Autor Thema: Die Nürnberger Prozesse 1945-1949  (Gelesen 4423 mal)

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Die Nürnberger Prozesse 1945-1949
« Antwort #50 am: Mo, 18. Dezember 2006, 20:41 »
Ein Zeuge, der unverständlicherweise von der Verteidigung und nicht von der Anklagevertretung aufgerufen wurde, war Rudolf Höß, von 1940-43 Lagerkommandant von Auschwitz. Wie kein anderer verbreitete er lähmendes Entsetzen im Gerichtssaal. Hier berichtete ein Massenmörder aus erster Hand. Unter anderem sagte Höß aus: "Im Sommer 1941 wurde ich zum persönlichen Befehlsempfang zum Reichsführer SS, Himmler, nach Berlin befohlen. Dieser sagte mir dem Sinne nach, ich kann das nicht mehr wörtlich wiederholen, der Führer habe die Endlösung der Judenfrage befohlen, wir, die SS, haben diesen Befehl durchzuführen. Wenn jetzt zu diesem Zeitpunkt dies nicht durchgeführt wird, so wird später das jüdische Volk das deutsche vernichten. Er habe Auschwitz deswegen gewählt, weil es bahntechnisch am günstigsten liegt und auch das ausgedehnte Gelände für Absperrmaßnahmen Raum bietet."  Höß sprach so ruhig und gefühllos als handelte es sich um ganz selbstverständliche Dinge und nicht darum, Hunderttausende von Menschen in den Tod zu schicken. Höß versuchte Dr. Gilbert seine Sicht der Dinge zu erklären: "Verstehen Sie nicht, wir SS-Leute sollten nicht über diese Dinge nachdenken; es kam uns nie in den Sinn. Und außerdem war es gewissermaßen eine Selbstverständlichkeit geworden, daß die Juden an allem Schuld hatten. ... Es stand nicht nur in den Zeitungen wie dem "Stürmer", sondern wir hörten es überall. Selbst bei unserer militärischen und ideologischen Ausbildung wurde als selbstverständlich vorausgesetzt, daß wir Deutschland vor den Juden zu schützen hätten. ... Wir waren alle darauf gedrillt, Befehle auszuführen, ohne darüber nachzudenken. Der Gedanke, einen Befehl nicht auszuführen, kam einfach niemandem."  Höß Aussage war für die Angeklagten und ihre Verteidiger niederschmetternd.
« Letzte Änderung: Do, 01. Juli 2010, 22:11 von Ulla »

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Die Nürnberger Prozesse 1945-1949
« Antwort #51 am: Mo, 25. Dezember 2006, 23:12 »
Paar Bilder dazu!
« Letzte Änderung: Do, 01. Juli 2010, 22:13 von Ulla »

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Die Nürnberger Prozesse 1945-1949
« Antwort #52 am: Mo, 01. Januar 2007, 02:13 »
Fast der ganze Juli 1946 verging über den Schlußplädoyers der Verteidigung (16 Prozeßtage) und der Anklagebehörde (3 Tage). Inhaltlich kam nichts mehr neues zu Tage. Die Verteidiger bestritten erneut die Rechtsgültigkeit der in der Londoner Charta aufgeführten "Verbrechen gegen den Frieden". Gegen die ersten sieben Angeklagten - Göring, Heß, Ribbentrop, Keitel, Kaltenbrunner, Rosenberg und Frank - lag so vernichtendes Beweismaterial vor, daß eine Verurteilung und schwere Strafen zu erwarten waren. Bei den restlichen sei der Ausgang, so Telford Taylor, ungewiss gewesen. Die Verteidiger von Streicher, Funk und Schacht forderten denn auch jeweils Freispruch für ihre Mandanten.

Robert Jackson, der am 26.7.1946 das Schlußplädoyer für die amerikanische Anklagevertretung hielt, sagte :"Wenn wir nur die Erzählungen der vorderen Reihe der Angeklagten zusammenstellen, so bekommen wir folgendes lächerliche Gesamtbild von Hitlers Regierung; sie setzte sich zusammen aus:
 Einem Mann Nummer 2, der nichts von den Ausschreitungen der von ihm selbst eingerichteten Gestapo wußte, und nie etwas vermutete von dem Ausrottungsprogramm gegen die Juden, obwohl er der Unterzeichner von über 20 Erlassen war, die die Verfolgung dieser Rasse ins Werk setzten.
 
Einen Mann Nummer 3, der nur ein unschuldiger Mittelsmann war, der Hitlers Befehle weitergab, ohne sie überhaupt zu lesen, wie ein Briefträger oder ein Botenjunge. Einem Außenminister, der von auswärtigen Angelegenheiten wenig und von der auswärtigen Politik gar nichts wußte.

 Einem Feldmarschall, der der Wehrmacht Befehle erteilte, jedoch keine Ahnung hatte, zu welchen praktischen Ergebnissen diese führen würden.
 Einem Chef des Sicherheitswesens, der unter dem Eindruck war, daß die polizeiliche Tätigkeit seiner Gestapo und seines SD im wesentlichen derjenigen der Verkehrspolizei gleichkam.

 Einem Parteiphilosophen, der an historischen Forschungen interessiert war und keinerlei Vorstellung von den Gewalttaten hatte, zu denen im 20. Jahrhundert seine Philosophie anspornte.

Einem Generalgouverneur von Polen, der regierte, aber nicht herrschte.
 
Einem Gauleiter von Franken, der sich damit beschäftigte, unflätige Schriften über die Juden herauszugeben, der jedoch keine Ahnung hatte, daß sie irgend jemand jemals lesen würde.

 Einem Innenminister, der nicht wußte, was im Innern seines eigenen Amtes vor sich ging, noch viel weniger etwas wußte von seinem eigenen Ressort und nichts von den Zuständen im Innern Deutschlands.

 Einem Reichsbankpräsidenten, der nicht wußte, was in den Stahlkammern seiner Bank hinterlegt und was aus ihnen herausgeschafft wurde.

 Und einem Bevollmächtigten für die Kriegswirtschaft, der geheim die ganze Wirtschaft für Rüstungszwecke leitete, jedoch keine Ahnung hatte, daß dies irgend etwas mit Krieg zu tun hätte. ...

Angesichts dieses Hintergrundes verlangen diese Angeklagten heute von diesem Gerichtshof, sie für nichtschuldig zu erklären an der Planung, Ausführung oder Verschwörung zur Begehung dieser langen Liste von Verbrechen und Unrecht. ... Wenn Sie von diesen Männern sagen sollten, daß sie nicht schuldig seien, so wäre es ebenso wahr zu sagen, daß es keinen Krieg gegeben habe, daß niemand erschlagen und kein Verbrechen begangen worden sei.

 Auf Jacksons Plädoyer folgte das Plädoyer des britischen Hauptanklägers, der in seiner Rede unmißverständlich zu verstehen gab, daß jeder der Angeklagten ein Mörder sei. Die französische und die sowjetische Anklage forderte ausdrücklich die Todesstrafe für alle Angeklagten. Shawcross, der Brite, betonte wiederholt die Legitimität einer solchen Entscheidung, hoffte aber, daß unterschiedliche Urteile gefällt würden. Jackson gab keine klare Empfehlung ab.

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Die Nürnberger Prozesse 1945-1949
« Antwort #53 am: Mo, 01. Januar 2007, 02:17 »
Das letzte Wort hatten die Angeklagten. So bestimmte es das Statut des Internationalen Militärgerichtshofs. Am 31. August erhalten deshalb alle 21 Angeklagten im Gerichtssaal noch einmal Gelegenheit, ans Mikrophon zu treten und in eigener Sache zu sprechen. Fast fünfzig Druckseiten des Gerichtsprotokolls nehmen diese Schlußworte ein.  Damit war die Beweisaufnahme im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß beendet. Der Gerichtshof vertagte sich bis zur Urteilsverkündung.

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Die Nürnberger Prozesse 1945-1949
« Antwort #54 am: Mo, 05. Februar 2007, 20:37 »
Die Nürnberger "Prozeß-Gemeinde" war sehr heterogen. Sie war von der einheimischen Bevölkerung getrennt. Da Nürnberg in der amerikanischen Besatzungszone lag, war die amerikanische Militärregierung für die nötige Infrastruktur verantwortlich. Sie beseitigte die Kriegsschäden am Prozeßgebäude, hatte die Angeklagten und die Zeugen nach Nürnberg gebracht und stellte das Wachpersonal im Gefängnis und im Gerichtssaal zur Verfügung. Ihr oblag die Ausstattung der Prozeßmitarbeiter und der Pressevertreter mit den notwendigen Vervielfältigungs-, Aufzeichnungs- und Telefongeräten und -einrichtungen. Aus ihren Reihen kam ein Großteil des Verwaltungs- und Büropersonals. Sie beschaffte und verteilte Nahrung und Getränke, Heizmaterial und sonstige Dienstleistungen für die Gemeinde. Sie unterhielt einen PX-Laden und stellte den Wagenpark und die Fahrer zur Verfügung. Ferner oblag ihr die Bereitstellung der Unterkünfte. Die Mitglieder der französischen und der englischen Delegation wohnten vor allem in Zirndorf. Die US-Quartiere lagen schon wegen der Größe der Delegation - sie war um ein Vielfaches größer als die der anderen Nationen - über ganz Nürnberg verstreut. Robert Jackson und seine engsten Mitarbeiter waren in Dambach untergebracht. Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens war das Grand Hotel am Nürnberger Hauptbahnhof.

Während die sowjetische, englische und französische Delegation in sich homogen waren, gehörten zur amerikanischen auch Nichtamerikaner, z.B. Deutsche wie Robert Kempner. Das internationale Spektrum der Prozeß-Gemeinde wurde noch verstärkt durch kleine Delegationen aus den ehemals von den Nationalsozialisten besetzten Ländern Polen, Jugoslawien, Tschechoslowakei, Dänemark, Norwegen, Niederlande und Griechenland. Die ersten drei arbeiteten eng mit der sowjetischen, die anderen mit der britischen Delegation zusammen. Sie fungierten als Beobachter und als Quelle für zusätzliches Beweismaterial.
« Letzte Änderung: Do, 01. Juli 2010, 22:14 von Ulla »

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« Antwort #55 am: Mo, 05. Februar 2007, 20:39 »
Die Pressevertreter, die über den Nürnberger Prozeß berichteten waren südwestlich von Nürnberg , in Stein, in der Faber-Castellschen Bleistiftfabrik untergebracht. Die Reporter und Kommentatoren kamen aus über zwanzig Nationen: rund achtzig aus den USA, fünfzig aus England, vierzig aus Frankreich, fünfunddreißig aus der Sowjetunion, zwanzig aus Polen und ein Dutzend aus der Tschechoslowakei.

Im Gerichtssaal waren 240 Plätze für die Presse reserviert und in einem großen Presseraum konnte das Verfahren auch über Lautsprecher verfolgt werden. Im Justizpalast waren die Nachrichtenagenturen RCA, Mackey, press Wireless und Tass untergebracht, und Fernschreiber wurden zur Nachrichtenübermittlung nach London und Paris installiert. Das Pressekorps behielt natürlich im Laufe des Prozesses nicht seine anfängliche Stärke bei. Sobald sich immer deutlicher herausstellte, daß die Verhandlungen noch mindestens mehrere Monate weitergehen würden, reisten viele Reporter ab. Wenn es aber etwas besonders Berichtenswertes gab, war der Andrang wieder groß. Das war der Fall bei den Eröffnungsreden der Ankläger, bei der Zeugenvernehmung von General Paulus, bei den Schlußworten der Angeklagten.
« Letzte Änderung: Do, 01. Juli 2010, 22:14 von Ulla »

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Die Nürnberger Prozesse 1945-1949
« Antwort #56 am: Di, 13. Februar 2007, 18:36 »
In völliger Abgeschiedenheit arbeiteten die Richter der vier Nationen am Urteil und seiner Begründung. Selbst die Telefonleitungen zu den Beratungszimmern waren für diese Wochen abgeschaltet. Sicherheitsoffiziere überwachten die Zugänge, durchsuchten die Papierkörbe, beseitigten jede Spur, aus der ein Außenstehender vorzeitige Schlüsse auf den Ausgang der Beratung ziehen konnte. Während die Briten, Franzosen und Sowjets selbständig arbeiteten, hatten sich die amerikanischen Richter qualifizierte Juristen aus den USA als Berater kommen lassen.

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« Antwort #57 am: Di, 13. Februar 2007, 18:41 »
Der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg setzte sich aus je zwei Vertretern der vier alliierten Mächte zusammen:

Für Großbritannien waren das Lordrichter Geoffrey Lawrence (Vorsitzender) und sein Stellvertreter Richter Birkett.

Für die USA: Francis Biddle und als Stellvertreter Richter John J. Parker.

Für Frankreich: Professor Donnedieu de Vabres, als Stellvertreter Appelationsgerichtsrat R. Falco.

Für die Sowjetunion: Generalmajor I.T. Nikitchenko, als Stellvertreter Oberstleutnant A.F. Wolchkow.

Gestützt auf die Aufzeichnungen des amerikanischen Richters Francis A. Biddle und seines englischen Kollegen Sir Norman Birkett hat der amerikanische Historiker Bradley F. Smith in seinem 1977 erschienenen Buch "Der Jahrhundert-Prozeß" die Legende zerstört, das Gericht sei in allen wesentlichen Punkten den Vorstellungen der Anklage gefolgt.

Bevor es zu den Urteilssprüchen kam , konnten alle acht Richter in zwei Beratungsperioden ihre Meinung äußern. In der abschließenden Beratung zählten nur die Stimmen der vier ordentlichen Mitglieder des Gerichts. Für eine Verurteilung war eine Mehrheit von drei Stimmen erforderlich. Die Richter verhandelten die Urteile in der Reihenfolge der Anklageschrift; nur die Fälle ,die sich als schwer zu entscheiden erwiesen hatten, wurden für zuletzt aufgespart. Das waren einmal die möglichen Freisprüche (Papen, Schacht und Fritzsche), zum anderen die strittigen Fälle Schirach, Bormann, Raeder, Dönitz, Speer und von Neurath.

Der französische Vertreter Donnedieu de Vabres formulierte fast immer das mildeste Urteil, wollte aber keine Freisprüche. Nikitschenko forderte für alle die Todesstrafe.

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« Antwort #58 am: Di, 13. Februar 2007, 18:49 »
Am 30.September und 1.Oktober 1946 fand im vollbesetzten Saal 600 die Urteilsverkündung statt.

Am Anfang erklärten die Richter über ihre Zuständigkeit, die von der Verteidigung immer wieder bestritten wurde und über die die Meinungen der Völkerrechtler bis heute auseinandergehen: "Dem Gerichtshof ist die Vollmacht verliehen worden, alle Personen abzuurteilen, die Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach den im Statut festgelegten Begriffsbestimmungen begangen haben". Die Täter solcher Verbrechen waren persönlich verantwortlich. Ferner wurde die Zuständigkeit aus der "bedingungslosen Kapitulation Deutschlands" hergeleitet.

Der Hauptteil des Urteils - es umfaßt insgesamt 197 Seiten im Gerichtsprotokoll - bezog sich auf Punkt 1 der Anklage: Verschwörung zur Planung und Führung von Angriffskriegen. Es wurde die Geschichte der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, die Konsolidierung ihrer Macht im "Dritten Reich" und die Vorbereitungen für die deutschen Eroberungen durch Waffengewalt geschildert. Das Urteil folgte in seiner Darstellung den Eroberungszügen, stützte sich dabei auf erbeutete deutsche diplomatische und militärische Dokumente und kam zu dem Resultat, daß "einige der Angeklagten Angriffskriege gegen 12 Nationen geplant hatten und durchführten und daher dieses Verbrechens schuldig zu erachten seien".

Der Gerichtshof bezeichnete das Beweismaterial zu Teil 3 und 4 der Anklage - Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit - im Hinblick auf die Grausamkeiten als "überwältigend in seinen Ausmaßen und seinen Einzelheiten". Die Richter erklärten die Grausamkeiten als "das Ergebnis von kalten und verbrecherischen Überlegungen", die unter den "Begriff des totalen Krieges" fielen.

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Die Nürnberger Prozesse 1945-1949
« Antwort #59 am: Di, 13. Februar 2007, 20:50 »
Anschließend behandelte der Gerichtshof die grundsätzlichen Rechtsfragen des Verfahrens. Unter anderem ging es um den Antrag der Verteidigung , den Anklagepunkt des Angriffskrieges fallen zu lassen, weil "zur Zeit, als die angeblichen verbrecherischen Handlungen begangen wurden, keine souveräne Macht Angriffskriege als Verbrechen ansah" und "daß kein Verbrechen ohne ein bereits vorher in Kraft befindliches Strafgesetz bestraft werden kann", nulla poena sine lege. Dieser Einwand wurde vom Gericht mit der Begründung abgelehnt, daß Angriffskriege mindestens seit dem Abkommen von Paris im Jahre 1928, dem Kellog-Briand-Pakt, als Verbrechen im Sinne des Völkerrechts anzusehen seien.  Außerdem wies das Gericht den Einwand der Verteidigung, daß sich Völkerrecht nur mit den Handlungen souveräner Staaten befasse und keine Bestrafung von Einzelpersonen vorsehe, zurück. "Verbrechen gegen das Völkerrecht", sagt das Urteil, "werden von Personen begangen, nicht von abstrakten Einheiten, und nur durch Bestrafung von Einzelpersonen ... kann ... internationales Recht durchgesetzt werden." Ferner wies das Urteil das Vorbringen der Verteidigung zurück, daß die Angeklagten unter Hitlers Befehlsgewalt gehandelt hätten und daher nicht für ihre Handlungen verantwortlich seien:

"Daß ein Soldat den Befehl erhalten hat, unter Verletzung des Völkerrechts zu töten oder zu martern, ist niemals als ein Entschuldigungsgrund für solche brutalen Handlungen anerkannt worden, wenn auch ... der Befehl als mildender Umstand bei der Bestrafung berücksichtigt werden kann. Der wirkliche Prüfstein ... ist nicht das Bestehen eines solchen Befehls, sondern die Frage, ob eine den Sittengesetzen entsprechende Wahl tatsächlich möglich war".

 


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