Autor Thema: Gorodischtsche,der Sammelpunkt für die Gefangenen des Nordkessels  (Gelesen 5698 mal)

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Offline md11

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Langsam setzt sich die Kolonne in Bewegung. Es sind zunächst etwa zwei bis dreihundert Mann. Ein Teil von ihnen ist mit Rucksäcken ausgerüstet, andere haben einen Tornister oder einen Brotbeutel. Nur vorsichtig klettern wir den glatten Steilhang hinunter. Jetzt sind wir auf der Sohle des Gorodischtsche-Bachtals angekommen. Die Spitze hält, bis auch die letzten Gefangenen wieder heran sind.

Nun geht es etwas freier vorwärts. Den zugefrorenen Bach haben wir auch schon überquert und bereits die hervorspringende Nase erreicht, von der ich immer gern gewußt hätte, was sich dahinter verbarg. Donnerwetter, das hätte ich nicht erwartet! Hinter der Bergnase stehen mit je zehn bis zwanzig Meter Zwischenraum überschwere russische Granatwerfer. Ich zähle 1, 2, 3, 7, 12 Stück vierhundert Meter von meiner eigenen Stellung entfernt zwölf dieser überschweren Werfer.

Weiter geht es in westlicher Richtung durch die Werferstellungen hindurch einen Trampelpfad entlang, der sich durch das Bachtal hinzieht. Weit vor uns wird ein neuer Gefangenenzug sichtbar, auf den wir allmählich zustoßen. Dort angekommen, halten wir.
Bis jetzt habe ich noch kein Wort mit meinen Kameraden gesprochen, auch sie schweigen. Was mag in ihren Köpfen vorgehen? Ich denke so gut wie nichts, bin noch zu benommen und sture so dahin. Es ist mir, als habe ich ein Brett vor dem Kopf, als sei hinter meiner Stirn eine dunkle Leere.

Ein Russe fragt etwas; man verdolmetscht es. Er will wissen, ob Offiziere dabei sind. Als ich vortreten will, halten mich meine Männer zurück. „Schweigen Sie, Herr Hauptmann", flüstert mir Rotter zu, „wir wollen zusammenbleiben, andernfalls werden wir getrennt." Er hat recht, getrennt werden möchte ich nicht von meinen Kameraden, jetzt erst recht nicht, da wir der Ungewißheit entgegengehen!

Ein anderer Offizier weiter vorn ist vorgetreten. Er erhält einen Befehl, den man ihm übersetzt. Danach begibt er sich an die Spitze des Gefangenenzuges und gibt das Kommando zum Abmarschieren. Die Kolonne setzt sich wieder in Bewegung in Richtung Westen. Wohin man blickt: Gefangenenkolonnen.
Wie lange wir schon durch den Schnee gestapft sind, weiß ich nicht. Waren es Minuten? Waren es Stunden? Es ist alles unfaßbar, zu unwahrscheinlich.

Bisher hatten wir gekämpft, Schläge ausgeteilt und natürlich mitunter auch Schläge empfangen; und nun sollen wir in einem endlos erscheinenden Zuge von Gefagenen mittrotten.

Wieder ein Stop. Wir halten vor den Gefechtsständen eines Stabes. Von vorn spricht sich's durch, daß hier eine Kontrolle sein soll. Wie sie es handhaben werden, weiß ich nicht. Ich traue meinen Augen nicht, eine Frau? eine Rotarmistin, das Gesicht stark bemalt, verschwindet in einem der Gefechtsstände. Um mich herum versuchen Kameraden auf mühsam entfachten Feuerdlen Konservendosen warm zu machen. Die Dosen enthalten eine fertige Mahlzeit. Ich wundere mich, wie diese Männer an das Essen kommen. Wir kennen diese Dinge schon eine geraume Weile nicht mehr. Mit knurrendem Magen schauen wir zu, wie die anderen essen. Ich denke daran, we ich gestern ahend für 48 Mann, mich eingeschlossen, die 4 kg Brot und die 3/4Dose Schokakola verteilte, dazu pro Kopf drei Gramm Fett. Gut, daß Pawellek noch in der Nacht unsere Bunkerkatze geschlachtet und gekocht hatte. Die zweite Hinterkeule gab heute morgen für jeden meiner Getreuen noch einen kleinen Happen ab.

Neben mir bückt sich gerade ein Obergefreiter von der Artillerie, der einen dicken, prallen Feldrucksack trägt. Wie ich jetzt sehe, ist dieser Rucksack voller Knäckebrot. Wie kommt der Mann an das Knäckebrot? Die umstehenden Männer bitten darum, ihnen etwas davon abzugeben. Er lehnt ab. So ein Himmelhund! Gibt es das überhaupt, daß ein Soldat die moralische Pflicht des Teilens nicht kennt? „Nun, gib den andern schon was ab!" sage ich zu ihm. Ein frech-dreister Blick trifft mich. „Was geht Dich das an? Du kannst mich am Arsch lecken!" In mir kocht es, ich beherrsche mich aber und wende midi ab. Kotter sagt zu dem Obergefreiten: „Benimm Dich, das ist ein Hauptmann." Im Weggehen vernehme ich noch seine Antwort: „Das ist mir scheißegal, jetzt gibt es keine Offiziere mehr, wir sind alle nur noch Kriegsgefangene!" Ich schäme mich, denn so etwas habe ich bisher noch nicht erlebt und auch nie für möglich gehalten.

Über 1,1/2 Stunden stehen wir hier schon, und die sogenannte Kontrolle geht nur langsam vorwärts. Diejenigen, die es hinter sich hatten, riefen uns zu, daß man uns alles abnehmen würde. Vor allen Dingen seien blinkende Gegenstände wie Ringe, Uhren, Füllfederhalter, Drehbleistifte und Feuerzeuge sehr begehrt. Von alledem besitze ich nichts; außer der Armbanduhr, die nur minutenweise geht. - „Hör mal zu, wir wollen versuchen, ohne Kontrolle zu denen da drüben zu gelangen, dann kommen wir schneller weiter." Wenn man gut aufpaßte, konnte man in einem unbewachten Augenblick zu den bereits kontrollierten hinüberrennen, und wenn man sich weiter vorschob, gar bald wieder marschieren.

« Letzte Änderung: So, 04. Juli 2010, 17:36 von Adjutant »

Offline md11

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Re: Gorodischtsche,der Sammelpunkt für die Gefangenen des Nordkessels
« Antwort #1 am: Sa, 30. Juni 2007, 08:59 »
Wie ich inzwischen erkannt habe, marschieren alle Gefangenenkolonnen, die durch die Kontrolle gegangen sind, in Richtung Gorodischtsche, ohne sonderlich bewacht zu werden.

Unser Plan gelingt. In einem günstigen Augenblick rennen wir zur anderen Gruppe hin. Langsam, ohne daß es sonderlich auffällt, gehen wir weiter. Vor uns hat sich gerade ein schon kontrollierter Trupp von etwa dreihundert Mann in Bewegung gesetzt. Wir beeilen uns und erreichen den Anschluß. Gott sei Dank! Nun geht es wieder vorwärts. Das Herumstehen war mir schon zur Qual geworden, da ich nur einfache Wehrmachtsschnürschuhe anhabe. Die Filzstiefel hatten nicht für die ganze Kompanie ausgereicht.

Unsere Marschkolonne wird durch die schlechten Wegverhältnisse sehr auseinandergerissen. Ein Mann, der leicht verwundet ist und schlecht laufen kann, versucht sich auf einen vorbeifahrenden russischen Schlitten zu setzen.

Der Fahrer schlägt so lange mit der Peitsche auf den Verwundeten ein, bis er herunterfällt. Eine kurze Wegstrecke wird der sich am Schlitten Festklammernde auf dem Boden mitgeschleift, bis seine Kräfte versagen und er ohnmächtig liegenbleibt. Ein ehemaliger Sanitäter bemüht sich um den Bewußtlosen.

Der Tag ist sonnenklar. Es muß schon Nachmittag sein. In der Ferne ist das Dorf Gorodischtsche zu sehen. Aus allen Richtungen bewegen sich lange Gefangenenzüge auf das Dorf zu, ein endloser Wurm. Wir versuchen nun, den sich in einer großen Schleife dahinziehenden Trampelpfad abzukürzen indem wir 400 Meter geradeaus gehen. Dabei werden wir etwa 500 Meter Weg sparen. Hätten wir es doch nicht getan! Dadurch, daß wir uns vom großen Haufen trennen, werden wir auf dieser Strecke von einem jungen Leutnant und seiner Horde angehalten. Es folgt eine gründliche Durchsuchung. Alles, was gefällt und in die Augen sticht, wird uns abgenommen.

Ich wundere mich, wir haben trotz der verschiedensten Kontrollen immer noch irgend etwas, was ein Rotarmist gebrauchsfähig findet. Welche Vorstellung haben diese Menschen eigentlich von uns? Jeder Gefangene, der eine Feldflasche bei sich hat, muß sie vorzeigen. Der Leutnant scheint betrunken zu sein, denn er fuchtelt mit seiner Pistole wie ein Besessener in der Gegend herum und brüllt: „Wodka jest?" Auch seine Genossen schnüffeln an den Feldflaschen herum und brüllen wie die Ochsen. Dabei verstehe ich nur immer, daß sie Wodka haben wollen. Wann haben wir überhaupt den letzten Alkohol gesehen? Es ist schon Wochen her! Na, endlich lassen uns diese Wilden weiterziehen.

Wir haben den Dorfrand von Gorodischtsche erreicht. Wohin ich blicke: Gefangene und nochmals Gefangene. Ihre Zahl zu schätzen, ist unmöglich. Mir fällt ein, daß ich vor drei Monaten hier noch Soldat war. Zu essen gibt es nichts, zu trinken auch nicht. Eine Ordnung oder ein bestimmtes System der Gefangenenerfassung ist nicht zu erkennen. Es heißt nur: Wir marschieren weiter in bestimmte Läger. Mit dem gewaltigen Strom der Menschenmassen lassen wir uns treiben. Stunden sind wir nun schon hier im Dorf. Es wird dunkel, als wir in einem langen schier endlosen Gefangenenzug den Westrand von Gorodischtsche erreichen. Der Ort selbst ist aber noch vollgepfropft von stur dahinziehenden Gefangenen.


Offline md11

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Re: Die Ersten Etappen:Barbukin,Bol-Rossoschka
« Antwort #2 am: Sa, 30. Juni 2007, 09:15 »
Es geht nun etwas lebhafter vorwärts. Ich bin von all dem Erlebten zu benommen, um klare Gedanken zu fassen. Wie ein Schlafwandler gehe ich mit der Kolonne. Der Weg ist schlecht, die Dunkelheit läßt die Löcher nicht erkennen. So stolpere ich nach links und dann mal nach rechts, hin und wieder beim Fallen einen Kameraden mitreißend. Durch das unsichere Marschieren gerate ich in Schweiß.

Wie lange sind wir nun schon so marschiert? Ich weiß es nicht. Vor uns in der Ferne tauchen ein paar vereinzelte Lichter auf. Ich mache mir keine Gedanken, was das sein könnte, höre nur von irgendeinem sagen: „Das muß Gumrak sein."

Der Lärm eines sich nähernden Fahrzeugs läßt uns zur Seite treten. Es ist ein schwerer Josef-Stalin-Traktor. Er hat zwei schwere Geschütze angehängt, die Besatzung ist trotz der Kälte aufgesessen. Keine Protzen, keine Bagage, nichts, nur Munition. So hätten wir es auch machen müssen.

Allmählich nähern wir uns den Lichtern. Der Bahndamm bestätigt mir, daß es Gumrak ist. An der Bahnlinie hat man schon zerstörte Fahrzeuge und Geschütze gesammelt. Der Verkehr ist hier lebhafter. Hin und wieder öffnet sich die Tür eines Erdloches und das Licht der Lampe fällt gleißend nach draußen. Vorbei. - Kein Licht ist mehr neben uns oder in der Ferne. Nur der lange dunkle Wurm der Bahnlinie begleitet uns, und das Firmament schaut in seiner kalten Pracht auf uns Dahinwankende herab. Von Zeit zu Zeit ein kurzes Halt. Der Posten wartet dann, bis der Heerwurm der Gefangenen wieder aufgeschlossen ist. Ich benutze diese Sekunden wie meine Kameraden und lege mich, die Decke als Unterlage, in den Schnee. Ich bin sehr müde. Die fehlende Ruhe der letzten zwei Wochen macht sich bemerkbar. Lange jedoch kann man nicht liegen bleiben; der erhitzte Körper kühlt sich bei der starken Kälte schnell ab. Dann kriecht der Frost den Liegenden an, langsam kommt er von unten herauf und läßt sich nicht abhalten. Erst nach einigen hundert Metern Marsch gerät das Blut wieder in Zirkulation, und der Körper erwärmt sich.

Schier endlos ist die Nacht. Der Magen meldet sich, er verlangt sein Recht, hat schon seit Tagen keine richtige Verpflegung mehr erhalten. Doch auch jetzt habe ich nichts. Wann werde ich wieder etwas zu essen bekommen? Wir atmen auf, im Osten ist ein schmaler Silberstreifen zu sehen, er verkündet den nahenden Morgen. Bald wird es Tag sein, dann sieht die Welt schon anders aus. Der Posten soll auch gesagt haben, daß es in absehbarer Zeit etwas zu essen gäbe. Einige kennen sich hier aus. Sie sind der Ansicht, daß wir nach Barbukin marschieren und dort auch untergebracht werden könnten.

Barbukin ist erreicht. Wir halten in einem Tale, besser gesagt, in einer Mulde. Die verstreut umherliegenden Waffen und Geräte lassen erkennen, daß hier einmal der Kampf tobte. Der Posten verschwindet in einem der Erdlöcher. Ein einziges Holzhaus zeugt davon, daß hier vor wenigen Wochen noch ein kleines Dorf gestanden hat. Wir versuchen irgendwie windgeschützt unterzukommen, drängen uns zusammen, frieren. Plötzlich heißt es: „Verpflegung empfangen!" Wir schließen uns zu Verpflegungsgruppen zusammen, für die jeweils zwei Mann empfangen. Es gibt für zwanzig Mann einen Laib Brot und pro Kopf einen halben Salzhering.

Was ist mit dem Brot los? Das ist ja hart wie Stein! Irgend jemand sagt: „Das Brot ist gefroren!" Mit einem spitzen Instrument - Messer haben wir keine mehr - wird der Laib zersäbelt.

Ich erhalte mein Stück, es ist eisig und hart. Gierig versuche ich, daran zu knabbern, ohne Erfolg. Enttäuscht und mit hungrigem Magen stecke ich es in die Hosentasche. Vielleicht taut es dort mit der Zeit etwas auf. Aber den Fisch, den kann ich essen! Mit wahrem Heißhunger schlinge ich das Stück kalten Fisch hinunter. Die Lippen brennen von dem Salz, ich achte aber nicht darauf. Weiter geht's. Die Februarsonne schaut gläsern auf uns herab, sie hat noch keine Wirkung. Aber beim Marschieren wird mir doch immer wieder warm. Halten wir dann einen Augenblick, bin ich im Nu eiskalt. Auf unserem jetzigen Marschweg läßt sich besser marschieren. Schneepflüge sorgten hier für Ordnung, und meterhohe Schneewälle begrenzen die Straße.

Bei einzelnen Männern machen sich die Ermüdungserscheinungen nun sehr bemerkbar; sind wir doch jetzt fast 1,1/2 Tage ohne größere Rast auf den
Beinen. Hinzu kommt noch die pausenlose Kampftätigkeit der vergangenen Tage. Auch ich bin müde, schleppe mich aber durch.

Endlich, am Nachmittag, kommen wir in einem Tal an. Es ist das Bol-Rossoschka-Tal. Unsere Kolonne hält und steht längere Zeit. Ein russischer Offizier, der plötzlich aufgetaucht ist, fragt nach deutschen Offizieren. Mehrere treten aus der Kolonne vor, die Wintertarnbekleidung läßt ihren Dienstgrad nicht erkennen. Der Russe wiederholt seine Frage. Meine Männer versuchen, mich zum Zurückbleiben zu bewegen. Ich kämpfe mit mir, weiß nicht, was der Russe mit den Offizieren vorhat. Aber soll ich verleugnen, daß ich deutscher Offizier bin? Soll man mir, wenn ich als Offizier erkannt werde, vorwerfen, ich hätte aus Furcht meinen Dienstgrad verschwiegen? Nie! - Ich verabschiede mich schweren Herzens von meinen Kameraden und gehe zu der bereits angetretenen und abgesonderten Gruppe. Wann und wo werden wir uns wiedersehen?

Wohin man blickt, Erdlöcher. Wir werden zu einem dieser Erdlöcher geführt und sollen in das Loch hineinkriechen. Etwa sechzig Mann sind wir. Als kaum die Hälfte in dem Erdloch ist, stockt die Bewegung; aus dem Innern sind gedämpfte Stimmen zu vernehmen, daß alles voll sei und kein Platz mehr wäre. Der Russe hilft nach, mit dem Kolben geht das gut. Einige Minuten später sind wir alle in dem Erdloch.

Wir stehen aneinandergepreßt, so daß sich keiner setzen kann. Aber auch die, denen auf die Dauer die Kräfte versagen, können nicht umfallen. Unbarmherzig stehen die Erdwände, sie begrenzen unseren Raum und lassen kein Ausdehnen zu. Dem Schreien, Gestöhne, Geschimpfe folgt allmählich eine apathische Ruhe. Das einzige Lichtloch ist mit einer Zeltplane verhängt, damit der Wind nicht den eisigen Schnee hineinweht. Der Raum liegt völlig im Dunkel.

Sind es Stunden? Sind es Tage? Wer vermag in so einer Situation die Zeit zu messen, da Sekunden zur Ewigkeit werden! Plötzlich wird die Tür aufgerissen, und wir werden aufgefordert, herauszutreten. Wenn nur das verdammte Gepäck einiger Gefangener nicht wäre! So dauert das Heraustreten aus dieser Enge doppelt so lange. In Reihen werden wir zu einem Kessel geführt, in dem man für uns gekocht hat. Rumänische Gefangene sind hier Köche. Sie benehmen sich nicht gut. Ein Glück, daß ich mein Kochgeschirr noch besitze. Ich sehe Gefangene, die aus einer verrosteten Konservendose essen. Was hat man mir denn da in den Pott getan? Ungeschälte Kartoffeln? Ja gibt es denn so etwas? Die sind schon zum größten Teil verfault, völlig schwarz. Wir sind gezwungen, die meisten dieser Kartoffeln trotz unseres Hungers wegzuwerfen. Der Rest des „Mahles"ist ein Gemisch von Hirse, ungeschältem Hafer und anderen ungebrochenen Getreidekörnern. Nach drei Tagen erhält der Magen zum ersten Mal wieder etwas Warmes.

Nun zurück in das Erdloch. Beim Einsteigen bemerke ich, wie einige Gefangene an Pferdekadavern herumhacken. Das gleiche Geschimpfe, Gestoße und Gelärme, anschließend wieder dieselbe apathische Ruhe. Einige der Stehenden sehen schon besorgniserregend aus. Wo mögen nur meine Getreuen stecken?

Können Stunden zu solch einer qualvollen Ewigkeit werden? Früher hielt ich es für unmöglich und doch ist es so. Ich habe eine fast gleichgültige Ruhe. Meine Pflicht habe ich erfüllt, was nun kommt, weiß der Himmel allein.

Quelle-Was geschah nach Stalingrad (Bericht von A.Holl)

Gruß
Josef

Offline adrian

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Re: Gorodischtsche,der Sammelpunkt für die Gefangenen des Nordkessels
« Antwort #3 am: So, 08. Juli 2007, 10:56 »
Hallo Josef,

danke für diesen Auszug. Ich will versuchen, mir das Buch zu besorgen.
Kannst Du mal den Titel, mit allem was dazu gehört, angeben? Ich hoffe, Du bist bald wieder online.

Gruß Werner
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Offline zirkulon

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Re: Gorodischtsche,der Sammelpunkt für die Gefangenen des Nordkessels
« Antwort #4 am: So, 08. Juli 2007, 23:35 »
Holl, Adelbert: Was geschah nach Stalingrad?, Duisburg, 1964

Ich versuche mal noch mehr heraus zu finden.

Gruß
Michael

Hier noch ein kleiner Fetzen:
Was geschah nach Stalingrad?: 7 1/4 Jahre als Kriegs- u. Strafgefangener in Russland
Holl, Adalbert
2. Aufl.. Erlangen. Mueller. ca. 1970. 240 S..

Mehr gibt es scheinbar nicht. Hab´s auch nicht in den Antquariaten gefunden....
« Letzte Änderung: Mo, 09. Juli 2007, 00:04 von zirkulon »
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline Cartwright

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Re: Gorodischtsche,der Sammelpunkt für die Gefangenen des Nordkessels
« Antwort #5 am: Mo, 09. Juli 2007, 07:49 »
Mehr gibt es scheinbar nicht. Hab´s auch nicht in den Antquariaten gefunden....

Grüße!

Bei Amazon.com gibt es noch:
An Infantryman In Stalingrad From 24 September 1942 to 2 February 1943 von Adelbert Holl.

viele Grüße,
VOlker

Offline adrian

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Re: Gorodischtsche,der Sammelpunkt für die Gefangenen des Nordkessels
« Antwort #6 am: Mo, 09. Juli 2007, 19:18 »
Hallo Volker,

leider muss ich gestehen, das ich mich nicht an englischsprachige Literatur heranwagen will.
Dennoch Danke für den Hinweis. Ich glaube, das Buch von Adalbert Holl steht als nächstes
auf meiner Wunschliste.

Gruß Werner
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Offline md11

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Re: Gorodischtsche,der Sammelpunkt für die Gefangenen des Nordkessels
« Antwort #7 am: Di, 10. Juli 2007, 20:47 »
Hallo Werner,
es ist ein schönes Buch,hab erst die hälfte gelesen.Es gibt da viele Berichte  über die Kriegsgefangenenlagern.Hier mal ein Bild über das Buch.Wie wir telefonisch besprochen haben bekommst Du es.

Grüße
Josef
« Letzte Änderung: So, 04. Juli 2010, 17:35 von Adjutant »

Offline adrian

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Re: Gorodischtsche,der Sammelpunkt für die Gefangenen des Nordkessels
« Antwort #8 am: Di, 10. Juli 2007, 21:23 »
Hallo Josef,

hier schon mal vorab einen Dank an Dich. freu mich darüber sehr.

Gruß Werner
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Offline six.darkness

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Re: Gorodischtsche,der Sammelpunkt für die Gefangenen des Nordkessels
« Antwort #9 am: Mi, 11. Juli 2007, 22:45 »
hab genau das eben in einem buch von Carl Schüddekopf gelesen ,das buch trägt den namen
Im Kessel
ISBN 13 978 3 492 24032 1
Niemand sollte Vergangenes mit dem Maßstab von Heute beurteilen.

 


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