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Allgemeine Informationen alle Kriege und Auseinandersetzungen => Weitere Kriege: (Korea, Vietnam, Afghanistan etc.) => Infos.Krieg in Korea => Thema gestartet von: BlackWolf am Mo, 18. Dezember 2006, 16:57

Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: BlackWolf am Mo, 18. Dezember 2006, 16:57
Der Koreakrieg war eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Truppen der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) zusammen mit ihren chinesischen Verbündeten auf der einen Seite und der Republik Korea (Südkorea) zusammen mit UNO-Truppen (vor allem der USA) auf der anderen Seite. Er wurde am 25. Juni 1950 begonnen, und beide Parteien eroberten wechselseitig beinahe die gesamte koreanische Halbinsel. Letzten Endes führte er wieder zu der Ausgangsposition zurück, zementierte aber die Teilung Koreas, zerstörte fast die gesamte Industrie des Landes und forderte große Verluste in der Zivilbevölkerung.

Er endete am 27. Juli 1953 mit der Unterzeichnung eines Waffenstillstandabkommens. Ein Friedensvertrag wurde nie abgeschlossen, die beiden koreanischen Staaten befinden sich offiziell also auch heute noch immer im Krieg. Spätestens mit dem Eingreifen der USA und Chinas bekam der Krieg die Rolle eines Stellvertreterkrieges, und er zeigte auch die endgültige Spaltung der ehemaligen Alliierten des Zweiten Weltkriegs in die kommunistischen Staaten China und Sowjetunion auf der einen Seite sowie die kapitalistischen Staaten unter Führung der USA. Er beschleunigte auch die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland, welche sich damals mit Korea besonders identifizierte.

In Südkorea wird der Krieg üblicherweise schlicht „6·25“ genannt, was sich auf das Datum des Ausbruchs bezieht. Seltener findet man die formelle Bezeichnung „Hanguk-jeonjaeng“, die übersetzt Koreakrieg heißt. In Nordkorea wird er üblicherweise als „Vaterland-Befreiungskrieg“ bezeichnet. In den USA wurde offiziell nur „Korean Conflict“ (Koreanischer Konflikt) genannt und als Polizeiaktion deklariert, vor allem, um eine Kriegserklärung zu vermeiden. Oft wird der Koreakrieg auch als „vergessener Krieg“ bezeichnet, da er ein großer Konflikt des 20. Jahrhunderts war, aber trotzdem selten genannt wird.

Datum:    1950 bis 1953
Ort:    Korea
Ergebnis:    Teilung Koreas
Parteien
Südkorea,
Vereinigte Staaten von Amerika, UN-Truppen    
Nordkorea,
Volksrepublik China, Sowjetunion
Truppenstärken
~ 300.000 Südkorea,
> 300.000 USA,
~ 40.000 andere UN    > 300.000 Nordkorea,
> 500.000 China
Verluste
> 400.000 Südkorea,
~ 50.000 USA,
> 3.000 andere UN    ~ 500.000 Nordkorea,
> 500.000 China
~ 2.000.000 Zivilisten
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: BlackWolf am Mo, 18. Dezember 2006, 16:58
Vorgeschichte

Ab 1894 geriet Korea unter die Vorherrschaft Japans. 1910 wurde es schließlich von Japan annektiert, die Japaner beuteten das Land insbesondere während des Zweiten Weltkriegs skrupellos aus. Nach der Kapitulation Japans 1945 wurde das am Zweiten Weltkrieg unbeteiligte Korea unter den Siegermächten geteilt. Das Gebiet nördlich des 38. Breitengrades wurde unter sowjetische Verwaltung, das südliche unter US-amerikanische Verwaltung gestellt. Die Alliierten hatten auf der Konferenz von Jalta beschlossen, dass Korea ein vereinigtes, unabhängiges Land unter einer gewählten Regierung werden sollte, legten jedoch keine Details fest. Der aufkommende Kalte Krieg verhinderte die Einhaltung dieses Versprechens. Der 38. Breitengrad wurde zur Demarkationslinie.

Die UNO, die zu diesem Zeitpunkt den USA nahe stand, übernahm am 14. November 1947 das Mandat für die Wiedervereinigung. Diese führten am 10. Mai 1948 Wahlen durch, mangels Kooperation der Sowjets aber nur im Süden. Aus diesen ging der aus dem Exil in den USA zurückgekehrte Rhee Syngman als Sieger hervor. Von manchen Beobachtern wurde die Wahl als unfair oder gefälscht bezeichnet. Rhee Syngman übernahm die Regierungsgeschäfte von den USA am 13. August 1948 und rief am 15. August die Republik Korea aus. Als Reaktion proklamierte der von den Sowjets geförderte Kim Il-sung am 9. September die Demokratische Volksrepublik Korea. Kim Il-sung galt nach westlichen Maßstäben als Diktator. Auch Rhee Syngman zeigte deutlich autokratische Tendenzen, war seinerseits aber proamerikanisch und antikommunistisch eingestellt. Es gab auchr eine wahrnehmbare Opposition. Die sowjetischen und amerikanischen Truppen verließen 1949 das Land.

Die USA sahen die kommunistischen Staaten dieser Zeit als einen einheitlichen Monolithen und nahmen an, dass Nordkorea als Spielfigur der Sowjets den Krieg suchte. Heute wird auf Grundlage der geöffneten Archive Russlands hingegen vor allem Kim Il-sung als die treibende Kraft gesehen, der den zögerlichen Josef Stalin überzeugte, das Risiko einzugehen - und diesen auch gegen Mao ausspielte. Sowohl die Demokratische Volksrepublik Korea als auch die Republik Korea sahen sich als Vertretung des ganzen Landes und wollten die Vereinigung unter dem jeweils eigenen System. Beide Seiten suchten die Eskalation, und so kam es bereits vor Kriegsausbruch immer öfter zu Gefechten an der Demarkationslinie.

Anfang 1949 versuchte Kim Il-sung Stalin zu überzeugen, dass die Zeit für eine konventionelle Invasion des Südens gekommen sei. Stalin lehnte jedoch ab, da die nordkoreanischen Truppen noch recht schlecht ausgebildet waren und er die Einmischung der USA fürchtete. Im Laufe des Jahres wurden seitens der Nordkoreaner deshalb große Anstrengungen unternommen, die Armee zu einer offensiven Organisation nach dem Vorbild der Sowjetarmee zu formen. 1950 war Nordkorea dem Süden in jeder Waffengattung deutlich überlegen.

Am 12. Januar 1950 sagte der US-Außenminister Dean Acheson dem National Press Club, dass Amerikas Verteidigungslinie auf die Linie von den Alëuten über Japan, den Rykkyk-Inseln bis zu den Philippinen führen würde. Mit diesem „defensive perimeter” sagte er indirekt aus, dass die USA nicht um Korea kämpfen würden; diese wahrscheinlich unbedachte Äußerung ermutigte die Nordkoreaner und Sowjets, den Konflikt zu suchen. Bei einem erneuten Besuch Kims im März/April 1950 in Moskau genehmigte Stalin die Invasion. Andererseits muss auch gesehen werden, dass Nordkorea auch einem mehrfach von US-amerikanischer/südkoreanischer Seite angedrohtem bewaffneten Konflikt zuvorgekommen sein kann. Es gibt viele, auch in westlichen Quellen, dokumentierte Aussagen, nachdem ein Angriff auf Nordkorea aus südkoreanischer Sicht nur eine Frage der militärischen Stärke wäre - was jedoch nicht unbedingt bedeutet, dass eine militärische Aktion des Südens zu diesem Zeitpunkt auch unmittelbar bevorstand. (Li Syng Man [Rhee Syngman], 10. April 1949: „Wir sind heute tatsächlich in jeder Hinsicht für diese Vereinigung (mit Nordkorea) fertig, bis auf einen Punkt: Wir haben nicht genug Waffen und Munition... Wir müssen genug Streitkräfte haben, um in den Norden vorzurücken, die Verbindung mit der Armee in Nordkorea, die uns ergeben ist, herzustellen, den Eisernen Vorhang vom 38. Breitengrad bis zum Fluss Jalu zurückzuschieben und dort die Grenze gegen feindliche Infiltration zu bewachen.”) Die Volksrepublik China stand einem Krieg in Korea eher kritisch gegenüber. Mao Zedong fürchtete die Destabilisierung der Region sowie gesteigertes Interesse der USA an den asiatischen Angelegenheiten, was seinen eigenen Plänen zuwidergelaufen wäre. Neben einer Ausweitung des Konfliktes auf China fürchtete er auch um seine Pläne, die Kuomintang zu besiegen, die sich nach Taiwan zurückgezogen hatten.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: BlackWolf am Mo, 18. Dezember 2006, 16:59
Kriegsbeginn


Am 25. Juni 1950 überschritten die Truppen der Nordkoreanischen Volksarmee die Grenze. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte daraufhin den Angriff. US-Präsident Harry S. Truman hatte bereits, ohne Einwilligung der UNO, Truppen nach Südkorea entsandt. Von den Sowjets gut ausgerüstet war der Angriff ein voller Erfolg für die Nordkoreaner. Bald befanden sich die südkoreanischen Truppen im Rückzug. Seoul wurde am 29. Juni erobert, und wenig später kontrollierten die Nordkoreaner die gesamte koreanische Halbinsel bis auf einen schmalen Streifen im Süden um Pusan. Die Frontlinie um den heute Pusan Perimeter genannten Bereich lief von Masan nach Norden, ließ Daegu unter südkoreanischer Kontrolle und bog hier nach Osten ab bis zur Küste kurz unter Pohang. Mit der Versorgung und der Luftunterstützung der USA konnten die Südkoreaner ihre Lage stabilisieren.

Die Reaktion des Westens

Die UNO beschloss – in Abwesenheit der vetoberechtigten UdSSR, die wegen der Nichtanerkennung Festland-Chinas (bis 1971 war die Republik China auf Taiwan die rechtliche Vertretung Chinas, die kommunistische Volksrepublik China war kein Mitglied der UN) die Sitzungen boykottierte – eine militärische Aktion. 16 Mitgliedsländer schickten Einheiten auf die Halbinsel (davon ca. 90% US-Einheiten). Das Oberkommando erhielt der US-amerikanische General Douglas MacArthur. Der Vormarsch der nordkoreanischen Truppen wurde durch eine Landung in deren Rücken gestoppt, kurz bevor die letzte südkoreanische Verteidigungslinie um die Hafenstadt Busan gefallen wäre.

Im September 1950 wurde nach der Landung bei Incheon Seoul von den US-Amerikanern zurückerobert. Mit der amphibischen Landung im Rücken der Front war die Nachschublinie der Nordkoreaner schlagartig durchschnitten, und der gleichzeitig einsetzende Gegenangriff der 8. US-Armee und südkoreanischer Streitkräfte aus dem Busan-Brückenkopf brachte die nordkoreanischen Streitkräfte in eine unmögliche Lage. Die eben noch siegreichen Armeen, die sich in einem mit aller Gewalt geführten Angriff gegen den UN-Brückenkopf völlig verausgabt hatten, wurden völlig zersprengt und lösten sich in Partisanenverbände auf, soweit sie nicht gefangengenommen oder getötet wurden. Der Angriff wurde mit Unterstützung südkoreanischer Verbände bis Pjöngjang vorangetrieben. In weiten Gebieten Südkoreas waren zu dieser Zeit noch versprengte nordkoreanische Soldaten als Partisanen aktiv. Der folgende blutige Guerillakrieg forderte zahllose unschuldige Opfer.

Südkoreanische Truppen überschritten am 30. September den 38. Breitengrad. Die UN-Truppen erhielten erst am 7. Oktober die Erlaubnis, die Grenze zu überschreiten. Ziel war nunmehr die Wiedervereinigung Koreas. MacArthur erreichte im November den Fluss Jalu an der Grenze der Mandschurei. Die Chinesen wollten ein vereinigtes Korea unter amerikanischem Einfluss nicht dulden und griffen mit einer zunächst 300.000 Soldaten umfassenden „Freiwilligenarmee” in Nordkorea ein. China war darauf bedacht, eine offizielle Einbeziehung zu vermeiden, wodurch der Charakter eines Stellvertreterkrieges verstärkt wurde. Am 1. Januar 1951 begannen 400.000 chinesische und 100.000 nordkoreanische Soldaten eine Offensive, der die 200.000 Soldaten der UN-Streitkräfte nicht standhalten konnten. Mit den US-Streitkräften flohen viele Zivilisten daraufhin in den Süden. Am 26. November brach die Schlacht um das Chosin-Reservoir aus, zugleich wurde von der nordkoreanischen Hafenstadt Hungnam aus unter dem Schutz der US-Flotte eine amphibische Rückzugsoperation durchgeführt. Am 3. Januar wurde Seoul geräumt und in der Folge eine Verteidigungslinie zwischen dem Gelben Meer und dem Japanischen Meer gebildet. Erst im März 1951 wurde die Stadt wieder von UN-Truppen besetzt, ein Großteil der Einwohner wurde von den Kommunisten verschleppt oder bei Widerstand ermordet. Die UN-Einheiten rückten wieder bis etwas über den 38. Breitengrad vor, der Krieg erstarrte hier in einem Stellungskrieg. Am 11. April 1951 wurde General MacArthur von Truman entlassen und durch General Matthew Ridgway ersetzt, da MacArthur eigenmächtig eine Ausweitung des Krieges auf China und den Einsatz von Atombomben gegen chinesische Städte gefordert hatte.

Der Waffenstillstand

Auf Vorschlag der UdSSR begannen am 10. Juli 1951 in KaesOng in Nordkorea offizielle Waffenstillstandsverhandlungen. Eine Einigung scheiterte zunächst an der UNO-Forderung, dass Kriegsgefangene nicht gegen ihren Willen in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden dürfen. Nordkorea befürchtete, dass viele Soldaten in Südkorea bleiben würden.

Am 27. April 1953 setzen die USA eine Belohnung von 100.000 US-Dollar (damals ca. 420.000 DM) für den ersten Piloten eines kommunistischen Landes aus, der mit einer MiG-15 zu den US-amerikanischen Truppen flüchtet. US-amerikanische Ingenieure waren an der Technik dieses Flugzeuges interessiert. Das Angebot wurde mit Flugblättern bekanntgemacht, die über Nordkorea abgeworfen wurden. Am 21. September 1953 floh ein Pilot der nordkoreanischen Luftwaffe mit einer MiG-15 nach Südkorea, allerdings wuste er nichts von der Belohnung.

Nach weiteren verlustreichen Kämpfen und zähen Verhandlungen wurde am 27. Juli 1953 in Panmunjeom ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der UNO und Nordkorea abgeschlossen. Es bestätigte im Wesentlichen den 38. Breitengrad als Grenze zwischen Nord- und Südkorea und legte eine vier Kilometer breite entmilitarisierte Zone entlang der Grenze fest; außerdem wurde eine neutrale Repatriierungskommission zur Überwachung des Gefangenenaustausches eingesetzt.

Kriegsopfer

Der Krieg forderte unter der Zivilbevölkerung nach Schätzungen fast 3 Millionen Menschenleben. Ca. 36.000 amerikanische, 600.000 koreanische und 500.000 chinesische Soldaten fielen in den Kämpfen. 450.000 Tonnen an Bomben wurden abgeworfen (v.a. von der US Air Force), darunter allein zwischen Juni und Ende Oktober 1950 insgesamt 3.281.270 Liter Napalm. Dies ist ein Vielfaches der im Vietnamkrieg eingesetzten Menge und war wesentlich verheerender, da in Nordkorea mehr Ballungszentren mit größerer Bevölkerungsdichte und mehr Industrie als später in Vietnam existierten. Dem Historiker Conrad Crane zufolge waren zu Beginn der Waffenstillstandsverhandlungen neben den großen Infrastrukturanlagen wie Stauseen 18 der 22 größten nordkoreanischen Städte wenigstens zur Hälfte dem Erdboden gleich gemacht worden. General William Dean, der seit dem Juli 1950, in der Schlacht von Daejeon, nordkoreanischer Kriegsgefangener gewesen war, erinnerte sich an die meisten nordkoreanischen Städte und Dörfer später als „Ruinen oder verschneite, leere Flächen”; fast jeder, der ihm begegnet sei, habe Angehörige im Bombenkrieg verloren.

Die zahlreichen Toten fielen nicht immer regulären Kriegshandlungen zum Opfer: Von beiden Seiten wurden in verschiedenen Fällen Kriegsverbrechen begangen. Die nordkoreanischen Streitkräfte, ihre chinesischen Verbündeten und verschiedene paramilitärische kommunistische Gruppen, die im gesamten Land operierten schreckten vor Morden an Flüchtlingen oder Regimekritikern- und Gegnern nicht zurück und praktizierten vielerorts eine Politik der verbrannten Erde. Die Südkoreaner hingegen führten einen rücksichtslosen Kampf gegen alles, was in irgendeiner Form mit dem Kommunismus in Verbindung gebracht werden konnte. So gibt es viele dokumentierte Berichte über Hinrichtungen von Mitgliedern oder ehemaligen Mitgliedern der kommunistischen Partei oder dieser nahestehender Gruppierungen. Dabei waren viele Menschen nur aus der Not heraus den Kommunisten beigetreten – diese verteilten, um Unterstützer zu werben, Nahrungsmittel an alle neuen Mitglieder und Aktivisten, so dass gerade in den weitgehend zerstörten Gebieten und bei den häufig wechselnden „Besatzern“ die Sicherung des Überlebens einer Familie von der Mitgliedschaft in derartigen Gruppierungen abhing.

Ein dokumentiertes Kriegsverbrechen der US-Armee war am 26. Juli 1950 das Massaker von Nogeun-ri. Dort hatten sich amerikanische Soldaten in Erwartung der nordkoreanischen Armee eingegraben. Bevor jedoch die kommunistischen Kämpfer das Dorf erreichten, ergoss sich ein Strom von Flüchtlingen, die vor den Kämpfen flüchteten, über den Flecken. Die US-Soldaten, die auch infiltrierte Guerillos unter den Flüchtlingen befürchteten, eröffneten das Feuer und töteten circa 400 Zivilisten. Bis ins Jahr 2001 wies die amerikanische Regierung jeglichen Vorwurf eines Kriegsverbrechens zurück.

Von den 50.000 Kriegsgefangenen, die die USA machten, wollten nach Kriegsende nur die Hälfte wieder zurück nach Nordkorea oder China. Die nordkoreanischen Gefangenen, welche die Rückkehr verweigerten, fingen meist ein neues Leben in Südkorea an, während viele Chinesen nach Taiwan übersiedelten.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: BlackWolf am Mo, 18. Dezember 2006, 16:59
Folgen

Der Koreakrieg hat die Teilung des Landes auf Jahrzehnte hinaus zementiert. An der demilitarisierten Zone stehen sich auch im Jahr 2006 noch über eine Millionen Soldaten gegenüber. Trotz Versuchen der Annäherung ist bis heute kein Friedensvertrag geschlossen und eine Wiedervereinigung ist nicht in Sicht. Die Angst vor einem erneuten Ausbruch des Krieges spielt bis heute in der Politik beider Länder eine Rolle.

Im Norden konnte die kommunistische Führung ihre Macht weiter festigen, sie sitzt trotz zunehmender wirtschaftlicher Probleme immer noch fest im Sattel. Obwohl der Teil des Landes in einer wesentlich besseren Ausgangslage war als der Süden, ist es heute praktisch ein Dritte-Welt-Land, in dem ein großer Teil der Bevölkerung chronisch unterernährt ist. Das gesamte Land samt der Wirtschaft ist deutlich auf das Militär ausgerichtet, Nordkorea ist mit großem Abstand das Land, das gemessen am Bruttoinlandsprodukt die höchsten Militärausgaben hat.

In Südkorea bekam die zunehmend undemokratischere Führung die Probleme des Landes kaum in den Griff. Kurz nachdem die Südkoreaner Rhee Syng-man aus dem Präsidentensitz vertrieben hatten, putschte sich jedoch unter Park Chung-hee das Militär an die Macht. Obwohl die Bürgerrechte in dieser Zeit stark beschnitten wurden, gelang es unter der Militärdiktatur, der Wirtschaft zu einem kometenhaften Aufstieg zu verhelfen. 1990 wurde die Verfassung schließlich zugunsten einer echten Demokratie geändert. Heute ist Südkorea ein nach westlichen Maßstäben stabiles und demokratisches Land, welches 2005 das zehntgrößte Bruttoinlandsprodukt weltweit erwirtschaftete.

Auch für die Verbündeten China und Sowjetunion sollte der Koreakrieg Folgen haben. Die Sowjetunion hatte Chinas Einmarsch in Korea mit großzügigen Krediten unterstützt, die China, selbst durch Jahrzehnte von Bürgerkrieg und japanischem Einfall gebeutelt, nun zurückzuzahlen hatte. China fühlte sich von seinem Verbündeten im Stich gelassen. Zusammen mit Rangeleien um die Vorherrschaft im Ostblock und einem militärischen Zusammenstoß an der chinesisch-sowjetischen Grenze führte das 1965 zum Bruch zwischen Moskau und Peking. China behauptet bis heute, den Koreakrieg gewonnen zu haben.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Do, 25. Januar 2007, 21:36
Tokio, 25. Juni 1950. Der alte General schläft ruhig in diesen Sonntagmorgen hinein, bis - die Dämmerung kriecht eben über den Horizont - das Telefon an seinem Bett schrillt. Schlaftrunken greift er zum Hörer: „Ja?"

„General MacArthur?" „Ja doch! Was gibt's?" „Hier OvD Headquarter ... Sir, eine dringende Meldung aus Seoul. Starke nordkoreanische Verbände überschreiten seit einigen Stunden den 38. Breitengrad!"

„Mich überlief es", erinnerte sich in seinen Memoiren General MacArthur an diesen Augenblick, denn „neun Jahre vorher, auch an einem Sonntag, hatte mich ebenfalls ein Anruf geweckt - mit der Meldung vom Überfall auf Pearl Harbor . . . Das darf doch nicht sein, redete ich mir ein. Nicht schon wieder!"

Der 70jährige Haudegen war völlig überrascht, zutiefst betroffen.

Nicht viel anders erging es Dean Acheson, damals US-Außenminister. Für ihn war - wegen der Zeitdifferenz - der 25. Juni ein Samstag, und er war schon am Vormittag von Washington in sein kleines, altes Farmhaus gefahren, eine Autostunde von der Hauptstadt entfernt, um in der Stille dort ein geruhsames Wochenende zu verbingen.

Acheson: „Es war gegen 22 Uhr. Ich saß da mit einem Drink, plauderte mit meiner Frau, da bimmelt plötzlich das weiße Telefon, die Direktleitung zur Zentrale des Weißen Hauses. Am Apparat war Ministerialdirektor Jack Hickerson. Er sagte, gerade sei von Botschafter Muccio in Seoul die Alarmmeldung gekommen, daß Südkorea an seiner ganzen Nordgrenze von Nordkorea angegriffen werde - ob wirklich ein echter Angriff oder nur ein größerer Grenzzwischenfall, sei noch nicht ganz klar.

Dean Acheson war überrascht, sicher, aber er erfaßte blitzschnell, was sich da anbahnte, und vor allem handelte er auch blitzschnell.

Man muß sich, um die Tragweite dessen, was am 25., 26. und 27. Juni 1950 in Washington und New York geschah, ganz ermessen zu können, an den Zustand und die Entwicklung des „Kalten Krieges" bis zu dieser Zeit erinnern.

Die Sowjetunion hatte unter der unangefochtenen Diktatur Josef Stalins seit Kriegsende eine rücksichtslose Politik der Sicherung und, nach Möglichkeit, Ausweitung ihres Machtbereichs betrieben. Aus handfesten Gründen: Das Land war vom Krieg mehr gezeichnet als irgend eine andere der Siegernationen: es war ausgeblutet, zerstört, ohne Hoffnung, aus eigener Kraft in angemessener Zeit wieder hochzukommen. Es brauchte einen Schirm um sich, einen Kranz von strikt kontrollierten Satellitenvölkern beziehungsweise -Staaten, deren ganze Kraft für das Muttergestirn Sowjetunion ausgebeutet werden konnte.

Kalte, schiere Machtpolitik unter nur dünner, leicht zu durchschauender ideologischer Tünche und - zunächst jedenfalls - recht erfolgreich: die Sowjetunion vereinnahmte unangefochten ganz Osteuropa, das halbe Deutschland, den Balkan bis auf Griechenland. Und sie wollte mehr, zum Beispiel Deutschland ganz, auch Griechenland und die Türkei.

An dieser Gier versteifte sich der Widerstand. In Europa war schließlich (Berliner Blockade!) nichts mehr zu holen, und so verlagerte sich das Interesse der Sowjets in den fernen Osten, wo es noch ein geteiltes Land gab, dessen komplette Beherrschung eine strategische Schlüsselposition versprach - Korea.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Do, 25. Januar 2007, 22:14
Die Teilung Koreas entlang dem 38. Breitengrad war einem brutalen Zufall der Geschichte zu verdanken:

Korea, diese karge, bergige Halbinsel, von einem der ältesten Kulturvölker der Menschheit bewohnt, seit je von den mächtigsten Nachbarn - Chinesen, Russen, Japanern - umkämpft, war seit 1905 japanisches Besitztum. Deshalb standen dort japanische Truppen, und so ergab sich kurz vor Kriegsende die Frage, wer denn die Kapitulation der Japaner in Korea entgegenzunehmen hätte, die - noch nicht ganz - siegreichen Amerikaner, oder die Sowjets, die sich noch rasch, zwei Tage nach dem ersten Atombombenwurf, dem Krieg gegen das kapitulationsreife Japan angeschlossen hatten.

Es ist nicht ganz eindeutig feststellbar, wer damals den 38. Breitengrad als „Kapitulationsgrenze" vorgeschlagen hat; angeblich war es der amerikanische Admiral Mathias Gardner, der in einer Konferenz mit dem Finger auf den Querstrich in der Mitte der Korea-Karte deutete und sagte: „Das wäre doch 'ne passende Trennungslinie!"

Wie auch immer, man einigte sich irgendwie darauf, als Provisorium, nur zur Regelung der Übergabeformalitäten gedacht. Promt überschwemmte die Sowjetarmee, mit reichlich 100 000 Mann aus der Mandschurei hervorbrechend, die nördliche Hälfte Koreas. Am 38. Breitengrad machten die Russen halt.

Bis die Amerikaner auch da waren, dauerte mehr als einen Monat; sie fanden - statt einer imaginären Demarkationslinie (die sie erwarteten) - eine befestigte, hermetisch geschlossene Grenze vor: Korea war geteilt.
So stand es freilich nicht im Drehbuch der Amerikaner: Die seit reichlich vier Jahrzehnten von den Japanern beherrschten und ziemlich ruppig niedergehaltenen Koreaner sollten endlich wieder ein freies Volk werden dürfen - so war's gedacht. Also freie Wahlen im ganzen Land. Aber die Russen waren strikt dagegen.

Die Amerikaner wurden es nach einiger Zeit leid, sich mit dem Korea-Problem allein herumzuärgern. Sie brachten die Sache schließlich, im November 1947, vor die UNO. Das war mehr oder minder eine Verlegenheitslösung, erwies sich aber als der schlaueste Schachzug, der sich denken läßt. Denn so wurde, salopp gesprochen, aus dem US-Protektionskind Südkorea ein UNO-Baby.

Die UNO-Versammlung beschloß am 14. November 1947 mit 43 gegen Null Stimmen bei 6 Enthaltungen, eine Korea Kommission zu bilden mit dem Auftrag, freie und geheime Wahlen für eine koreanische National-Versammlung zu organisieren und zu überwachen. Der sowjetische Chefdelegierte Gromyko hatte erbittert, aber vergebens gegen diesen Beschluß gekämpft, sein Gegenantrag - Abzug aller Besatzungstruppen aus Korea zum Jahresende und Bildung einer koreanischen Regierung ohne fremde (UNO-) Einmischung - wurde glatt niedergestimmt.

Doch der UNO-Kommission, die im Januar 1948 nach Korea reiste, erging es nicht besser als zuvor den Amerikanern: Die sowjetische Besatzungsmacht ließ die Kommission weder nach Nordkorea einreisen, noch beantwortete sie Briefe. Die Kommission empfahl schließlich, freie Wahlen wenigstens in dem Teil Koreas abzuhalten, zu dem sie Zutritt hatte, also im amerikanisch besetzten Teil südlich des 38. Breitengrades. So geschah es: Am 10. Mai 1948 wurde in Südkorea unter UNO-Kontrolle gewählt; am 15. August wurde die „Republik Korea" ausgerufen. Präsident wurde der Führer der stärksten Partei, der 73jährige Dr. Syngman Rhee, der schon seit 1919(!) Chef einer koreanischen Exilregierung gewesen war.

Die UNO-Generalversammlung erkannte die Regierung Südkoreas an als „einzige frei gewählte in Korea". Das hinderte allerdings die Sowjetunion nicht daran, in Nordkorea eine „Volksrepublik" zu installieren, deren Regierung von KP-Chef Kim II Sung geführt wurde und die ebenfalls beanspruchte, die einzige rechtmäßige Regierung Koreas zu sein.
Die Entwicklung in den beiden koreanischen Staaten verlief unterschiedlich. Die „Volksrepublik" Nordkorea entwickelte sich rasch zu einem straff geführten, starken Staat mit einer - sowjetisch bewaffneten und von Sowjetoffizieren ausgebildeten - schlagkräftigen „Volksarmee" von 200 000 Mann.

Die Republik Südkorea hingegen kränkelte von Anfang an, ihr Landesteil – in dem zwei Drittel aller Koreaner lebten - war das karge, wenig ertragreiche Agrarland. Der Staat konnte, vom wirtschaftlich viel stärkeren, weil industrialisierten Norden abgeschnitten, nur mit massiver amerikanischer Wirtschaftshilfe existieren. Zudem war das Land unruhig, es regte sich Widerstand gegen den überaus autoritären Herrschaftsstil des Präsidenten Syngman Rhee, nicht ohne Hinterlist geschürt von eingesickerten kommunistischen Koreanern. In manchen Landesteilen galt deshalb Kriegsrecht. Präsident Rhee hatte zudem die Angewohnheit, recht martialische Sprüche zu klopfen, etwa, die Zeit der - gewaltsamen - Wiedervereinigung sei nahe. Oder: Er könne, wenn er nur wolle, die Nord-Hauptstadt Pyongyang binnen drei Tagen erobern. Grund genug für die Amerikaner, Südkorea nicht - nach sowjetischem Vorbild - mit einer schwergerüsteten Armee auszustatten. Sie unterließen es aus der nicht ganz unberechtigten Sorge, der alte Herr könnte einen Krieg vom Zaun brechen. Das war das letzte, was die USA wollten.

Sie hatten in dieser Hinsicht böse Erfahrungen gemacht, als sie vergebens - riesige Dollarsummen in Tschiangkaischek investierten in der Hoffnung, China vom Kommunismus freihalten zu können. Der US-Oberbefehlshaber in Fernost, General Douglas MacArthur, hatte unwidersprochen festgestellt: „Wer auf dem asiatischen Festland Krieg führen will, ist erwiesenermaßen verrückt." Folgerichtig bildeten die Amerikaner zunächst keine südkoreanische Armee, sondern nur eine Art verstärkter Polizeitruppe aus, ausreichend, die Ruhe im Land zu sichern, aber ungeeignet für echte Kriegsführung - die Truppe hatte nur leichte Infanteriewaffen, jedoch keinerlei schwere Waffen oder gar Panzer, weder eine Luftwaffe noch eine Flotte. Die Stärke dieser Polizeitruppe betrug nicht ganz 100 000 Mann, davon nur etwa die Hälfte mit Kampfausbildung im Verband. Das war alles, was Südkorea hatte, als die USA, Mitte 1949, von den Russen durch eine gleichartige Maßnahme in Zugzwang gebracht, ihre Besatzungstruppen aus Südkorea abzogen. Lediglich eine Gruppe von knapp 500 Militärberatern blieb im Land.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Sa, 27. Januar 2007, 09:07
Die kleine südkoreanische Streitmacht war nicht unbeschäftigt: ständig unternahmen die Nordkoreaner- mal in Spähtrupp- mal in Bataillonsstärke - Vorstöße über die Grenze, den 38. Breitengrad, und mußten zurückgescheucht werden. Es gab kaum einen Tag, an dem nicht geschossen wurde.

Im Mai 1950 wurde in Südkorea zum zweiten Mal ein Parlament gewählt; zur hellen Freude der Amerikaner und vor allem der inzwischen „permanenten" UNO-Korea-Kommission holte sich Rhees Partei dabei eine ziemliche Schlappe und erlangte die Mehrheit nur knapp - ein Zeichen dafür, daß der Staat im Kern noch demokratisch war.

Das war die Lage, als am 25. Juni 1950 um 4 Uhr Ortszeit der Angriff der nordkoreanischen Volksarmee losbrach. Daß es ein ernstgemeinter Überfall war, war so leicht nicht zu erkennen: Die Nordkoreaner griffen anfangs, etwa in der Mitte der Grenze, nur mit den leichtbewaffneten Grenztruppen an. Das sah eher nach einem, wenn auch ungewöhnlich schweren, Grenzgeplänkel aus. Deshalb schafften die Südkoreaner rasch von beiden Seiten Verstärkung in die Kampfzone, womit sie rechts und links der Mitte breite Grenzzonen entblößten. Durch diese Lücken konnten die Panzerspitzen der „Volksarmee" fast mühelos nach Süden stoßen.

So klar war freilich das Bild noch längst  nicht, das Botschafter Muccio dem State Department (Außenministerium) in Washington und das der Ministerialdirektor Hickerson von dort seinem ! Außenminister auf dessen Farm übermitteln konnte. Acheson fragte Hickerson, was er von der Sache halte.

Hickerson: „Hier bei mir ist auch noch Staatssekretär Rusk (der spätere Außenminister; d. Red.). Wir beide meinen, wenn's ein echter Angriff ist, dann müßten wir gleich für morgen eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates verlangen und eine Resolution, daß die Angreifer auf ihre Grenzen zurückgehen.

" Acheson: „Ok, ruft Gross (UNO-Botschafter der USA) an und leitet das ein. Ich  rufe inzwischen den Präsidenten an, der , muß das billigen. Falls er nicht will, können wir's immer noch abdrehen." Präsident Truman war auch ins Wochenende gefahren, genauer: geflogen. Denn sein Privathaus stand in Independence  im Staat Missouri, gut drei Flugstunden  vom Regierungssitz entfernt.

Truman: „Ich saß allein beim Lesen, als Dean Acheson gegen halb elf abends  anrief. Mr. President, sagte er, es sieht  so aus, als ob die Nordkoreaner über den 38. Breitengrad angreifen. Ich sagte verdammt, ich fliege sofort nach Washington zurück, aber Acheson meinte, das sei nicht nötig, so klar sei die Lage noch nicht. Er hätte für alle Fälle schon mal  die Einberufung einer Sondersitzung des  Weltsicherheitsrates vorbereitet, ob ich  damit einverstanden sei? Natürlich war  ich damit einverstanden. Dann ging ich ,, schlafen, aber das war eine der wenigen Nächte in meinem Leben, in denen ich sauschlecht geschlafen habe, wenn überhaupt."

Während der Präsident, von bösen Sorgen gequält, kaum Schlaf fand, war in ,, Washington Ministerialdirektor Hickerson emsig am telefonieren. Daß der ständige Vertreter der USA bei den Vereinten  Nationen, Austin, irgendwo fischen und deshalb nicht erreichbar war, wußte er. Aber auch den zweiten Mann der amerikanischen UNO-Delegation, Botschafter Gross, erreichte er nicht. Der war irgendwo essen gegangen, ohne eine Telefonnummer zu hinterlassen.

Hickerson war im US-Außenamt zuständig für alle Angelegenheiten der Vereinten Nationen, und er kannte den UNO-Generalsekretär Trygve Lie gut. Nachdem er die eigenen Leute nicht erreichen konnte, überlegte er sich, daß es sicher gut wäre, den UNO-Generalsekretär vorzuwarnen.

Hickerson: „Es war kurz nach Mitternacht, als ich Trygve Lie an die Strippe bekam.  Inzwischen waren neue Nachrichten gekommen, ich konnte ihm sagen, daß es sich um einen massiven Angriff Nordkoreas auf Südkorea handele. Er blieb  kurze Zeit stumm, dann sagte er langsam:,   
Mein Gott, Jack, das ist Krieg gegen die Vereinten Nationen!' Darauf ich:  ,Trygve, das sagen Sie!' Er sagte, er werde sofort seine Leute vorwarnen und feststellen, wo die Mitglieder des Sicherheitsrates seien."

Nachdem Hickerson mit Lie gesprochen hatte, erwischte er schließlich doch noch Botschafter Gross, den stellvertretenden Leiter der US-Delegation bei der UNO. Gross erinnert sich:

„Jack Hickerson trieb mich bei Freunden auf, mitten in der Nacht, und informierte mich kurz. Ich hetzte nach Hause. Dort hatte meine Tochter eine Party veranstaltet, ich mußte über ein Dutzend ihrer Teenager-Freunde, die am Boden herumlagen, hinwegsteigen, um zum Telefon zu kommen. Später haben sie dann alle mit aufgerissenen Augen um mich herumgesessen; sie merkten wohl, daß sie ein paar entscheidende Stunden Weltpolitik miterlebten.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Sa, 27. Januar 2007, 09:16
Ich habe während des Restes der Nacht so nach und nach alle Mitglieder des Sicherheitsrates aus dem Bett gescheucht, zwischendurch schätzungsweise ein halbes Dutzend Mal mit Lie telefoniert. Als der Morgen graute, war soviel klar, daß der Sicherheitsrat um 14 Uhr zu einer Sondersitzung zusammentreten würde, und wie abgestimmt würde, das glaubte ich auch zu wissen."

Mit einem Mitglied des UN-Sicherheitsrates hatte Gross allerdings nicht gesprochen - mit Jakob Malik, dem Delegierten der Sowjetunion. Er hätte jeden Sicherheitsratsbeschluß per Veto verhindern können, wie schon unzählige Male zuvor.

Doch die Sowjetunion boykottierte schon seit Januar den Sicherheitsrat. Grund: Der Sicherheitsrat sei falsch zusammengesetzt, der ständige Sitz Chinas gebühre nicht dem Vertreter National Chinas (Taiwan, bzw. Formosa), sondern einem Vertreter Rotchinas.

Die Frage war: Würde Malik zur Sonderitzung erscheinen und jeglichen Beschluß durch Veto blockieren? Und was wäre dann gewesen?

Dean Acheson hat viele Jahre später einen überaus interessanten Einblick in die Entscheidungs-Gepflogenheiten des ' amerikanischen Außenamtes gegeben, die auch in diesen Stunden Gültigkeit hatten. '

Acheson: „Entscheidungen zu treffen, das ist ein kontinuierlicher Prozeß - aber  nicht so, daß es heißt:,Das machen wir', ! und dann sagt einer: Aber wenn das schiefgeht, was machen wir dann?' So geht's nicht! Auf diesen Fall angewendet: Es bestand eine mindestens 75-prozentige Chance, daß Malik nicht zu dieser Sondersitzung kommen würde.  Denn die Russen sind ganz schön schwerfällig. Nachdem sie, wegen des China-Problems, aus dem Sicherheitsrat ausgezogen waren, hätten sie mindestens einen Politbürobeschluß gebraucht, um den Malik wieder hinzuschicken, und sowas braucht seine Zeit. Wir konnten also damit rechnen, daß Malik nicht kommt. Warum sollten wir Zeit darauf vergeuden - kostbare Zeit! -, um uns zu überlegen, was zu tun sei, wenn er doch kommt und sein Veto einlegt? Wäre er gekommen, na ja, dann hätten wir uns darauf einstellen müssen, aber das war erstmal nicht unser Problem."

Wirklich nicht. Am Sonntagmorgen (Washingtoner Zeit), die nordkoreanischen Panzerspitzen rollten schon auf Seoul zu, fuhr Dean Acheson ins Außenministerium. Die Meldungen, die er dort vorfand, waren eindeutig - es handelte sich um einen Großangriff, dem die Südkoreaner nicht standhalten konnten. Schon war klar, daß die südkoreanische Hauptstadt Seoul, nur knapp 50 Kilometer von der Grenze entfernt, bald überrannt sein würde.

Bild-Der südkoreanische Staatschef Syngman Rhee wurde von den Amerikanern,vor allem von Präsident Truman,sehr skeptisch beurteilt.Wegen seiner militanten Reden und Allüren weigerten sich die USA,Südkoreas Streitkräfte mit schweren Waffen auszurüsten.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Sa, 27. Januar 2007, 09:32
Acheson rief den Präsidenten an. In Independence. Präsident Truman hatte am Morgen seinen Bruder besucht. Als er in sein Haus zurückkam, läutete das Telefon. Truman erinnert sich: „Meine Tochter Margaret ging ran und kam dann aufgeregt zu mir: Daddy, es ist Dean Acheson, und er sagt, es sei sehr wichtig!" Truman nahm den Hörer.

Acheson: „Mr. President, schlechte Nachrichten. Sie greifen überall massiv an!"

Truman: „Dean, wir müssen die Kerle auf jeden Fall stoppen!"

Acheson: „Das meine ich auch, President!"

Um 14 Uhr am Sonntag trat der UNOSicherheitsrat zu der von den USA beantragten Sondersitzung zusammen - ohne Malik! Achesons Rechnung war aufgegangen, die schwerfällige diplomatische Maschinerie der Sowjets hatte so rasch nicht umschalten können, während - in krassem Gegensatz dazu - alle anderen Mitglieder in der Lage gewesen waren, Instruktionen ihrer Regierungen einzuholen.

Generalsekretär Trygve Lie schilderte kurz den Anlaß der Sitzung und erklärte, er halte es „für die eindeutige Verpflichtung des Sicherheitsrates, die notwendigen Schritte zur Wiederherstellung des Friedens zu ergreifen . . ."

Amerikas Vertreter Gross beantragte, der Sicherheitsrat möge Nordkoreas „bewaffnete Invasion" verurteilen und den Rückzug aller nordkoreanischen Truppen hinter den 38. Breitengrad befehlen. In etwas gemilderter Form wurde die Resolution mit 9 zu Null Stimmen bei Enthaltung Jugoslawiens angenommen - der Korea-Krieg war zum UNO-Krieg geworden.

Noch nicht ganz - die UNO trat nicht als aktiv kriegsführende Partei auf. Bis dahin dauerte es noch zwei Tage. Aus Tokio erhielt Präsident Truman einen Lagebericht seines Sonderberaters John Foster Dulles, der sich dort mit der Vorbereitung eines Friedensvertrages befaßte.

Dulles: „Vielleicht gelingt es den Südkoreanern, den Angriff zu stoppen und zurückzuwerfen, was das Beste wäre. Sollte sich jedoch das Gegenteil herausstellen –was wahrscheinlicher ist-,dann glauben wir (Dulles und MacArthur), daß auch auf die Gefahr russischer Gegenmaßnahmen hin amerikanische Kräfte eingesetzt werden müssen."

Dulles schlägt vor, die UNO zu veranlassen, daß sie auf Grund der einstimmigen Entschließung des Sicherheitsrates die nötigen Maßnahmen ergreift. Das geschieht am 27. Juni. Der Sicherheitsrat beschließt einstimmig, daß alle Mitgliedsstaaten der UNO zur Unterstützung Südkoreas verpflichtet seien. Für Präsident Truman ist die UNO-Resolution vom 27. Juni der Startschuß zur direkten Intervention. Er befiehlt MacArthur, mit allen zur Verfügung stehenden Luft- und Seestreitkräften Südkorea zu unterstützen.

Der General weiß, daß er kaum eine Chance hat. Denn er hat nichts, was er den südwärts stürmenden Kommunisten entgegenwerfen könnte. Genauer: fast nichts. Ehe er dieses ganz wenige in Gang setzt, setzt er sich erstmal selbst ins Flugzeug und fliegt an die Front, die Lage zu erkunden. Was er sieht, ist katastrophal.

Gruß
Josef
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: 3.generation am Sa, 27. Januar 2007, 15:27
Hier noch ein Link, zu einer Seite die sehr Detailierte Karten zum Korea Krieg aufweist.
Kampfraum und Datum sind vorgegeben,die Kartenlinks sind chronologisch.

http://www.army.mil/cmh-pg/books/maps.htm (http://www.army.mil/cmh-pg/books/maps.htm)

Grüße
Manuel
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Sa, 27. Januar 2007, 22:59
Der Überfall auf Südkorea kam vollkommen überraschend.Aber auch die UNO reagierte überraschend und schnell.Schon am Tag darauf ordnete der Sicherheitsrat die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und den Rückzug der Angreifer hinter den 38.Breitengrad.Doch die nordkoreanischen Panzer stürmten weiter.Mit einer hoffnungslos unterlegenen Truppe-demoralisierten Südkoreanern und unzureichend bewaffneten Amerikanern-warf sich MacArthur der übermächtigen roten Flut entgegen.

Spätestens am zweiten Tag des Angriffs der Nordkoreaner wurde deutlich, daß nur rasche militärische Hilfe die Eroberung des ganzen Landes verhindern konnte. Die einzige Macht, die - wenn überhaupt - solche Hilfe leisten konnte, waren die USA.

Präsident Truman war dazu entschlossen. Für ihn ging es nicht darum, das mehr oder minder autokratische und korrupte Regime des Syngman Rhee zu schützen; ihm war klar, daß es hier in einem viel weitergehenden Rahmen die Sache der Freiheit und des Friedens zu verteidigen galt.

Nebenher standen allerdings auch handfeste amerikanische Interessen auf dem Spiel: Von der Südspitze Koreas sind es nicht einmal 200 Kilometer bis zu den japanischen Hauptinseln Kiuschu und Hondo; wer die koreanische Hauptinsel besitzt, hat damit ein ideales Sprungbrett nach Japan, und Japan war (und ist) ein Kernstück des amerikanischen Verteidigungsbereiches Pazifik.

Dennoch machte sich Präsident Truman die Entscheidung nicht leicht. Er und sein Außenminister waren von Anfang an darauf aus, die militärische Auseinandersetzung - welche Formen sie auch immer annehmen mochte - auf keinen Fall ausufern zu lassen. So waren die ersten Schritte recht vorsichtig.

Verständlich auch, daß dem Mann, dem zwangsläufig die Aufgabe zufiel, die Hilfe für Südkorea zu organisieren und zu dirigieren - General MacArthur - die Reaktion Washingtons zu bedächtig erschien. „Zu einem vollen Engagement der Vereinigten Staaten", schrieb der General in seinen Memoiren, „fand sich in Washington noch keiner bereit. Ich bekam lediglich den Befehl, den Südkoreanern mit Marine- und Luftstreitkräften so viel Beistand zu leisten, wie es mir in diesem Rahmen möglich sei. Ferner sollte ich mit der 7. Flotte, die mir zu diesem Zweck unterstellt wurde, jeden Angriff der auf Formosa isolierten nationalchinesischen Streitkräfte auf das Festland wie auch umgekehrt einen Angriff der Rotchinesen auf die Insel verhindern ...

Aber reichten meine Marine- und Luftstreitkräfte aus? Konnten die Südkoreaner, wenn sie von diesen Streitkräften unterstützt und mit Panzern ausgerüstet wurden, der mächtigen Kriegsmaschine widerstehen, die auf sie zurollte? Oder war damit zu rechnen, daß ganz Südkorea überrannt wurde und amerikanische Bodentruppen in den Kampf geworfen werden mußten? Ich beschloß, die Lage an Ort und Stelle zu prüfen.

Am 29. Juni bestieg ich bei bedecktem Himmel und Regen meine Bataan' (MacArthurs Dienstflugzeug vom Typ Constellation). Nach den letzten Nachrichten sah es in Korea inzwischen noch trostloser aus. Die Hauptstadt Seoul lag ~unter schweren Angriffen. Die südkoreanische Regierung hatte sich nach Taijon abgesetzt. Nach 50 Dienstjahren, von denen ich die Hälfte auf fremdem Boden zugebracht hatte, stand ich wieder einmal vor einem Verzweiflungsfeldzug, der kaum Aussicht auf Erfolg hatte; ich sollte wieder einmal gegen eine fast unüberwindliche Übermacht in die Bresche springen. Ich gestehe, daß mir einen Augenblick der Mut sank.

Die Bataan' landete in Suwön, 30 Kilometer südlich von Seoul, in dichtem, öligem Qualm, der von Luftangriffen auf Transportflugzeuge herrührte. Ich trieb einen Jeep auf und durchfuhr unter ständigen Fliegerangriffen die Elendshaufen eines zurückflutenden, geschlagenen Heeres, nordwärts zum Han-Fluß. Dort gerieten wir in die letzten Kämpfe der Nachhuten, die noch die Brücken zu verteidigen versuchten.

mfg
Josef
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Di, 30. Januar 2007, 21:44
Es war ein erschütterndes Bild. Jenseits des Han sahen wir das zerstörte, schon vom Feind besetzte Seoul, ein rauchendes Flammenmeer. Bei den Brücken schlugen ununterbrochen die schweren Brocken der Werfer ein. Ringsum strömten in Auflösung begriffene Verbände zurück, ein graues Gewoge, dazwischen die grellroten Kreuze von Sanitätswagen voller zerschlagener, stöhnender Menschen. In der Luft das Kreischen todbringender Geschosse, überall die entsetzliche Verwüstung und der Gestank des Schlachtfeldes. Und dann die Flüchtlinge, die alle Straßen verstopften! Ohne zu klagen und zu wimmern, schleppten sie sich südwärts, auf dem Rücken die armselige Habe, an der Hand die verstummten Kinder mit großen Angstaugen.

Eine Stunde ließ ich die Schreckensbilder des Zusammenbruchs, dessen Last mir aufgebürdet war, an mir vorbeiziehen. In dieser Zeitspanne machte ich meine Pläne. Sie waren von Verzweiflung diktiert.

Was ich am Han sah, zeigte mir deutlich, daß die roten Panzerkolonnen bei ihrem Vordringen auf den wenigen guten Straßen nach Pusan am Ende der Halbinsel nicht aufzuhalten waren, auch nicht, wenn den Südkoreanern unsere Luft- und Seestreitkräfte zu Hilfe kamen. Nur unverzüglich eingesetzte Bodentruppen konnten vielleicht noch verhüten, daß dem Feind ganz Korea zufiel."

Die Genehmigung, auch Bodentruppen einzusetzen, bekam MacArthur am nächsten Tag: Inzwischen hatte der Sicherheitsrat in einer zweiten, ebenfalls in Abwesenheit des sowjetischen Delegierten beschlossenen Resolution, die Mitglieder der Welt-Organisation aufgefordert, „der Republik Korea soweit beizustehen, wie es notwendig ist, den bewaffneten Angriff abzuwehren." Ergänzend hatte die Vollversammlung der UNO mit großer Mehrheit die Bildung einer UNO-Streitmacht zur Abwehr der kommunistischen Aggression in Korea beschlossen und die Mitgliedsstaaten aufgefordert, Truppen dafür zur Verfügung zu stellen. Dieser UNO-Beschluß erlaubte es Truman, die Forderung MacArthurs zu erfüllen, ohne daß jemand sagen konnte, es handle sich um einen amerikanischen Krieg. Es ist nun ganz klar ein Verteidigungskrieg der Vereinten Nationen, eine „Polizeiaktion gegen räuberische Banditen", wie der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Trygve Lie, trotz heftiger Proteste der Sowjetunion erklärt.

Die Erlaubnis, Bodentruppen einzusetzen, hat MacArthur also, aber was hat er für Bodentruppen? Ganze vier Divisionen der 8. Armee - die amerikanischen Besatzungstruppen in Japan. Das sind keine Kampftruppen, sondern typische Friedenssoldaten, die es sich in Japan gutgehen lassen.

MacArthur schildert diese Truppe so: „Die Infanterie hatte nur ein Drittel ihrer Sollstärke, die Regimenter bestanden nur aus zwei statt drei Bataillionen und hatten nur leichte statt schwere Panzer, nur 10,5 cm Haubitzen statt 15,5 cm-Kanonen ... Der Krieg in Korea verlangte jedoch, die Streitkräfte sofort so einzusetzen, wie sie waren. Man konnte die Verbände nicht erst vorbereiten und auffüllen."

Es ist zweifellos eine höchst ungewöhnliche Maßnahme, solche Truppen rücksichtslos in die Schlacht zu werfen, so, wie sie auf dem Kampffeld ankommen. Doch Douglas MacArthur muß auf Zeitgewinn pokern, und zum Pokern gehört nun einmal Bluff und psychologisches Kalkül.

Der alte General geht davon aus, daß die Kommunisten mit einem Eingreifen amerikanischer Bodentruppen nicht rechnen und auch nur schwerlich abschätzen können, wie stark oder schwach die amerikanischen Streitkräfte sind. Deshalb, so' weiter MacArthurs Rechnung, werden sie bei der ersten Begegnung mit amerikanischen Truppen wohl zunächst einmal verblüfft innehalten, um sich auf die neue Situation einstellen, in Moskau wegen , eventueller politischer Risiken rückfragen und ihre eigenen Truppen umgruppieren zu können.

 Die Rechnung ging auf. Die Nordkoreaner hatten in einem wuchtigen Stoßkeil angegriffen, mit etwa sechs Infanterie-Divisionen, drei Sicherheitsbrigaden und - als Keilspitze -150 Panzern vom Typ „T 34" und „Stalin". Unterstützt wurden diese Verbände von „Yak"-Jagdflugzeugen und „Sturmovik"-Schlachtfliegern. Aber: Kaum hatten die vordersten Panzer mit den ersten US-Soldaten Berührung (sie gehörten zu einer schwachen „Regiments Kampfgruppe" aus rasch zusammengerafften Teilen der 24. US-Infanterie-Division), da hielten sie an.

MacArthur schreibt: „Die Nordkoreaner stoppten sofort ihren Vormarsch, um ihre Artillerie nachzuziehen, eine umständliche Sache. Sie kannten die Stärke meiner Streitkräfte nicht und wollten - ganz wie ich es mir gedacht hatte - nichts riskieren. Statt ihre Panzerspitzen weiter vorstoßen zu lassen, zogen sie ihre Truppen in dem schwierigen Gelände zu einer Kampflinie alten Stils auseinander - ein böser Fehler."

In der Tat. Die Nordkoreaner hätten ihre Panzer nur weiterrollen lassen müssen - sie hätten bis Pusan an der Südspitze Koreas spazierenfahren können; MacArthur hatte ja nicht einmal für den Bodenkampf geeignete Flugzeuge, nur B 29-Fernkampfbomber, mit denen gegen Panzer kaum etwas auszurichten ist.

Doch die Nordkoreaner hatten sich bluffen lassen; durch die Umgruppierung ihrer Truppen auf eine reichlich 250 Kilometer lange Frontlinie quer über die koreanische Halbinsel hinweg verloren sie einige entscheidende Tage, genau die Zeit, die MacArthur brauchte, um zunächst die ganze 24. Division unter General Dean heranzuholen.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Di, 30. Januar 2007, 21:47
Was dieser Division nun abverlangt wird, ist ein Opfergang. In tagelangen, mit äußerster Erbitterung geführten Gefechten gegen einen an Zahl und Ausrüstung hoch überlegenen Gegner wird die Division aufgerieben, nahezu völlig vernichtet, General Dean gerät in Gefangenschaft. Doch während dieses aufopfernden Kampfes können drei weitere US-Divisionen in Korea landen und sich - nun wohlorganisiert und gegliedert - dem Gegner entgegenstellen.

Allmählich begreifen die Nordkoreaner, daß sie einen Fehler gemacht haben, daß die Amerikaner so stark gar nicht sind; wütend nehmen sie ihren Angriffsstoß wieder auf, aber zu spät: Obwohl sie den Amerikanern immer noch an Zahl und Ausrüstung überlegen sind, kommen sie nur noch meterweise voran. Die Gls haben sich festgekrallt; Bazookas (eine Art Panzerfaust) immerhin haben sie, mit denen sie den Panzern das Vorpreschen verleiden - Blitzkrieg geht nicht mehr.

Den Verteidigern kommt dabei sehr das Gelände zugute: Korea ist im Osten bergig, im Westen mindestens hügelig, nirgendwo eben: „In diesem verdammten Land muß man unentwegt entweder bergauf oder bergab kämpfen!" (Stoßseufzer eines US-Feldwebels.) Eigentlich kein Gelände für Panzerkrieg; nur auf den ganz wenigen, guten Straßen konnten Nordkoreas „T 34"und „Stalin"-Panzer anfangs zügig vorrollen. Nun, da die Straßen von den US-Truppen blockiert sind, verlagert sich der Kampf ins panzerfeindliche, offene Gelände und wird zäh, sehr zäh.

Das Kommando über alle amerikanischen Einheiten übernimmt General Walker. Er reiht kurzerhand alle südkoreanischen Soldaten, die sich in seinem Bereich befinden, in die US-Einheiten ein. Dies geschieht nach dem „Buddy"-System, dem „Kameradschafts"- oder „Kumpel"-System. Die Koreaner werden direkt in die kleinste Einheit von 4 Mann integriert; es gibt also keine koreanischen Einheiten innerhalb der US-Army, die Koreaner kämpfen, schlafen und essen unmittelbar mit ihren amerikanischen Kameraden. Das System bewährt sich so gut, daß die einmal „integrierten" Koreaner auch dann bei der US-Army bleiben, als es General Walker zusammen mit koreanischen Offizieren gelungen ist, den Rest der südkoreanischen Armee zu fünf neuen Mini-Divisionen zusammenzufassen und sofort wieder einzusetzen.

Anfang August haben die Kommunisten die gesamte Westküste bis hinunter zur Korea-Straße erobert. Die provisorische Hauptstadt Taejon ist gefallen. Dann fällt Phang an der Ostküste, wird zurückerobert, wechselt mehrfach den Besitzer, bis die erste US-Marine-Infanterie-Division aus den USA eintrifft.

Dieser berühmten Elite-Einheit gelingt es schließlich, die Kommunisten aus Pohang endgültig zu vertreiben und die Stadt gegen alle weiteren Angriffe zu halten.

Von der Westküste stoßen die Kommunisten die Südküste entlang nach Osten vor und stehen bald 45 Kilometer westlich von Pusan. Der Ring um Pusan ist geschlossen. Das von Amerikanern und Südkoreanern noch gehaltene Gebiet ist praktisch nur noch ein Brückenkopf, dessen Westfront ungefähr mit dem Lauf des Flusses Nak-tong und dessen Nordfront etwa mit dem Verlauf der Eisenbahnlinie Taegu-Pohang übereinstimmt.

Die strategische US-Bomberflotte bombardiert ununterbrochen Ziele dicht hinter der Front, zerstört Brücken, Straßen, Eisenbahnlinien und Versorgungslager der Kommunisten. Auch amerikanische Jagd-und Schlachtflugzeuge sind inzwischen eingetroffen. Die 200 sowjetischen JAK, deren Einsatz unmittelbar im Erdkampf viel zur Auflösung der südkoreanischen Armee beigetragen hat, sind bald vom Himmel Koreas verschwunden. Die amerikanischen Jäger starten fast alle von den Flugzeugträgern der 7. Flotte, die in der Tsuschima-Straße kreuzt.

Gruß
Josef
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Sa, 03. Februar 2007, 23:55
Nach und nach treffen mehr amerikanische Truppen ein. Als weitere Einheiten der UNO kommen zwei britische Infanterie-Batallione an, die am 7. September im Westen des Brückenkopfes am Naktong in Stellung gehen und sofort in heftige Kämpfe geraten. Doch trotz allem sind die Kommunisten noch immer überlegen. Direkt an der Front haben sie 13 Divisionen. Sie gehen jetzt nicht mehr mit einem Stoßkeil vor und auch nicht in geschlossener Linie über größere Frontabschnitte. Sie kämpfen jetzt in Kolonnen von Batallions- und Regimentsstärke. Diese gutausgerüsteten und vor allem im Nahkampf hervorragend ausgebildeten und erfahrenen Einheiten versuchen unablässig, auf Straßen und Gebirgspfaden oder direkt über unwegsame Bergketten vorzustoßen. Ungeachtet der amerikanischen Luftangriffe zeigt sich, daß der nordkoreanische Nachschub noch immer rollt, MacArthur berichtet:

„Art und Dichte der feindlichen Nachschubbewegungen zeigten, daß trotz unserer Luftangriffe starke Transporte aus der Mandschurei und Sibirien über Seoul ins Kampfgebiet kamen, gewöhnlich bei Nacht ... Ständig kamen von Nordkorea frische Divisionen und Panzerbrigaden an die Front, und pausenlos wurden Proviant und Munition nach vorn gebracht - mit  Eisenbahnzügen und Motorfahrzeugen, mit Ochsenkarren und Lastträgern. General Walker aber kämpfte mit dem Rücken zur See . . ."

Die Verteidiger müssen sich zu der bitteren Erkenntnis durchringen, daß mit den verfügbaren Kräften ein Ausbruch aus dem Brückenkopf oder gar der Beginn einer eigenen Offensive unmöglich ist. Mehr Kräfte aber mit dem für sie benötigten Versorgungsmaterial können im Brückenkopf nicht zusammengefaßt werden. Das Gebiet ist von der kommunistischen Artillerie zu erreichen und liegt ständig unter Beschuß.

So war schließlich, nach knapp zwei Monaten, eine recht merkwürdige, für die Betroffenen gleichermaßen schmerzhafte Patt-Situation entstanden: Der Kessel von Pusan hielt. Die Norkoreaner rannten verbissen und unter blutigen Verlusten gegen die Kesselwände an -vergebens. Die UNOTruppe - immer noch fast nur Amerikaner-war stark genug, den Kessel dicht zu halten, aber auch nur um den Preis kontinuierlichen Blutzolls.

Es war auch offensichtlich, daß diese Situation nicht über längere Zeit andauern durfte, jedenfalls nicht aus der Sicht der UNO-Streitmacht. Nur - wie sich daraus befreien?

Dazu bedurfte es einer in jeder Hinsicht aberwitzigen Aktion, die es schwerlich gegeben hätte, hätte der CINCUNC (Commander in Chief, United Nations Command = Oberkommandierender der UNO-Streitkräfte) nicht Douglas MacArthur geheißen.

MacArthur, 70 Jahre alt, als er seinen letzten Krieg führte, war zweifellos der berühmteste, aber auch der umstrittenste, merkwürdigste General, den die amerikanische Militärakademie West Point jemals hervorgebracht hat.

Zwei seiner hervorstechenden Eigenschaften waren sozusagen familienbedingt: sein intensives Interesse für den ostasiatisch-pazifischen Raum und seine Abneigung gegen zivile Vorgesetzte. Denn sein Vater, der General Arthur MacArthur aus Little Rock in Arkansas, war es, der die 1898 von den USA annektierten Philippinen in einem zweijährigen Feldzug gegen aufständische Einheimische für die USA sicherte, was ihn zu einer Art Volksheld und übermütig machte: Er widersetzte sich Anordnungen seines Obersten (zivilen) Befehlshabers, des damaligen US-Präsidenten Teddy Roosevelt, der nicht zögerte, den aufmüpfigen General zu feuern. Ein Schicksal, das auch seinem Sohn nicht erspart bleiben sollte.

Ein brillanter Sohn: Douglas MacArthur absolvierte die Militärakademie West Point mit den besten Noten (auch den wissenschaftlichen!), die es dort je gab. Al,s Adjutant seines Vaters diente er auf den Phillipinen, war einige Zeit Militär-Attache in Tokio; bei Beginn des I. Weltkriegs war er der jüngste Brigade-General der US-Armee, gegen Ende des Krieges deren jüngster Divisions-Kommandeur, der so ziemlich alles sammelte, was an Orden und Auszeichnungen zu haben war.

Nach dem Krieg wurde er Chef (Superintendent) der Militärakademie West Point, wieder mal der jüngste aller Zeiten. 1930 ging er als Chief of Staff of the Army (militärischer Oberbefehlshaber des Heeres) nach Washington, und das blieb er länger als irgendwer vor ihm oder nach ihm, bis er sich 1935 in den Ruhestand versetzen ließ. Freilich nicht, um ein Ruheständler-Leben zu führen, sondern um - einem Ruf des Präsidenten der inzwischen halbselbständigen Phillipinen folgend - die Neuorganisation und Führung der phillipinisch-amerikanischen Streitkräfte zu übernehmen, mit dem Titel eines Feldmarschalls.

Offensichtlich gelang es ihm nicht, seine Truppen in hinreichende Verteidigungsbereitschaft zu bringen. Jedenfalls überrannten 1941 die Japaner die Phillipinen trotz verzweifelten Widerstandes. Ehe er sich versah, saß MacArthur mit den Resten seiner Truppen auf der kleinen Halbinsel Bataan in der Falle, und schließlich mit den allerletzten in der winzigen Inselfestung Corregidor am Eingang der Manila-Bucht.

Gruß
Josef
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am So, 04. Februar 2007, 09:41
MacArthur lastete diese bittere Niederlage der in seinen Augen kurzsichtigen US-Regierung unter Franklin Delano Roosevelt an, die seinem ständigen Drängen nach massiver Verstärkung seiner Truppen nicht nachgegeben hatte (weil sie das gar nicht konnte!) und überhaupt nicht kapierte, daß über Amerikas Zukunft an der östlichen Pazifik-Küste entschieden wurde und nicht in Europa, wohin Roosevelt im Verein mit Churchill in blinder Verblendung starrte. MacArthur damals wörtlich: „Europa ist ein sterbendes System. Es ist völlig verbraucht und wird ... in die Abhängigkeit der Sowjetunion geraten ... Es sind die Länder an der Pazifik-Küste mit ihren Milliarden Menschen, die den Lauf der Geschichte in den nächsten 10.000 Jahren bestimmen werden..."

MacArthurs weiterer Lebensweg gab ihm keinen Anlaß, seine monomanische Überzeugung vom Ostpazifik als dem Nabel der Welt zu revidieren: Man befahl ihm, sich nach Möglichkeit aus Corregidor abzusetzen. Das gelang ihm und einer Gruppe seiner langjährigen Stabsoffiziere auch per Schnellboot.

Als er in Australien ankam, war er zwar ein geschlagener Feldherr, aber dennoch ein Held: Für den erfolglosen, aber bravourösen Widerstand auf den Phillipinen wurde er prompt mit der „Congressional  Medal of Honour" ausgezeichnet, und er ', wurde - für ihn vermutlich wichtiger - zum South West Pacific Supreme Commander  ernannt, zum Oberkommandierenden aller amerikanischer Streitkräfte (Heer, Marine und Luftwaffe) im Südwestpazifik.

In dieser Funktion machte er sich daran, sein auf Corregidor wütend hervorgestoßenes Versprechen „Ich komme wieder!" wahrzumachen, ständig fluchend, weil die Regierung in Washington den pazifischen Kriegsschauplatz vernachlässigte.

Er schaffte es dennoch. Von Insel zu Insel kämpften sich die Amerikaner immer näher an Japan heran, in zum Teil unglaublich harten Kämpfen. Dies war die Zeit, in der die MacArthur-Legende zu blühen begann. Er hatte bei seinem Stab eine Public-Relation-Abteilung, die es sich angelegen sein ließ, den Chef als Allergrößten und Unbesiegbaren zu feiern. Kämpfe, die noch im Gange waren, wurden in den Verlautbarungen aus dem Hauptquartier des Oberkommandierenden als leuchtende Siege deklariert; Marine, Marine-Infanterie und Luftwaffe, obschon an diesen blutigen Kämpfen und Siegen intensiv beteiligt, kamen in diesen Verlautbarungen grundsätzlich nicht vor, was MacArthur erbitterten Haß eintrug.

Immerhin, es scheint so, als hätten die Adoranten rings um ihn mehr getan, als er wollte. George Kenney, Luftwaffenstabschef im Südwestpazifik und gewiß kein Bewunderer MacArthurs, schrieb: „Sie (MacArthurs PR-Leute) haben anscheinend nie kapiert, daß es gar nicht nötig war, den General zu ,verkaufen'. Er war eine brillante, farbige, liebenswerte Persönlichkeit und brauchte keine Hilfe, um sich zu,verkaufen'."

So war am Ende wohl doch nicht ganz falsch, daß es dann Douglas MacArthur war, dessen Unterschrift unter der japanischen Kapitulationsurkunde an Bord des Schlachtschiffes „Missouri" den II. Weltkrieg beendete.

Dann allerdings wurde auf den auch in seinem Wesen ziemlich unamerikanischaristokratischen Feldherrn eine Machtfülle gehäuft, für die es in der amerikanischen Geschichte keinerlei Beispiel gab: Douglas MacArthur war nicht nur Oberkommandierender der US-Army (Heer) in Fernost, sondern Oberkommandierender aller US-Streitkräfte in Fernost (CINCFE). Sein „schönster Hut" aber, so der Militärhistoriker David Rees, war der des SCAP, Abkürzung für „Supreme Commander for the Allied Powers", was nicht weniger bedeutete, als daß er - als eine Art stellvertretendes Staatsoberhaupt - über die von den Alliierten besiegten und besetzten Länder am Rand des Pazifik, vor allem Japan, uneingeschränkt herrschen konnte.

Bild-Ein Bilddokument,das lange Zeit nicht veröffentlicht werden durfte.
Es entstand,als die Truppen der UNO die Hafenstadt Rangnam vor den anstürmenden Nordkoreanern räumen mußten.Im letzten Augenblick jagen US-Pioniere die Hafenanlage in die Luft.
Unmittelbar davor hat ein amerikanischer Zerstörer die Männer der Sprengkommandos an Bord genommen.

Gruß
Josef
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Mi, 14. Februar 2007, 21:56
Als der Krieg um die Wiederherstellung der Unabhänigkeit Südkoreas-durch den einstimmigen Beschluß des Sicherheitsrats der UNO-begann,trugen die USA zuerst mit unterlegenen Streitkräften die Alleinlast.Die Amerikaner waren in einer verzweifelten Situation.Da entwickelte MacArthur einen Plan,den zunächst alle Militärs als selbstmörderisch bezeichneten.


Seit 1945 residierte General MacArthur in königlicher Abgeschiedenheit hoch oben im Dai-Ichi-Building zu Tokio, einem erdbebenfesten Hochhaus, errichtet von einem Versicherungskonzern gleichen Namens. Von dort aus verordnete er Japan, kraft seiner Machtbefugnis, den Wandel vom Feudalstaat zur liberalen Demokratie - für die Japaner eine fast sagenhafte, unerreichbare Figur nach der Art eines halbgöttlichen orientalischen Potentaten - und für seine Umgebung anscheinend auch.

Jedenfalls nahm der Kult um MacArthur nach dem Krieg noch groteskere Formen an als in seiner Heerführerzeit. Ausgewachsene Stabsoffiziere gaben in vollem Ernst Äußerungen von sich wie etwa diese: „Er ist zu groß, zu unfaßbar, als daß ich ihn voll verstehen könnte. Niemand kann das!" Das klingt fatal nach Gottes Ratschluß ist unerforschlich!

Aber auch Leute von außerhalb seines Dunstkreises gerieten bei direktem Kontakt ins Schwärmen, nannten ihn glatt „ein militärisches Genie, den größten General und besten Strategen der Gegenwart" - so wörtlich der knochentrockene, todnüchterne britische Feldmarschall Sir Alan Brooke nach einem Besuch bei Hofe.

Es bedurfte wohl eines Mannes von so durchschlagendem Charisma, um - man gestatte mir abermals eine saloppe Ausdrucksweise - das Ding durchzusetzen und hinzukriegen, das Mitte September 1950 die ganze Welt elektrisierte und das der Militärhistoriker David Reese zutreffend den „unmöglichen Sieg" nannte: die Landung in Ichnon.

Die Idee zu diesem Unternehmen kam MacArthur nach eigener Darstellung schon ganz am Anfang des Krieges, als er, wenige Tage nach dem Angriff der Nordkoreaner südlich des Han, die zerschlagen zurückflutenden südkoreanischen Verbände beobachtete.

In der Stunde, in der er dieses Schreckensbild auf sich einwirken ließ, so schreibt er, „machte ich meine Pläne ... Die einzige Siegesaussicht lag in einem großangelegten strategischen Gegenzug ... Durch ein Umgehungsmanöver tief in Flanke und Rücken wollte ich den Feind von seinen Nachschublinien abschneiden und südlich von Seoul seine gesamte Streitmacht umkesseln..."

Zweifellos ein gesunder Gedanke. MacArthur hatte richtig erkannt, daß die Nachschublinien der Nordkoreaner, je weiter sie nach Süden vorstürmten, mehr und mehr überdehnt würden. Und ihm war klar, daß, je weiter hinten man sie abschnitt, etwa in dem als Bahn- und Straßenknoten ohnehin entscheidend wichtigen Gebiet um Seoul, die Folgen für den Feind umso schlimmer sein würden.

Was er in diesen ersten Kriegstagen noch nicht wußte, aber sehr bald erkannte, war die Tatsache, daß sich der nordkoreanische Nachschub auch durch noch soviel Bomberei nicht stoppen ließ. Die mächtigen B 29 zerstörten in rollendem Einsatz Brücken, Bahnen, Straßen - es half nichts. Bahnen flickten die Koreaner mit bereitliegenen Gleisstücken allabendlich blitzschnell, so dass nachts der Nachschub rollen konnte; Jas Brückenproblem lösten sie ähnlich furch hölzerne Schwimmbrücken, die tags getarnt am Ufer lagen, nachts über den Fluß geschoben und morgens wieder eingezogen wurden. Und wo auf den zerbombten Straßen für LKW kein Durch-Kommen mehr war - Ochsenkarren und notfalls Lastträger kamen überall durch.

Ein Grund mehr also, den Nachschub durch einen Umfassungsangriff zu durchschneiden. Nur war das, da sich das koreanische Festland bis auf den UNO-Brückenkopf um Pusan in nordkoreanischer Hand befand, nur über See möglich. Der Platz, den MacArthur sich für eine Landung ausgesucht hatte, erschien allen anderen als gänzlich ungeeignet. MacArthur schreibt:

„Mein Ziel war Inchon, der 30 Kilometer westlich von Seoul gelegene, zweitgrößte südkoreanische Hafen. Wegen des starken Tidenhubs von Inchon mußte der Angriff Mitte September erfolgen. Noch bei keinem großen Landeunternehmen der modernen Kriege war für die Vorbereitungen so wenig Zeit gewesen.

In Washington wurden einflußreiche militärische Stimmen gegen meinen Plan laut Der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs (JCS =Joint Chiefs of Staff, oberstes Befehlsgremium aller US-Streitkräfte, darüber nur noch der Präsident), General Omar Bradley, erklärte solche amphibischen Operationen für überholt, heutzutage sei damit nichts mehr auszurichten Der Vereinigte Generalstab teilte mir telegraphisch mit, daß General Collins, der Stabschef der Armee, und Admiral Sherman, der Oberbefehlshaber der Flotte, nach Tokio kämen, um mit mir über den Plan zu beraten. Nach ihrem Eintreffen wurde sogleich klar, daß sie nicht beraten, sondern abraten wollten. Ich setzte eine Konferenz ein.

Zuerst äußerte sich die Marine. Ihre Sachverständigen erklärten, einer Landung in Inchon stünden zwei hochgefährliche Faktoren entgegen: Gezeiten und Gelände. Nach hydrographischen Messungen der Marine betrage der Tidenhub bei Inchon durchschnittlich sechs Meter. An dem zur Landung vorgesehenen Tag werde die Flutwelle infolge der Mondstellung sogar neun Meter hoch sein. Bei Niedrigwasser erstrecke sich der Schlick stellenweise bis zu drei Kilometer weit in den Hafen. Der Gezeitenstrom rase oft mit sechs Seemeilen Geschwindigkeit durch die sogenannte Flugfischrinne, die beste zum Hafen führende Fahrrinne.

Selbst unter günstigen Bedingungen sei diese Rinne eng und gewunden, also leicht zu verminen und durch Versenken eines einzigen Schiffes an einer kritischen Stelle zu sperren.

Hochwasser sei an dem fraglichen Tag zum ersten Mal um 6.59 Uhr, zum zweiten Mal um 19.19 Uhr, 27 Minuten vor Sonnenuntergang. Zwei Stunden nach Hochwasser würden die Landungsboote bis zur nächsten Flut im Schlick steckenbleiben, bequemes Ziel für die roten Küstenbatterien. Mithin blieben unseren Küstenschiffen nur zwei Frühstunden für die schwere Aufgabe, die starke Inselfestung Wolmi-do auszuschalten, die aus hundert Meter Höhe den Hafen beherrscht.

Selbst wenn sie das schafften, ließen uns das Abendhochwasser und die hereinbrechende Dunkelheit nur zweieinhalb Stunden Zeit zu landen, den Landekopf abzusichern und alles heranzubringen, was man brauche, um Gegenangriffe bis zum Morgen abzuwehren. Zu all dem komme noch, daß die Landung im Herzen der Stadt erfolgen würde, wo der Feind jedes Haus als Widerstandsnest benutzen könne.

Admiral Sherman faßte die Ansicht der Flotte zusammen: „Wollte man einmal alle Schwierigkeiten zu Wasser und zu Lande aufführen, die Landeoperationen entgegegenstehen, so fände man sie samt und  sonders bei Inchon."
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Do, 15. Februar 2007, 23:19
Dann brachte General Collins seine Einwände vor. Nach Ansicht der Armee würde eine Besetzung Inchons gar nicht die beabsichtigte unmittelbare Wirkung auf den Feind haben, dazu liege die Stadt viel zu weit hinter der Front. Auch müsse man zum Gelingen eines so großen Angriffsunternehmens die I. Marine-Infanteriebrigade aus General Walkers schwerbedrängtem Frontabschnitt herausziehen und dadurch die Stellungen bei Pusan noch mehr gefährden. Und selbst wenn es mir gelinge, Seoul zu nehmen, glaube er nicht, daß ich eine Verbindung mit Walker in Pusan herstellen könne. Es sei zu befürchten, daß mir eine gewaltige feindliche Übermacht bei Seoul eine totale Niederlage bereite.

Als Sherman und Collins gesprochen hatten, schwieg ich eine Weile, ich mußte mich erst einmal sammeln. „Daß Sie", sagte ich dann, „meinen Plan für undurchführbar halten, zeigt mir, wie stark ich auf das Überraschungsmoment bauen kann. Auch das feindliche Oberkommando wird einen so verwegenen Angriff für unmöglich hatten. Überrumpelung ist im Krieg die Seele des Erfolgs. Die Nordkoreaner werden eine Landung in Inchon für unmöglich halten. Und ich werde durch Überrumpelung siegen.

Was die Marine über die Hindernisse sagt, die uns Gezeiten, Gewässer, Gelände und Nachschubprobleme bereiten, ist sicherlich sehr gewichtig. Doch sind die Schwierigkeiten nicht unüberwindlich. Ich setze volles Vertrauen in unsere Marine, ja, ich traue ihr offenbar mehr zu, als sie sich selbst zutraut.

Wir haben nur zwei Möglichkeiten: entweder in Inchon landen oder unten in Pusan in hoffnungsloser Lage schwere Verluste hinnehmen. Wollen Sie unsere Männer in dieser verdammten Igelstellung  weiterhin wie Vieh abschlachten lassen? ' Wer soll für dieses Trauerspiel die Verantwortung übernehmen? Ich bestimmt  nicht!
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Do, 15. Februar 2007, 23:22
Außerdem: Das Prestige des Westens ist in Gefahr. Millionen Asiaten warten gespannt auf den Ausgang dieses Krieges.

Es muß doch jedem klar sein, daß die kommunistische Weltverschwörung hier zur Eroberung der Erde angesetzt hat - nicht in Berlin oder Wien, nicht in London, Paris oder Washington, sondern hier in Südkorea. Verlieren wir den Krieg mit dem Kommunismus in Asien, so gerät Europa in höchste Gefahr. Siegen wir aber, so wenden wir einen Krieg von Europa ab und sichern den Menschen dort die Freiheit. Treffen wir jetzt eine Fehlentscheidung, die verhängnisvolle Fehlentscheidung der , Trägheit, so ist es mit uns aus. Mir ist, als hörte ich den Sekundenzeiger des Schicksals ticken. Wir müssen handeln, sofort handeln, oder wir werden untergehen.

Sollten sich meine Überlegungen als irrig, die feindlichen Stellungen bei Inchon als unüberwindlich erweisen - nun, ich werde an Ort und Stelle sein und in diesem Fall sofort unsere Streitkräfte zurückziehen und es nicht zu einer blutigen Niederlage kommen lassen. Ich hätte dann meinen Ruf als Heerführerverspielt, das wäre aber auch der einzige Verlust."

Die beiden anwesenden Stabschefs, Sherman und Collins, sagten dazu gar nichts, doch MacArthurs eindrucksvolle Rede hatte sie überzeugt - eine knappe Woche später, am 29. August, kam aus Washington die Genehmigung der Joint of Chiefs of Staff für das abenteuerliche Unternehmen.

Es gab dabei wirklich keine denkbare Schwierigkeit, die es nicht gab. Da waren nicht nur der riesige Tidenhub, das enge Fahrwasser mit wilder Strömung, die beherrschende Inselfestung Wolmi-Do mitten vor dem Landeplatz. Da mußten zum Beispiel - ein Novum bei einem Landeunternehmen - Leitern beschafft werden und die Landungstruppen an den Gedanken gewöhnt werden, diese auch zu benutzen. Nicht, daß da unerfahrene Soldaten eingesetzt wurden; für die Landung waren überwiegend Einheiten des Marine-Infanterie-Corps vorgesehen, die härteste Truppe der USA, durchsetzt mit Männern, die im letzten Krieg schon so manches Mal in feindlichem Feuer an Land gegangen und einen Strand hinaufgehetzt waren. Aber durch eine enge Hafeneinfahrt in eine feindliche Stadt hineinzufahren und vom Landungsboot über Leitern auf meterhohe Kaimauern klettern müssen, das war auch für die alten Veteranen neu.

MacArthur hatte schon recht, als er in der Konferenz mit Collins und Sherman (was er in seinen Memoiren verschweigt) die Chancen des Unternehmens auf 1:5000 bezifferte, allerdings mit der trotzigen Hinzufügung, das reiche, die Sache werde klappen (was dem wetter- und kampfgegerbten Admiral Sherman nach der Sitzung den Stoßseufzer entlockte: „Das Selbstvertrauen von dem Kerl möchte ich haben!"). Nach dem grünen Licht aus Washington kam die Planungsarbeit der Heeres-, Marine- und Luftwaffenstäbe im Dai-Ichi-Hochhaus, schon lange vorher gestartet, auf Höchsttouren. Und, merkwürdig genug, die Stäbler begannen zu begreifen, daß gerade ihre Einwendungen gegen den Plan ihn rechtfertigten; die total unlogische Auswahl des ungeeignetsten Landeplatzes begann sie zu faszinieren, und das beflügelte ihre Arbeit.

Am 12. September 1950 geht MacArthur mit seinem Stab an Bord des Schlachtschiffes „Mount McKinley". Am Abend des 14. ist die Landungsflotte vor Inchon versammelt, nachdem sie vorher noch in einen verheerenden Taifun geraten war. In den frühen Morgenstunden des kommenden Tages sollen sich die Landungsschiffe zwischen wandernden Schlickund Sandbänken durch die enge, gebogene Flutrinne winden, im Feuer der Insel-Bergfestung Wolmi-do in der Mitte Inchons. 40. 000 Mann sind es, die hier zuschlagen und siegen sollen.

Weit im Osten ist ein regelmäßiges Aufblitzen zu sehen. Das ist das Leuchtfeuer der Hafeneinfahrt von Inchon. Ein tröstliches Zeichen - es bedeutet, daß die amerikanische Landungsflotte noch nicht entdeckt ist, daß die Kommunisten noch völlig ahnungslos sind.

Am 15. September, gegen vier Uhr morgens, haben sich die Kampfschiffe bis auf Artillerie- und Raketenschußweite an Inchon herangepirscht. Die Inselfestung Wolmi-do wird schlagartig unter Feuer genommen, und zugleich mit Jem hinter dem Festland heraufkommenden Morgenrot flackern die ersten Brände auf.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Fr, 23. Februar 2007, 21:17
Aus den purpurgefärbten Wolken stoßen Schlachtflugzeuge und Sturzkampfbomber auf die Inselfestung herab und greifen mit Bordwaffen und Bomben in das Zerstörungswerk ein. Gegen den von unten nach oben steigenden Vorhang von schwarzem Rauch heben sich grellrot die Flugbahnen Tausender von Raketengeschossen ab, die auf die Festung und auf die Ufer von Inchon abgefeuert werden.

Mit der auflaufenden Flut stoßen die Landungsboote von den Mutterschiffen ab. Die Geschütze der Inselfestung schweigen. Nicht ein Schuß der schweren Küstenbatterien ist bisher gefallen. Die erste Angriffswelle nähert sich der Insel. Nur von einzelnen Stellendes Hafenufers flackert zögernd Maschinengewehrfeuer auf, die Festung Wolmi-do aber schweigt noch immer.

Um acht Uhr trifft die fast unglaubliche Meldung auf der „Mount McKinley" ein: „Erste Welle der Marineinfanterie gelandet. Brückenkopf gebildet, ohne einen Mann zu verlieren."

Eine Stunde später ist die Flutwelle abgelaufen, und - wie von den Marine-Experten befürchtet - eine Anzahl von Landungsbooten liegt im Schlick fest. Doch das ist nicht mehr gefährlich, denn die Festung Wolmi-do ist zu diesem Zeitpunkt schon erobert. Die überraschten und durch das heftige Bombardement demoralisierten Nordkoreaner geben kampflos auf.

Am Abend des 15. September, mit der neuen Flut, werden die Truppen des X. Armeecorps an Land gesetzt. Die Verluste sind gering. Die Kommunisten haben lediglich im Hafen und in der Stadt einige Widerstandsnester gebildet, die rasch niedergekämpft werden können. Größere Truppeneinheiten haben die Kommunisten hier nicht zur Verfügung. Inchon liegt eben weit hinter der Front, ist tiefste Etappe. Was General Collins als gefährlich ansah, erweist sich nun sogar als Vorteil.

MacArthur befiehlt, sich nicht mit der Säuberung der Hafenstadt aufzuhalten, sondern sofort auf die 30 Kilometer entfernte Hauptstadt Seoul vorzustoßen und zunächst Kimpo, den Flugplatz auf halbem Weg zwischen Inchon und Seoul, zu besetzen. Dann kann weitere Verstärkung aus der Luft herangebracht werden, und den Nordkoreanern wird damit ein lebenswichtiger Umschlagplatz für die tief im Süden kämpfende Front genommen. Kimpo ist die Schlagader im Körper der nordkoreanischen Armee.

Eine zweite Stoßgruppe soll sofort in Richtung Süden nach Suwon durchbrechen. Auch dort liegt ein wichtiger Flugplatz, der gleiche, auf dem MacArthur am 29. Juni mitten in das Chaos hineingeraten war. Die nördliche Stoßgruppe für Kimpo und Seoul wird von der 1. Marineinfanterie-Division, die südliche für Suwon von der 7. Infanterie-Division gebildet.

Kimpo wird bereits am 16. September, einen Tag nach der Landung in Inchon, erobert. Am nächsten Tag stehen die Marineinfanteristen auch schon vor Seoul. Hier müssen sie haltmachen; die Kommunisten haben sich inzwischen von der Überraschung erholt und verteidigen die Hauptstadt erbittert. In Eiltransporten führen sie starke Reserven aus Nordkorea heran.

Doch die Eroberung des Flugplatzes von Kimpo erlaubt den Amerikanern ihrerseits, direkt aus Japan neue Truppen und Material unmittelbar hinter die Kampflinien heranzufliegen.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Fr, 23. Februar 2007, 21:24
Douglas MacArthur hatte recht behalten: Der Angriff an „unmöglicher" Stelle hatte den Feind überrumpelt, wenn auch nur hauchknapp. Denn später stellte sich heraus, daß die nordkoreanische Führung von der bevorstehenden Landung an der Nordwestküste wußte und knapp vor dem Angriffstag auch erfuhr, wo MacArthurs Truppen landen würden. Da war es aber schon zu spät, Verteidigungsstellungen aufzubauen, die Nordkoreaner konzentrierten sich ganz auf die einzige Notmaßnahme, die Erfolg versprach: die Verminung der schmalen Fahrrinne zum Hafen Inchon. Viel hat nicht gefehlt, und sie hätten das I geschafft: Die Minen standen in Inchon zur Verladung bereit; wäre MacArthur nur einen Tag später gekommen, seine Landungsflotte wäre schon weit draußen vor Inchon in die Luft geflogen. Aber er kam eben keinen Tag zu spät!

Er wollte auch keinen Tag zu spät nach Seoul kommen: Mit seinem Gespür für psychologische Effekte hatte er den Termin für die Rückeroberung der südkoreanischen Hauptstadt auf den 25. September angesetzt - exakt drei Monate nach dem Überfall der Nordkoreaner. Und prompt verkündete auch sein Hauptquartier nach bewährter Manier früherer Zeiten am 25. September den Fall von Seoul - und wie solche Siegesmeldungen früher nicht stimmten, so stimmte auch diese nicht: Um Seoul tobte am 25. September noch immer eine schreckliche Schlacht.

„Nur wenige andere werden je eine so furchtbare Befreiung' erlebt haben", (wie die Bevölkerung von Seoul) notierte verstört R. W. Thompson, Kriegsberichter des Londoner „Daily Telegraph", der den Untergang der schönen alten Stadt miterlebte. MacArthurs Landungskorps, überwiegend Marine-Infanterie, kämpfte nach dem an sich gesunden amerikanischen Prinzip, durch größtmöglichen Einsatz von Material die Verluste an Menschen so gering wie möglich zu halten -der eigenen Menschen.

Als sich der Widerstand der Nordkoreaner um Seoul versteifte, wurden sie und die Stadt und ihre Bewohner (zu Zigtausenden) von einem Feuerorkan ohnegleichen niedergewalzt.

Uber den schon am Tag nach der Landung eroberten Flugplatz Kimpo und den weiteren am 22. September in Besitz genommenen Flugplatz Suwon strömte fast unbegrenzt Nachschub heran: Bomben, Artillerie- und Werfermunition, auch Massen der Blechkanister mit Napalm. Das alles ergoß sich über Seoul, die Stadt starb, am 27. September erlosch der Widerstand in den Trümmern.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Fr, 23. Februar 2007, 21:28
Zwei Tage später, am 29., ist MacArthur da, um in der halbausgebrannten, fensterlosen Ruine des Parlamentsgebäudes in einer sehr gefühlsbetonten Feierstunde die südkoreanische Regierung, repräsentiert durch Syngman Rhee, wiedereinzusetzen. Der alte Rhee ist verständlicherweise ergriffen, weinend feiert er MacArthur als „den Retter unseres Volkes", und der sieht sich durchaus auch so. Nur: „Leichengeruch drang durch die zerborstenen Fenster herein", notierte selbst er nüchtern über die Begleitumstände der erhebenden Feier.

Abgesehen von dem düsteren Fleck der militärisch überhaupt nicht notwendigen Vernichtung Seouls erwies sich MacArthurs verrückt-geniales strategisches Konzept als glanzvoller Volltreffer: Säuberlich abgestimmt mit dem Landungsunternehmen faßte General Walker, der Kommandeur im Pusan-Kessel, seine besten Kräfte in der Nordwestecke zusammen, trat - als die Landung gelang - zum Angriff an und durchbrach, wenn auch gegen wütendsten Widerstand, die Einschließung, stürmte nordwestlich vorwärts und traf bei Osan die südostwärts vorstoßenden Verbände des Landungskorps - die Masse der nordkoreanischen Angreifer war damit in der ' Südwestecke des Landes abgeschnitten  und verloren.

Selten in der modernen (auch der klassischen) Kriegsgeschichte hat es einen so kurzfristigen Umschwung von greifbarem Sieg zur totalen Niederlage gegeben. Die Nordkoreaner fassen, begreifen das nicht, sind von einem auf den nächsten  Tag total demoralisiert. Die Amerikaner tun sich nicht schwer, in dem Riesenkessel , zwischen Pusan und Inchon 100 000 entnervte Gefangene einzubringen, und in der Verfolgungsjagd entlang der Westküste  noch einmal 30 000.

Wenn man das zusammenrechnet, und dazu die Verluste des dreimonatigen Kampfes, dann ist das die gesamte nordkoreanische Armee - und so war's auch. MacArthur hatte einen brillanten Sieg errungen - seinen letzten. Und dieser Sieg trug, gerade weil er so perfekt war, den Keim der bitteren Niederlage, die ihm folgte, schon in sich. Anfang Oktober 1950 allerdings scheinen die Weichen immer noch auf Sieg gestellt. Die Armee der nordkoreanischen Angreifer ist zerschlagen, das Opfer des Überfalls, die Republik Südkorea, befreit und wiederhergestellt. Die Frage ist nur, wie geht es weiter?

Für Südkoreas Präsidenten Dr. Syngman Rhee und auch für MacArthur ist die Sache klar: weiter, den Resten des zerschlagenen Feindes folgen, ganz Korea „befreien" und so wiedervereinigen. Präsident Truman in Washington und auch den Joint Chiefs of Staff ist die Sache so klar nicht - ein Vormarsch nach Nordkorea hinein könnte schwer absehbare Folgen haben.

MacArthur erhält zunächst einmal hinhaltende Direktiven: ob er den 38. Breitengrad, die alte Grenzlinie, mit seinen Truppen überschreite oder nicht, das solle er nach militärischen Gesichtspunkten entscheiden; soweit es nötig sei, um die bisherigen Erfolge zu sichern, möge er vorerst nur südkoreanische Truppen über den Breitengrad schicken.
Aber in dieser Hinsicht hatte MacArthur ganz andere Vorstellungen als die Politiker imfernen Washington.

Gruß
Josef
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am So, 04. März 2007, 18:55
Dje Zeichen scheinen, Anfang Oktober 1950, auf Sieg gestellt: Die Armee der nordkoreanischen Angreifer ist zerschlagen, das Opfer des Überfalls, die Republik Südkorea, befreit und wiederhergestellt. Die Frage ist nur, wie geht es weiter?

Für Südkoreas Präsidenten Dr. Syngman Rhee und auch für MacArthur ist die Sache klar: Weiter, den Resten des zerschlagenen Feindes folgen, ganz Korea „befreien" und so wiedervereinigen. Präsident Truman in Washington und auch den Joint Chiefs of Staff ist die Sache so klar nicht - ein Vormarsch nach Nordkorea hinein könnte schwer absehbare Folgen haben.

MacArthur erhält zunächst einmal hinhaltende Direktiven. Ob er den 38. Breitengrad, die alte Grenzlinie, mit seinen Truppen überschreite oder nicht, das solle er nach militärischen Gesichtspunkten entscheiden; soweit es nötig sei, um die bisherigen Erfolge zu sichern, möge er vorerst nur südkoreanische Truppen über den Breitengrad schicken.

MacArthur legt diese Weisung überaus großzügig aus, er hält es halt für zwingend nötig, dem geschlagenen Gegner nachzusetzen. Zwar sind es tatsächlich zwei südkoreanische Divisionen, die als erste - an der Ostküste - über den 38. Breitengrad nach Nordkorea vordringen, aber gleich darauf, am 4. Oktober, stößt auch die 1. US-Kavallerie-Division nördlich von Seoul über die Grenze vor, in Richtung auf die nordkoreanische Hauptstadt Pjöngjang.

Als das geschieht; ist noch durchaus zweifelhaft, ob Aktionen gegen Nordkorea von dem UNO-Auftrag gedeckt sind, doch da. bleibt nicht lange so: Am 7. Oktober beschließt die Vollversammlung neuerlich eine Resolution, die es den UNO-Truppen - außer Amerikanern und Südkoreanern sind inzwischen auch eine britische und ein( türkische Brigade eingetroffen - zur Aufgabe macht, „in Verfolgung der Aggressoren die Polizeiaktion auf Nordkorea aus zu dehnen und den gesamtkoreanischer Staat wiederherzustellen."

Dieser weitreichende UNO-Beschluß, de entschieden über das ursprüngliche Ziel der „Polizeiaktion" (Zurückweisung der Angreifer) hinausging, kam nicht zuletzt dadurch zustande, daß die  nordkoreanischen Angreifer in der kurzen Zeit ihre Herrschaft über fast ganz Südkorea dort entsetzlich gehaust hatten. Man fand Massengräber mit von Foltern grausam verstümmelten Leichen echter und vermeintlicher Gegner der neuen roten Herr scher, auch viele amerikanische und süd koreanische Gefangene waren bestialisch gequält und dann erschlagen worden. Dies alles ließ den anfangs unbehaglichen Gedanken, dem alten, autokratischen Dr. Rhee womöglich die Macht über ganz Korea zuzuschanzen, rasch verblassen: verglichen mit dem, was die nordkoreanischen Kommunisten praktizierten, erschien Dr. Rhee nachgerade als Hüter demokratische Rechte und Freiheiten.

Man muß sich auch erinnern, daß der UNO die damals noch in Lake Success auf Long  Island bei New York residierte, 1950 erst knapp 60 Mitgliedstaaten angehörten und daß die Vollversammlung noch nicht, wie heute, von jungen Nationen majorisiert wurde, die selbst mieseste Gewaltakte gutheißen, sofern sie nur in den eigenen Kram passen. Damals stellten noch echt demokratische Staaten die satte Mehrheit.

Diese Mehrheit also gab MacArthur grünes Licht für den Vorstoß nach Nordkorea, zugleich wurde der General nochmals als Oberbefehlshaber der UNO-Streitmacht (CINCUNC) bestätigt.

Den Plan für die Eroberung Nordkoreas hat der CINCUNC zu diesem Zeitpunkt längst fertig, der Plan ist sogar schon von den Joint Chiefs of Staff in Washington gebilligt, trotz großer Bedenken der Stabschefs. Denn es ist abermals ein sehr, sehr merkwürdiger Plan.

Die 8. Armee unter General Walker soll diesem Plan zufolge, nachdem sie inzwischen aus dem Kessel von Pusan bis in die Gegend von Seoul gelangt ist, weiter nordwärts angreifen, Pjöngjang nehmen und dann zum koreanisch-chinesischen Grenzfluß Yalu vorstoßen.

Das X. Corps unter General Almond, das die spektakuläre Landung in Inchon vollzogen hat, soll wieder auf die Schiffe, um ganz Korea herumgeschippert werden und dann bei Wonsan an der Nordostküste abermals tief im Rücken des Feindes landen.

Bild- Abgekämpft und zerlumpt kehren UN-Truppen von der Front zurück.Die Winterkleidung,mit der sie nicht ausgerüstet waren,haben die gegnerischen Soldaten abgenommen.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am So, 04. März 2007, 19:11
Der Sinn der Sache ist durchaus klar: in einer riesigen Klammerbewegung soll Nordkorea und das, was von der nordkoreanischen Volksarmee allenfalls übriggeblieben ist, umfaßt, erobert, zerschlagen werden.

So weit, so gut - nur scheint sowohl General Walker als auch MacArthurs eigenem Stab des CINCUNCs Weg zu diesem Ziel bemerkenswert umständlich. Alsmonds X. Corps, so meinen sie, könne Wonsan weit bequemer und schneller zu Lande erreichen: der Weg quer über die Halbinsel ist nur rund 200 Kilometer weit, der Wasserweg um Korea herum aber mißt 1400 Kilometer.

Schlimmer noch: der ohnehin nicht sonderlich leistungsfähige Hafen Inchon würde durch die Verladung des X. Corps weitgehend für den Nachschub blockiert. Zwar erwartete man, alsbald den Hafen von Pjöngjang, Nampo, zu erobern. Doch der war noch kleiner und noch viel weniger leistungsfähig als Inchon, nicht im entferntesten geeignet, die Nachschubmassen zu bewältigen, die extrem technisierte und motorisierte, zudem an perfekte Versorgung gewöhnte Truppen wie die amerikanischen nun einmal brauchen.

Damit noch nicht genug, sah MacArthurs Plan vor, die zum X. Corps gehörende 7.Infanterie-Division, die noch etwas südlich von Seoul stand, nicht in Inchon, sondern in Pusan auf Schiffe verladen zu lassen, was bedeutete, daß diese Division auf ihrem Marsch nach Pusan einige Zeit den Verkehr auf der einzigen guten Nord-SüdStraße behindern würde, der NachschubHauptschlagader von Walkers 8. Armee. Den letzten Einwand gegen MacArthurs Plan lieferte das I. südkoreanische Armeecorps: Es stürmte, seit es in den ersten Oktobertagen den 38. Breitengrad überschritten hatte, entlang der Ostküste so flott gegen nur schwachen, sporadischen Widerstand voran, daß es zweifellos Wonsan etliche Tage, wenn nicht sogar Wochen eher erreichen mußte als das umständlich über See herangeschaffte X. Corps der Amerikaner.

Aber Douglas MacArthur hatte nun mal eine Vorliebe für amphibische Manöver, sein ganzer militärischer Ruhm gründete auf erfolgreiche Landungsunternehmen, von Gualdalcanal (1942) über Leyte (Phillippinen 1944) und Iwo Jima (1944) bis Okinawa (1945). Das letzte, spektakulärste und erfolgreichste, eben das in Inchon, hatte er grade hinter sich. Kein Wunder, daß er hartnäckig bei seinem Prinzip blieb, kein Wunder auch, daß trotz gravierender Bedenken keiner so richtig nachdrücklich widersprach - vor Inchon hatten sie's alle auch besser wissen wollen, bis hinauf zu den Stabschefs in Washington, und er hatte doch Recht behalten.

Der Plan lief ab, wie zu erwarten. Die 8. Armee unter Walker kam bei ihrem Stoß nordwärts sogleich gegen nur mäßigen Widerstand rasch voran. Bereits am 19. Oktoberfiel Pjöngjang, die nordkoreanische Hauptstadt. Schwungvoll stürmten Walkers Panzerspitzen weiter - und mußten alsbald gebremst werden: Es haperte mit dem Nachschub. Im Osten eroberte das 1. südkoreanische Armeecorps bereits am 10. Oktober die Hafenstadt Wonsan. Erst 9 Tage später kamen die Marine-InfanterieDivisionen des X. Corps dort per Schiff an und mußten dann noch eine geschlagene Woche auf den Schiffen herumgammeln: Der Hafen warvermint. Erst am 26. Oktober, als Spezialisten ihn entmint hatten, konnten die „Marines" endlich ausgeladen werden - ausgeladen, keine Kampf-Landung!

Ebenso „ausgeladen" wurde in der Zeit vom 29. Oktober bis 8. November die 7. US-Infanterie-Division in Ivon, einem kleineren Hafen weiter nördlich, den das 1. südkoreanische Corps inzwischen auch schon erobert hatte.

Man beachte die Daten: MacArthurs umständliche und überflüssige Landungsoperation zog sich bis Anfang November hin, kostete mindestens zwei, vermutlich sogar drei Wochen Zeit - doch es scheint niemand bewußt gewesen zu sein, wie kostbar inzwischen Zeit geworden war: Weder das X. Corps, das da Anfang November an Land ging, noch die 8. Armee, die sich in den letzten Oktobertagen immer näher an den Grenzfluß Yalu heranschob, hatten irgendwelche Winterausrüstung

Die nördliche Hälfte Nordkoreas liegt zwischen dem 40. und 43. Breitengrad. Am Ostrand der gigantischen asiatischen Landmasse kommt in diesen Breiten der Winter früh und meistens mit sibirischer Kälte, viel Schnee ist die Regel.

An Vorsorge für solche Naturgegebenheiten scheint MacArthur in seiner grenzenlosen Siegeszuversicht nicht gedacht zu haben, er warf auch bewährte militärische Grundsätze leichthändig über den Haufen. Ein solcher Grundsatz lautet, daß auf einem überschaubaren Kriegsschauplatz (wartheatre nennen es Briten und Amerikaner) auch einheitlich geführt werden muß.

MacArthur war davon bei der Inchon-Landung,abgewichen; er hatte die Landungstruppe - das X. Corps - aus der Befehlsgewalt der 8. Armee herausgelöst und sich selbst direkt unterstellt. Das war aus der Situation heraus sicher richtig: Der bei Pusan eingekesselte Walker konnte nicht gut das Landungsunternehmen führen.

Aber schon wenigeTage nach der Landung, als das Landungscorps und die aus dem Pusankessel ausgebrochene 8. Armee sich bei Osan vereinten, wäre es an der Zeit gewesen, wieder ein einheitliches Kommando auf dem Kriegsschauplatz herzustellen, also die drei Divisionen des X. Corps wieder der 8.Armee zu unterstellen. General Walker erwartete das auch, und er war mehr als verwundert, als MacArthur das nicht tat, sondern das X. Corps selbständig und nur sich selbst unterstellt beließ.

Gruß
Josef
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Do, 08. März 2007, 19:05
Was MacArthur zu dieser gänzlich unüblichen Kommandoteilung bewog, ist nicht ganz klar. Er selber gibt an, die geographische Situation - die Nord-Süd-Teilung Koreas durch das unwegsame TaebaekGebirge - habe den Angriff in zwei unabhängig voneinander operierenden Achsen erzwungen. Aber das überzeugt nicht ganz. Ausschlaggebend dürfte eher gewesen sein, daß der Kommandeur des X. Armeecorps, General Almond, ein ausgesprochener MacArthur-Mann war. Er war seit Jahren mit ihm vertraut, während General Walker nicht zu den MacArthur-Anbetern zählte und überdies von Almond nicht viel hielt. Vermutlich mochte MacArthur es seinem Freund Almond nicht zumuten, dem Rivalen und Erzfeind Walker unterstellt zu sein. Wie auch immer, diese unkonventionelle Aufsplitterung des Kommandos sollte bald böse Folgen haben.

Der General tat noch einiges andere Ungewöhnliche. Er gab allerhand öffentliche Erklärungen ab, die in deutlichem Gegensatz zur Politik der US-Regierung standen. So befürwortete er zum Beispiel das Angebot Tschiangkaischeks, 30000 Mann nationalchinesische Truppen nach Korea zu schicken, obwohl Kriegsministerium wie US-Außenamt das strikt abgelehnt hatten - mit gutem Grund. Außenminister Acheson: „Schließlich wollten wir nicht, daß politische Komplikationen entstünden, die entstanden wären, wenn wir die Kontroverse zwischen National- und Rotchina in die Schlacht um Korea hineingebracht hätten. Die einen erkannten Tschiangkaischek an, die anderen die Rotchinesen. Hätten wir das Angebot angenommen, so wäre das keine einigende, sondern eine trennende Maßnahme gewesen. Deshalb waren wir der Meinung, es sei klug, abzulehnen, und der Präsident lehnte ab."

Ein andermal schickte MacArthur einer Veteranen-Vereinigung zu einem Jubiläum einen Brief mit programmatischen und überaus martialischen Erklärungen zur Fernost-Politik. Das hörte sich unter anderem so an: „Formosa ist für uns Flugzeugträger und U-Boot-Mutterschiff zugleich, unversenkbar. Von Formosa aus beherrschen wir die Pazifik-Küste von Wladiwostok bis Singapur. Wenn wir Formosa nicht verteidigen, geben wir den Pazifik auf." Solche Parolen standen in krassem Gegensatz zu Präsident Trumans Politik (Formosa neutralisieren), was den Präsidenten nach eigener Bekundung in „kalte Wut" versetzte.
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am So, 18. März 2007, 18:51
Dazu hatte Truman noch öfter Gelegenheit. Noch vor Beginn des Angriffs auf Nordkoreawarvon den Joint Chiefs of Staff (JCS) eine Linie - etwa Chongju-Hungnam -festgelegt worden, über die hinaus die amerikanischen und europäischen UNO-Truppen keinesfalls nordwärts vordringen sollten; eine Vorsichtsmaßnahme, durch die jede Gefahr eines Zusammenstoßes an der koreanisch-chinesischen und an der koreanisch-sowjetischen Grenze ausgeschlossen werden sollte.

MacArthur scherte sich nicht darum. Er befahl ungerührt Vormarsch über diese „restraining line". Eine Anmahnung von JCS, daß dies nicht der Direktive vom 27. September entsprach, konterte er kühl mit dem Hinweis auf eine andere Direktive, die ihm „militärisch freie Hand" gab - was militärisch nötig sei, bestimme er, und damit basta.

Am 9. Oktober hielt er es für militärisch sinnvoll, einen sowjetischen Militärflughafen gut 80 Kilometer hinter der Grenze, in der Nähe von Wladiwostok, aus der Luft angreifen zu lassen, wobei eine ganze Menge modernster MIGs zerstört wurden. Die Entschuldigung, es handele sich um ein Versehen der Piloten, glaubte niemand, denn so schlecht sind US-Piloten einfach nicht. Ebensowenig war anzunehmen, dass etwa der Kommandeur der US Air Force in Fernost, Stratemeyer, eigenmächtig gehandelt hatte - Stratemeyer gehörte zum engsten Kreis des MacArthur-Clans und tat gewiß nichts ohne Wissen und Billigung des großen Meisters.

Die US-Regierung wurde durch dieses Bubenstück in den peinlichen Zwang gebracht, bei den weidlich verhaßten Sowjets geradezu unterwürfig um Entschuldigung zu bitten, Entschädigung in beliebiger Höhe anzubieten und was dergleichen Unannehmlichkeiten mehr waren.

Das war der Punkt, an dem es Präsident Truman zuviel wurde und er es für nötig hielt, seinem fernöstlichen Prokonsul selber zu sagen, wo seine Grenzen sind. Ursprünglich hatte Truman MacArthur nach Washington zitieren wollen, sich dann aber - sowohl aus praktischen als auch aus politischen Gründen - damit einverstanden erklärt, sich mit ihm auf halbem Wege zu treffen, auf der kleinen PazifikInsel Wake, halbwegs zwischen Tokio und Honolulu.

Bis dahin waren sich die beiden Männer noch nie begegnet. Es scheint, als habe MacArthur sogleich durch gewisse Äußerlichkeiten klarmachen wollen, wer der Größere sei. So versuchte er offenbar, als er und Truman gleichzeitig mit ihren Flugzeugen über Wake-Island eintrafen, seine Landung zu verzögern, um den Präsidenten nicht begrüßen zu müssen (sondern der Präsident ihn). Trumans Arzt, Dr. Graham, erinnert sich:

„Ich flog mit dem Präsidenten, als er mit MacArthur auf Wake Island zusammentraf. MacArthur war immer der Typ eines Showmannes. Er versuchte, seine Landung absichtlich hinauszuzögern, damit wir zuerst ankamen und vor ihm landeten.

Harry Truman merkte sofort, was los war, und wies MacArthur an: Sie gehen zuerst hinunter und landen zuerst. Wir haben jede Menge Treibstoff. Wir werden auf Sie warten.' Und das haben wir gemacht."

Truman selber: „MacArthur hat immer geschauspielert, aber er war nicht einmal gut dabei. Ich wußte, was er da zu drehen versuchte mit dem ganzen Kram, wessen Flugzeug nun zuerst landen würde, und ich wollte ihm das nicht durchgehen lassen. So machte ich ganz klar, daß er zuerst hinuntergehen mußte, und das tat er.

Gruß
Josef
Titel: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Mo, 09. April 2007, 08:25
Nachdem wir gelandet waren, war da am Boden ein Empfangskomitee. Ich sah aus dem Fenster, aber MacArthur war nicht da. Auch als die Motoren zum Stillstand gekommen waren und sie die Flugzeugtür öffneten, ließ sich der Kerl noch immer nicht blicken. Also blieb ich einfach sitzen. Ich wartete eben. Wenn es hätte sein müssen, hätte ich bis in alle Ewigkeit gewartet. Ich wollte nicht zulassen, daß einer meiner Generale den Präsidenten der Vereinigten Staaten in Verlegenheit brachte.

Endlich kam der Mistkerl aus einem der Gebäude in der Nähe der Landebahn heraus. Ertrug wieder diese blöde Sonnenbrille, ein nicht zugeknöpftes Hemd und eine Mütze mit allem möglichen Krimskrams. Ich habe nie begriffen, warum ein alter Mann wie er und noch dazu ein FünfSterne-General herumlief wie ein neunzehnjähriger Leutnant.

Wenn er Leutnant in meiner Einheit gewesen und so angezogen herumgegangen wäre, dann hätte ich ... na, jedenfalls wäre der nicht nochmal so rumgelatscht. Aber ich entschloß mich, seinen Aufzug zu übersehen, wir schüttelten uns die Hand und verabredeten ein Gespräch. Ich war pünktlich da, aber er kam 45 Minuten zu spät.

Als er hereintrat, warf ich nur einen Blick auf ihn und sagte:,Nun passen Sie mal auf. Ich komme um die halbe Welt daher, um Sie zu treffen, aber um das geht's nicht. Sie sollen bloß wissen, daß es mir vollkommen egal ist, was Sie von Harry Truman halten oder wie Sie mit ihm verfahren, aber lassen Sie ja nicht noch einmal Ihren Oberbefehlshaber warten. Ist das klar?'

Sein Gesicht wurde rot wie ein Radieschen, aber er ließ erkennen, daß er verstanden hatte, was ich gemeint hatte, und wir begannen unser Gespräch . . .

Wir dürften etwa eine Stunde gesprochen haben, nur wir beide, und ich habe ihm, glaube ich, mehr als ausgiebig klargemacht, daß ich sein Oberbefehlshaber war, daß er Befehle auszuführen hatte und daß er keinerlei öffentliche Erklärungen herausgeben dürfe, die nicht von mir persönlich genehmigt worden waren.

Tödliche Irrtümer MacArthurs

Bei diesem Gespräch war er wie ein kleiner Hund. Ich weiß eigentlich nicht, was schlimmer war, die Art, wie er in der Öffentlichkeit auftrat, oder die, wie er mir bei diesem Gespräch die Füße küßte."

Einer der wichtigsten Punkte dieses Gespräches war die Frage, ob Rotchina in die Kämpfe eingreifen würde. Truman hatte einigen Grund zur Sorge. Schon Anfang Oktober hatte Tschou En-lai, Rotchinas Außenminister, über den indischen Botschafter in Peking eine Warnung an UNO, USA und die in Korea beteiligten Mächte leiten lassen: Die Volksrepublik China, so Tschou, könne sich in Korea zum Eingreifen  gezwungen sehen, falls andere als südkoreanische Truppen den 38. Breitengrad  überschreiten würden.

Weder bei der UNO noch in Washington  war das ganz ernst genommen worden. Man hielt es für einen Versuch, die bevorstehende UNO-Resolution (weiter nach Nordkorea) zu verhindern. Aber Präsident Truman wollte sicher gehen, und wen sollte er fragen, wenn nicht MacArthur? Immerhin unterstanden dem-seit Jahren-alle Nachrichtendienste, militärische wie zivile, in Fernost; wenn einer die Lage zuverlässig beurteilen konnte, dann er.

Und Douglas MacArthurversicherte seinem  Präsidenten, daß eine chinesische oder  sowjetische Intervention nicht zu befürchten sei. Nicht, weil die Chinesen nicht  wollten, sondern weil sie-aus militärischen , Gründen - nicht könnten. Zwar hätten sie  in der Mandschurei an die 300 000 Mann
 stehen, aber davon nur etwa 125 000 am , Grenzfluß Yalu. Und davon könnten sie , höchstens 60 000 über die wenigen YaluBrücken nach Nordkorea bringen, wenn sie  so leichtfertig wären; denn auch die Chinesen wüßten, daß die inzwischen hochüberlegene US-Luftwaffejeden Angriffsversuch gnadenlos zerschlagen könne. Nein, die  Chinesen würden sich hüten, und spätestens am Thanksgiving-Day (Erntedankfest, letzter Donnerstag im November) sei der Krieg zu Ende.

Gruß
Josef
Titel: Re: Korea Krieg 1950-1953
Beitrag von: md11 am Mi, 16. März 2016, 23:19
vor 60 Jahren
ein Bericht über den vergessenen Krieg

Bericht:http://www.sueddeutsche.de/politik/korea-krieg-am-morgen-flog-alles-in-die-luft-1.1017885 (http://www.sueddeutsche.de/politik/korea-krieg-am-morgen-flog-alles-in-die-luft-1.1017885)

mfg
Josef
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