Autor Thema: Korea Krieg 1950-1953  (Gelesen 14704 mal)

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Korea Krieg 1950-1953
« Antwort #10 am: Sa, 27. Januar 2007, 22:59 »
Der Überfall auf Südkorea kam vollkommen überraschend.Aber auch die UNO reagierte überraschend und schnell.Schon am Tag darauf ordnete der Sicherheitsrat die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und den Rückzug der Angreifer hinter den 38.Breitengrad.Doch die nordkoreanischen Panzer stürmten weiter.Mit einer hoffnungslos unterlegenen Truppe-demoralisierten Südkoreanern und unzureichend bewaffneten Amerikanern-warf sich MacArthur der übermächtigen roten Flut entgegen.

Spätestens am zweiten Tag des Angriffs der Nordkoreaner wurde deutlich, daß nur rasche militärische Hilfe die Eroberung des ganzen Landes verhindern konnte. Die einzige Macht, die - wenn überhaupt - solche Hilfe leisten konnte, waren die USA.

Präsident Truman war dazu entschlossen. Für ihn ging es nicht darum, das mehr oder minder autokratische und korrupte Regime des Syngman Rhee zu schützen; ihm war klar, daß es hier in einem viel weitergehenden Rahmen die Sache der Freiheit und des Friedens zu verteidigen galt.

Nebenher standen allerdings auch handfeste amerikanische Interessen auf dem Spiel: Von der Südspitze Koreas sind es nicht einmal 200 Kilometer bis zu den japanischen Hauptinseln Kiuschu und Hondo; wer die koreanische Hauptinsel besitzt, hat damit ein ideales Sprungbrett nach Japan, und Japan war (und ist) ein Kernstück des amerikanischen Verteidigungsbereiches Pazifik.

Dennoch machte sich Präsident Truman die Entscheidung nicht leicht. Er und sein Außenminister waren von Anfang an darauf aus, die militärische Auseinandersetzung - welche Formen sie auch immer annehmen mochte - auf keinen Fall ausufern zu lassen. So waren die ersten Schritte recht vorsichtig.

Verständlich auch, daß dem Mann, dem zwangsläufig die Aufgabe zufiel, die Hilfe für Südkorea zu organisieren und zu dirigieren - General MacArthur - die Reaktion Washingtons zu bedächtig erschien. „Zu einem vollen Engagement der Vereinigten Staaten", schrieb der General in seinen Memoiren, „fand sich in Washington noch keiner bereit. Ich bekam lediglich den Befehl, den Südkoreanern mit Marine- und Luftstreitkräften so viel Beistand zu leisten, wie es mir in diesem Rahmen möglich sei. Ferner sollte ich mit der 7. Flotte, die mir zu diesem Zweck unterstellt wurde, jeden Angriff der auf Formosa isolierten nationalchinesischen Streitkräfte auf das Festland wie auch umgekehrt einen Angriff der Rotchinesen auf die Insel verhindern ...

Aber reichten meine Marine- und Luftstreitkräfte aus? Konnten die Südkoreaner, wenn sie von diesen Streitkräften unterstützt und mit Panzern ausgerüstet wurden, der mächtigen Kriegsmaschine widerstehen, die auf sie zurollte? Oder war damit zu rechnen, daß ganz Südkorea überrannt wurde und amerikanische Bodentruppen in den Kampf geworfen werden mußten? Ich beschloß, die Lage an Ort und Stelle zu prüfen.

Am 29. Juni bestieg ich bei bedecktem Himmel und Regen meine Bataan' (MacArthurs Dienstflugzeug vom Typ Constellation). Nach den letzten Nachrichten sah es in Korea inzwischen noch trostloser aus. Die Hauptstadt Seoul lag ~unter schweren Angriffen. Die südkoreanische Regierung hatte sich nach Taijon abgesetzt. Nach 50 Dienstjahren, von denen ich die Hälfte auf fremdem Boden zugebracht hatte, stand ich wieder einmal vor einem Verzweiflungsfeldzug, der kaum Aussicht auf Erfolg hatte; ich sollte wieder einmal gegen eine fast unüberwindliche Übermacht in die Bresche springen. Ich gestehe, daß mir einen Augenblick der Mut sank.

Die Bataan' landete in Suwön, 30 Kilometer südlich von Seoul, in dichtem, öligem Qualm, der von Luftangriffen auf Transportflugzeuge herrührte. Ich trieb einen Jeep auf und durchfuhr unter ständigen Fliegerangriffen die Elendshaufen eines zurückflutenden, geschlagenen Heeres, nordwärts zum Han-Fluß. Dort gerieten wir in die letzten Kämpfe der Nachhuten, die noch die Brücken zu verteidigen versuchten.

mfg
Josef
« Letzte Änderung: Mi, 16. März 2016, 23:27 von md11 »

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Korea Krieg 1950-1953
« Antwort #11 am: Di, 30. Januar 2007, 21:44 »
Es war ein erschütterndes Bild. Jenseits des Han sahen wir das zerstörte, schon vom Feind besetzte Seoul, ein rauchendes Flammenmeer. Bei den Brücken schlugen ununterbrochen die schweren Brocken der Werfer ein. Ringsum strömten in Auflösung begriffene Verbände zurück, ein graues Gewoge, dazwischen die grellroten Kreuze von Sanitätswagen voller zerschlagener, stöhnender Menschen. In der Luft das Kreischen todbringender Geschosse, überall die entsetzliche Verwüstung und der Gestank des Schlachtfeldes. Und dann die Flüchtlinge, die alle Straßen verstopften! Ohne zu klagen und zu wimmern, schleppten sie sich südwärts, auf dem Rücken die armselige Habe, an der Hand die verstummten Kinder mit großen Angstaugen.

Eine Stunde ließ ich die Schreckensbilder des Zusammenbruchs, dessen Last mir aufgebürdet war, an mir vorbeiziehen. In dieser Zeitspanne machte ich meine Pläne. Sie waren von Verzweiflung diktiert.

Was ich am Han sah, zeigte mir deutlich, daß die roten Panzerkolonnen bei ihrem Vordringen auf den wenigen guten Straßen nach Pusan am Ende der Halbinsel nicht aufzuhalten waren, auch nicht, wenn den Südkoreanern unsere Luft- und Seestreitkräfte zu Hilfe kamen. Nur unverzüglich eingesetzte Bodentruppen konnten vielleicht noch verhüten, daß dem Feind ganz Korea zufiel."

Die Genehmigung, auch Bodentruppen einzusetzen, bekam MacArthur am nächsten Tag: Inzwischen hatte der Sicherheitsrat in einer zweiten, ebenfalls in Abwesenheit des sowjetischen Delegierten beschlossenen Resolution, die Mitglieder der Welt-Organisation aufgefordert, „der Republik Korea soweit beizustehen, wie es notwendig ist, den bewaffneten Angriff abzuwehren." Ergänzend hatte die Vollversammlung der UNO mit großer Mehrheit die Bildung einer UNO-Streitmacht zur Abwehr der kommunistischen Aggression in Korea beschlossen und die Mitgliedsstaaten aufgefordert, Truppen dafür zur Verfügung zu stellen. Dieser UNO-Beschluß erlaubte es Truman, die Forderung MacArthurs zu erfüllen, ohne daß jemand sagen konnte, es handle sich um einen amerikanischen Krieg. Es ist nun ganz klar ein Verteidigungskrieg der Vereinten Nationen, eine „Polizeiaktion gegen räuberische Banditen", wie der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Trygve Lie, trotz heftiger Proteste der Sowjetunion erklärt.

Die Erlaubnis, Bodentruppen einzusetzen, hat MacArthur also, aber was hat er für Bodentruppen? Ganze vier Divisionen der 8. Armee - die amerikanischen Besatzungstruppen in Japan. Das sind keine Kampftruppen, sondern typische Friedenssoldaten, die es sich in Japan gutgehen lassen.

MacArthur schildert diese Truppe so: „Die Infanterie hatte nur ein Drittel ihrer Sollstärke, die Regimenter bestanden nur aus zwei statt drei Bataillionen und hatten nur leichte statt schwere Panzer, nur 10,5 cm Haubitzen statt 15,5 cm-Kanonen ... Der Krieg in Korea verlangte jedoch, die Streitkräfte sofort so einzusetzen, wie sie waren. Man konnte die Verbände nicht erst vorbereiten und auffüllen."

Es ist zweifellos eine höchst ungewöhnliche Maßnahme, solche Truppen rücksichtslos in die Schlacht zu werfen, so, wie sie auf dem Kampffeld ankommen. Doch Douglas MacArthur muß auf Zeitgewinn pokern, und zum Pokern gehört nun einmal Bluff und psychologisches Kalkül.

Der alte General geht davon aus, daß die Kommunisten mit einem Eingreifen amerikanischer Bodentruppen nicht rechnen und auch nur schwerlich abschätzen können, wie stark oder schwach die amerikanischen Streitkräfte sind. Deshalb, so' weiter MacArthurs Rechnung, werden sie bei der ersten Begegnung mit amerikanischen Truppen wohl zunächst einmal verblüfft innehalten, um sich auf die neue Situation einstellen, in Moskau wegen , eventueller politischer Risiken rückfragen und ihre eigenen Truppen umgruppieren zu können.

 Die Rechnung ging auf. Die Nordkoreaner hatten in einem wuchtigen Stoßkeil angegriffen, mit etwa sechs Infanterie-Divisionen, drei Sicherheitsbrigaden und - als Keilspitze -150 Panzern vom Typ „T 34" und „Stalin". Unterstützt wurden diese Verbände von „Yak"-Jagdflugzeugen und „Sturmovik"-Schlachtfliegern. Aber: Kaum hatten die vordersten Panzer mit den ersten US-Soldaten Berührung (sie gehörten zu einer schwachen „Regiments Kampfgruppe" aus rasch zusammengerafften Teilen der 24. US-Infanterie-Division), da hielten sie an.

MacArthur schreibt: „Die Nordkoreaner stoppten sofort ihren Vormarsch, um ihre Artillerie nachzuziehen, eine umständliche Sache. Sie kannten die Stärke meiner Streitkräfte nicht und wollten - ganz wie ich es mir gedacht hatte - nichts riskieren. Statt ihre Panzerspitzen weiter vorstoßen zu lassen, zogen sie ihre Truppen in dem schwierigen Gelände zu einer Kampflinie alten Stils auseinander - ein böser Fehler."

In der Tat. Die Nordkoreaner hätten ihre Panzer nur weiterrollen lassen müssen - sie hätten bis Pusan an der Südspitze Koreas spazierenfahren können; MacArthur hatte ja nicht einmal für den Bodenkampf geeignete Flugzeuge, nur B 29-Fernkampfbomber, mit denen gegen Panzer kaum etwas auszurichten ist.

Doch die Nordkoreaner hatten sich bluffen lassen; durch die Umgruppierung ihrer Truppen auf eine reichlich 250 Kilometer lange Frontlinie quer über die koreanische Halbinsel hinweg verloren sie einige entscheidende Tage, genau die Zeit, die MacArthur brauchte, um zunächst die ganze 24. Division unter General Dean heranzuholen.
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Korea Krieg 1950-1953
« Antwort #12 am: Di, 30. Januar 2007, 21:47 »
Was dieser Division nun abverlangt wird, ist ein Opfergang. In tagelangen, mit äußerster Erbitterung geführten Gefechten gegen einen an Zahl und Ausrüstung hoch überlegenen Gegner wird die Division aufgerieben, nahezu völlig vernichtet, General Dean gerät in Gefangenschaft. Doch während dieses aufopfernden Kampfes können drei weitere US-Divisionen in Korea landen und sich - nun wohlorganisiert und gegliedert - dem Gegner entgegenstellen.

Allmählich begreifen die Nordkoreaner, daß sie einen Fehler gemacht haben, daß die Amerikaner so stark gar nicht sind; wütend nehmen sie ihren Angriffsstoß wieder auf, aber zu spät: Obwohl sie den Amerikanern immer noch an Zahl und Ausrüstung überlegen sind, kommen sie nur noch meterweise voran. Die Gls haben sich festgekrallt; Bazookas (eine Art Panzerfaust) immerhin haben sie, mit denen sie den Panzern das Vorpreschen verleiden - Blitzkrieg geht nicht mehr.

Den Verteidigern kommt dabei sehr das Gelände zugute: Korea ist im Osten bergig, im Westen mindestens hügelig, nirgendwo eben: „In diesem verdammten Land muß man unentwegt entweder bergauf oder bergab kämpfen!" (Stoßseufzer eines US-Feldwebels.) Eigentlich kein Gelände für Panzerkrieg; nur auf den ganz wenigen, guten Straßen konnten Nordkoreas „T 34"und „Stalin"-Panzer anfangs zügig vorrollen. Nun, da die Straßen von den US-Truppen blockiert sind, verlagert sich der Kampf ins panzerfeindliche, offene Gelände und wird zäh, sehr zäh.

Das Kommando über alle amerikanischen Einheiten übernimmt General Walker. Er reiht kurzerhand alle südkoreanischen Soldaten, die sich in seinem Bereich befinden, in die US-Einheiten ein. Dies geschieht nach dem „Buddy"-System, dem „Kameradschafts"- oder „Kumpel"-System. Die Koreaner werden direkt in die kleinste Einheit von 4 Mann integriert; es gibt also keine koreanischen Einheiten innerhalb der US-Army, die Koreaner kämpfen, schlafen und essen unmittelbar mit ihren amerikanischen Kameraden. Das System bewährt sich so gut, daß die einmal „integrierten" Koreaner auch dann bei der US-Army bleiben, als es General Walker zusammen mit koreanischen Offizieren gelungen ist, den Rest der südkoreanischen Armee zu fünf neuen Mini-Divisionen zusammenzufassen und sofort wieder einzusetzen.

Anfang August haben die Kommunisten die gesamte Westküste bis hinunter zur Korea-Straße erobert. Die provisorische Hauptstadt Taejon ist gefallen. Dann fällt Phang an der Ostküste, wird zurückerobert, wechselt mehrfach den Besitzer, bis die erste US-Marine-Infanterie-Division aus den USA eintrifft.

Dieser berühmten Elite-Einheit gelingt es schließlich, die Kommunisten aus Pohang endgültig zu vertreiben und die Stadt gegen alle weiteren Angriffe zu halten.

Von der Westküste stoßen die Kommunisten die Südküste entlang nach Osten vor und stehen bald 45 Kilometer westlich von Pusan. Der Ring um Pusan ist geschlossen. Das von Amerikanern und Südkoreanern noch gehaltene Gebiet ist praktisch nur noch ein Brückenkopf, dessen Westfront ungefähr mit dem Lauf des Flusses Nak-tong und dessen Nordfront etwa mit dem Verlauf der Eisenbahnlinie Taegu-Pohang übereinstimmt.

Die strategische US-Bomberflotte bombardiert ununterbrochen Ziele dicht hinter der Front, zerstört Brücken, Straßen, Eisenbahnlinien und Versorgungslager der Kommunisten. Auch amerikanische Jagd-und Schlachtflugzeuge sind inzwischen eingetroffen. Die 200 sowjetischen JAK, deren Einsatz unmittelbar im Erdkampf viel zur Auflösung der südkoreanischen Armee beigetragen hat, sind bald vom Himmel Koreas verschwunden. Die amerikanischen Jäger starten fast alle von den Flugzeugträgern der 7. Flotte, die in der Tsuschima-Straße kreuzt.

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Josef
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« Antwort #13 am: Sa, 03. Februar 2007, 23:55 »
Nach und nach treffen mehr amerikanische Truppen ein. Als weitere Einheiten der UNO kommen zwei britische Infanterie-Batallione an, die am 7. September im Westen des Brückenkopfes am Naktong in Stellung gehen und sofort in heftige Kämpfe geraten. Doch trotz allem sind die Kommunisten noch immer überlegen. Direkt an der Front haben sie 13 Divisionen. Sie gehen jetzt nicht mehr mit einem Stoßkeil vor und auch nicht in geschlossener Linie über größere Frontabschnitte. Sie kämpfen jetzt in Kolonnen von Batallions- und Regimentsstärke. Diese gutausgerüsteten und vor allem im Nahkampf hervorragend ausgebildeten und erfahrenen Einheiten versuchen unablässig, auf Straßen und Gebirgspfaden oder direkt über unwegsame Bergketten vorzustoßen. Ungeachtet der amerikanischen Luftangriffe zeigt sich, daß der nordkoreanische Nachschub noch immer rollt, MacArthur berichtet:

„Art und Dichte der feindlichen Nachschubbewegungen zeigten, daß trotz unserer Luftangriffe starke Transporte aus der Mandschurei und Sibirien über Seoul ins Kampfgebiet kamen, gewöhnlich bei Nacht ... Ständig kamen von Nordkorea frische Divisionen und Panzerbrigaden an die Front, und pausenlos wurden Proviant und Munition nach vorn gebracht - mit  Eisenbahnzügen und Motorfahrzeugen, mit Ochsenkarren und Lastträgern. General Walker aber kämpfte mit dem Rücken zur See . . ."

Die Verteidiger müssen sich zu der bitteren Erkenntnis durchringen, daß mit den verfügbaren Kräften ein Ausbruch aus dem Brückenkopf oder gar der Beginn einer eigenen Offensive unmöglich ist. Mehr Kräfte aber mit dem für sie benötigten Versorgungsmaterial können im Brückenkopf nicht zusammengefaßt werden. Das Gebiet ist von der kommunistischen Artillerie zu erreichen und liegt ständig unter Beschuß.

So war schließlich, nach knapp zwei Monaten, eine recht merkwürdige, für die Betroffenen gleichermaßen schmerzhafte Patt-Situation entstanden: Der Kessel von Pusan hielt. Die Norkoreaner rannten verbissen und unter blutigen Verlusten gegen die Kesselwände an -vergebens. Die UNOTruppe - immer noch fast nur Amerikaner-war stark genug, den Kessel dicht zu halten, aber auch nur um den Preis kontinuierlichen Blutzolls.

Es war auch offensichtlich, daß diese Situation nicht über längere Zeit andauern durfte, jedenfalls nicht aus der Sicht der UNO-Streitmacht. Nur - wie sich daraus befreien?

Dazu bedurfte es einer in jeder Hinsicht aberwitzigen Aktion, die es schwerlich gegeben hätte, hätte der CINCUNC (Commander in Chief, United Nations Command = Oberkommandierender der UNO-Streitkräfte) nicht Douglas MacArthur geheißen.

MacArthur, 70 Jahre alt, als er seinen letzten Krieg führte, war zweifellos der berühmteste, aber auch der umstrittenste, merkwürdigste General, den die amerikanische Militärakademie West Point jemals hervorgebracht hat.

Zwei seiner hervorstechenden Eigenschaften waren sozusagen familienbedingt: sein intensives Interesse für den ostasiatisch-pazifischen Raum und seine Abneigung gegen zivile Vorgesetzte. Denn sein Vater, der General Arthur MacArthur aus Little Rock in Arkansas, war es, der die 1898 von den USA annektierten Philippinen in einem zweijährigen Feldzug gegen aufständische Einheimische für die USA sicherte, was ihn zu einer Art Volksheld und übermütig machte: Er widersetzte sich Anordnungen seines Obersten (zivilen) Befehlshabers, des damaligen US-Präsidenten Teddy Roosevelt, der nicht zögerte, den aufmüpfigen General zu feuern. Ein Schicksal, das auch seinem Sohn nicht erspart bleiben sollte.

Ein brillanter Sohn: Douglas MacArthur absolvierte die Militärakademie West Point mit den besten Noten (auch den wissenschaftlichen!), die es dort je gab. Al,s Adjutant seines Vaters diente er auf den Phillipinen, war einige Zeit Militär-Attache in Tokio; bei Beginn des I. Weltkriegs war er der jüngste Brigade-General der US-Armee, gegen Ende des Krieges deren jüngster Divisions-Kommandeur, der so ziemlich alles sammelte, was an Orden und Auszeichnungen zu haben war.

Nach dem Krieg wurde er Chef (Superintendent) der Militärakademie West Point, wieder mal der jüngste aller Zeiten. 1930 ging er als Chief of Staff of the Army (militärischer Oberbefehlshaber des Heeres) nach Washington, und das blieb er länger als irgendwer vor ihm oder nach ihm, bis er sich 1935 in den Ruhestand versetzen ließ. Freilich nicht, um ein Ruheständler-Leben zu führen, sondern um - einem Ruf des Präsidenten der inzwischen halbselbständigen Phillipinen folgend - die Neuorganisation und Führung der phillipinisch-amerikanischen Streitkräfte zu übernehmen, mit dem Titel eines Feldmarschalls.

Offensichtlich gelang es ihm nicht, seine Truppen in hinreichende Verteidigungsbereitschaft zu bringen. Jedenfalls überrannten 1941 die Japaner die Phillipinen trotz verzweifelten Widerstandes. Ehe er sich versah, saß MacArthur mit den Resten seiner Truppen auf der kleinen Halbinsel Bataan in der Falle, und schließlich mit den allerletzten in der winzigen Inselfestung Corregidor am Eingang der Manila-Bucht.

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Josef
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« Antwort #14 am: So, 04. Februar 2007, 09:41 »
MacArthur lastete diese bittere Niederlage der in seinen Augen kurzsichtigen US-Regierung unter Franklin Delano Roosevelt an, die seinem ständigen Drängen nach massiver Verstärkung seiner Truppen nicht nachgegeben hatte (weil sie das gar nicht konnte!) und überhaupt nicht kapierte, daß über Amerikas Zukunft an der östlichen Pazifik-Küste entschieden wurde und nicht in Europa, wohin Roosevelt im Verein mit Churchill in blinder Verblendung starrte. MacArthur damals wörtlich: „Europa ist ein sterbendes System. Es ist völlig verbraucht und wird ... in die Abhängigkeit der Sowjetunion geraten ... Es sind die Länder an der Pazifik-Küste mit ihren Milliarden Menschen, die den Lauf der Geschichte in den nächsten 10.000 Jahren bestimmen werden..."

MacArthurs weiterer Lebensweg gab ihm keinen Anlaß, seine monomanische Überzeugung vom Ostpazifik als dem Nabel der Welt zu revidieren: Man befahl ihm, sich nach Möglichkeit aus Corregidor abzusetzen. Das gelang ihm und einer Gruppe seiner langjährigen Stabsoffiziere auch per Schnellboot.

Als er in Australien ankam, war er zwar ein geschlagener Feldherr, aber dennoch ein Held: Für den erfolglosen, aber bravourösen Widerstand auf den Phillipinen wurde er prompt mit der „Congressional  Medal of Honour" ausgezeichnet, und er ', wurde - für ihn vermutlich wichtiger - zum South West Pacific Supreme Commander  ernannt, zum Oberkommandierenden aller amerikanischer Streitkräfte (Heer, Marine und Luftwaffe) im Südwestpazifik.

In dieser Funktion machte er sich daran, sein auf Corregidor wütend hervorgestoßenes Versprechen „Ich komme wieder!" wahrzumachen, ständig fluchend, weil die Regierung in Washington den pazifischen Kriegsschauplatz vernachlässigte.

Er schaffte es dennoch. Von Insel zu Insel kämpften sich die Amerikaner immer näher an Japan heran, in zum Teil unglaublich harten Kämpfen. Dies war die Zeit, in der die MacArthur-Legende zu blühen begann. Er hatte bei seinem Stab eine Public-Relation-Abteilung, die es sich angelegen sein ließ, den Chef als Allergrößten und Unbesiegbaren zu feiern. Kämpfe, die noch im Gange waren, wurden in den Verlautbarungen aus dem Hauptquartier des Oberkommandierenden als leuchtende Siege deklariert; Marine, Marine-Infanterie und Luftwaffe, obschon an diesen blutigen Kämpfen und Siegen intensiv beteiligt, kamen in diesen Verlautbarungen grundsätzlich nicht vor, was MacArthur erbitterten Haß eintrug.

Immerhin, es scheint so, als hätten die Adoranten rings um ihn mehr getan, als er wollte. George Kenney, Luftwaffenstabschef im Südwestpazifik und gewiß kein Bewunderer MacArthurs, schrieb: „Sie (MacArthurs PR-Leute) haben anscheinend nie kapiert, daß es gar nicht nötig war, den General zu ,verkaufen'. Er war eine brillante, farbige, liebenswerte Persönlichkeit und brauchte keine Hilfe, um sich zu,verkaufen'."

So war am Ende wohl doch nicht ganz falsch, daß es dann Douglas MacArthur war, dessen Unterschrift unter der japanischen Kapitulationsurkunde an Bord des Schlachtschiffes „Missouri" den II. Weltkrieg beendete.

Dann allerdings wurde auf den auch in seinem Wesen ziemlich unamerikanischaristokratischen Feldherrn eine Machtfülle gehäuft, für die es in der amerikanischen Geschichte keinerlei Beispiel gab: Douglas MacArthur war nicht nur Oberkommandierender der US-Army (Heer) in Fernost, sondern Oberkommandierender aller US-Streitkräfte in Fernost (CINCFE). Sein „schönster Hut" aber, so der Militärhistoriker David Rees, war der des SCAP, Abkürzung für „Supreme Commander for the Allied Powers", was nicht weniger bedeutete, als daß er - als eine Art stellvertretendes Staatsoberhaupt - über die von den Alliierten besiegten und besetzten Länder am Rand des Pazifik, vor allem Japan, uneingeschränkt herrschen konnte.

Bild-Ein Bilddokument,das lange Zeit nicht veröffentlicht werden durfte.
Es entstand,als die Truppen der UNO die Hafenstadt Rangnam vor den anstürmenden Nordkoreanern räumen mußten.Im letzten Augenblick jagen US-Pioniere die Hafenanlage in die Luft.
Unmittelbar davor hat ein amerikanischer Zerstörer die Männer der Sprengkommandos an Bord genommen.

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Josef
« Letzte Änderung: Mi, 16. März 2016, 23:28 von md11 »

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« Antwort #15 am: Mi, 14. Februar 2007, 21:56 »
Als der Krieg um die Wiederherstellung der Unabhänigkeit Südkoreas-durch den einstimmigen Beschluß des Sicherheitsrats der UNO-begann,trugen die USA zuerst mit unterlegenen Streitkräften die Alleinlast.Die Amerikaner waren in einer verzweifelten Situation.Da entwickelte MacArthur einen Plan,den zunächst alle Militärs als selbstmörderisch bezeichneten.


Seit 1945 residierte General MacArthur in königlicher Abgeschiedenheit hoch oben im Dai-Ichi-Building zu Tokio, einem erdbebenfesten Hochhaus, errichtet von einem Versicherungskonzern gleichen Namens. Von dort aus verordnete er Japan, kraft seiner Machtbefugnis, den Wandel vom Feudalstaat zur liberalen Demokratie - für die Japaner eine fast sagenhafte, unerreichbare Figur nach der Art eines halbgöttlichen orientalischen Potentaten - und für seine Umgebung anscheinend auch.

Jedenfalls nahm der Kult um MacArthur nach dem Krieg noch groteskere Formen an als in seiner Heerführerzeit. Ausgewachsene Stabsoffiziere gaben in vollem Ernst Äußerungen von sich wie etwa diese: „Er ist zu groß, zu unfaßbar, als daß ich ihn voll verstehen könnte. Niemand kann das!" Das klingt fatal nach Gottes Ratschluß ist unerforschlich!

Aber auch Leute von außerhalb seines Dunstkreises gerieten bei direktem Kontakt ins Schwärmen, nannten ihn glatt „ein militärisches Genie, den größten General und besten Strategen der Gegenwart" - so wörtlich der knochentrockene, todnüchterne britische Feldmarschall Sir Alan Brooke nach einem Besuch bei Hofe.

Es bedurfte wohl eines Mannes von so durchschlagendem Charisma, um - man gestatte mir abermals eine saloppe Ausdrucksweise - das Ding durchzusetzen und hinzukriegen, das Mitte September 1950 die ganze Welt elektrisierte und das der Militärhistoriker David Reese zutreffend den „unmöglichen Sieg" nannte: die Landung in Ichnon.

Die Idee zu diesem Unternehmen kam MacArthur nach eigener Darstellung schon ganz am Anfang des Krieges, als er, wenige Tage nach dem Angriff der Nordkoreaner südlich des Han, die zerschlagen zurückflutenden südkoreanischen Verbände beobachtete.

In der Stunde, in der er dieses Schreckensbild auf sich einwirken ließ, so schreibt er, „machte ich meine Pläne ... Die einzige Siegesaussicht lag in einem großangelegten strategischen Gegenzug ... Durch ein Umgehungsmanöver tief in Flanke und Rücken wollte ich den Feind von seinen Nachschublinien abschneiden und südlich von Seoul seine gesamte Streitmacht umkesseln..."

Zweifellos ein gesunder Gedanke. MacArthur hatte richtig erkannt, daß die Nachschublinien der Nordkoreaner, je weiter sie nach Süden vorstürmten, mehr und mehr überdehnt würden. Und ihm war klar, daß, je weiter hinten man sie abschnitt, etwa in dem als Bahn- und Straßenknoten ohnehin entscheidend wichtigen Gebiet um Seoul, die Folgen für den Feind umso schlimmer sein würden.

Was er in diesen ersten Kriegstagen noch nicht wußte, aber sehr bald erkannte, war die Tatsache, daß sich der nordkoreanische Nachschub auch durch noch soviel Bomberei nicht stoppen ließ. Die mächtigen B 29 zerstörten in rollendem Einsatz Brücken, Bahnen, Straßen - es half nichts. Bahnen flickten die Koreaner mit bereitliegenen Gleisstücken allabendlich blitzschnell, so dass nachts der Nachschub rollen konnte; Jas Brückenproblem lösten sie ähnlich furch hölzerne Schwimmbrücken, die tags getarnt am Ufer lagen, nachts über den Fluß geschoben und morgens wieder eingezogen wurden. Und wo auf den zerbombten Straßen für LKW kein Durch-Kommen mehr war - Ochsenkarren und notfalls Lastträger kamen überall durch.

Ein Grund mehr also, den Nachschub durch einen Umfassungsangriff zu durchschneiden. Nur war das, da sich das koreanische Festland bis auf den UNO-Brückenkopf um Pusan in nordkoreanischer Hand befand, nur über See möglich. Der Platz, den MacArthur sich für eine Landung ausgesucht hatte, erschien allen anderen als gänzlich ungeeignet. MacArthur schreibt:

„Mein Ziel war Inchon, der 30 Kilometer westlich von Seoul gelegene, zweitgrößte südkoreanische Hafen. Wegen des starken Tidenhubs von Inchon mußte der Angriff Mitte September erfolgen. Noch bei keinem großen Landeunternehmen der modernen Kriege war für die Vorbereitungen so wenig Zeit gewesen.

In Washington wurden einflußreiche militärische Stimmen gegen meinen Plan laut Der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs (JCS =Joint Chiefs of Staff, oberstes Befehlsgremium aller US-Streitkräfte, darüber nur noch der Präsident), General Omar Bradley, erklärte solche amphibischen Operationen für überholt, heutzutage sei damit nichts mehr auszurichten Der Vereinigte Generalstab teilte mir telegraphisch mit, daß General Collins, der Stabschef der Armee, und Admiral Sherman, der Oberbefehlshaber der Flotte, nach Tokio kämen, um mit mir über den Plan zu beraten. Nach ihrem Eintreffen wurde sogleich klar, daß sie nicht beraten, sondern abraten wollten. Ich setzte eine Konferenz ein.

Zuerst äußerte sich die Marine. Ihre Sachverständigen erklärten, einer Landung in Inchon stünden zwei hochgefährliche Faktoren entgegen: Gezeiten und Gelände. Nach hydrographischen Messungen der Marine betrage der Tidenhub bei Inchon durchschnittlich sechs Meter. An dem zur Landung vorgesehenen Tag werde die Flutwelle infolge der Mondstellung sogar neun Meter hoch sein. Bei Niedrigwasser erstrecke sich der Schlick stellenweise bis zu drei Kilometer weit in den Hafen. Der Gezeitenstrom rase oft mit sechs Seemeilen Geschwindigkeit durch die sogenannte Flugfischrinne, die beste zum Hafen führende Fahrrinne.

Selbst unter günstigen Bedingungen sei diese Rinne eng und gewunden, also leicht zu verminen und durch Versenken eines einzigen Schiffes an einer kritischen Stelle zu sperren.

Hochwasser sei an dem fraglichen Tag zum ersten Mal um 6.59 Uhr, zum zweiten Mal um 19.19 Uhr, 27 Minuten vor Sonnenuntergang. Zwei Stunden nach Hochwasser würden die Landungsboote bis zur nächsten Flut im Schlick steckenbleiben, bequemes Ziel für die roten Küstenbatterien. Mithin blieben unseren Küstenschiffen nur zwei Frühstunden für die schwere Aufgabe, die starke Inselfestung Wolmi-do auszuschalten, die aus hundert Meter Höhe den Hafen beherrscht.

Selbst wenn sie das schafften, ließen uns das Abendhochwasser und die hereinbrechende Dunkelheit nur zweieinhalb Stunden Zeit zu landen, den Landekopf abzusichern und alles heranzubringen, was man brauche, um Gegenangriffe bis zum Morgen abzuwehren. Zu all dem komme noch, daß die Landung im Herzen der Stadt erfolgen würde, wo der Feind jedes Haus als Widerstandsnest benutzen könne.

Admiral Sherman faßte die Ansicht der Flotte zusammen: „Wollte man einmal alle Schwierigkeiten zu Wasser und zu Lande aufführen, die Landeoperationen entgegegenstehen, so fände man sie samt und  sonders bei Inchon."
« Letzte Änderung: Mi, 16. März 2016, 23:28 von md11 »

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« Antwort #16 am: Do, 15. Februar 2007, 23:19 »
Dann brachte General Collins seine Einwände vor. Nach Ansicht der Armee würde eine Besetzung Inchons gar nicht die beabsichtigte unmittelbare Wirkung auf den Feind haben, dazu liege die Stadt viel zu weit hinter der Front. Auch müsse man zum Gelingen eines so großen Angriffsunternehmens die I. Marine-Infanteriebrigade aus General Walkers schwerbedrängtem Frontabschnitt herausziehen und dadurch die Stellungen bei Pusan noch mehr gefährden. Und selbst wenn es mir gelinge, Seoul zu nehmen, glaube er nicht, daß ich eine Verbindung mit Walker in Pusan herstellen könne. Es sei zu befürchten, daß mir eine gewaltige feindliche Übermacht bei Seoul eine totale Niederlage bereite.

Als Sherman und Collins gesprochen hatten, schwieg ich eine Weile, ich mußte mich erst einmal sammeln. „Daß Sie", sagte ich dann, „meinen Plan für undurchführbar halten, zeigt mir, wie stark ich auf das Überraschungsmoment bauen kann. Auch das feindliche Oberkommando wird einen so verwegenen Angriff für unmöglich hatten. Überrumpelung ist im Krieg die Seele des Erfolgs. Die Nordkoreaner werden eine Landung in Inchon für unmöglich halten. Und ich werde durch Überrumpelung siegen.

Was die Marine über die Hindernisse sagt, die uns Gezeiten, Gewässer, Gelände und Nachschubprobleme bereiten, ist sicherlich sehr gewichtig. Doch sind die Schwierigkeiten nicht unüberwindlich. Ich setze volles Vertrauen in unsere Marine, ja, ich traue ihr offenbar mehr zu, als sie sich selbst zutraut.

Wir haben nur zwei Möglichkeiten: entweder in Inchon landen oder unten in Pusan in hoffnungsloser Lage schwere Verluste hinnehmen. Wollen Sie unsere Männer in dieser verdammten Igelstellung  weiterhin wie Vieh abschlachten lassen? ' Wer soll für dieses Trauerspiel die Verantwortung übernehmen? Ich bestimmt  nicht!
« Letzte Änderung: Mi, 16. März 2016, 23:28 von md11 »

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« Antwort #17 am: Do, 15. Februar 2007, 23:22 »
Außerdem: Das Prestige des Westens ist in Gefahr. Millionen Asiaten warten gespannt auf den Ausgang dieses Krieges.

Es muß doch jedem klar sein, daß die kommunistische Weltverschwörung hier zur Eroberung der Erde angesetzt hat - nicht in Berlin oder Wien, nicht in London, Paris oder Washington, sondern hier in Südkorea. Verlieren wir den Krieg mit dem Kommunismus in Asien, so gerät Europa in höchste Gefahr. Siegen wir aber, so wenden wir einen Krieg von Europa ab und sichern den Menschen dort die Freiheit. Treffen wir jetzt eine Fehlentscheidung, die verhängnisvolle Fehlentscheidung der , Trägheit, so ist es mit uns aus. Mir ist, als hörte ich den Sekundenzeiger des Schicksals ticken. Wir müssen handeln, sofort handeln, oder wir werden untergehen.

Sollten sich meine Überlegungen als irrig, die feindlichen Stellungen bei Inchon als unüberwindlich erweisen - nun, ich werde an Ort und Stelle sein und in diesem Fall sofort unsere Streitkräfte zurückziehen und es nicht zu einer blutigen Niederlage kommen lassen. Ich hätte dann meinen Ruf als Heerführerverspielt, das wäre aber auch der einzige Verlust."

Die beiden anwesenden Stabschefs, Sherman und Collins, sagten dazu gar nichts, doch MacArthurs eindrucksvolle Rede hatte sie überzeugt - eine knappe Woche später, am 29. August, kam aus Washington die Genehmigung der Joint of Chiefs of Staff für das abenteuerliche Unternehmen.

Es gab dabei wirklich keine denkbare Schwierigkeit, die es nicht gab. Da waren nicht nur der riesige Tidenhub, das enge Fahrwasser mit wilder Strömung, die beherrschende Inselfestung Wolmi-Do mitten vor dem Landeplatz. Da mußten zum Beispiel - ein Novum bei einem Landeunternehmen - Leitern beschafft werden und die Landungstruppen an den Gedanken gewöhnt werden, diese auch zu benutzen. Nicht, daß da unerfahrene Soldaten eingesetzt wurden; für die Landung waren überwiegend Einheiten des Marine-Infanterie-Corps vorgesehen, die härteste Truppe der USA, durchsetzt mit Männern, die im letzten Krieg schon so manches Mal in feindlichem Feuer an Land gegangen und einen Strand hinaufgehetzt waren. Aber durch eine enge Hafeneinfahrt in eine feindliche Stadt hineinzufahren und vom Landungsboot über Leitern auf meterhohe Kaimauern klettern müssen, das war auch für die alten Veteranen neu.

MacArthur hatte schon recht, als er in der Konferenz mit Collins und Sherman (was er in seinen Memoiren verschweigt) die Chancen des Unternehmens auf 1:5000 bezifferte, allerdings mit der trotzigen Hinzufügung, das reiche, die Sache werde klappen (was dem wetter- und kampfgegerbten Admiral Sherman nach der Sitzung den Stoßseufzer entlockte: „Das Selbstvertrauen von dem Kerl möchte ich haben!"). Nach dem grünen Licht aus Washington kam die Planungsarbeit der Heeres-, Marine- und Luftwaffenstäbe im Dai-Ichi-Hochhaus, schon lange vorher gestartet, auf Höchsttouren. Und, merkwürdig genug, die Stäbler begannen zu begreifen, daß gerade ihre Einwendungen gegen den Plan ihn rechtfertigten; die total unlogische Auswahl des ungeeignetsten Landeplatzes begann sie zu faszinieren, und das beflügelte ihre Arbeit.

Am 12. September 1950 geht MacArthur mit seinem Stab an Bord des Schlachtschiffes „Mount McKinley". Am Abend des 14. ist die Landungsflotte vor Inchon versammelt, nachdem sie vorher noch in einen verheerenden Taifun geraten war. In den frühen Morgenstunden des kommenden Tages sollen sich die Landungsschiffe zwischen wandernden Schlickund Sandbänken durch die enge, gebogene Flutrinne winden, im Feuer der Insel-Bergfestung Wolmi-do in der Mitte Inchons. 40. 000 Mann sind es, die hier zuschlagen und siegen sollen.

Weit im Osten ist ein regelmäßiges Aufblitzen zu sehen. Das ist das Leuchtfeuer der Hafeneinfahrt von Inchon. Ein tröstliches Zeichen - es bedeutet, daß die amerikanische Landungsflotte noch nicht entdeckt ist, daß die Kommunisten noch völlig ahnungslos sind.

Am 15. September, gegen vier Uhr morgens, haben sich die Kampfschiffe bis auf Artillerie- und Raketenschußweite an Inchon herangepirscht. Die Inselfestung Wolmi-do wird schlagartig unter Feuer genommen, und zugleich mit Jem hinter dem Festland heraufkommenden Morgenrot flackern die ersten Brände auf.
« Letzte Änderung: Mi, 16. März 2016, 23:28 von md11 »

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« Antwort #18 am: Fr, 23. Februar 2007, 21:17 »
Aus den purpurgefärbten Wolken stoßen Schlachtflugzeuge und Sturzkampfbomber auf die Inselfestung herab und greifen mit Bordwaffen und Bomben in das Zerstörungswerk ein. Gegen den von unten nach oben steigenden Vorhang von schwarzem Rauch heben sich grellrot die Flugbahnen Tausender von Raketengeschossen ab, die auf die Festung und auf die Ufer von Inchon abgefeuert werden.

Mit der auflaufenden Flut stoßen die Landungsboote von den Mutterschiffen ab. Die Geschütze der Inselfestung schweigen. Nicht ein Schuß der schweren Küstenbatterien ist bisher gefallen. Die erste Angriffswelle nähert sich der Insel. Nur von einzelnen Stellendes Hafenufers flackert zögernd Maschinengewehrfeuer auf, die Festung Wolmi-do aber schweigt noch immer.

Um acht Uhr trifft die fast unglaubliche Meldung auf der „Mount McKinley" ein: „Erste Welle der Marineinfanterie gelandet. Brückenkopf gebildet, ohne einen Mann zu verlieren."

Eine Stunde später ist die Flutwelle abgelaufen, und - wie von den Marine-Experten befürchtet - eine Anzahl von Landungsbooten liegt im Schlick fest. Doch das ist nicht mehr gefährlich, denn die Festung Wolmi-do ist zu diesem Zeitpunkt schon erobert. Die überraschten und durch das heftige Bombardement demoralisierten Nordkoreaner geben kampflos auf.

Am Abend des 15. September, mit der neuen Flut, werden die Truppen des X. Armeecorps an Land gesetzt. Die Verluste sind gering. Die Kommunisten haben lediglich im Hafen und in der Stadt einige Widerstandsnester gebildet, die rasch niedergekämpft werden können. Größere Truppeneinheiten haben die Kommunisten hier nicht zur Verfügung. Inchon liegt eben weit hinter der Front, ist tiefste Etappe. Was General Collins als gefährlich ansah, erweist sich nun sogar als Vorteil.

MacArthur befiehlt, sich nicht mit der Säuberung der Hafenstadt aufzuhalten, sondern sofort auf die 30 Kilometer entfernte Hauptstadt Seoul vorzustoßen und zunächst Kimpo, den Flugplatz auf halbem Weg zwischen Inchon und Seoul, zu besetzen. Dann kann weitere Verstärkung aus der Luft herangebracht werden, und den Nordkoreanern wird damit ein lebenswichtiger Umschlagplatz für die tief im Süden kämpfende Front genommen. Kimpo ist die Schlagader im Körper der nordkoreanischen Armee.

Eine zweite Stoßgruppe soll sofort in Richtung Süden nach Suwon durchbrechen. Auch dort liegt ein wichtiger Flugplatz, der gleiche, auf dem MacArthur am 29. Juni mitten in das Chaos hineingeraten war. Die nördliche Stoßgruppe für Kimpo und Seoul wird von der 1. Marineinfanterie-Division, die südliche für Suwon von der 7. Infanterie-Division gebildet.

Kimpo wird bereits am 16. September, einen Tag nach der Landung in Inchon, erobert. Am nächsten Tag stehen die Marineinfanteristen auch schon vor Seoul. Hier müssen sie haltmachen; die Kommunisten haben sich inzwischen von der Überraschung erholt und verteidigen die Hauptstadt erbittert. In Eiltransporten führen sie starke Reserven aus Nordkorea heran.

Doch die Eroberung des Flugplatzes von Kimpo erlaubt den Amerikanern ihrerseits, direkt aus Japan neue Truppen und Material unmittelbar hinter die Kampflinien heranzufliegen.
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« Antwort #19 am: Fr, 23. Februar 2007, 21:24 »
Douglas MacArthur hatte recht behalten: Der Angriff an „unmöglicher" Stelle hatte den Feind überrumpelt, wenn auch nur hauchknapp. Denn später stellte sich heraus, daß die nordkoreanische Führung von der bevorstehenden Landung an der Nordwestküste wußte und knapp vor dem Angriffstag auch erfuhr, wo MacArthurs Truppen landen würden. Da war es aber schon zu spät, Verteidigungsstellungen aufzubauen, die Nordkoreaner konzentrierten sich ganz auf die einzige Notmaßnahme, die Erfolg versprach: die Verminung der schmalen Fahrrinne zum Hafen Inchon. Viel hat nicht gefehlt, und sie hätten das I geschafft: Die Minen standen in Inchon zur Verladung bereit; wäre MacArthur nur einen Tag später gekommen, seine Landungsflotte wäre schon weit draußen vor Inchon in die Luft geflogen. Aber er kam eben keinen Tag zu spät!

Er wollte auch keinen Tag zu spät nach Seoul kommen: Mit seinem Gespür für psychologische Effekte hatte er den Termin für die Rückeroberung der südkoreanischen Hauptstadt auf den 25. September angesetzt - exakt drei Monate nach dem Überfall der Nordkoreaner. Und prompt verkündete auch sein Hauptquartier nach bewährter Manier früherer Zeiten am 25. September den Fall von Seoul - und wie solche Siegesmeldungen früher nicht stimmten, so stimmte auch diese nicht: Um Seoul tobte am 25. September noch immer eine schreckliche Schlacht.

„Nur wenige andere werden je eine so furchtbare Befreiung' erlebt haben", (wie die Bevölkerung von Seoul) notierte verstört R. W. Thompson, Kriegsberichter des Londoner „Daily Telegraph", der den Untergang der schönen alten Stadt miterlebte. MacArthurs Landungskorps, überwiegend Marine-Infanterie, kämpfte nach dem an sich gesunden amerikanischen Prinzip, durch größtmöglichen Einsatz von Material die Verluste an Menschen so gering wie möglich zu halten -der eigenen Menschen.

Als sich der Widerstand der Nordkoreaner um Seoul versteifte, wurden sie und die Stadt und ihre Bewohner (zu Zigtausenden) von einem Feuerorkan ohnegleichen niedergewalzt.

Uber den schon am Tag nach der Landung eroberten Flugplatz Kimpo und den weiteren am 22. September in Besitz genommenen Flugplatz Suwon strömte fast unbegrenzt Nachschub heran: Bomben, Artillerie- und Werfermunition, auch Massen der Blechkanister mit Napalm. Das alles ergoß sich über Seoul, die Stadt starb, am 27. September erlosch der Widerstand in den Trümmern.
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