Autor Thema: Dokumentationszentrum Prora auf Rügen  (Gelesen 3539 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline zirkulon

  • Technischer Leiter des Forums, "Mädchen für Alles"
  • Administrator
  • Ultimativ
  • *****
  • Beiträge: 2.712
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
    • Gesucht wird
Dokumentationszentrum Prora auf Rügen
« am: Sa, 21. April 2007, 17:18 »
TEIL 1

Das Seebad Prora war ein zwischen 1935 und 1939 geplantes und zum größten Teil auch errichtetes Seebad auf Rügen. Nach seiner Fertigstellung sollten hier durch die Organisation Kraft durch Freude (KdF) 20.000 Menschen gleichzeitig Urlaub machen können. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die Bauarbeiten jedoch eingestellt, sodass heute im Wesentlichen der "Koloss von Prora" den Kern des Komplexes bildet. Dies sind acht auf einer Länge von etwa 4,5 km entlang der Küste aneinandergereihte baugleiche Häuserblocks, die ursprünglich die Gästehäuser werden sollten. Da die zukünftige Nutzung weiterhin ungeklärt ist, verfällt der denkmalgeschützte Komplex zusehends.

Lage
Der Koloss von Prora liegt auf der Ostseeinsel Rügen zwischen den Orten Sassnitz und Binz an der Prorer Wiek, einer weitläufigen Meeresbucht, auf der sogenannten Schmalen Heide (mit der Prora, einer bewaldeten Hügelkette), die den kleinen Jasmunder Bodden, vom Prorer Wiek, der Ostsee trennt. Der Bau des Seebades führte in der direkten Umgebung zur Entstehung des Binzer Ortsteils Prora. Der Gebäuderiegel erstreckt sich über eine Länge von etwa 5 km in einem Abstand von ca. 150 m zum Strand. Die Küste der Schmalen Heide bietet einen langen flachen Sandstrand, der von Binz bis zum neuen Fährhafen Sassnitz, im Ortsteil Neu Mukran, reicht und ideal für die Errichtung eines Seebades war. Der Bereich zwischen Gebäuden und Küste ist heute mit Kiefern und niedrigem Gebüsch bewachsen.

Geschichte und Hintergrund
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde von der Staatsführung eine umfangreiche, auch ideologisch besetzte, Sozialpolitik betrieben. Eines der Kernelemente dieser Politik war die Organisation Kraft durch Freude, die durch Projekte wie den KdF - Wagen und günstigen Urlaub, den allgemeinen Lebensstandard der Bevölkerung heben sollte. Neben Kreuzfahrten, die auf KdF - eigenen Schiffen durchgeführt wurden, war der Bau von insgesamt fünf Seebädern für jeweils 20.000 Menschen geplant, die es der Bevölkerung ermöglichen sollten, günstig und propagandistisch kontrolliert bzw. beeinflusst, jeweils zwei Wochen Urlaub im Jahr zu machen. Das einzige in Teilen realisierte Projekt aus diesem Plan, ist das KdF - Seebad Rügen, nämlich Prora. Die dafür benötigten Flächen wurden durch die KdF - Organisation bereits 1935 von Fürst Malte zu Putbus erworben. Die Grundsteinlegung erfolgte am 2. Mai 1936, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Ausschreibung für das Bauvorhaben noch lief. Der Termin war aber bewusst so früh gewählt worden, da es sich um den symbolträchtigen dritten Jahrestag der Gewerkschaftszerschlagung handelte. Die eigentlichen Arbeiten begannen erst ein halbes Jahr später.
In den drei Jahren zwischen 1936 und 1939 wurden die acht Gästeblöcke errichtet. Alle großen Baufirmen des Reiches waren an den Bauarbeiten beteiligt und arbeiteten zeitweise mit 9.000 Bauarbeitern am KdF - Seebad Rügen. Da jede der beteiligten Baufirmen jeweils einen Block zu errichten hatte, entwickelte sich dabei eine Art Wettbewerb um die schnellste Bauleistung.
Bei Kriegsbeginn 1939 wurden die Bauarbeiten weitgehend gestoppt. Mit Ausnahme eines Blocks waren die acht Wohnblöcke, die südliche Festplatzrandbebauung und die Kaianlage bereits im Rohbau fertiggestellt, nicht jedoch die Schwimmbäder, die Festhalle und weite Teile der Wirtschaftsgebäude. Sie wurden niemals verwirklicht. An den Rohbauten wurden noch die nötigsten Sicherungsarbeiten durchgeführt, dann wurden die Bautätigkeiten endgültig eingestellt. Das bereits angelieferte Baumaterial verblieb aber vor Ort, was auf eine geplante Wiederaufnahme der Arbeiten nach Kriegsende schließen lässt.

Im Krieg diente die Anlage als Ausbildungsstätte für Luftwaffenhelferinnen und ein Polizeibataillon. 1943 wurden Teile der südlichen Blocks ausgebaut, um Ersatzquartiere für im Rahmen der Operation Gomorrha ausgebombte Hamburger zu schaffen. Ab 1944 diente Prora der Wehrmacht als Lazarett und gegen Ende des Krieges fanden dort auch Flüchtlinge aus den Ostgebieten eine Bleibe.
Als ab Mai 1945 die Sowjetunion die Kontrolle auf Rügen übernahm, wurde die Anlage zur Internierung von Grundbesitzern und weiterhin zur Unterbringung von Heimatvertriebenen aus den Ostgebieten genutzt. Teile der Anlagen wurden für den Abtransport als Kriegsreparationen demontiert. Zwischen 1948 und 1953 wurden die Bauten von der Sowjetarmee genutzt, die den südlichsten Rohbau sprengte und abtrug. An den beiden nördlichsten Häuserblocks wurden ebenfalls Sprengübungen durchgeführt. Die Bauten wurden dabei aber nur schwer beschädigt und blieben teilweise stehen.
Die nach 1949 ebenfalls eingezogene Kasernierte Volkspolizei, aus der 1956 die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR hervorging, nutzte die Gebäude als Kaserne und erklärte das umliegende Gebiet zum Sperrgebiet. Die entsprechenden Umbauten waren 1956 abgeschlossen, danach wurden in Prora bis zu 10.000 Soldaten stationiert. In dem Komplex befand sich eine wichtige Unteroffiziersschule der NVA, außerdem wurden Soldaten aus politisch befreundeten Entwicklungsländern ausgebildet. In den 80er Jahren waren in Prora bis zu 500 Bausoldaten stationiert, die beim Bau des Fährhafens Mukran arbeiten mussten, da diese den Dienst mit der Waffe verweigert hatten. Dafür nahmen sie berufliche Nachteile, Studienverbot und andere Schikanen in Kauf, so war den anderen Soldaten der Kontakt und das Gespräch mit den Bausoldaten verboten. Teile der Anlage standen auch Angehörigen von NVA und Grenztruppen als Erholungsheim und Ferienort zur Verfügung.

Nach der Deutschen Wiedervereinigung 1990 übernahm die Bundeswehr als Nachfolger der NVA das Gelände, stellte die Nutzung aber Ende 1992 ein und verließ Prora.
Seit Anfang 1993 ist die Anlage öffentlich zugänglich. Sie befindet sich nach wie vor im Besitz der Bundesrepublik Deutschland, die allerdings intensiv nach Käufern mit geeigneten Projektvorstellungen sucht.

Architektur und Konzeption
Der Auftrag zur Errichtung des Seebades wurde nach einer Ausschreibung im Februar 1936 an den Architekten Clemens Klotz (1886–1969) erteilt. Zwar waren insgesamt zehn renommierte Architekten an dem Verfahren beteiligt, allerdings hatte Klotz bereits andere nationalsozialistische Propagandabauten errichtet und hatte im Auftrag seines Förderers, des KdF - Führers Robert Ley, auch für diese Anlage, vorher schon Pläne entwickelt. Sie wurden nach dem Wettbewerb auf Weisung Hitlers nur dahingehend modifiziert, dass aus dem Entwurf des Architekten Erich Putlitz die große Festhalle als weiteres zentrales Element übernommen und architektonisch angepasst wurde. Der Gesamtentwurf wurde auf der Weltausstellung in Paris 1937 mit dem Grand Prix ausgezeichnet, parallel dazu wurde er aber auch noch während der Bauausführung bis 1939 weiterhin verändert, was sich unter anderem in einem Verzicht auf die erst nachträglich eingefügte Festhalle äußerte.

Die Planungen sahen vor, für die Unterbringung der Urlauber acht jeweils 550 m lange, sechsgeschossige, völlig gleichartige Häuserblocks mit insgesamt 10.000 Gästezimmern zu errichten. Durch diese langgestreckte, über ca. 5 km entlang der Küstenlinie reichende Bauweise sollte erreicht werden, dass alle Zimmer Meerblick hatten, während die Flure zur Landseite hin gelegen waren. Die geplante Ausstattung der nur 2,5 mal 5 Meter großen Zimmer, von denen jeweils zwei mittels einer Tür verbunden werden konnten, war an heutigen Maßstäben gemessen recht karg: zwei Betten, eine Sitzecke, ein Schrank und ein Handwaschbecken. Weitere sanitäre Einrichtungen fanden sich jeweils in den landwärts gerichteten Treppenhäusern der Blocks. Bemerkenswert ist, dass alle Gästezimmer über Lautsprecher verfügen sollten. Aus der Uniformität der Architektur der Gästeblocks und der sehr zweckmäßigen Einrichtung, die zusammengenommen eine Errichtung nach dem Baukastenprinzip erlaubten, wird deutlich, dass hier anders als bei anderen nationalsozialistischen Großprojekten zumindest in diesem Teil der Anlage die Funktionalität über die Architektur gestellt wurde.

Das Leben in der Ferienanlage sollte, dem totalitären Anspruch des Systems folgend, in der Gemeinschaft stattfinden. Zu diesem Zweck waren Gemeinschaftshäuser mit Liegehallen geplant, die in regelmäßigen Abständen „wellenbrecherartig“ küstenwärts aus der Häuserfront heraus gebaut wurden und die die Urlauber vom Wetter unabhängiger machen sollten. Als weitere Gemeinschaftseinrichtungen sollten unter anderem zwei Wellenschwimmbäder, ein Kino und mehrere Gastronomiebetriebe errichtet werden. Weitere zentrale Elemente der Anlage waren der in der Mitte zwischen den Blocks geplante Aufmarschplatz und die Kaianlagen, die ein Anlegen von Seebäderschiffen ermöglichen sollten.

Parallel zu den Anlagen für die Urlauber musste die komplette Infrastruktur für eine derartige Menge Menschen aufgebaut werden. Landeinwärts wurden zu diesem Zweck ein Bahnhof, Personal- und Wirtschaftsgebäude geplant und auch zum Teil realisiert.

Von der ursprünglichen Planung der Hauptanlage konnten bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges nur die Bettenhäuser und die südliche Festplatzrandbebauung fertiggestellt werden. Nach dem Krieg wurde der südlichste Block von der Roten Armee gesprengt und abgetragen und die beiden nördlichen Blocks nach Sprengübungen als Ruine hinterlassen. Der nachfolgende Nutzer, die Kasernierte Volkspolizei, komplettierte bis 1956 die Rohbauten. Da diese als Kasernen aber in erster Linie zweckmäßig sein mussten und die Originalpläne nicht mehr verfügbar waren, lässt sich an den Blocks heute zum Teil deutlich nachweisen, in welcher Periode des Baus welche Teile ergänzt wurden.

Heute steht der gesamte Komplex unter Denkmalschutz

FOTOS FOTOS FOTOS hier>>>>> FOTOS FOTOS FOTOS -Link funktioniert nicht kka67

Gruß
Michael
« Letzte Änderung: So, 11. Februar 2018, 12:19 von kka67 »
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline zirkulon

  • Technischer Leiter des Forums, "Mädchen für Alles"
  • Administrator
  • Ultimativ
  • *****
  • Beiträge: 2.712
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
    • Gesucht wird
Das Seebad Prora
« Antwort #1 am: Sa, 21. April 2007, 17:19 »
TEIL 2
Einen guten Überblick über Ausmaß und Architektur der Anlage bieten die unter Weblinks verlinkten Luftbilder, die die südlichen Blocks bis zur Festplatzrandbebauung sowie Teile der Kaianlage zeigen.

Luftbilder habe ich leider nicht zur Verfügung aber es sind im zweiten Teil Bilder von mir verlinkt, allerdings vom Boden aus aufgenommen. Wer Luftbilder sehen möchte gehe bitte bei Wikipedia gucken.


Heutige Nutzung und Planungen  >>>>>>>>>>>siehe weitere Posts zu dem Thema Prora
Seit über 10 Jahren versucht die Bundesvermögensverwaltung mangels eines nachhaltigen eigenen Nutzungskonzepts, die unter Denkmalschutz stehende Anlage ganz oder in Teilen zu verkaufen, und führt bis dahin nur die unbedingt nötigen Sicherungsarbeiten durch. Mit Ausnahme jener 20 %, die durch eine Privatinitiative genutzt und erhalten werden, stehen die Bauten daher heute leer und verfallen oder sind von Vandalismus betroffen.

Heute gibt es in Block 3, Prora Mitte, und dem Querbau mit Ruinen und der Kaianlage diverse kulturelle Einrichtungen: Die Museumsmeile Prora mit einem KdF-Museum (Museum Prora), Museum der NVA, Rügen-Museum und Sonderausstellungen, die Bildergalerie Rügenfreunde und ein Wiener Kaffeehaus.

Zwischen 1993 und 1999 befand sich hier die größte Jugendherberge Europas, ab 2002 das One World Camp Youth Hostel mit günstigen Übernachtungsmöglichkeiten, dessen Mietvertrag im Hinblick auf mögliche Verkäufe aber nicht verlängert wurde. Vom 22. bis 24 August 2003 fand dort unter dem Motto „Wer, wenn nicht wir! Wo, wenn nicht hier!“ ein vom Land Mecklenburg-Vorpommern organisiertes und finanziertes Wochenend-Sommerfest (Prora03) mit rund 15.000 internationalen Teilnehmern statt. Im Jahr 2006 fand vom 30. Juni bis zum 2. Juli eine Neuauflage dieser Veranstaltung unter dem Titel Prora06 statt. Von den in Prora angesiedelten Museen werden in den Sommermonaten Führungen durch die Ruinen mit Erläuterungen zur Geschichte angebote

Kreise der Privatinitiativen entwickelten den Plan, die Blöcke 1, 2, 4 und 5 mit dem schon genutzten Prora Mitte mit der Zeit zu einem Jugendbegegnungszentrum für bis zu 30.000 Teilnehmer auszubauen. Ebenso wie gescheiterte Planungen, Prora doch noch zu einem Touristikzentrum zu machen, sind diese aber bisher nicht realisiert. Häufig waren die Durchführbarkeit und die Finanzierbarkeit der vorgestellten Pläne von Beginn an zweifelhaft. Auch wird jegliche Änderung am Status quo in den umliegenden Fremdenverkehrszentren sehr kritisch gesehen, da man bei größerem Angebot auf dem Markt für Touristenunterkünfte einen Preisverfall in der Region fürchtet. So wurden in der Nachbargemeinde Binz erhebliche Investitionen vorgenommen, um eine Anzahl von Gästehäusern in bewusst vielfältigen Baustilen zu errichten, deren Wirtschaftlichkeit bei einem Wiederaufbau von Prora gefährdet wäre.

Der Bund, Lokalpolitiker, örtliche Tourismusmanager, Privatinitiativen und neue Investoren haben hier teils widersprüchliche Interessen und sind zugleich vielfältig miteinander verflochten, was in häufig wechselnden Meldungen und Änderungen der Planungen resultiert.

Am 23. September 2004 wurde Block 6 für 625.000 Euro an einen unbekannten Ersteigerer veräußert, am 23. Februar 2005 beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages den Verkauf von Block 3. Dieser war von der Inselbogen GmbH erworben worden, derzeit laufen die Planungen für ein Jugendsporthotel sowie kulturelle Einrichtungen und Gastronomie. Im Oktober 2006 wurden die Blöcke 1 und 2 an die Prora Projektentwicklungs GmbH in Binz veräußert. Die Pläne der neuen Eigentümer sehen in den beiden Blöcken südlich der jetzigen Museumsmeile vor allem Wohnungen vor. Für das Erdgeschoss ist eine Mischung aus Kultur, Kunst, Gastronomie, Kleingewerbe und Einkaufsmöglichkeiten geplant.

Im November 2006 hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit dem Landkreis Rügen einen Kaufvertrag über Block 5 abgeschlossen. Der Landkreis Rügen beabsichtigt in Block 5 mit finanzieller Unterstützung von Bund, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Europäischen Union die Errichtung einer Jugendherberge mit 500 Betten sowie eines Jugendzeltplatzes mit 250 Plätzen.

Im Jahr 2007 beabsichtigt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben den verbliebenen Gebäudekomplex 4 sowie den Bereich des Zentrums von Prora auf den Markt zu bringen. Angesichts der positiven Entwicklung, die sich in den verkauften Bereichen abzeichnet, ist man in der zuständigen Hauptstelle Rostock optimistisch, auch für diesen Abschnitt einen Käufer mit einem wirtschaftlich tragfähigen Konzept zu finden.

Dies und Das
Die Nationalsozialisten stützten sich auf Ideen aus der Zeit der Weimarer Republik, vergleichbar dem Autobahnbau, der ebenso propagandistisch ausgeschlachtet wurde. Durch die Einführung eines bezahlten Urlaubsanspruchs in den 1920er Jahren wurde ein Tourismus der arbeitenden Bevölkerung überhaupt erst möglich. Die Planungen aus den 1920er Jahren bezogen auch den Rügendamm ein, mit dessen Bau 1931 begonnen wurde und der die logistischen Voraussetzungen schaffte, um 20.000 Urlauber gleichzeitig an- und abreisen zu lassen.

Prora wurde im zweiten Vierjahresplan der Nationalsozialisten ausdrücklich erwähnt und hatte damit höchste Priorität bei der Zuteilung der Mittel. Göring persönlich war für den Vierjahresplan verantwortlich. Dies wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass Prora im fest geplanten Krieg als riesiges Lazarett dienen sollte. Alle Einrichtungen waren darauf ausgerichtet. In den Restauranttrakten, die sich in Richtung See erstreckten, sollten zum Beispiel die Operationssäle eingerichtet werden. Die Planungen sahen bereits alle notwendigen Installationen vor. Die Betten der Hotelzimmer waren sinnigerweise Krankenhausstandardbetten, die Aufzüge sollten zwei Krankenhausbetten gleichzeitig fassen.

Der Name Prora ist entgegen der weit verbreiteten Ansicht kein Akronym wie beispielsweise Napola, sondern der Name der umgebenden Landschaft.
Obwohl es sich bei Prora um eines der Vorzeigeprojekte der Organisation KdF handelte, kam Hitler nie auf die Baustelle.
Der Grundstein von Prora wurde nie gefunden. Er müsste laut alten Fotos und Berichten in der Gegend der Kaianlagen liegen. Die Originalpläne gingen in den Wirren des Kriegsendes verloren.
Am nördlichen Ende der Anlage stehen noch die eingezäunten Ruinen von zwei Blocks. Es kursiert das Gerücht, dass die von der Sowjetarmee dort durchgeführten Sprengungen diese beiden Gebäude beseitigen sollten. Dies ist ein Irrtum, da an den Blocks lediglich Sprengübungen durchgeführt wurden. Einzig der abgetragene südlichste Block, der im Gegensatz zum Rest der Bettenhäuser nie seine geplante Stockwerkszahl erreicht hatte, wurde gezielt gesprengt und abgetragen.
Wie immer bei schlechter Datenlage gibt es auch um Prora zahlreiche Gerüchte:
Im Prorakomplex soll eine U-Boot-Durchfahrt unter der Insel hindurch existieren. Es sei geplant worden, U-Boote durch eine Schleuse vor der Küste in die Durchfahrt einlaufen zu lassen. Durch das Fehlen der Originalpläne und die Tatsache, dass einige Kelleranlagen durch Überflutung unzugänglich sind, werden diese und vergleichbare Theorien gefördert. Gegen eine Nutzung durch U-Boote spricht jedoch auch der sehr große Flachwasserbereich vor dem Strand.
Ein Gerücht besagt, es gebe in Brasilien eine exakte Kopie des Seebades Prora und die Original-Baupläne würden dort verwahrt.

Literatur
Joachim Wernicke, Uwe Schwartz: Der Koloss von Prora auf Rügen - gestern - heute - morgen. Prora, 2003, ISBN 3-78454-900-4
Jürgen Rostock, Franz Zadni
ek: Paradies|Ruinen - Das KdF-Seebad der Zwanzigtausend auf Rügen. Christoph Links Verlag, Berlin, 1992, ISBN 3-86153-149-6
Bernfired Lichtnau: Prora - Das erste KdF-Bad Deutschlands: Prora auf Rügen. Das unvollendete Projekt des 1. KdF-Seebades in Deutschland. Greifswald, (3. akt. Aufl.) 1995, ISBN 3-93006-633-5
Hendrik Liersch: Ein freiwilliger Besuch - als Bausoldat in Prora, 2. Auflage, 2003, Verlag amBATion / Randlage, ISBN 3-92835-706-9
Hasso Spode: Ein Seebad für zwanzigtausend Volksgenossen. Zur Grammatik und Geschichte des fordistischen Urlaubs. In: Peter J. Brenner (Hrsg.): Reisekultur in Deutschland. Von der Weimarer Republik zum 'Dritten Reich', Max-Niemeier-Verlag, Tübingen, 1997, ISBN 3-48410-764-2
Stefan Wolter: Hinterm Horizont allein - Der ´Prinz´ von Prora. Erfahrungen eines NVA-Bausoldaten. Projekte-Verlag 188, Halle 2005, ISBN 3-86634-028-1


Quelle:  WIKIPEDIA
da gibt´s auch die Luftbilder!!! :-)

Meine Fotos sind hoch geladen.
Sie sind hier zu erreichen -Link funktioniert nicht kka67

Gruß
Michael
« Letzte Änderung: So, 11. Februar 2018, 12:20 von kka67 »
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline zirkulon

  • Technischer Leiter des Forums, "Mädchen für Alles"
  • Administrator
  • Ultimativ
  • *****
  • Beiträge: 2.712
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
    • Gesucht wird
Das Seebad Prora
« Antwort #2 am: Sa, 21. April 2007, 17:24 »
Hier einige Informationen über das Dokumentationszentrum Prora

Öffnungszeiten: Dokuzentrum Prora
März, April, Mai, September, Oktober täglich von 10.00 - 18.00 Uhr
Juni, Juli, August täglich von 9.30 - 19.00 Uhr
November, Dezember, Januar, Februar täglich von 11.00 - 16.00 Uhr

Führung (ca. 60 Minuten) täglich 11:45 Uhr und 14:30 Uhr!

Eintrittspreise
Erwachsene: 3 Euro
Ermäßigte: 2 Euro
Kinder unter 15 Jahren freier Eintritt

Für die öffentlichen Führungen wird ein Zuschlag von 2 Euro auf den Eintrittspreis erhoben (Kinder unter 15 Jahren frei)

Für Inhaber der RÜGENCARD Eintritt und auch Führung kostenlos

Angebot für Gruppen
Eintrittspreis in die Dauerausstellung für Gruppen ab 10 Personen: 2€ pro Person

Veranstaltungen des Dokumentationszentrums Prora:

18. Mai 2007, 18 Uhr
Eröffnung der Ausstellung "Kanonen statt Butter" - Ernährung und Propaganda im 'Dritten Reich'"
Zur Eröffnung spricht Dr. Sonja Kinzler, Kuratorin der Ausstellung
Ausstellung bis 24. Juni 2007 [mehr]


10. Mai 2007
Podiumsdiskussion in der Universität Turin zur italienischen Fassung der Wanderausstellung "'Paradies' der 'Volksgemeinschaft'"


4. Mai 2007
Eröffnung der italienischen Fassung der Wanderausstellung "'Paradies' der 'Volksgemeinschaft'" im Goethe-Institut Turin


Vom 22. bis 28. April 2007
veranstaltet das Dokumentationszentrum Prora auf der Insel Rügen die
4. Begegnungswoche mit ehemaligen Zwangsarbeitern aus Osteuropa in Kooperation mit dem Polnischen Verband ehemaliger Gefangener und KZ-Häftlinge, der polnischen Versöhnungsstiftung, der Gemeinde Sassnitz und der Förderschule Sassnitz.
Während dieser Woche befragen die Jugendlichen die Zeitzeugen zu ihren Erinnerungen und Erfahrungen und besuchen mit ihnen gemeinsam die ehemaligen Arbeitsorte auf Rügen. Die Begegnung mit den ehemaligen Zwangsarbeitern wird durch die Schüler fotografisch dokumentiert. Außerdem planen die Jugendlichen, mit Hife des "Medientreckers" des NB-Radiotreffs 88,0 einen Radiobeitrag über die Begegnungen zu gestalten. Der Beitrag wird im Anschluss an die Veranstaltung gesendet.

Quelle: Dokumentationszentrum im Internet: http://www.proradok.de/


Gruß
Michael
« Letzte Änderung: So, 11. Februar 2018, 12:22 von kka67 »
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline zirkulon

  • Technischer Leiter des Forums, "Mädchen für Alles"
  • Administrator
  • Ultimativ
  • *****
  • Beiträge: 2.712
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
    • Gesucht wird
Das Seebad Prora
« Antwort #3 am: Sa, 21. April 2007, 17:28 »
Einige Infos zum, leider mittlerweile geschlossenen, Museum Prora
Teil 1

Der Prora-Skandal

Eine Information der Mieter und Nutzer zum Verkauf der Museumsmeile an die Inselbogen GmbH

In dem mittleren der fünf großen Gebäudeblöcke der ehemaligen "Kraft durch Freude"-Ferienanlage aus der NS- Zeit (erbaut 1937 bis 1939) siedelte sich seit 1994 eine Vielzahl von Kultur- und Jugendeinrichtungen an, in privater Initiative, unter Mietverträgen mit der Bundesvermögensverwaltung (BVA) und nahezu ohne öffentliche Fördermittel. In dieser "Museumsmeile Prora" entstanden rund 80 Arbeitsplätze, und sie ist heute eines der wichtigsten touristischen Sehenswürdigkeiten der Insel Rügen, mit jährlich rund 250.000 Besuchern.

Weil der Bund die Prora-Gebäude abstoßen will und die Museumsmeile unter einem privaten Vermieter nicht bestehen kann, hat der Landkreis Rügen die Einrichtungen der Museumsmeile angeregt, gemeinsam ein Konzept für den Kauf und die Nutzung des Museumsblockes zu erarbeiten. Dies geschah: 2002 stellte die Mietergemeinschaft der Museumsmeile ihr Sanierungs- und Nutzungskonzept für das Gebäude vor und reichte beim Bund ihren Kaufantrag ein.

Allerdings hatte sich einer der Mieter, Kurt Meyer, Betreiber des hier ansässigen Museums "KulturKunststatt Prora", von der Mietergemeinschaft distanziert und einen eigenen Kaufantrag gestellt, mit dem Ziel, den Museumsblock in großem Stil mit Beherbergungen zu füllen, das heißt de facto das eigene Museum zu erhalten und seine Konkurrenten zu beseitigen.

Gegen zahlreiche Einwände "verkaufte" das BVA im August 2004 den Museumsblock für 370.000 Euro - aber nicht an die Mietergemeinschaft, die sich inzwischen als gemeinnützig etabliert hatte, sondern an den ausgescherten Konkurrenten Kurt Meyer und ein mit ihm verbundenes Konsortium von Unternehmern ( Stand Dez.04. KulturKunststatt Prora Verwaltungs GmbH / ca.44%, Dipl.-Ing.Thomas Siepe / ca.11%, Bauzeichner Martin Pridik /ca.11 %, HBW Vermögensmanagement GmbH & Co KG / ca.33%), sämtlich in Nordrhein-Westfalen ansässig  (Inselbogen GmbH). Die Mietergemeinschaft kritisiert den Vergabevorgang als nicht ordnungsgemäß, denn ihr Kaufantrag war nicht verhandelt worden. Die schriftliche Zusicherung des Bundeskanzleramtes, den Museumsblock nur im Einvernehmen mit dem Landkreis Rügen und der Gemeinde Binz zu verkaufen, wurde gebrochen: Der Landkreis lehnte den Verkauf an das Konsortium Meyer strikt ab.

Wegen der historischen Bedeutung des Gebäudes bedurfte der Verkauf der Zustimmung durch den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages. Die Mietergemeinschaft der Museumsmeile wandte sich deshalb an die Bundestagsabgeordneten und bat darum, den Verkauf an das Konsortium Meyer abzulehnen.

Im Januar 2005 reiste eine Delegation von sechs Bundestagsabgeordneten nach Rügen, um sich vor Ort zu informieren. Doch sie taten das auf ihre Weise: Einen ganzen Abend lang ließen sie sich im Binzer Kurhotel von Herrn Meyer sein Beherbergungskonzept erläutern, kamen am Tag darauf auch nach Prora, hatten dann aber nur je 10 Minuten für die eilige "Besichtigung" von vier ausgesuchten Einrichtungen. Die Bitte, auch das Konzept der Mietergemeinschaft anzuhören, lehnten sie ab . In mehreren Schreiben legte die Mietergemeinschaft ihre Argumente  dar, warum der Verkauf an das Konsortium Meyer zur Zerstörung der Museumsmeile führen würde, und  bat die Abgeordneten darum, zu diesen Argumenten die Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums einzuholen, bevor sie ihre Entscheidung fällen. Doch diese Einwendungen blieben unbeachtet: ImFebruar 2005 genehmigte der Haushaltsausschuß des Bundestages den Verkauf des Museumsblockes an das Konsortium Meyer.

Wie bei den Entscheidungen dieses Ausschusses üblich, waren vier von dessen 44 Bundestagsabgeordneten für die Entscheidungsvorbereitung verantwortlich, aus jeder Fraktion einer: Jochen-Konrad Fromme (CDU), Bernhard Brinkmann (SPD), Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP) und Frau Anja Hajduk (Bündnis 90 / Die Grünen).

Die Entscheidung für Herrn Meyer fiel "einstimmig". Die Süddeutsche Zeitung berichtete allerdings, daß es bei dieser Abstimmung "keine Möglichkeit gab, mit Nein zu stimmen, daß aber einige Abgeordnete ihre Zweifel zumindest mit einer passiven Enthaltung bekundeten". Bestanden also Zwänge? Sind die Abgeordneten nicht allein ihrem  Gewissen verantwortlich?

Nach  Angabe des Bundestagsabgeordneten Jochen-Konrad Fromme hat der Binzer Bürgermeister, Horst Schaumann, dem  Verkauf des Museumsblockes an das Konsortium Meyer im  Januar 2005 zugestimmt. Bei einer von ihm eingeladenen Besprechung mit Mietern der Museumsmeile bestritt der Bürgermeister dies - doch er ist nicht bereit, das Besprechungsprotokoll mit dieser Aussage freizugeben. Was ist also hier die Wahrheit?

Das Konzept des Konsortiums Meyer baut auf der Bewilligung von mehr als 20 Milionen Euro Fördermittel auf, mit  anderen Worten: Für jeden als Kaufpreis bezahlten Euro verlangt er 60 Euro Steuermittel. Mehrere Mieter haben bei der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern den Antrag gestellt, diese Fördermittel nicht zu bewilligen, weil damit langansässige Betriebe und Arbeitsplätze in Prora vernichtet würden. Warum erhalten die Mieter aus der Landeshauptstadt Schwerin keine klaren Aussagen dazu?

Ist der Prora-Skandal etwa ein Miniatur-Modell des Zustandes, in dem sich Deutschland 60 Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur befindet?

Jedenfalls hat das Parlament, obwohl dringend darum gebeten, sich seiner Grundpflicht entzogen, die Regierung zu kontrollieren. Die Abgeordneten wurden, ohne die Einwände der Betroffenen, des Landkreises Rügen und aus den eigenen Reihen zu beachten, als Erfüllungsgehilfen einer nicht ordnungsgemäßen und wortbrüchigen Maßnahme des Bundesfinanzministeriums tätig. Damit scheint das Schicksal der Museumsmeile Prora und ihrer Arbeitsplätze besiegelt. ( Stand April 2005)

Weitere Informationen siehe auch NDR- Kulturjournal 07.März 2005       und

Der Museumsverband von Mecklenburg-Vorpommern tagte im Mai 2005 in Prora. In einem Vortrag informierte Prof. Joachim Wernicke über die aktuelle Situation seines Museums


Aktueller Nachtrag       Sachstand Juli 2005:

Noch ist die Inselbogen GmbH nicht in das Grundbuch eingetragen, aber der Bund erlaubt ihr schon, sich wie ein Eigentümer zu verhalten. Geschäftsführer Kurt Meyer missbraucht seine Doppelfunktion als gleichzeitiger Betreiber des Museums "KulturKunststatt Prora", um dieser Einrichtung Wettbewerbsvorteile zu verschaffen und andere zu verdrängen. Er hat zwei Mieter im Kunsthaus, die Noah Film GbR und das Atelier Russo, gekündigt, und er hat seinen Hauptkonkurrenten "Museum Prora" den Besucherparkplatz gekündigt. Ein Nutzungskonzept der Inselbogen GmbH liegt bis heute nicht vor. Herr Meyer erklärte, er  sehe 20 % Kultur und 80 % Hotel vor. 20 % sind allein sein persönliches "All in One - Museum", d.h. er plant die Beseitigung der Museumsmeile Prora. Gespräche mit der Mietergemeinschaft lehnt er ab.

Dies alles verstößt gegen den Kaufvertrag und gegen den Bundestagsbeschluss. Doch der hauptverantwortliche Abgeordnete Jochen-Konrad Fromme (CDU) teilte der Mietergemeinschaft im Juli 2005 mit, es bestehe kein Handlungsbedarf. Die mitverantwortlichen Abgeordneten Bernhard Brinkmann (SPD), Prof.Dr. Andreas Pinkwart (FDP) und Frau Anje Hajduk (Bündnis 90/die Grünen) reagieren nicht auf Schreiben der durch sie geschädigten Mieter. Der deutsche Bundestag blickt also weg und lässt Herrn Kurt Meyer freie Hand zu Vertragsbrüchen.


Aktueller Nachtrag       Sachstand 25. Februar 2006

Seit Sept. 2005 ist die Inselbogen GmbH ins Grundbuch eingetragen.
Nach Kündigungen mussten die ersten Mieter im Oktober 2005 die Museumsmeile Prora verlassen.
Das Kunsthaus Prora war somit Geschichte.
Im Dezember 2005 hatte das Bundesministerium für Finanzen dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages Bericht über den Sachstand Verkauf von Prora Mitte vorzulegen. Uns ist dieser Bericht nicht bekannt.
Im Januar erfolgten weitere Kündigungen durch die Inselbogen GmbH in der Museumsmeile:
Fristlos wurden das Youth Hostel "One World Camp" Prora und das Museum "Planet DDR" gekündigt.
Dem Museum Prora wurde mit einer fristlosen Kündigung gedroht.
Gespräche zwischen neuem Eigentümer und allen Mietern haben nach fast zwei Jahren Verkauf noch nicht stattgefunden.
Vermittlungsversuche von Politikern kommunalen bis Bundesebene scheitern am sturen Verhalten des Geschäftsführers der Inselbogen GmbH, Kurt Meyer.

Gruß
Michael
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline zirkulon

  • Technischer Leiter des Forums, "Mädchen für Alles"
  • Administrator
  • Ultimativ
  • *****
  • Beiträge: 2.712
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
    • Gesucht wird
Das Seebad Prora
« Antwort #4 am: Sa, 21. April 2007, 17:30 »
Einige Infos zum, leider mittlerweile geschlossenen, Museum Prora
Teil 2

Fortsetzung:
Aktueller Nachtrag      Sachstand 28. Mai 2006

Am 26.März besuchten Mitglieder des Haushaltsausschusses des DBT die Inselbogen GmbH in Prora.
Betreiber der kulturellen Einrichtungen und Mieter wurden nicht informiert und nicht vor Ort aufgesucht.
Das Ergebnis der Besprechung mit Herrn Meyer ist den betroffenen Mietern nicht bekannt.

Im Mai erfolgte die fristlose Kündigung für die "Wasserwelt", das "Museum zum Anfassen" und dem "Historischen Proramuseum". Der Landkreis Rügen bemühte sich um eine perspektivische Aussage zum möglichen Verbleib des Grafikmuseums in Prora. Die Inselbogen GmbH räumte diese nicht ein. Daher beschloss der Landkreis und die Eigentümerin der Sammlung die Schliessung des Museums zum September 2006.
Zeitgleich wurden in der Gemeinde Binz das neue Konzept für die Planung der Inselbogen GmbH vorgestellt. Auf den bis jetzt von den Kultureinrichtungen in der Museumsmeile genutzten Flächen sollen Beherbergungsfirmen mit einer Bettenzahl von 800  entstehen.

Das NVA - Museum von Herrn Kurt Meyer ist die einzige Ausstellung, die nicht überplant ist. Die Geschichte der Prora-Anlage soll künftig nur noch im "All in One - Museum" neben Zigarrenbauchbinden und Nähmaschinen eine Farce sein.
Für die auf wissenschaftlicher Basis arbeitenden Museen ist von der Inselbogen GmbH kein Platz vorgesehen.

weitere Informationen zum Skandal siehe "Paradies/Ruinen" - 7. Auflage und "Der Koloss von Prora auf Rügen" - 2.Auflage


Aktueller Nachtrag        Sachstand 25. Juli 2006

Seit dem 01. Juni 2006 ist Herr Dr. Lahne Geschäftsführer der Inselbogen GmbH.

Die Kündigungen der Museen in Prora führte zu Protesten und Nachfragen beim Haushaltsausschusses des DBT.
Am 24.07.2006 erfolgte ein Rundtischgespräch mit Mitgliedern des HA, der BIMA, des Landkreises Rügen, der Gemeinde Binz, der Inselbogen GmbH, den Mietern in der Museumsmeile u.a. unter der Leitung von Herrn Brinkmann, MdB und Herrn Mark, MdB. Der Geschäftsführer der Inselbogen GmbH lehnte jegliche Verhandlung über ein Bleiberecht der gekündigten Kultureinrichtungen ab.

Herr Lothar Mark regte einen Umzug der betroffenen Museen in einen anderen Block von Prora an.
Als Konsenz des Tages wurde von den Beteiligten dieser Vorschlag aufgenommen und es wurde zugesagt, konzeptionell diese Möglichkeit schnellstens zu prüfen.  Das Problem besteht darin, dass die anderen Prora-Blöcke seit Jahren leer stehen und dem Verfall preisgegeben wurden. Somit ist ein erheblicher Aufwand notwendig, um einen anderen Prora-Block für eine mögliche Neueinrichtung der Museumsmeile herzurichten.


Quelle: Museum-Prora -Link defekt ??, es wird nur grau, kka67

wird fortgesetzt.....

Gruß
Michael
« Letzte Änderung: So, 11. Februar 2018, 12:24 von kka67 »
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline md11

  • Global Moderator
  • Dauerschreiber
  • *****
  • Beiträge: 4.743
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
Das Seebad Prora
« Antwort #5 am: Sa, 21. April 2007, 18:50 »
Hallo Michael,
hab dazu auch wieder was gefunden aus der Nürnberger Zeitung.

Das größte nationalsozialistische Baurelikt neben dem ehemaligen Nürnberger Reichsparteitagsgelände steht auf der Insel Rügen: das Kraft-durchFreude-Freibad in Prora. Es war für 20000 Badegäste und 2000 Beschäftigte geplant, ging aber nie in Betrieb. Auch dort gibt es ein Dokumentationszentrum. Doch im Gegensatz zur fränkischen Einrichtung kämpft es ums Überleben.

PRORA - Über viereinhalb Kilometer ziehen sich die braungrauen, öden Bauten direkt am feinen Ostseestrand entlang. Die nationalsozialistische Gigantomanie lässt sich - Nürnberg ausgenommen - nirgendwo sonst deutlicher vor Augen führen. An vielen Stellen warnen Schilder vor den klobigen, überwiegend leer stehenden Blöcken: „Lebensgefahr! Abstürzende Bauteile. Vom Gebäude fernhalten. Bundesvermögensamt Rostock." Die Behörde, die mittlerweile Bundesanstalt für Immobilien-Aufgaben (BImA) heißt, soll den bröckelnden „Koloss von Rügen" vermarkten.

„Mit Grausen abgewendet"

Und genau darin liegt das Problem: Zum Dumping-Preis von nur 340 000 Euro wurde der zentrale Block 3 mit 68.000 Quadratmetern Nutzfläche nebst angrenzendem Gelände an das Unternehmen Inselbogen GmbH verkauft, dessen Mitbegründer Kurt Meyer dort bereits ein buntes Potpourri betreibt: ein Kraft-durch Freude-Museum, ein Museum über die Nationale Volksarmee, die zu DDRZeiten in der monumentalen Bauruine Häuserkampf übte, ein Rügen-Museum, ein Wiener Kaffeehaus.

„Fachleute wenden sich mit Grausen von der Ausstellung ab", bewertet Eckhart Dietzfelbinger, Mitarbeiter des Nürnberger Dokuzentrums, die dortige Darstellung der NS-Zeit. Die Nutzung des riesigen Baudenkmals ist beliebig und zufällig: Neben den Museen werben unter anderem ein Cafe „Planet DDR", ein Laden für Piratenkopftücher, Sanddornprodukte und Trabbis sowie ein ausgestopfter Hirsch, der auf eine naturkundliche Schau hinweist, um Kunden.

Dietzfelbinger lasst auf Grund „der seriösen Information und Professionalität" ausschließlich das dortige Dokumentationszentrum gelten. Dessen Beireiber ist nicht Meyer, sondern die Stiftung Neue Kultur, die sich aus Mitteln des DDR-Kultusministeriums finanziert. Jürgen Rostock, Leiter des Dokuzentrums Prora, befürchtet, dass man jetzt durch höhere Mieten aus dem NS-Baudenkmal hinausgeekelt werden soll: „Es entsteht ein kulturelles Disneyland. Unsere eigene Zukunft ist unsicher, da dürfte es Rechtsstreitereien ohne Ende geben."

Politische Unterstützung fehlt

Der ehemalige DDR-Stadtplaner ist vom Nürnberger Dokuzentrum sehr beeindruckt und sieht es als Vorbild für die Präsentation der Geschichte des NS-Ostseebads an. Mehrere wissenschaftliche Symposien mit hochkarätigen Wissenschaftlern wie dem bekannten Historiker Wolfgang Benz haben sich damit eingehend befasst, eine Konzeption liegt seit langem vor. Doch bis heute fehlt die politische Unterstützung. „Die PDS/SPD-Landesregierung hat sich überhaupt nicht um Prora geschert", merkt Rostock bitter an, „die haben überhaupt nicht begriffen, was für eine Außenwirkung das hat. Und ausgerechnet die CSU in Bayern kümmert sich um das Dokuzentrum am einstigen Reichsparteitagsgelände und die vorbildliche Aufarbeitung der Zeit des Faschismus. Da kommt man sich doch wirklich vor wie im falschen Film."

Auch vom Haushaltsausschuss des Bundestags, der den Verkauf der NSImmobilie genehmigt hatte, fühlt er sich im Stich gelassen. Bei einem Besuch habe die Delegation überhaupt kein Interesse an dem wissenschaftlichen Konzept gezeigt. „Die Situation ist völlig verfahren, die Beteiligen sind untereinander total zerstritten", meint ein NS-Historiker, der mehrfach auf die einzigartige Bedeutung des KdF-Seebads hingewiesen hat.

Der Bundestag hatte zwar eine „Bundesgedenkstätten-Konzeption" verabschiedet. Doch im Umgang mit Prora und dem jetzigen Verkauf einzelner Abschnitte an Privatleute habe die „Politik auf allen Ebenen eine geradezu fahrlässige und gedankenlose Schlussverkauf smentalität an den Tag gelegt."

In der überdimensionalen Anlage sollten ursprünglich bis zu 20 000 Menschen Erholung finden. Die NS-Propaganda wollte dem Regime mit dem Projekt ein soziales und friedfertiges Image geben. Auf dem Nürnberger Reichsparteitag von 1935 wurden die monumentalen Planungen mit einem Festhaus nebst kolossalen Säulenhallen und einem zentralen Platz sowie etlichen Schwimmbädern gezeigt.

Der Entwurf von Clemens Klotz erhielt bei einem Wettbewerb mit elf ausgewählten Architekten letztlich den Zuschlag, nachdem Adolf Hitler selbst die Modelle begutachtet hatte. Bis zum Kriegsbeginn errichtete man die unmittelbar am Strand gelegenen Unterkunftshäuser. Dann gab es einen Baustopp, die Firmen wurden zu kriegswichtigen Baustellen abgezogen. Nur ein kleiner Stab von Fachleuten blieb auf Rügen, der mit Hilfe von Zwangsarbeitern einzelne Abschnitte fertig gestellt hat.

Militärisches Sperrgebiet

Im Jahr 1940 erhielten rund 1000 Polizeianwärter in Prora eine militärische Ausbildung für ihren Einsatz an der Ostfront, ab 1942 wurden junge Frauen als Nachrichtenhelferinnen für die Kriegsmarine geschult. Bei Kriegsende kamen zahlreiche Flüchtlinge unter. Sowjetarmee und NVA wandelten die Urlaubsquartiere schließlich in Kasernen um, bis zu 15 000 Soldaten waren hier stationiert. Natürlich war das Areal militärisches Sperrgebiet, die Bevölkerung hatte bis Anfang der 90er Jahre keinen Zutritt.

Das Dokumentationszentrum Prora hat die Geschichte des KdF-Bads eingehend in der fachlich sehr fundierten Schau „MACHT Urlaub" dargestellt, die nächstes Jahr auch im Nürnberger Dokuzentrum zu sehen ist. Einstige Bauleiter kommen dabei ebenso zu Wort wie Zwangsarbeiter, die auf der riesigen Baustelle eingesetzt waren. Nebenbei belegt die Ausstellung auch, dass der Antisemitismus nicht erst bei den Nationalsozialisten salonfähig wurde: Bereits in der Weimarer Republik sah es der Ort Vitte auf der nahe gelegenen Insel Hiddensee als geeignete Werbung an, Sommerfrischler mit den Worten „Kein Luxusbad, judenrein" auf sich aufmerksam zu machen.

Quelle-Nürnberger Nachrichten (von H.Voigt,27.12.2005)

Gruß
Josef

PS.Mitn Herrn Eckhart Dietzfelbinger hab ich auch Kontakt hier in Nürnberg.

Offline zirkulon

  • Technischer Leiter des Forums, "Mädchen für Alles"
  • Administrator
  • Ultimativ
  • *****
  • Beiträge: 2.712
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
    • Gesucht wird
Das Seebad Prora
« Antwort #6 am: So, 22. April 2007, 17:48 »
Leseprobe Teil1
aus dem Buch „Paradies/Ruinen - Das KdF Seebad der Zwanzigtausend“,
7. aktualisierte und erweiterte Ausgabe

Jürgen Rostock, Ch.Links Verlag, 2006

........
Gegenwart und Zukunft (Seiten 111 bis 143)

Die Ostküste Rügens zählt zu den schönsten deutschen Naturlandschaften. Die Prorer Wiek zieht in einem ruhigen großem Bogen von bewaldeten Höhenzügen im Süden über das in die Landschaft eingebettete Binz mit seiner Bäderarchitektur an Prora vorbei bis nach Saßnitz im Norden. Dahinter sieht man die Konturen der hohen Rügenschen Kreideküste. Eine Landschaft, die jährlich Hunderttausende anzieht, wie geschaffen für den Tourismus. Das KdF-Bad Prora ist weitgehend zugewachsen. Vom Wasser her gesehen, treten nur noch stellenweise die langen Gebäudezeilen hervor.
Zweifellos wäre es besser gewesen, wenn alle bisherigen Eingriffe an der Prorer Wiek vermieden worden wären. Aber heute muss man mit dem vorhandenen Zustand umgehen, und ökonomische und ökologische Weisheit gebieten den Gebrauch des Vorhandenen, verbieten aber neue große Bauvorhaben an diesem Ort.
In Prora hatte am Ende des Jahres 1991 die Bundeswehr  die meisten Gebäude verlassen. In den allgemeinen ostdeutschen administrativen Wirrnissen der Übergangszeit war plötzlich alles menschenleer, unbewacht und herrenlos. Wertvolle Kunstwerke, zum Beispiel zwei meterhohe figürliche Bronzen von 1912, wurden gestohlen. Vandalismus begann. Die Agonie währte nur ein paar Monate. Mit dem Frühjahr 1992 richteten sich hier eine "Gesellschaft zur Förderung von Qualifizierung und Beschäftigung in Prora" und der Verein "Insula Rugia" ein; das ehemalige Armee- Erholungsheim war verpachtet und bewirtschaftet. Eine sanfte Wiederbelebung, die an die vorhandenen Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten anknüpft, erschien zunächst angemessen. Die wieder  obwalten zivile Betriebsamkeit verhinderte weiteren Vandalismus und ließ Zeit zu  grundsätzlichen Überlegungen und gründlichen Planungen, Zeit, die  allerdings nicht genutzt wurde.
Das KdF-Bad Rügen gehört zu den wenigen nationalsozialistischen Großanlagen, die annähernd fertig gestellt worden waren. Der Komplex ist noch weitgehend erhalten, auch  wenn es in der Nachkriegszeit einige Zerstörungen und baulichen Veränderungen gegeben hat. Die Anlage ist als Denkmal der deutschen  Sozial- und Baugeschichte, aber auch als technisches Denkmal von beträchtlichen Wert. Sie ist in ihrer Größe und Ausprägung einzigartig und ein  wichtiger Beleg für die deutsche Geschichte während der Zeit des Nationalsozialismus.
Konträre Haltungen zu dem KdF- Bad trifft man allenthalben an, doch nur wenig differenzierende. Das reicht von "scheußliche Naziarchitektur, die abgerissen werden muss " bis " was die Jungs damals doch für prima Urlaubsheime bauen konnten".
Günter Kunert sagt: "In der Vernichtung erhaltenswerten Bestandes bezeugt sich eine Neurose, die mit der Beseitigung der Erinnerungsstücke auch die historische Misere, die alte Welt aus der Welt zu schaffen meint: Rückwärtsgewandte Geschichtskorrektur ist eins der Schlüsselworte dieses stets gleichen Verfahrens. (...) Einsicht in die eigene Begrenztheit gehört unabdingbar zum wahrhaft historischen Bewußtsein, nur so würde es seiner eigenen Historizität inne. Doch die Uneinsichtigkeit hat dazu geführt, dass mit dem Schutt der abgerissenen Häuser der Zugang zur Vergangenheit verschüttet worden ist, ohne welche, wie uns oft erklärt wurde, es auch keine Zukunft geben kann."
Berührungsängste sind nicht angebracht. Es ist keine "nazistische Architektur", wenn auch die Zwecke dieser Bauwerke nazistisch waren - nicht sozial orientiert, sondern an sozialer Manipulation. "Nazi-Architektur" als verallgemeinernder Begriff für alles während des "Dritten Reichs" Gebaute ist nach neueren Erkenntnissen der Baugeschichte nicht länger aufrechtzuerhalten. Man kann nicht den gesamten Zeitraum aus der Architekturgeschichte ausklammern. Vor allem ist es erforderlich, zwischen der emotionalen Ablehnung des "Dritten Reichs", für die es die besten Gründe gibt, und historischen Sachzeugnissen, die wichtige Dokumente sind, zu unterscheiden. Der Beschluss, die Ordensburg Vogelsang in der Eifel, ebenfalls von Clemenz Klotz, unter  Denkmalschutz zu stellen, löste sehr kontroverse Diskussionen aus.
Das KdF Seebad Prora steht inzwischen ebenfalls unter Denkmalschutz. Doch es reicht nicht aus, diese Bauten vor dem Zerfall zu schützen oder teilweise zu rekonstruieren. Sie müssen zugleich in ihren historischen Rahmen gestellt werden und bedürfen der zeitgeschichtlichen Erklärung. Denkmaldidaktik kann sich hier nicht in Tafeln an den Gebäuden erschöpfen. Prora benötigt ein Museum oder Dokumentationszentrum, das an einem exemplarischen Fall die soziale Demagogie des NS-Staates entlarvt.


Die gesamte Anlage gehörte seit 1992 als Liegenschaft Prora der Bundesrepublik Deutschland, nachdem das Land Mecklenburg-Vorpommern es abgelehnt hatte, das Areal zu übernehmen und zu entwickeln. Die danach zuständige Oberfinanzdirektion (OFD) Rostock hatte im Herbst 1993 einen Rahmenplan anfertigen lassen. Der von der dänischen Firma Carl Bro, einer internationalen Ingenieur-Holding mit Stammsitz in Kopenhagen, vorgelegte Plan wurde den Problemen der Proraer Anlage und der angrenzenden Region zwar keineswegs gerecht, da er wieder auf Massentourismus setzte; er wurde jedoch von der OFD Rostock 1994 als Grundlage für eine europaweite Ausschreibung der Liegenschaft benutzt. Dagegen organisierte die Stiftung NEUE KULTUR gemeinsam mit anderen Initiativen am 06. und 07. Mai 1994 das 1. Prora-Symposium, um mit ausgewiesenen Fachleuten der Regionalplanung, des Tourismus und des Umweltschutzes sowie der Kultur, der Baugeschichte und der Denkmalpflege das Problem  komplexer zu diskutieren und in die Öffentlichkeit zu tragen. Eine einmütig verabschiedete Abschlusserklärung wandte sich an Bundespräsident, Bundeskanzler, Landesregierung, Bundestagsfraktionen und die Verantwortlichen im Landkreis. Darin heißt es: " Die Entwicklung Proras kann nur im engen Zusammenhang mit der Entwicklung der Insel Rügen gesehen werden. Wichtig sind sowohl umwelt- und ressourcen- schonende  Verkehrs- und Energiekonzepte, als auch komplexes Nachdenken über eine kulturelle Nutzung. Aus den bisherigen Gesprächen geht hervor, dass der Bund nur das Interesse zu haben scheint, die Liegenschaft schnell zu veräußern. Die derzeitigen Ausschreibungen enthalten Rahmenbedingungen, die der Größe des Objektes und dem erforderlichen Gesamtkonzept in keiner Weise entsprechen. Es entsteht so die Gefahr, dass mit dem Erwerb der Immobilie durch einen Großinvestor vollendete Tatsachen geschaffen werden sollen, die die angesprochene sinnvolle Nutzung verhindern. Es ist zusätzlich zu befürchten, dass auf Grund unterschiedlichster Kontaminationen der Verkaufserlös für den Bund nachträglich gegen Null tendieren wird.
Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf;
- sich der Verantwortung für das national bedeutsame, kulturhistorische Projekt Prora nicht zu entziehen,
- es nicht zu verkaufen, bevor  die Grundlagen für eine tragfähige Nutzung hinreichend analysiert sind,
- ein unabhängiges Gremium aus kompetenten Vertretern verschiedener Fachdisziplinen zu berufen, mit dem Ziel, ein tragfähiges Gesamtkonzept, das ganz Rügen und die Festlandanbindung einschließt, zu erarbeiten, öffentlich zu diskutieren und zu verwirklichen."

Bei der internationalen Ausschreibung der Gesamtliegenschaft im Jahre 1994 war von einer Reihe von Bewerbern schließlich nur noch die Firma Immobilienmarkt Weimar als einziger ernsthafter Anbieter übrig geblieben. Diese Firma legte eine Planung der Architektengemeinschaft Prof. Dr. J.Stahr und B.Just vor, die auf der Grundlage des Rahmenplans der dänischen Carl Bro Gruppe ausgearbeitet worden war. Sie sah neben der in Prora bereits vorhandenen  Bruttogeschoßfläche von über 200.000 Quadratmetern noch einen zusätzlichen Neubau von 86.000 Quadratmetern Nutzfläche vor - eine extreme bauliche Massierung an dieser sensiblen Stelle der Insel. Insgesamt waren 3300 Betten für Feriengäste vorgesehen.
Hinzu kam ein "Aquapark" mit 20.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche für 500 Besucher pro Stunde, was ein entsprechendes Verkehrsaufkommen und eine erhebliche Belastung der Infrastruktur darstellen würde. Die Bausubstanz sollte nach der Weimarer Planung zwar grundsätzlich erhalten bleiben, die ursprüngliche streng symmetrische Klotzsche Planung wurde aber durch gegenläufig asymmetrische  dekonstruktivistisch wirkende neue Baukörper im Zentrum nahezu unkenntlich gemacht. Der große Schwung der ursprünglichen Planung, der das eigentlich interessante der Anlage ausmacht, würde af diese Weise zerstört und der Denkmalschutz zur Farce degradiert.
Der Entwurf Stahr/Just war der Prototyp eines Architektenentwurfs, der den viel beschworenen Genius loci, den Geist des Ortes, außer acht lässt und damit die regionalplanerischen Belange ebenso wie die überregionalen historischen Überlegungen missachtet. Entsprechend scharf war die Ablehnung während des 2. Prora-Symposiums im Herbst 1994. Der Entwurf wurde daraufhin zurückgezogen. Dieses 2. Symposium, das die Stiftung NEUE KULTUR zusammen mit der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern und der OFD Rostock im November 1994 veranstaltete, hatte außerdem zum Ergebnis, dass die Anlage in Prora vorerst nicht verkauft wurde. Die Absicht, die Liegenschaft im Ganzen zu verkaufen, ließ man fallen. Die gewonnene Zeit sollte für weitergehende Planungen genutzt werden. Unmittelbar nach  der Veranstaltung wurde beim Bundesvermögensamt eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich für einige Jahre erfolgreich um Mieter und Pächter für Prora bemüht hat. Im Ergebnis dessen konnten 75 Pachtverträge mit Laufzeiten über vier und sechs Jahre abgeschlossen werden, rund 1000 Personen fanden in Prora Arbeit, und die Anlage konnte damals kostenneutral verwaltet werden.

Gruß
Michael
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline zirkulon

  • Technischer Leiter des Forums, "Mädchen für Alles"
  • Administrator
  • Ultimativ
  • *****
  • Beiträge: 2.712
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
    • Gesucht wird
Das Seebad Prora
« Antwort #7 am: So, 22. April 2007, 17:51 »
Leseprobe Teil 2
aus dem Buch „Paradies/Ruinen - Das KdF Seebad der Zwanzigtausend“,
7. aktualisierte und erweiterte Ausgabe

Jürgen Rostock, Ch.Links Verlag, 2006

Im März/April 1996 fand dann die erste planerische Auseinandersetzung mit dem Projekt direkt am Ort statt. Architekturstudenten der Technischen Universität Berlin veranstalteten in Prora eine Entwurfswerkstatt, deren Ergebnisse im Dezember  des Jahres in Berlin präsentiert wurden.
Dabei gab es vielfältige neue methodische Ansätze, und eine grundsätzliche Haltung zum Umgang mit der Anlage wurde erarbeitet. Man kam zu der Einschätzung, dass Prora keine von außen  herangetragene "große Idee" braucht, "sondern ein geduldiges, beharrliches und genaues Aufspüren der Möglichkeiten des Ortes und seiner Nutzungen. Dies soll jedoch nicht in Kleinteiligkeit und squatterhafter Besiedlung enden, sondern in einem klaren Strukturkonzept, das das Potential Proras ausschöpft und zu einem Ganzen zusammenführt, um  diesem Ort eine neue Identität zu verleihen." Parallel dazu fand im Sommer 1996 eine internationale Architekturwerkstatt in Prora statt, die von der Rotterdamer Architektur - Akademie im Rahmen ihres Coast-Wise-Europe-Projektes organisiert wurde. Es waren Studenten und Lehrer aus 22 europäischen Ländern beteiligt, die in Gruppen unterschiedliche Themen bearbeiteten, neben Fragen eines umweltverträglichen Tourismus und alternativer Wohnformen vor allem mögliche kulturelle Einrichtungen in Prora. Dazu zählten ein Ostseemuseum, ein meeresarchäologisches Museum und ein Grafik-Museum für Mecklenburg-Vorpommern genauso wie ein KdF- bzw. NS-Museum für Deutschland oder ein Baltisches Zentrum für den Ostseeraum bzw. ein Zentrum für die Darstellung und Vermittlung der europäischen Regionen. Alle Teilnehmer der Werkstatt teilten die Auffassung, dass an Prora experimentell herangegangen werden müsse, routiniertes, normales Vorgehen zerstöre die Einzigartigkeit des Objektes.
"Prora muss man humanisieren durch Differenzierung, aber nicht durch Abriss. Prora sollte man in evokativen Momenten als Denkmal, als Erinnerungsmaschine verwenden - Geschichte als Monument der Zukunft. Die Einmaligkeit Proras muss ausgebaut, nicht vernichtet werden. (...) Prora als Experiment - das ist seine Geschichte und seine Zukunft."
Zeitgleich wurde 1996 von der OFD Rostock eine Bedarfs- und Wirtschaftlichkeitsstudie ausgeschrieben und die Ausführung schließlich der Berliner Gesellschaft S.T.E.R.N. zugesprochen. Damit wurde zum zweiten Mal, wie ehedem die Carl Bro Gruppe, eine Planungsgruppe beauftragt, die bislang nichts mit Prora oder Rügen zu tun gehabt hatte.
Die Gesellschaft für behutsame Stadterneuerung S.T.E.R.N. führte nur auf dieselbe Weise ihr "diskursives Verfahren" durch, wie sie das früher in Berlin -Kreuzberg getan hatte. Nur ist der Interessenausgleich in einem dicht besiedelten Wohnkiez etwas ganz anderes als die Planung für eine historische Anlage von überregionaler, wenn nicht sogar internationaler Bedeutung. In vier jeweils mehrtägigen Veranstaltungen ("Foren") wurde in der Folgezeit unter Beteiligung hoher Beamter aus dem Bundesfinanzministeriums, aus der OFD und der Landesverwaltung ein so genannter Diskurs über Prora organisiert, eine Art Rundtischgespräch, das für jedermann offen war. Doch der offene Diskurs konnte so offen gar nicht sein, denn wie  sollten Urlauber, die an der historischen und kulturellen Dimension von Prora Anteil nehmen und am Schicksal der Insel Rügen interessiert sind, aber in Dresden, Weimar, Aachen oder München wohnen, die Zeit und das Geld haben, daran teilzunehmen? Auffällig war auch, dass das Kultusministerium aus Schwerin kaum und die Abteilung Kultur des Bonner  Innenministeriums als dafür verantwortliche Bundeseinrichtung an diesem S.T.E.R.N. - Diskurs überhaupt nicht beteiligt waren. Die Veranstaltungen wurden deutlich durch das Bundesfinanzministerium, nachgeordnete Einrichtungen und den Auftragnehmer S.T.E.R.N. dominiert, womit die Verkaufsabsichten des Bundes, verbunden mit einer weitgehend touristischen Nutzung, im Vordergrund standen. Schließlich wurde im November `96 ein allgemeiner "Konsens" erklärt, der seinen Niederschlag in einer "Bedarfs- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchung" fand, die im März 1997 in feierlichem Rahmen übergeben wurde. Darin findet man "Grundsätze zur Entwicklung von Prora", mit denen die Erhaltung der Anlage befürwortet und eine touristische und kulturelle Nutzung sowie Wohnungen und Einrichtungen vorgeschlagen werden. Allerdings ist dort ein Plan abgebildet, der neben 300 Wohnungen und einem schmalen Dokumentationszentrum im äußersten Norden, an der unattraktivsten Stelle der Anlage, vor allem Ferienwohnungen und Hotels (Kongreß-Hotel, Appartementenhotel, Jugendherberge) mit insgesamt 3690 Betten vorsieht, also letztlich eine fast ausschließlich touristische Nutzung. Der Denkmalschutz taucht in der Studie nur am Rande im Zusammenhang mit geplanten Umbauten auf.
Professor Zef Hemel aus Rotterdam äußerte sich bei einer der S.T.E.R.N.-Diskussionen wie folgt: "Die Weiternutzung von Prora erfordert, innerhalb eines begrenzten und genau zu definierenden Rahmens nach einer zivilisierteren Gesellschaft zu suchen, die wir noch nicht gefunden haben. (...) Es wird behauptet, wir hätten zu wenig Geld, ich bin mir dessen nicht sicher. Sicherlich aber haben wir einen Mangel an Visionen, an  Vorstellungsvermögen, an kultureller und sozialer Imagination, an konzeptionellem Ideenreichtum. (...) Die Suche nach Vorstellungen, nach Denkmöglichkeiten für eine sozial und kulturell interessierte Zukunft von Prora muss weitergehen, damit nicht Bedenken die einzige Möglichkeit bleiben. Damit meine ich Qualitäten, Normen und Werte, die man anstreben könnte. (...) Hier in diesem Forum wird das "Baustein" genannt, aber Baustein für welches Gebäude, für welche Zukunft? Halten Sie den Prozess so offen wie möglich, geben Sie Leuten eine Chance, diese Fragen zu stellen, mit Vorschlägen zu kommen - auch auf abenteuerlichen Wegen." Dieser Appell an das außergewöhnliche historische Denkmal nicht mit gewöhnlicher kommerzieller Routine heranzugehen, wurde leider nicht aufgegriffen. Die offene, kreative Haltung des holländischen Planers und die konventionelle, auf Kommerz ausgerichtete der deutschen Sanierungsgesellschaft zeigten deutlich den Unterschied in der Planungskultur beider Länder.
Die vorgelegte Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsstudie sollte vor allem die Vermarktung des Denkmals Prora ermöglichen, möglichst als "Entwicklung aus einer Hand" durch einen Großinvestor. Was in den Jahren zuvor durch öffentliche Diskussionen immer verhindert werden konnte und was  die Rügener  Bevölkerung immer abgelehnt hatte, schien nach einer scheinbar äußerst demokratischen Prozedur wieder möglich zu werden: Massentourismus. Davor hatten auch die kleinen Ferienplatzanbieter im benachbarten Binz Angst, dem Prora verwaltungstechnisch angegliedert ist.
Viele wollten, dass Rügen als naturintensive Insel erhalten bleibt, weshalb ein ökologischer, d.h. pfleglicher Umgang mit der Natur und mit den baulichen Hinterlassenschaften einsetzen sollte. "Nachhaltigkeit" ist dank der Initiative des Naturschutzbundes als Entwicklungsziel für Prora akzeptiert worden. Das bedeutet keineswegs, die Wirtschaftlichkeit unbeachtet zu lassen, im Gegenteil, es bedeutet, sie ernst zu nehmen und konsequent zu berücksichtigen. Dazu könnten kulturelle Einrichtungen der verschiedensten Art entscheidend beitragen. Eine komplexe, regional ansetzende Ökonomie könnte dem gerecht werden, so wie sie etwa die Stiftung NEUE KULTUR 1996 vorgeschlagen hatte. Wird Prora im Wesentlichen mit Gästebetten gefüllt, so ist das weder für die Insel, noch für den Steuerzahler besonders günstig, denn die S.T.E.R.N.-Studie weist bei einem Investitionsvolumen von 250 Millionen einen Subventionsbedarf durch die öffentliche Hand von ca. 150 Millionen Euro aus.
Prora bietet dagegen mit seinen hinterlassenen Bauten ideale Voraussetzungen, kostengünstig kulturelle Einrichtungen anzusiedeln. Wenn man nicht allzu hohe Ansprüche an Komfort und Ausstattung stellt, ist die Bausubstanz, die zunächst ohne Erweiterungs- und Neubauten genutzt werden kann; sie muss nur im Sinne einer humanistischen Tradition neu besetzt werden. Mögliche Ansätze dafür bot die Kulturtagung Prora, die von der Stiftung NEUE KULTUR im März 1997 veranstaltet wurde. Eine Reihe kultureller Nutzungen wurde vorgestellt und diskutiert. Dazu gehörte u.a. ein Grafik-Museum aus der Sammlung Vogel C6C im Zusammenhang mit einer Galerie für wechselnde Ausstellungen. Die Sammlung Vogel umfasst ca. 20 000 Blätter moderne Druckgrafik und verkörpert einen Wert von etwa acht Millionen Euro. Es gab die erklärte Bereitschaft, die Sammlung für Prora zu stiften. Eine Auswahl von 2000 Blatt Graphik aus dieser Sammlung wurde im Sommer 1996 mit großem Erfolg in Prora gezeigt. Die Ausstellung wurde 1997 in erweiterter Form wiedereröffnet und  wird seitdem unter der Schirmherrschaft des Landkreises Rügen in Prora präsentiert. Andere Möglichkeiten, die bei der Kulturtagung 1997 diskutiert wurden, waren z.B. die Einrichtung eines Museums für Meeresarchäologie, das ohnehin für die zahlreichen, sehr  wertvollen Schiffsfunde bei Rügen erforderlich ist und gut in Prora hätte entstehen können, inzwischen aber in Saßnitz eingerichtet wurde. Darüber hinaus gab es Vorschläge, internationale Bildungsprojekte anzusiedeln, eine Baltische Universität hier einzurichten sowie Theater- und Filmfestivals zu veranstalten.

Gruß
Michael
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline zirkulon

  • Technischer Leiter des Forums, "Mädchen für Alles"
  • Administrator
  • Ultimativ
  • *****
  • Beiträge: 2.712
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
    • Gesucht wird
Das Seebad Prora
« Antwort #8 am: So, 22. April 2007, 17:52 »
Leseprobe Teil 3
aus dem Buch „Paradies/Ruinen - Das KdF Seebad der Zwanzigtausend“,
7. aktualisierte und erweiterte Ausgabe

Derartige Einrichtungen und Aktivitäten in Prora würden die kulturelle Infrastruktur von Binz, von Rügen und von Mecklenburg-Vorpommern insgesamt verbessern. Kulturelle Nutzungen erhöhen nicht  unbedingt die Intensität des Tourismus, steigern jedoch seine Qualität und liegen somit im Interesse der gesamten Insel-Region. Wenn eine Saisonverlängerung angestrebt wird, können kulturelle Angebote dabei hilfreich sein, da außerhalb der konventionellen Saison eher mit Gästen zu rechnen ist, die kulturelle Erlebnisse bevorzugen und nicht gerade Zerstreuung und Trubel suchen. Nach einer vom Landkreis Rügen 2005 in Auftrag gegebenen Studie ist Prora bereits ein starkes Ziel für den Kulturtourismus auf der Insel. Es gibt allerdings "keine Entwicklungskonzeption, die den Ort kulturhistorisch organisiert". Dabei verfügt Prora mit "dem ersten und einzigen baulichen  Zeugnis eines ideologisch gesteuerten Massentourismus durch den Nationalsozialismus" in diesem Bereich über eine "Alleinstellung".
Eine Kommerzialisierung und Trivialisierung dieses Gedenkortes zerstört dessen Möglichkeiten.
Ausgehend von einem Vortrag von Rupert Graf Strachwitz wurde auf der 1997er Kulturtagung auch ausführlich über die Möglichkeit diskutiert, die Liegenschaft in ihrer Ganzheit zu erhalten und unter eine neue Trägerschaft (z.B. eine gemeinnützige STIFTUNG PRORA) zu stellen, bei der sich vielfältige kommerzielle und kulturelle Nutzungen gegenseitig ergänzen und fördern. Unter dem Dach einer Stiftung könnten unmittelbar Gewinn abwerfende Nutzungen - wie Wohnen, Tourismus, Gewerbe - und kommerziell sich nicht selbst tragende Nutzungen - wie jene kultureller Art, die ihre Wirtschaftlichkeit erst in einem umfassenderen Zusammenhang entfalten, indem sie zahlungskräftiges Publikum anziehen - miteinander kombiniert werden und ein wirtschaftlich tragfähiges Gesamtgebilde ergeben, das dann auch nicht mehr die öffentliche Hand belastet.

Das Stiftungsmodell könnte zudem durch eine entsprechende Satzung mit festgeschriebenen Zielsetzungen gewährleisten, dass Prora tatsächlich im Interesse der Region entwickelt wird und auch sein Denkmalcharakter gewahrt bleibt. Die OFD und das dahinter stehende Bundesministerium für Finanzen lehnten dieses Modell jedoch strikt ab und folgten mit  ihrem Privatisierungsmodell eher einer neoliberalen Auffassung, die ausschließlich im  Privateigentum die Voraussetzung für Aufschwung und wirtschaftlichen Erfolg sieht, selbst wenn die erforderlichen Subventionssummen ein Mehrfaches des zu erzielenden Verkaufserlöses betragen. Um die historische Bedeutung der Anlage grundsätzlich zu unterstreichen, veranstaltete die Stiftung NEUE KULTUR zusammen mit der Bundeszentrale für politische Bildung 1997 und 1998 noch zwei hochrangig und international besetzte Historikertagungen. Die Teilnehmer - neben Fachwissenschaftlern aus Deutschland und Europa waren auch Vertreter von Bundesbehörden, vom Land Mecklenburg-Vorpommern, vom Landkreis Rügen und der Gemeinde Binz vertreten - gelangten übereinstimmend zu der Auffassung, dass in Prora eine Dauerausstellung bzw. ein Museum für Arbeits- und Sozialgeschichte des Nationalsozialismus eingerichtet werden sollte.
Auf der 2. Tagung 1998 wurde aufgegriffen und mit Unterstützung der Europäischen Union 1999 mit der Erarbeitung einer Konzeption begonnen, die 2001 abgeschlossen werden konnte. Im Sommer 2000 wurde im Rahmen dieser konzeptionellen Arbeit das Dokumentationszentrum Prora mit einer zunächst sehr kleinen, konzentrierten Ausstellung eröffnet. Dies war der erste Ansatz einer historisch fundierten Ausstellung, die zusätzlich zu den bereits vorhandenen Ausstellungen in Prora entstand und die durch ihre bildungspolitische Ausrichtung keine Konkurrenz, sondern eine notwendige Ergänzung darstellte. In europäischer Kooperation wurden in den Jahren 2003 und 2004 wesentliche Teile der Konzeption realisiert und im Juli 2004 die Ausstellung MACHTUrlaub über das "KdF Seebad Rügen" und das gesellschaftliche Konstrukt der nationalsozialistischen "Volksgemeinschaft" eröffnet. das Dokumentationszentrum Prora ist seitdem ein wichtiger Bestandteil der deutschen Erinnerungskultur geworden und die einzige Ausstellung in Deutschland mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Sozialgeschichte des "Dritten Reiches". Einträge im Gästebuch der Ausstellung belegen die Zustimmung der Besucher. So schrieb Frau Sigrun Untermann-Hellwig aus Wetter/Ruhr im September 2005: "Eine Dokumentation des Ungeheuerlichen,  Unglaublichen, Unverständlichen! Das ist Vergangenheit !!! Wirklich? Wenn man das nur glauben könnte! Man darf sich nicht in der Welt umsehen. Hoffen wir trotzdem/ deshalb auf eine bessere, eine gute Zukunft. Es ist gut, hier gewesen zu sein, für mich und sicher auch für viele, die noch kommen werden. Darum ist der Erhalt und auch die Erweiterung dieser Dokumentation so wichtig." Im selben Monat schrieben Claudia Baum und Sven Schindler aus Sachsen: "Bisher kannten wir ihn nur vom Hören - Sagen und von Bildern, den Koloss von Prora. Nun, nachdem wir uns vor Ort einen Eindruck verschaffen haben, hinterlässt dieser Bau doch einen sehr nachhaltigen Eindruck. Das Dokumentationszentrum hat eine sehr informative Ausstellung zusammengetragen, die die Geschichte dieses Bauwerkes von der Entstehungszeit bis heute sehr gut darstellt. Besonders hat uns der Einsatz der Medientechnik gefallen. Wichtig ist jedoch, fundiert und wissenschaftlich zu informieren, und deshalb sollte dieses Dokumentationszentrum unbedingt erhalten werden und nicht von unfundierten, geschäftsorientierten Museumsprojekten bedroht werden. Ein Museum hat immer einen Bildungsauftrag. Dem wird hier sehr gut nachgekommen!!"
Eine Familie Z. schrieb: " Diese Ausstellung hebt sich durch ihre exaktrealistische Information, die großartige Illustration von anderen Expositionen genial ab! Vor allem hervorzuheben sind die permanenten Hinweise auf die Unterschiedlichkeit von Wesen und Schein des deutschen Faschismus! Damit wird auch die einzigartige Sozialdemagogie des Faschismus, sein scheinbarer Sozialismus überdeutlich. Die Verführungskraft des propagierten falschen Sozialismus scheint mir bis heute nicht zufriedenstellend hervorgehoben! Wir hoffen, dass diese tolle Ausstellung erhalten bleibt!"
Sandra Tauer, Universität Heidelberg, vermerkt im November desselben Jahres: " Die Ausstellung in ihrem Haus ist die einzige, die wissenschaftlich aufgearbeitet ist und dem Besucher die Einordnung in den historischen Kontext ermöglicht. Ich hoffe, dass diese Ausstellung in dieser Form erhalten bleibt."
Neben der ständigen Ausstellung werden Sonderaustellungen gezeigt und Veranstaltungen durchgeführt.
Im Zentrum der Anlage, dem so genannten Block III und dem Querflügel, gibt es für 2006 noch zwei weitere Ausstellungsvorhaben, die sich, neben technischen und naturwissenschaftlichen Themen, NVA- Geschichte, Boxsport u.ä., auf spezifische Weise auch mit dem Thema Prora auseinandersetzen. Die große Kunstausstellung der Sammlung Vogel C&C ist noch geöffnet.
Unbeeindruckt von allen Stellungnahmen der Fachwelt, bemühte sich das Bundesvermögensamt Rostock weiter um die Veräußerung der Immobilie. Nachdem der Verkauf an einen einzigen Investor nicht zustande gekommen war, entschloss man sich 1995, zu Teilverkäufen überzugehen. Um diese zu erleichtern, musste die gut funktionierende Jugendherberge im südlichsten Bettenhaus Prora im Jahr 2000 verlassen, doch das 450 Meter lange Haus steht seitdem leer und verfällt - denn die Verkaufabsichten zerschlugen sich.

Gruß
Michael
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline zirkulon

  • Technischer Leiter des Forums, "Mädchen für Alles"
  • Administrator
  • Ultimativ
  • *****
  • Beiträge: 2.712
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
    • Gesucht wird
Das Seebad Prora
« Antwort #9 am: So, 22. April 2007, 17:55 »
Leseprobe Teil 4
aus dem Buch „Paradies/Ruinen - Das KdF Seebad der Zwanzigtausend“,
7. aktualisierte und erweiterte Ausgabe

Im Sommer 2004 versteigerte die Oberfinanzdirektion Teile der Anlage - die Ruinen im Norden mit angrenzendem Wald - an eine anonyme Kapital-Gesellschaft in Lichtenstein. Eine Veräußerung derartig wichtiger Denkmäler ist in Deutschland einmalig und an  vergleichbaren Orten, wie dem "Reichsparteitagsgelände" in Nürnberg oder dem Privatrefugium der NS-Größen auf dem Obersalzberg, undenkbar.
Wenige Tage nach der Eröffnung des neu gestalteten Dokumentationszentrums im Sommer 2004 wurde in Rostock auch ein Vertrag unterschrieben, mit dem die zentralen Teile der Anlage, der besterhaltene und gut genutzte Block III, an die in Gründung befindliche Gesellschaft "Inselbogen" veräußert wurden.
370 000 Euro waren für ca 60 000 Quadratmeter Nutzfläche zu bezahlen, eine zweistellige Millionensumme erwarten die "Investoren" als Fördermittel des Landes. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages stimmte trotz zahlreicher Proteste dieser Veräußerung zu, ein Fall von Beratungsresistenz, der nur mit dem Entschluss zum Abriss des "Palastes der Republik" in Berlin zu vergleichen ist. Den angeblich nur ihrem Gewissen verantwortlichen Abgeordneten war es via Geschäftsordnung verboten, gegen die Veräußerung zu stimmen, historische Werte seien keine Gewissensfrage, so die rot-grüne Regierung im Winter 2005. In einer persönlichen Erklärung des Abgeordneten Lothar Mark im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages heißt es: "Meines Erachtens hat die Entscheidung für den Verkauf an die Inselbogen GmbH gerade im 60. Jahr des Kriegsendes eine verheerende Auswirkung. (...) Sollte dem Käufer nicht daran gelegen sein, das historische Erbe zu bewahren, könnte dies den gerade in den neuen Bundesländern wachsenden Einfluss der Neonazis weiter stärken."
Der Geschäftsführer der Inselbogen - Gesellschaft will "Prora in die Normalität zurückführen". Er betreibt bereits eine Ausstellung mit Schwerpunkt NVA-Geschichte, die in der Fachwelt eher kritisch gesehen wird.

Das Ehepaar Carin und Carl Vogel hat "in einer bewunderungswürdigen und visionären Privatinitiative ca. 4000 Orginalgrafiken als Retrospektive der Moderne (...) uneigennützig zur Verfügung gestellt - eine Chance die nachweislich von Anfang an nicht genutzt und durch unprofessionelles Management und Marketing der öffentlichen Hand vertan wurde" (Leserbrief in der "Ostseezeitung" vom 31.Mai 2006).
Das Ehepaar Vogel hat sich mit allen Kräften gegen die Veräußerung gerade der für die Grafikausstellung genutzten Räume gewehrt. Als sich  im Winter 2005 eine Delegation des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages mit dem Geschäftsführer der Inselbogen GmbH traf und sich  weigerte, mit den kulturellen Einrichtungen auf dem Gelände zu sprechen, standen Carin und Carl Vogel vor der Tür des Binzer Kurhauses und protestierten mit Schrifttafeln und Handzetteln: "Wir bitten den Deutschen Bundestag, den Bundesfinanzminister daran zu hindern, seinen Plan zur Zerstörung der Kulturmeile Prora durchzuführen. Kunst für Rügen. Schirmherrschaft: Der Ministerpräsident. 2000 Graphiken schleppten wir an. Dann noch einmal 2000 Blätter. Schirmherr: Der Kultusminister. Noch nie war so viel Kunst auf der Insel. Selten haben wir mit unserer Sammlung soviel Begeisterung ausgelöst. Nun stehen wir vor der Tür. Nicht einmal zuhören dürfen wir, auf welche Weise alles kaputtgemacht werden soll. (...) Wir bitten die angereisten Bundestagsabgeordneten, hier einmal ihre eigentliche Pflicht zu erfüllen: einer teils ahnungs-, teils rücksichtslosen, teils wohl auch hilflosen Regierung in den Arm zu fallen."
Carl Vogel wandte sich später noch mit "Vogelflugblättern" an die Politiker: "Nun schon zehn Jahre hindurch arbeiten viele Menschen mit größtem Einsatz, mit größtem Erfolg, freilich ohne Profit an der Kunst- und  Museumsmeile Prora - das kulturelle Kernstück von Rügen (...) Das ehemalige KdF - Gebäude in Prora steht unter Denkmalschutz. Nun soll also das Gebäude übergeben werden mit Auflagen: Der Denkmalschutz muss respektiert werden. Wie das gehen soll, ist unklar. Trotz einer Klausel im Kaufvertrag, der den Mietern ein Bleiberecht zu "akzeptablen Bedingungen" in Aussicht stellt, sind inzwischen alle Mietverträge entweder gekündigt worden oder die Kündigung wird angedroht. Die Käufer denken nicht daran, den Kaufvertrag einzuhalten und der Bund denkt nicht daran, die Einhaltung durchzusetzen. Der Bürgermeister von Binz will jetzt - Denkmalschutz hin, Denkmalschutz her - einige Blöcke von Prora abreißen lassen."
Professor Vogel ist in Empörung und Verbitterung über die skandalösen Machenschaften beim Umgang mit Prora im Januar 2006 in Hamburg verstorben. Der ehemalige Präsident der Hochschule für bildende Künste Hamburg wurde in vielen Nachrufen von Hamburger Künstlern und Politikern gewürdigt. Offizielle Nachrufe aus Mecklenburg-Vorpommern gab es nicht.
Die wertvolle Sammlung Vogel C&C wird Rügen im Herbst 2006 nach zehn Jahren verlassen.

Der Verkauf des Zentrums von Prora im Sommer 2004 betraf gerade die Teile der Liegenschaft, die noch genutzt waren. Diese werden nach den Vorstellungen des Käufers schrittweise entmietet. Nach dem Ende der Graphiksammlung Vogel C&C ist auch das mit erheblichem Aufwand an europäischen Finanzmitteln aufgebaute Dokumentationszentrum gefährdet.
Was die Investoren-Gesellschaft tatsächlich plant, wird weder von ihr selbst noch von der Oberfinanzdirektion, die jetzt zur Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gehört, veröffentlicht. Vage ist der Presse zu entnehmen, dass Einrichtungen für Jugend und Sport und ein Musical-Theater angesiedelt werden sollen.

Nachdem die belebten und funktionierenden Teile veräußert wurden, kümmert sich um die leer stehenden Teile niemand mehr. Sie verfallen rapide und sollen neuesten Ideen des Bürgermeisters der Gemeinde Binz abgerissen werden. Dem Bund liegt im Fall Prora an einer schnellen Privatisierung auch auf die Gefahr hin, regionale Konflikte auszulösen und das Baudenkmal zu zerstören oder durch Überformung unkenntlich zu machen.
Gewachsene und funktionierende Einrichtungen wie Jugendherberge, Prora-Museum, Künstlerateliers, Kunstmuseum Vogel und Dokumentationszentrum müssen dem weichen, auch wenn noch ungeklärt ist, ob die Investorenpläne mit Musical-Theater und Hotel überhaupt bezahlbar und realisierbar sind.
Wie sagte doch ein Bundestagsabgeordneter bei der Besichtigung in Prora: "Kultur interessiert uns nicht, nur das Gebäude."
Der verantwortungsbewusste Umgang mit den Hinterlassenschaften des NS-Regimes bleibt eine gesamtstaatliche Aufgabe. Eine nachhaltige Entwicklung ohne Entfaltung eines kulturellen Milieus ist in Prora jedoch kaum zu realisieren. Vergleichbare Erinnerungsorte wie das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, der Obersalzberg oder der Königsplatz in München werden dokumentarisch begleitet. Dass ein Ort von ähnlicher Bedeutung in Mecklenburg-Vorpommern so vernachlässigt wird, ist ein eher unglückliches Produkt des Förderalismus der Bundesrepublik, gerade weil es ein Denkmal von nationalen Rang betrifft.
Die Probleme der weiteren Nutzung von Prora können mit der notwendigen gesellschaftspolitischen Verantwortung letztlich nur dann angegangen werden, wenn der Bund als Nachfolger des "Reiches", das ja der Verursacher dieser Anlage war, seinen Verpflichtungen für den Ort auch tatsächlich nachkommt. Mit dem politischen Willen von Bund, Land, und Gemeinde ließe sich hier an authentischer Stätte ein lebendiges Zentrum schaffen, das sowohl vielfältigen Nutzungen offen steht als auch der historischen Dimension des Ortes gerecht wird.

(Der Text ist mit vielen sw- Abbildungen versehen)

Quelle: MUSEUM PRORA--Link defekt ??, es wird nur grau, kka67

Gruß
Michael
« Letzte Änderung: So, 11. Februar 2018, 12:25 von kka67 »
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

 


SimplePortal 2.3.2 © 2008-2010, SimplePortal