Opfer seiner eigenen, zu Zeiten seiner Funktion als Generalstabschef geübten Führung geworden zu sein, als der Mangel an Kräften, vor allem Gebirgstruppen, die nachdrückliche Entscheidung am Olt nicht zuließ.

Zwischen dem 7. und 9. Oktober wurde auch die rumänische 2. Armee in der Schlacht von Kronstadt (Brasov) geschlagen, worauf die Rumänen Siebenbürgen völlig räumten. Die 9. Armee gruppierte sich neu; das Alpenkorps bildete mit der k. u. k. 2. Gebirgs-Brigade und der k. u. k. 10. Gebirgs-Brigade die "Gruppe Krafft von Dellmensingen". Seit 23. Oktober kommandierte diese Gruppe die Alpenkorps-Division und die k. u. k. Division Goiginger (k. u. k. 10. Gebirgs-Brigade, Brigade Pechmann, Reserve-Infanterie-Regiment 13). Seit Mitte Oktober griff die Gruppe Krafft v. Dellmensingen in Richtung Curtea de Arge§, beiderseits des Olt an, um mit den noch bei Cämpulung (Cimpulung) kämpfenden Teilen der 9. Armee zusammenzuwirken. Es galt nunmehr, den Roten-Turm-Paß in seiner ganzen Länge zu sprengen. Lediglich ein 14 Kilometer langes Stück, einem Pfropfen gleich, war in deutscher Hand; der befestigte Scheitel des Passes war von starken rumänischen Kräften besetzt'. Um der Gefahr vorzubeugen, in den Bergen abgeschnitten zu werden und weil die schwache Artillerieausstattung ein überlegenes Zuschlagen unmöglich machte, griff das Alpenkorps den Feind an einer schwachen Stelle an.

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Auf den Höhen beiderseits des Roten-Turm-Passes ging das Alpenkorps vor. Der Angriff der k. u. k. 2. Gebirgs-Brigade zwischen den Flüssen Olt und Arges auf die Postierungen am Moscovul-Paß gelang vollständig. Ein Wetterumsturz mit starkem Schneefall und orkanartigem Sturm trieb die Brigade jedoch schneller als vorgesehen voran; sie erreichte das Dorf Salatrucu, 38 Kilometer südlich des Moscovul. Die Hauptkräfte des Alpenkorps konnten nur die vordersten Teile des Passes überwinden und blieben auf dem vereisten Moscovul zurück. Lediglich der Unfähigkeit der rumänischen Führung, die ihrer Aufgabe offenbar wenig gewachsen war, verdankte es das Alpenkorps, als es aus dem Olt-Tal heraustrat und am Rand der Südkarpaten entlang über Calimanesti und Curtea de Arges in Richtung Pitesti marschierte, daß es verhältnismäßig glücklich die Walachei erreichte. Beiderseits der Ialomita erreichte die Gruppe Krafft v. Dellmensingen die Eisenbahnlinie Bukarest - Ploiesti. Nicht nur der Feind, sondern auch Strapazen und Krankheiten hatten den Soldaten zu schaffen gemachte; zudem war es erstmalig seit der Aufstellung des Alpenkorps zu Grausamkeiten und Ermordungen von Verwundeten und Gefangenen durch den Feind gekommen.

Gruß
Josef

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Gegenüber dem Major Frhr. v. Willisen hatte Falkenhayn im Oktober geäußert, er setze seine „Haupthoffnung" auf das nur aus Gebirgstruppen bestehende Alpenkorps; es sei sein „Sturmbock"es. Vielleicht hat der Oberbefehlshaber zweifach die Lage zu günstig dargestellt: Zum einen waren die Kräfte, ungeachtet des bravourösen Einsatzes, zu schwach, als daß sie zu großen Hoffnungen berechtigt hätten, das hatte die Sperrung am Roten-Turm-Paß gezeigt. Zum anderen war das Alpenkorps zu der Zeit nur sehr bedingt eine Gebirgstruppe; das hatte die Operation beiderseits des Olts erwiesen. Allerdings war mit seiner Hilfe der Plan Falkenhayns im Prinzip gelungen, und die 9. Armee trieb Anfang Dezember die rumänischen Armeen, oder was davon übrig geblieben war, zunächst in scharfen Verfolgungsgefechten nach Süden und Südosten. Am 6. Dezember fiel die unverteidigte Hauptstadt Bukarest (Bucuresti), und die Alpenkorps-Division erreichte am 8. Dezember den Raum Ploie~ti-Balte~ti und nördlich davon, während die übrigen Teile des Korps Krafft v. Dellmensingen Räume nordwestlich davon einnahmen. Damit war der weitere Weg des Korps bereits angedeutet.

Die 9. Armee folgte den Rumänen, die, nach Norden vorgehend, Anschluß an die russische Front suchten. Dem Korps Krafft, das weiterhin die Funktion eines Generalkommandos erfüllte, war neben der Alpenkorps-Division nun die 73. Infanterie-Truppendivision unterstellt. Zwischen 21. Dezember 1916 und 13. Januar 1917 war dem Generalkommando auch das württembergische Gebirgs-Bataillon zugeteilt. Es war von dem königlich-württembergischen Major Sprösser im Oktober 1915 in Münsingen aufgestellt worden und umfaßte sechs Schützen-Kompanien und sechs Gebirgs-Maschinengewehr-Züge; der bedeutendste Offizier des Bataillons war Erwin Rommel.

Vom Raum Ploiesti in Richtung Buzau schwenkte das Alpenkorps nach Norden, wo in Gefechten bei Rimnicu Särat der Durchbruch erzwungen wurde. Am 3., 4. und 5. Januar 1917 mußten vorgeschobene Stellungen der Rumänen an den Südwesthängen der Vorgebirge Magura Odobesti genommen werden. Danach jedoch brachten starke feindliche Stellungen am Nordufer der Putna, einem rechten Nebenfluß des Sereth (Seretul) den Vormarsch zum Erliegen. Seit 14. Januar wurden keine Rumänen mehr, sondern nur noch Russen vor dem Abschnitt des Alpenkorps beobachtet.

Die zeitweise drohende Umfassung durch die rumänischen Truppen war abgewendet, bei allen Unbilden des Geländes und der Witterung hatten die Truppen in diesem letzten Bewegungskrieg größeren Stils, den die Mittelmächte führten, keine Anstrengungen gescheut. Das Vordringen des linken Flügels der 9. Armee war mehrfach nur durch die Einwirkung des im Gebirge operierenden Alpenkorps ermöglicht worden. Unter täglichen Kämpfen hatten die Soldaten in vier Wochen 200 Kilometer durch ein unwegsames, stark zerklüftetes Mittelgebirge zurückgelegt"". Jetzt gab die Armee den Befehl aus, „mit der Einrichtung der Dauerstellung" zu beginnen, der Angriff über die Putna zur sogenannten Susita-Linie wurde abgeblasen.

Gruß
Josef

 


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