Autor Thema: Korea Krieg 1950-1953  (Gelesen 14719 mal)

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Korea Krieg 1950-1953
« am: Mo, 18. Dezember 2006, 16:57 »
Der Koreakrieg war eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Truppen der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) zusammen mit ihren chinesischen Verbündeten auf der einen Seite und der Republik Korea (Südkorea) zusammen mit UNO-Truppen (vor allem der USA) auf der anderen Seite. Er wurde am 25. Juni 1950 begonnen, und beide Parteien eroberten wechselseitig beinahe die gesamte koreanische Halbinsel. Letzten Endes führte er wieder zu der Ausgangsposition zurück, zementierte aber die Teilung Koreas, zerstörte fast die gesamte Industrie des Landes und forderte große Verluste in der Zivilbevölkerung.

Er endete am 27. Juli 1953 mit der Unterzeichnung eines Waffenstillstandabkommens. Ein Friedensvertrag wurde nie abgeschlossen, die beiden koreanischen Staaten befinden sich offiziell also auch heute noch immer im Krieg. Spätestens mit dem Eingreifen der USA und Chinas bekam der Krieg die Rolle eines Stellvertreterkrieges, und er zeigte auch die endgültige Spaltung der ehemaligen Alliierten des Zweiten Weltkriegs in die kommunistischen Staaten China und Sowjetunion auf der einen Seite sowie die kapitalistischen Staaten unter Führung der USA. Er beschleunigte auch die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland, welche sich damals mit Korea besonders identifizierte.

In Südkorea wird der Krieg üblicherweise schlicht „6·25“ genannt, was sich auf das Datum des Ausbruchs bezieht. Seltener findet man die formelle Bezeichnung „Hanguk-jeonjaeng“, die übersetzt Koreakrieg heißt. In Nordkorea wird er üblicherweise als „Vaterland-Befreiungskrieg“ bezeichnet. In den USA wurde offiziell nur „Korean Conflict“ (Koreanischer Konflikt) genannt und als Polizeiaktion deklariert, vor allem, um eine Kriegserklärung zu vermeiden. Oft wird der Koreakrieg auch als „vergessener Krieg“ bezeichnet, da er ein großer Konflikt des 20. Jahrhunderts war, aber trotzdem selten genannt wird.

Datum:    1950 bis 1953
Ort:    Korea
Ergebnis:    Teilung Koreas
Parteien
Südkorea,
Vereinigte Staaten von Amerika, UN-Truppen    
Nordkorea,
Volksrepublik China, Sowjetunion
Truppenstärken
~ 300.000 Südkorea,
> 300.000 USA,
~ 40.000 andere UN    > 300.000 Nordkorea,
> 500.000 China
Verluste
> 400.000 Südkorea,
~ 50.000 USA,
> 3.000 andere UN    ~ 500.000 Nordkorea,
> 500.000 China
~ 2.000.000 Zivilisten
« Letzte Änderung: Mi, 16. März 2016, 23:24 von md11 »

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Korea Krieg 1950-1953
« Antwort #1 am: Mo, 18. Dezember 2006, 16:58 »
Vorgeschichte

Ab 1894 geriet Korea unter die Vorherrschaft Japans. 1910 wurde es schließlich von Japan annektiert, die Japaner beuteten das Land insbesondere während des Zweiten Weltkriegs skrupellos aus. Nach der Kapitulation Japans 1945 wurde das am Zweiten Weltkrieg unbeteiligte Korea unter den Siegermächten geteilt. Das Gebiet nördlich des 38. Breitengrades wurde unter sowjetische Verwaltung, das südliche unter US-amerikanische Verwaltung gestellt. Die Alliierten hatten auf der Konferenz von Jalta beschlossen, dass Korea ein vereinigtes, unabhängiges Land unter einer gewählten Regierung werden sollte, legten jedoch keine Details fest. Der aufkommende Kalte Krieg verhinderte die Einhaltung dieses Versprechens. Der 38. Breitengrad wurde zur Demarkationslinie.

Die UNO, die zu diesem Zeitpunkt den USA nahe stand, übernahm am 14. November 1947 das Mandat für die Wiedervereinigung. Diese führten am 10. Mai 1948 Wahlen durch, mangels Kooperation der Sowjets aber nur im Süden. Aus diesen ging der aus dem Exil in den USA zurückgekehrte Rhee Syngman als Sieger hervor. Von manchen Beobachtern wurde die Wahl als unfair oder gefälscht bezeichnet. Rhee Syngman übernahm die Regierungsgeschäfte von den USA am 13. August 1948 und rief am 15. August die Republik Korea aus. Als Reaktion proklamierte der von den Sowjets geförderte Kim Il-sung am 9. September die Demokratische Volksrepublik Korea. Kim Il-sung galt nach westlichen Maßstäben als Diktator. Auch Rhee Syngman zeigte deutlich autokratische Tendenzen, war seinerseits aber proamerikanisch und antikommunistisch eingestellt. Es gab auchr eine wahrnehmbare Opposition. Die sowjetischen und amerikanischen Truppen verließen 1949 das Land.

Die USA sahen die kommunistischen Staaten dieser Zeit als einen einheitlichen Monolithen und nahmen an, dass Nordkorea als Spielfigur der Sowjets den Krieg suchte. Heute wird auf Grundlage der geöffneten Archive Russlands hingegen vor allem Kim Il-sung als die treibende Kraft gesehen, der den zögerlichen Josef Stalin überzeugte, das Risiko einzugehen - und diesen auch gegen Mao ausspielte. Sowohl die Demokratische Volksrepublik Korea als auch die Republik Korea sahen sich als Vertretung des ganzen Landes und wollten die Vereinigung unter dem jeweils eigenen System. Beide Seiten suchten die Eskalation, und so kam es bereits vor Kriegsausbruch immer öfter zu Gefechten an der Demarkationslinie.

Anfang 1949 versuchte Kim Il-sung Stalin zu überzeugen, dass die Zeit für eine konventionelle Invasion des Südens gekommen sei. Stalin lehnte jedoch ab, da die nordkoreanischen Truppen noch recht schlecht ausgebildet waren und er die Einmischung der USA fürchtete. Im Laufe des Jahres wurden seitens der Nordkoreaner deshalb große Anstrengungen unternommen, die Armee zu einer offensiven Organisation nach dem Vorbild der Sowjetarmee zu formen. 1950 war Nordkorea dem Süden in jeder Waffengattung deutlich überlegen.

Am 12. Januar 1950 sagte der US-Außenminister Dean Acheson dem National Press Club, dass Amerikas Verteidigungslinie auf die Linie von den Alëuten über Japan, den Rykkyk-Inseln bis zu den Philippinen führen würde. Mit diesem „defensive perimeter” sagte er indirekt aus, dass die USA nicht um Korea kämpfen würden; diese wahrscheinlich unbedachte Äußerung ermutigte die Nordkoreaner und Sowjets, den Konflikt zu suchen. Bei einem erneuten Besuch Kims im März/April 1950 in Moskau genehmigte Stalin die Invasion. Andererseits muss auch gesehen werden, dass Nordkorea auch einem mehrfach von US-amerikanischer/südkoreanischer Seite angedrohtem bewaffneten Konflikt zuvorgekommen sein kann. Es gibt viele, auch in westlichen Quellen, dokumentierte Aussagen, nachdem ein Angriff auf Nordkorea aus südkoreanischer Sicht nur eine Frage der militärischen Stärke wäre - was jedoch nicht unbedingt bedeutet, dass eine militärische Aktion des Südens zu diesem Zeitpunkt auch unmittelbar bevorstand. (Li Syng Man [Rhee Syngman], 10. April 1949: „Wir sind heute tatsächlich in jeder Hinsicht für diese Vereinigung (mit Nordkorea) fertig, bis auf einen Punkt: Wir haben nicht genug Waffen und Munition... Wir müssen genug Streitkräfte haben, um in den Norden vorzurücken, die Verbindung mit der Armee in Nordkorea, die uns ergeben ist, herzustellen, den Eisernen Vorhang vom 38. Breitengrad bis zum Fluss Jalu zurückzuschieben und dort die Grenze gegen feindliche Infiltration zu bewachen.”) Die Volksrepublik China stand einem Krieg in Korea eher kritisch gegenüber. Mao Zedong fürchtete die Destabilisierung der Region sowie gesteigertes Interesse der USA an den asiatischen Angelegenheiten, was seinen eigenen Plänen zuwidergelaufen wäre. Neben einer Ausweitung des Konfliktes auf China fürchtete er auch um seine Pläne, die Kuomintang zu besiegen, die sich nach Taiwan zurückgezogen hatten.
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Korea Krieg 1950-1953
« Antwort #2 am: Mo, 18. Dezember 2006, 16:59 »
Kriegsbeginn


Am 25. Juni 1950 überschritten die Truppen der Nordkoreanischen Volksarmee die Grenze. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte daraufhin den Angriff. US-Präsident Harry S. Truman hatte bereits, ohne Einwilligung der UNO, Truppen nach Südkorea entsandt. Von den Sowjets gut ausgerüstet war der Angriff ein voller Erfolg für die Nordkoreaner. Bald befanden sich die südkoreanischen Truppen im Rückzug. Seoul wurde am 29. Juni erobert, und wenig später kontrollierten die Nordkoreaner die gesamte koreanische Halbinsel bis auf einen schmalen Streifen im Süden um Pusan. Die Frontlinie um den heute Pusan Perimeter genannten Bereich lief von Masan nach Norden, ließ Daegu unter südkoreanischer Kontrolle und bog hier nach Osten ab bis zur Küste kurz unter Pohang. Mit der Versorgung und der Luftunterstützung der USA konnten die Südkoreaner ihre Lage stabilisieren.

Die Reaktion des Westens

Die UNO beschloss – in Abwesenheit der vetoberechtigten UdSSR, die wegen der Nichtanerkennung Festland-Chinas (bis 1971 war die Republik China auf Taiwan die rechtliche Vertretung Chinas, die kommunistische Volksrepublik China war kein Mitglied der UN) die Sitzungen boykottierte – eine militärische Aktion. 16 Mitgliedsländer schickten Einheiten auf die Halbinsel (davon ca. 90% US-Einheiten). Das Oberkommando erhielt der US-amerikanische General Douglas MacArthur. Der Vormarsch der nordkoreanischen Truppen wurde durch eine Landung in deren Rücken gestoppt, kurz bevor die letzte südkoreanische Verteidigungslinie um die Hafenstadt Busan gefallen wäre.

Im September 1950 wurde nach der Landung bei Incheon Seoul von den US-Amerikanern zurückerobert. Mit der amphibischen Landung im Rücken der Front war die Nachschublinie der Nordkoreaner schlagartig durchschnitten, und der gleichzeitig einsetzende Gegenangriff der 8. US-Armee und südkoreanischer Streitkräfte aus dem Busan-Brückenkopf brachte die nordkoreanischen Streitkräfte in eine unmögliche Lage. Die eben noch siegreichen Armeen, die sich in einem mit aller Gewalt geführten Angriff gegen den UN-Brückenkopf völlig verausgabt hatten, wurden völlig zersprengt und lösten sich in Partisanenverbände auf, soweit sie nicht gefangengenommen oder getötet wurden. Der Angriff wurde mit Unterstützung südkoreanischer Verbände bis Pjöngjang vorangetrieben. In weiten Gebieten Südkoreas waren zu dieser Zeit noch versprengte nordkoreanische Soldaten als Partisanen aktiv. Der folgende blutige Guerillakrieg forderte zahllose unschuldige Opfer.

Südkoreanische Truppen überschritten am 30. September den 38. Breitengrad. Die UN-Truppen erhielten erst am 7. Oktober die Erlaubnis, die Grenze zu überschreiten. Ziel war nunmehr die Wiedervereinigung Koreas. MacArthur erreichte im November den Fluss Jalu an der Grenze der Mandschurei. Die Chinesen wollten ein vereinigtes Korea unter amerikanischem Einfluss nicht dulden und griffen mit einer zunächst 300.000 Soldaten umfassenden „Freiwilligenarmee” in Nordkorea ein. China war darauf bedacht, eine offizielle Einbeziehung zu vermeiden, wodurch der Charakter eines Stellvertreterkrieges verstärkt wurde. Am 1. Januar 1951 begannen 400.000 chinesische und 100.000 nordkoreanische Soldaten eine Offensive, der die 200.000 Soldaten der UN-Streitkräfte nicht standhalten konnten. Mit den US-Streitkräften flohen viele Zivilisten daraufhin in den Süden. Am 26. November brach die Schlacht um das Chosin-Reservoir aus, zugleich wurde von der nordkoreanischen Hafenstadt Hungnam aus unter dem Schutz der US-Flotte eine amphibische Rückzugsoperation durchgeführt. Am 3. Januar wurde Seoul geräumt und in der Folge eine Verteidigungslinie zwischen dem Gelben Meer und dem Japanischen Meer gebildet. Erst im März 1951 wurde die Stadt wieder von UN-Truppen besetzt, ein Großteil der Einwohner wurde von den Kommunisten verschleppt oder bei Widerstand ermordet. Die UN-Einheiten rückten wieder bis etwas über den 38. Breitengrad vor, der Krieg erstarrte hier in einem Stellungskrieg. Am 11. April 1951 wurde General MacArthur von Truman entlassen und durch General Matthew Ridgway ersetzt, da MacArthur eigenmächtig eine Ausweitung des Krieges auf China und den Einsatz von Atombomben gegen chinesische Städte gefordert hatte.

Der Waffenstillstand

Auf Vorschlag der UdSSR begannen am 10. Juli 1951 in KaesOng in Nordkorea offizielle Waffenstillstandsverhandlungen. Eine Einigung scheiterte zunächst an der UNO-Forderung, dass Kriegsgefangene nicht gegen ihren Willen in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden dürfen. Nordkorea befürchtete, dass viele Soldaten in Südkorea bleiben würden.

Am 27. April 1953 setzen die USA eine Belohnung von 100.000 US-Dollar (damals ca. 420.000 DM) für den ersten Piloten eines kommunistischen Landes aus, der mit einer MiG-15 zu den US-amerikanischen Truppen flüchtet. US-amerikanische Ingenieure waren an der Technik dieses Flugzeuges interessiert. Das Angebot wurde mit Flugblättern bekanntgemacht, die über Nordkorea abgeworfen wurden. Am 21. September 1953 floh ein Pilot der nordkoreanischen Luftwaffe mit einer MiG-15 nach Südkorea, allerdings wuste er nichts von der Belohnung.

Nach weiteren verlustreichen Kämpfen und zähen Verhandlungen wurde am 27. Juli 1953 in Panmunjeom ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der UNO und Nordkorea abgeschlossen. Es bestätigte im Wesentlichen den 38. Breitengrad als Grenze zwischen Nord- und Südkorea und legte eine vier Kilometer breite entmilitarisierte Zone entlang der Grenze fest; außerdem wurde eine neutrale Repatriierungskommission zur Überwachung des Gefangenenaustausches eingesetzt.

Kriegsopfer

Der Krieg forderte unter der Zivilbevölkerung nach Schätzungen fast 3 Millionen Menschenleben. Ca. 36.000 amerikanische, 600.000 koreanische und 500.000 chinesische Soldaten fielen in den Kämpfen. 450.000 Tonnen an Bomben wurden abgeworfen (v.a. von der US Air Force), darunter allein zwischen Juni und Ende Oktober 1950 insgesamt 3.281.270 Liter Napalm. Dies ist ein Vielfaches der im Vietnamkrieg eingesetzten Menge und war wesentlich verheerender, da in Nordkorea mehr Ballungszentren mit größerer Bevölkerungsdichte und mehr Industrie als später in Vietnam existierten. Dem Historiker Conrad Crane zufolge waren zu Beginn der Waffenstillstandsverhandlungen neben den großen Infrastrukturanlagen wie Stauseen 18 der 22 größten nordkoreanischen Städte wenigstens zur Hälfte dem Erdboden gleich gemacht worden. General William Dean, der seit dem Juli 1950, in der Schlacht von Daejeon, nordkoreanischer Kriegsgefangener gewesen war, erinnerte sich an die meisten nordkoreanischen Städte und Dörfer später als „Ruinen oder verschneite, leere Flächen”; fast jeder, der ihm begegnet sei, habe Angehörige im Bombenkrieg verloren.

Die zahlreichen Toten fielen nicht immer regulären Kriegshandlungen zum Opfer: Von beiden Seiten wurden in verschiedenen Fällen Kriegsverbrechen begangen. Die nordkoreanischen Streitkräfte, ihre chinesischen Verbündeten und verschiedene paramilitärische kommunistische Gruppen, die im gesamten Land operierten schreckten vor Morden an Flüchtlingen oder Regimekritikern- und Gegnern nicht zurück und praktizierten vielerorts eine Politik der verbrannten Erde. Die Südkoreaner hingegen führten einen rücksichtslosen Kampf gegen alles, was in irgendeiner Form mit dem Kommunismus in Verbindung gebracht werden konnte. So gibt es viele dokumentierte Berichte über Hinrichtungen von Mitgliedern oder ehemaligen Mitgliedern der kommunistischen Partei oder dieser nahestehender Gruppierungen. Dabei waren viele Menschen nur aus der Not heraus den Kommunisten beigetreten – diese verteilten, um Unterstützer zu werben, Nahrungsmittel an alle neuen Mitglieder und Aktivisten, so dass gerade in den weitgehend zerstörten Gebieten und bei den häufig wechselnden „Besatzern“ die Sicherung des Überlebens einer Familie von der Mitgliedschaft in derartigen Gruppierungen abhing.

Ein dokumentiertes Kriegsverbrechen der US-Armee war am 26. Juli 1950 das Massaker von Nogeun-ri. Dort hatten sich amerikanische Soldaten in Erwartung der nordkoreanischen Armee eingegraben. Bevor jedoch die kommunistischen Kämpfer das Dorf erreichten, ergoss sich ein Strom von Flüchtlingen, die vor den Kämpfen flüchteten, über den Flecken. Die US-Soldaten, die auch infiltrierte Guerillos unter den Flüchtlingen befürchteten, eröffneten das Feuer und töteten circa 400 Zivilisten. Bis ins Jahr 2001 wies die amerikanische Regierung jeglichen Vorwurf eines Kriegsverbrechens zurück.

Von den 50.000 Kriegsgefangenen, die die USA machten, wollten nach Kriegsende nur die Hälfte wieder zurück nach Nordkorea oder China. Die nordkoreanischen Gefangenen, welche die Rückkehr verweigerten, fingen meist ein neues Leben in Südkorea an, während viele Chinesen nach Taiwan übersiedelten.
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« Antwort #3 am: Mo, 18. Dezember 2006, 16:59 »
Folgen

Der Koreakrieg hat die Teilung des Landes auf Jahrzehnte hinaus zementiert. An der demilitarisierten Zone stehen sich auch im Jahr 2006 noch über eine Millionen Soldaten gegenüber. Trotz Versuchen der Annäherung ist bis heute kein Friedensvertrag geschlossen und eine Wiedervereinigung ist nicht in Sicht. Die Angst vor einem erneuten Ausbruch des Krieges spielt bis heute in der Politik beider Länder eine Rolle.

Im Norden konnte die kommunistische Führung ihre Macht weiter festigen, sie sitzt trotz zunehmender wirtschaftlicher Probleme immer noch fest im Sattel. Obwohl der Teil des Landes in einer wesentlich besseren Ausgangslage war als der Süden, ist es heute praktisch ein Dritte-Welt-Land, in dem ein großer Teil der Bevölkerung chronisch unterernährt ist. Das gesamte Land samt der Wirtschaft ist deutlich auf das Militär ausgerichtet, Nordkorea ist mit großem Abstand das Land, das gemessen am Bruttoinlandsprodukt die höchsten Militärausgaben hat.

In Südkorea bekam die zunehmend undemokratischere Führung die Probleme des Landes kaum in den Griff. Kurz nachdem die Südkoreaner Rhee Syng-man aus dem Präsidentensitz vertrieben hatten, putschte sich jedoch unter Park Chung-hee das Militär an die Macht. Obwohl die Bürgerrechte in dieser Zeit stark beschnitten wurden, gelang es unter der Militärdiktatur, der Wirtschaft zu einem kometenhaften Aufstieg zu verhelfen. 1990 wurde die Verfassung schließlich zugunsten einer echten Demokratie geändert. Heute ist Südkorea ein nach westlichen Maßstäben stabiles und demokratisches Land, welches 2005 das zehntgrößte Bruttoinlandsprodukt weltweit erwirtschaftete.

Auch für die Verbündeten China und Sowjetunion sollte der Koreakrieg Folgen haben. Die Sowjetunion hatte Chinas Einmarsch in Korea mit großzügigen Krediten unterstützt, die China, selbst durch Jahrzehnte von Bürgerkrieg und japanischem Einfall gebeutelt, nun zurückzuzahlen hatte. China fühlte sich von seinem Verbündeten im Stich gelassen. Zusammen mit Rangeleien um die Vorherrschaft im Ostblock und einem militärischen Zusammenstoß an der chinesisch-sowjetischen Grenze führte das 1965 zum Bruch zwischen Moskau und Peking. China behauptet bis heute, den Koreakrieg gewonnen zu haben.
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« Antwort #4 am: Do, 25. Januar 2007, 21:36 »
Tokio, 25. Juni 1950. Der alte General schläft ruhig in diesen Sonntagmorgen hinein, bis - die Dämmerung kriecht eben über den Horizont - das Telefon an seinem Bett schrillt. Schlaftrunken greift er zum Hörer: „Ja?"

„General MacArthur?" „Ja doch! Was gibt's?" „Hier OvD Headquarter ... Sir, eine dringende Meldung aus Seoul. Starke nordkoreanische Verbände überschreiten seit einigen Stunden den 38. Breitengrad!"

„Mich überlief es", erinnerte sich in seinen Memoiren General MacArthur an diesen Augenblick, denn „neun Jahre vorher, auch an einem Sonntag, hatte mich ebenfalls ein Anruf geweckt - mit der Meldung vom Überfall auf Pearl Harbor . . . Das darf doch nicht sein, redete ich mir ein. Nicht schon wieder!"

Der 70jährige Haudegen war völlig überrascht, zutiefst betroffen.

Nicht viel anders erging es Dean Acheson, damals US-Außenminister. Für ihn war - wegen der Zeitdifferenz - der 25. Juni ein Samstag, und er war schon am Vormittag von Washington in sein kleines, altes Farmhaus gefahren, eine Autostunde von der Hauptstadt entfernt, um in der Stille dort ein geruhsames Wochenende zu verbingen.

Acheson: „Es war gegen 22 Uhr. Ich saß da mit einem Drink, plauderte mit meiner Frau, da bimmelt plötzlich das weiße Telefon, die Direktleitung zur Zentrale des Weißen Hauses. Am Apparat war Ministerialdirektor Jack Hickerson. Er sagte, gerade sei von Botschafter Muccio in Seoul die Alarmmeldung gekommen, daß Südkorea an seiner ganzen Nordgrenze von Nordkorea angegriffen werde - ob wirklich ein echter Angriff oder nur ein größerer Grenzzwischenfall, sei noch nicht ganz klar.

Dean Acheson war überrascht, sicher, aber er erfaßte blitzschnell, was sich da anbahnte, und vor allem handelte er auch blitzschnell.

Man muß sich, um die Tragweite dessen, was am 25., 26. und 27. Juni 1950 in Washington und New York geschah, ganz ermessen zu können, an den Zustand und die Entwicklung des „Kalten Krieges" bis zu dieser Zeit erinnern.

Die Sowjetunion hatte unter der unangefochtenen Diktatur Josef Stalins seit Kriegsende eine rücksichtslose Politik der Sicherung und, nach Möglichkeit, Ausweitung ihres Machtbereichs betrieben. Aus handfesten Gründen: Das Land war vom Krieg mehr gezeichnet als irgend eine andere der Siegernationen: es war ausgeblutet, zerstört, ohne Hoffnung, aus eigener Kraft in angemessener Zeit wieder hochzukommen. Es brauchte einen Schirm um sich, einen Kranz von strikt kontrollierten Satellitenvölkern beziehungsweise -Staaten, deren ganze Kraft für das Muttergestirn Sowjetunion ausgebeutet werden konnte.

Kalte, schiere Machtpolitik unter nur dünner, leicht zu durchschauender ideologischer Tünche und - zunächst jedenfalls - recht erfolgreich: die Sowjetunion vereinnahmte unangefochten ganz Osteuropa, das halbe Deutschland, den Balkan bis auf Griechenland. Und sie wollte mehr, zum Beispiel Deutschland ganz, auch Griechenland und die Türkei.

An dieser Gier versteifte sich der Widerstand. In Europa war schließlich (Berliner Blockade!) nichts mehr zu holen, und so verlagerte sich das Interesse der Sowjets in den fernen Osten, wo es noch ein geteiltes Land gab, dessen komplette Beherrschung eine strategische Schlüsselposition versprach - Korea.
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« Antwort #5 am: Do, 25. Januar 2007, 22:14 »
Die Teilung Koreas entlang dem 38. Breitengrad war einem brutalen Zufall der Geschichte zu verdanken:

Korea, diese karge, bergige Halbinsel, von einem der ältesten Kulturvölker der Menschheit bewohnt, seit je von den mächtigsten Nachbarn - Chinesen, Russen, Japanern - umkämpft, war seit 1905 japanisches Besitztum. Deshalb standen dort japanische Truppen, und so ergab sich kurz vor Kriegsende die Frage, wer denn die Kapitulation der Japaner in Korea entgegenzunehmen hätte, die - noch nicht ganz - siegreichen Amerikaner, oder die Sowjets, die sich noch rasch, zwei Tage nach dem ersten Atombombenwurf, dem Krieg gegen das kapitulationsreife Japan angeschlossen hatten.

Es ist nicht ganz eindeutig feststellbar, wer damals den 38. Breitengrad als „Kapitulationsgrenze" vorgeschlagen hat; angeblich war es der amerikanische Admiral Mathias Gardner, der in einer Konferenz mit dem Finger auf den Querstrich in der Mitte der Korea-Karte deutete und sagte: „Das wäre doch 'ne passende Trennungslinie!"

Wie auch immer, man einigte sich irgendwie darauf, als Provisorium, nur zur Regelung der Übergabeformalitäten gedacht. Promt überschwemmte die Sowjetarmee, mit reichlich 100 000 Mann aus der Mandschurei hervorbrechend, die nördliche Hälfte Koreas. Am 38. Breitengrad machten die Russen halt.

Bis die Amerikaner auch da waren, dauerte mehr als einen Monat; sie fanden - statt einer imaginären Demarkationslinie (die sie erwarteten) - eine befestigte, hermetisch geschlossene Grenze vor: Korea war geteilt.
So stand es freilich nicht im Drehbuch der Amerikaner: Die seit reichlich vier Jahrzehnten von den Japanern beherrschten und ziemlich ruppig niedergehaltenen Koreaner sollten endlich wieder ein freies Volk werden dürfen - so war's gedacht. Also freie Wahlen im ganzen Land. Aber die Russen waren strikt dagegen.

Die Amerikaner wurden es nach einiger Zeit leid, sich mit dem Korea-Problem allein herumzuärgern. Sie brachten die Sache schließlich, im November 1947, vor die UNO. Das war mehr oder minder eine Verlegenheitslösung, erwies sich aber als der schlaueste Schachzug, der sich denken läßt. Denn so wurde, salopp gesprochen, aus dem US-Protektionskind Südkorea ein UNO-Baby.

Die UNO-Versammlung beschloß am 14. November 1947 mit 43 gegen Null Stimmen bei 6 Enthaltungen, eine Korea Kommission zu bilden mit dem Auftrag, freie und geheime Wahlen für eine koreanische National-Versammlung zu organisieren und zu überwachen. Der sowjetische Chefdelegierte Gromyko hatte erbittert, aber vergebens gegen diesen Beschluß gekämpft, sein Gegenantrag - Abzug aller Besatzungstruppen aus Korea zum Jahresende und Bildung einer koreanischen Regierung ohne fremde (UNO-) Einmischung - wurde glatt niedergestimmt.

Doch der UNO-Kommission, die im Januar 1948 nach Korea reiste, erging es nicht besser als zuvor den Amerikanern: Die sowjetische Besatzungsmacht ließ die Kommission weder nach Nordkorea einreisen, noch beantwortete sie Briefe. Die Kommission empfahl schließlich, freie Wahlen wenigstens in dem Teil Koreas abzuhalten, zu dem sie Zutritt hatte, also im amerikanisch besetzten Teil südlich des 38. Breitengrades. So geschah es: Am 10. Mai 1948 wurde in Südkorea unter UNO-Kontrolle gewählt; am 15. August wurde die „Republik Korea" ausgerufen. Präsident wurde der Führer der stärksten Partei, der 73jährige Dr. Syngman Rhee, der schon seit 1919(!) Chef einer koreanischen Exilregierung gewesen war.

Die UNO-Generalversammlung erkannte die Regierung Südkoreas an als „einzige frei gewählte in Korea". Das hinderte allerdings die Sowjetunion nicht daran, in Nordkorea eine „Volksrepublik" zu installieren, deren Regierung von KP-Chef Kim II Sung geführt wurde und die ebenfalls beanspruchte, die einzige rechtmäßige Regierung Koreas zu sein.
Die Entwicklung in den beiden koreanischen Staaten verlief unterschiedlich. Die „Volksrepublik" Nordkorea entwickelte sich rasch zu einem straff geführten, starken Staat mit einer - sowjetisch bewaffneten und von Sowjetoffizieren ausgebildeten - schlagkräftigen „Volksarmee" von 200 000 Mann.

Die Republik Südkorea hingegen kränkelte von Anfang an, ihr Landesteil – in dem zwei Drittel aller Koreaner lebten - war das karge, wenig ertragreiche Agrarland. Der Staat konnte, vom wirtschaftlich viel stärkeren, weil industrialisierten Norden abgeschnitten, nur mit massiver amerikanischer Wirtschaftshilfe existieren. Zudem war das Land unruhig, es regte sich Widerstand gegen den überaus autoritären Herrschaftsstil des Präsidenten Syngman Rhee, nicht ohne Hinterlist geschürt von eingesickerten kommunistischen Koreanern. In manchen Landesteilen galt deshalb Kriegsrecht. Präsident Rhee hatte zudem die Angewohnheit, recht martialische Sprüche zu klopfen, etwa, die Zeit der - gewaltsamen - Wiedervereinigung sei nahe. Oder: Er könne, wenn er nur wolle, die Nord-Hauptstadt Pyongyang binnen drei Tagen erobern. Grund genug für die Amerikaner, Südkorea nicht - nach sowjetischem Vorbild - mit einer schwergerüsteten Armee auszustatten. Sie unterließen es aus der nicht ganz unberechtigten Sorge, der alte Herr könnte einen Krieg vom Zaun brechen. Das war das letzte, was die USA wollten.

Sie hatten in dieser Hinsicht böse Erfahrungen gemacht, als sie vergebens - riesige Dollarsummen in Tschiangkaischek investierten in der Hoffnung, China vom Kommunismus freihalten zu können. Der US-Oberbefehlshaber in Fernost, General Douglas MacArthur, hatte unwidersprochen festgestellt: „Wer auf dem asiatischen Festland Krieg führen will, ist erwiesenermaßen verrückt." Folgerichtig bildeten die Amerikaner zunächst keine südkoreanische Armee, sondern nur eine Art verstärkter Polizeitruppe aus, ausreichend, die Ruhe im Land zu sichern, aber ungeeignet für echte Kriegsführung - die Truppe hatte nur leichte Infanteriewaffen, jedoch keinerlei schwere Waffen oder gar Panzer, weder eine Luftwaffe noch eine Flotte. Die Stärke dieser Polizeitruppe betrug nicht ganz 100 000 Mann, davon nur etwa die Hälfte mit Kampfausbildung im Verband. Das war alles, was Südkorea hatte, als die USA, Mitte 1949, von den Russen durch eine gleichartige Maßnahme in Zugzwang gebracht, ihre Besatzungstruppen aus Südkorea abzogen. Lediglich eine Gruppe von knapp 500 Militärberatern blieb im Land.
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« Antwort #6 am: Sa, 27. Januar 2007, 09:07 »
Die kleine südkoreanische Streitmacht war nicht unbeschäftigt: ständig unternahmen die Nordkoreaner- mal in Spähtrupp- mal in Bataillonsstärke - Vorstöße über die Grenze, den 38. Breitengrad, und mußten zurückgescheucht werden. Es gab kaum einen Tag, an dem nicht geschossen wurde.

Im Mai 1950 wurde in Südkorea zum zweiten Mal ein Parlament gewählt; zur hellen Freude der Amerikaner und vor allem der inzwischen „permanenten" UNO-Korea-Kommission holte sich Rhees Partei dabei eine ziemliche Schlappe und erlangte die Mehrheit nur knapp - ein Zeichen dafür, daß der Staat im Kern noch demokratisch war.

Das war die Lage, als am 25. Juni 1950 um 4 Uhr Ortszeit der Angriff der nordkoreanischen Volksarmee losbrach. Daß es ein ernstgemeinter Überfall war, war so leicht nicht zu erkennen: Die Nordkoreaner griffen anfangs, etwa in der Mitte der Grenze, nur mit den leichtbewaffneten Grenztruppen an. Das sah eher nach einem, wenn auch ungewöhnlich schweren, Grenzgeplänkel aus. Deshalb schafften die Südkoreaner rasch von beiden Seiten Verstärkung in die Kampfzone, womit sie rechts und links der Mitte breite Grenzzonen entblößten. Durch diese Lücken konnten die Panzerspitzen der „Volksarmee" fast mühelos nach Süden stoßen.

So klar war freilich das Bild noch längst  nicht, das Botschafter Muccio dem State Department (Außenministerium) in Washington und das der Ministerialdirektor Hickerson von dort seinem ! Außenminister auf dessen Farm übermitteln konnte. Acheson fragte Hickerson, was er von der Sache halte.

Hickerson: „Hier bei mir ist auch noch Staatssekretär Rusk (der spätere Außenminister; d. Red.). Wir beide meinen, wenn's ein echter Angriff ist, dann müßten wir gleich für morgen eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates verlangen und eine Resolution, daß die Angreifer auf ihre Grenzen zurückgehen.

" Acheson: „Ok, ruft Gross (UNO-Botschafter der USA) an und leitet das ein. Ich  rufe inzwischen den Präsidenten an, der , muß das billigen. Falls er nicht will, können wir's immer noch abdrehen." Präsident Truman war auch ins Wochenende gefahren, genauer: geflogen. Denn sein Privathaus stand in Independence  im Staat Missouri, gut drei Flugstunden  vom Regierungssitz entfernt.

Truman: „Ich saß allein beim Lesen, als Dean Acheson gegen halb elf abends  anrief. Mr. President, sagte er, es sieht  so aus, als ob die Nordkoreaner über den 38. Breitengrad angreifen. Ich sagte verdammt, ich fliege sofort nach Washington zurück, aber Acheson meinte, das sei nicht nötig, so klar sei die Lage noch nicht. Er hätte für alle Fälle schon mal  die Einberufung einer Sondersitzung des  Weltsicherheitsrates vorbereitet, ob ich  damit einverstanden sei? Natürlich war  ich damit einverstanden. Dann ging ich ,, schlafen, aber das war eine der wenigen Nächte in meinem Leben, in denen ich sauschlecht geschlafen habe, wenn überhaupt."

Während der Präsident, von bösen Sorgen gequält, kaum Schlaf fand, war in ,, Washington Ministerialdirektor Hickerson emsig am telefonieren. Daß der ständige Vertreter der USA bei den Vereinten  Nationen, Austin, irgendwo fischen und deshalb nicht erreichbar war, wußte er. Aber auch den zweiten Mann der amerikanischen UNO-Delegation, Botschafter Gross, erreichte er nicht. Der war irgendwo essen gegangen, ohne eine Telefonnummer zu hinterlassen.

Hickerson war im US-Außenamt zuständig für alle Angelegenheiten der Vereinten Nationen, und er kannte den UNO-Generalsekretär Trygve Lie gut. Nachdem er die eigenen Leute nicht erreichen konnte, überlegte er sich, daß es sicher gut wäre, den UNO-Generalsekretär vorzuwarnen.

Hickerson: „Es war kurz nach Mitternacht, als ich Trygve Lie an die Strippe bekam.  Inzwischen waren neue Nachrichten gekommen, ich konnte ihm sagen, daß es sich um einen massiven Angriff Nordkoreas auf Südkorea handele. Er blieb  kurze Zeit stumm, dann sagte er langsam:,   
Mein Gott, Jack, das ist Krieg gegen die Vereinten Nationen!' Darauf ich:  ,Trygve, das sagen Sie!' Er sagte, er werde sofort seine Leute vorwarnen und feststellen, wo die Mitglieder des Sicherheitsrates seien."

Nachdem Hickerson mit Lie gesprochen hatte, erwischte er schließlich doch noch Botschafter Gross, den stellvertretenden Leiter der US-Delegation bei der UNO. Gross erinnert sich:

„Jack Hickerson trieb mich bei Freunden auf, mitten in der Nacht, und informierte mich kurz. Ich hetzte nach Hause. Dort hatte meine Tochter eine Party veranstaltet, ich mußte über ein Dutzend ihrer Teenager-Freunde, die am Boden herumlagen, hinwegsteigen, um zum Telefon zu kommen. Später haben sie dann alle mit aufgerissenen Augen um mich herumgesessen; sie merkten wohl, daß sie ein paar entscheidende Stunden Weltpolitik miterlebten.
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« Antwort #7 am: Sa, 27. Januar 2007, 09:16 »
Ich habe während des Restes der Nacht so nach und nach alle Mitglieder des Sicherheitsrates aus dem Bett gescheucht, zwischendurch schätzungsweise ein halbes Dutzend Mal mit Lie telefoniert. Als der Morgen graute, war soviel klar, daß der Sicherheitsrat um 14 Uhr zu einer Sondersitzung zusammentreten würde, und wie abgestimmt würde, das glaubte ich auch zu wissen."

Mit einem Mitglied des UN-Sicherheitsrates hatte Gross allerdings nicht gesprochen - mit Jakob Malik, dem Delegierten der Sowjetunion. Er hätte jeden Sicherheitsratsbeschluß per Veto verhindern können, wie schon unzählige Male zuvor.

Doch die Sowjetunion boykottierte schon seit Januar den Sicherheitsrat. Grund: Der Sicherheitsrat sei falsch zusammengesetzt, der ständige Sitz Chinas gebühre nicht dem Vertreter National Chinas (Taiwan, bzw. Formosa), sondern einem Vertreter Rotchinas.

Die Frage war: Würde Malik zur Sonderitzung erscheinen und jeglichen Beschluß durch Veto blockieren? Und was wäre dann gewesen?

Dean Acheson hat viele Jahre später einen überaus interessanten Einblick in die Entscheidungs-Gepflogenheiten des ' amerikanischen Außenamtes gegeben, die auch in diesen Stunden Gültigkeit hatten. '

Acheson: „Entscheidungen zu treffen, das ist ein kontinuierlicher Prozeß - aber  nicht so, daß es heißt:,Das machen wir', ! und dann sagt einer: Aber wenn das schiefgeht, was machen wir dann?' So geht's nicht! Auf diesen Fall angewendet: Es bestand eine mindestens 75-prozentige Chance, daß Malik nicht zu dieser Sondersitzung kommen würde.  Denn die Russen sind ganz schön schwerfällig. Nachdem sie, wegen des China-Problems, aus dem Sicherheitsrat ausgezogen waren, hätten sie mindestens einen Politbürobeschluß gebraucht, um den Malik wieder hinzuschicken, und sowas braucht seine Zeit. Wir konnten also damit rechnen, daß Malik nicht kommt. Warum sollten wir Zeit darauf vergeuden - kostbare Zeit! -, um uns zu überlegen, was zu tun sei, wenn er doch kommt und sein Veto einlegt? Wäre er gekommen, na ja, dann hätten wir uns darauf einstellen müssen, aber das war erstmal nicht unser Problem."

Wirklich nicht. Am Sonntagmorgen (Washingtoner Zeit), die nordkoreanischen Panzerspitzen rollten schon auf Seoul zu, fuhr Dean Acheson ins Außenministerium. Die Meldungen, die er dort vorfand, waren eindeutig - es handelte sich um einen Großangriff, dem die Südkoreaner nicht standhalten konnten. Schon war klar, daß die südkoreanische Hauptstadt Seoul, nur knapp 50 Kilometer von der Grenze entfernt, bald überrannt sein würde.

Bild-Der südkoreanische Staatschef Syngman Rhee wurde von den Amerikanern,vor allem von Präsident Truman,sehr skeptisch beurteilt.Wegen seiner militanten Reden und Allüren weigerten sich die USA,Südkoreas Streitkräfte mit schweren Waffen auszurüsten.
« Letzte Änderung: Mi, 16. März 2016, 23:26 von md11 »

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« Antwort #8 am: Sa, 27. Januar 2007, 09:32 »
Acheson rief den Präsidenten an. In Independence. Präsident Truman hatte am Morgen seinen Bruder besucht. Als er in sein Haus zurückkam, läutete das Telefon. Truman erinnert sich: „Meine Tochter Margaret ging ran und kam dann aufgeregt zu mir: Daddy, es ist Dean Acheson, und er sagt, es sei sehr wichtig!" Truman nahm den Hörer.

Acheson: „Mr. President, schlechte Nachrichten. Sie greifen überall massiv an!"

Truman: „Dean, wir müssen die Kerle auf jeden Fall stoppen!"

Acheson: „Das meine ich auch, President!"

Um 14 Uhr am Sonntag trat der UNOSicherheitsrat zu der von den USA beantragten Sondersitzung zusammen - ohne Malik! Achesons Rechnung war aufgegangen, die schwerfällige diplomatische Maschinerie der Sowjets hatte so rasch nicht umschalten können, während - in krassem Gegensatz dazu - alle anderen Mitglieder in der Lage gewesen waren, Instruktionen ihrer Regierungen einzuholen.

Generalsekretär Trygve Lie schilderte kurz den Anlaß der Sitzung und erklärte, er halte es „für die eindeutige Verpflichtung des Sicherheitsrates, die notwendigen Schritte zur Wiederherstellung des Friedens zu ergreifen . . ."

Amerikas Vertreter Gross beantragte, der Sicherheitsrat möge Nordkoreas „bewaffnete Invasion" verurteilen und den Rückzug aller nordkoreanischen Truppen hinter den 38. Breitengrad befehlen. In etwas gemilderter Form wurde die Resolution mit 9 zu Null Stimmen bei Enthaltung Jugoslawiens angenommen - der Korea-Krieg war zum UNO-Krieg geworden.

Noch nicht ganz - die UNO trat nicht als aktiv kriegsführende Partei auf. Bis dahin dauerte es noch zwei Tage. Aus Tokio erhielt Präsident Truman einen Lagebericht seines Sonderberaters John Foster Dulles, der sich dort mit der Vorbereitung eines Friedensvertrages befaßte.

Dulles: „Vielleicht gelingt es den Südkoreanern, den Angriff zu stoppen und zurückzuwerfen, was das Beste wäre. Sollte sich jedoch das Gegenteil herausstellen –was wahrscheinlicher ist-,dann glauben wir (Dulles und MacArthur), daß auch auf die Gefahr russischer Gegenmaßnahmen hin amerikanische Kräfte eingesetzt werden müssen."

Dulles schlägt vor, die UNO zu veranlassen, daß sie auf Grund der einstimmigen Entschließung des Sicherheitsrates die nötigen Maßnahmen ergreift. Das geschieht am 27. Juni. Der Sicherheitsrat beschließt einstimmig, daß alle Mitgliedsstaaten der UNO zur Unterstützung Südkoreas verpflichtet seien. Für Präsident Truman ist die UNO-Resolution vom 27. Juni der Startschuß zur direkten Intervention. Er befiehlt MacArthur, mit allen zur Verfügung stehenden Luft- und Seestreitkräften Südkorea zu unterstützen.

Der General weiß, daß er kaum eine Chance hat. Denn er hat nichts, was er den südwärts stürmenden Kommunisten entgegenwerfen könnte. Genauer: fast nichts. Ehe er dieses ganz wenige in Gang setzt, setzt er sich erstmal selbst ins Flugzeug und fliegt an die Front, die Lage zu erkunden. Was er sieht, ist katastrophal.

Gruß
Josef
« Letzte Änderung: Mi, 16. März 2016, 23:26 von md11 »

3.generation

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Korea Krieg 1950-1953
« Antwort #9 am: Sa, 27. Januar 2007, 15:27 »
Hier noch ein Link, zu einer Seite die sehr Detailierte Karten zum Korea Krieg aufweist.
Kampfraum und Datum sind vorgegeben,die Kartenlinks sind chronologisch.

http://www.army.mil/cmh-pg/books/maps.htm

Grüße
Manuel
« Letzte Änderung: Mi, 16. März 2016, 23:26 von md11 »

 


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