Autor Thema: Operation Linebacker  (Gelesen 2863 mal)

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Offline md11

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Operation Linebacker
« am: Sa, 29. September 2007, 22:43 »
Am 8. Mai 1972 unterbrach Präsident Nixon die Friedensverhandlungen in Paris und ordnete Luftangriffe auf Nordvietnam an.

Diese waren seine Antworten auf die fortgesetzten NVA-Angriffe auf den Süden. Unter dem Decknamen Linebacker wurden die Häfen des Nordens vermint und militärische Ziele in Nordvietnam bombardiert - bis auf eine 40-48 Kilometer breite Pufferzone an der Grenze zu China und anfangs unter Ausklammerung einer Zone von 16 km um die Städte Hanoi und Haiphong.

Die Amerikaner nutzen alle elektronischen Hilfsmittel, um die Luftabwehr Nordvietnams zu stören und ihre bild- und lasergelenkten „intelligenten" Bomben punktgenau einzusetzen. Bis zur Einstellung des Bombardements erfolgten 41.000 Flugzeugeinsätze und der Abwurf von 155.548 Tonnen Bomben. Der Transport von Versorgungsgütern über die Häfen des Nordens war praktisch unterbunden und die Schienenverbindung mit China schwer beschädigt, Rangierbahnhöfe, Treibstofflager, SAM-Stellungen und Flugplätze waren getroffen worden. Da die Nordvietnamesen zur Wiederaufnahme der Verhandlungen bereit waren, schien Linebakker die beabsichtigte Wirkung gehabt zu haben.

Aber die Friedensverhandlungen kamen nicht voran, so daß Nixon am 18. Dezember eine neue Serie von Luftangriffen anordnete, um den Stillstand zu brechen. In den nächsten zwölf Tagen (außer Heiligabend) bombardierten US-Flugzeuge in der (inoffiziell) als Linebacker II bekannten Operation Ziele in und um Hanoi/ Haiphong.

Jetzt wurden zum ersten Mal B-52 eingesetzt. Die eigenen Verluste waren nicht gering: 26 Flugzeuge, darunter 15 B-52, wurden abgeschossen, aber das Ergebnis ihres Bombardements war vernichtend. Als Nixon am 30. Dezember die Einstellung beschloß, hatte der Norden 1.000 Tote zu beklagen, die Kommunikationsund Elektrizitätseinrichtungen waren zerstört, die feindliche Luftwaffe existierte nicht mehr. Am 8. Januar 1973 wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen.

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Re: Operation Linebacker
« Antwort #1 am: Sa, 29. September 2007, 22:57 »
Während des „Elf-Tage-Krieges" vom 18. bis zum 29. Dezember 1972 wurde über ein Drittel der B-52-Flotte des Strategischen Luftkommandos rund um die Uhr gegen Nordvietnam eingesetzt. Hanoi wurde dadurch zu Verhandlungen über die Beendigung des Krieges gezwungen. Hauptmann John D. Mize und die Besatzung des B-52D 56-0599 Bombers vom 307. Strategischen Geschwader in U-Tapao, Thailand, gehörten zu den Teilnehmern dieses Großeinsatzes unter dem Decknamen Linebacker II.


In der Nacht zum 27. Dezember flog Mize Richtung Hanoi. Der Pilot und die Besatzung konnten sechs oder sieben SAM wie Leuchtkugeln am dunklen Himmel vorbeifliegen sehen. Der technische Feldwebel Peter E. Whalen, der Feuerkontrolloffizier oder Schütze, konnte sie von seinem Platz im Heck des Flugzeuges aus beobachten: „Bevor die SAM durch die Wolken kamen, erkannte man sie bereits an einem hellen Schein, da das Feuer des Raketenmotors von der Wolke reflektiert wurde. Die Wolken verstärkten das Licht und ließen die SAM größer wirken."

Aber damals war die nordvietnamesische Verteidigung vom Großangriff verwirrt und nicht sehr effektiv: Keine MIG wagte sich in die Nacht. Die SAM wurden einfach in Salven abgefeuert,trafen aber nicht, da das US-Bombardement vorher die Radareinrichtungen beschädigt hatte. Hauptmann Mize sah beim Zielanflug seiner B-52 auf eine SAM-Stellung um Hanoi rund 15 SAM in den Himmel schießen.

Wie die anderen Stratofestungen der „Zelle" (eine Formation von drei Maschinen) ließ Mize seine Bombenladung aus der B-52 auf das Ziel fallen. Sekunden später traf ihn entgegen aller Wahrscheinlickeit eine SAM, und Splitter sausten durch das Cockpit. Stahlstücke bohrten sich in die linke Hüfte, das linke Bein und in die rechte Hand von Hauptmann Mize und schmerzten sehr.

Weitere Splitter erwischten im Heck des großen Bombers den Schützen Whalen. Durch den Einschlag war das elektrische System ausgefallen, so daß es bei dem Radarnavigator Hauptmann Bill North und bei Navigator Leutnant Bill Robinson dunkel wurde. Beide saßen im Bauch des Flugzeuges und konnten nicht nach draußen sehen. Auch North wurde von einem Metallstück getroffen.

Der Aufschlag der SAM warf Pilot Mize in seinem Stahlsitz nach vorne und ließ den Bomber zur Seite taumeln. An der Instrumententafel zeigten die Feuerwarnlampen der Triebwerke die Probleme an. Die Stratofestung kippte nach vorn und stürzte in wenigen Sekunden mehrere hundert Meter auf die Erde zu. Hauptmann Mize sah an den Kontrollzeichen, da13 drei der acht Triebwerke ausgefallen waren.

Der Pilot fragte die Besatzung nach ihren Verletzungen und war dabei dankbar, daß wenigstens die Bordsprechanlage noch funktionierte. Nach  in kurzer Überprüfung der Kampfschäden entschied Mize, das beschädigte Flugzeug so lange in der Luft zu halten, bis er einen sichereren Ort zum Aussteigen der Besatzung gefunden hatte. Er bat Robinson um die genaue Positionsangabe und die Alarmierung von Rettungstruppen, als ein viertes Triebwerk an der Backbordseite der B-52 Geist aufgab.

Später erfuhr Mize, daß er nicht als erster eine achtmotorige B-52 mit nur vier Triebwerken geflogen hatte, aber zum ersten Mal lagen alle vier ausgefallenen Motoren auf einer Seite des Bombers. Ansonsten funktionierte so gut wie keine der anderen Einrichtungen des Bombers mehr. Die Hälfte der Navigationseineinrichtungen waren Robinson weggeflogen, so daß er die Positions- und Richtungsangaben für den Rückflug nach Thailand nur mit Hilfe von Fluggeschwindigkeit und der geschätzten bisher zurückgelegten Entfernung der B-52 berechnen konnte.

Die schon vorgewarnten Rettungstruppen wurden jetzt alarmiert, und ein fliegender Kommandoposten in einer C-130 wartete auf Hauptmann Mize an der Grenze von Nordvietnam und Laos. Inzwischen hatten sich die Flugbedingungen der Maschine weiter verschlechtert. Im Rumpf breiteten sich Flammen aus, und die Besatzung machte ihre Endkontrolle vor dem Absprungmanöver. Es war Zeit auszusteigen. Aber Robinson warnte Mize, daß sie über Bergkämmen flögen.

Mit den vier verbliebenen Triebwerken und nur noch elektrischem Licht für die Kabinenbeleuchtung und das Funkgerät setzte Hauptmann Mize seinen Kampf um Höhe fort und versuchte, den von Robinson empfohlenen sichereren Ort zu erreichen. Höhe war von entscheidender Bedeutung. Mize ging 450 Meter hinunter, um Fluggeschwindigkeit aufzunehmen und gewann dadurch wieder 300 Meter Höhe. Mehr als eine Stunde nach seinem Bombenabwurf über Hanoi erreichte Mize schließlich Thailand.

Eine Rettungskette

Die Lage verschlechterte sich jetzt dramatisch. Die Tür des Bombenschachts öffnete sich, das Fahrwerk fuhr wie verrückt ein und aus. Mize ahnte den Kollaps des riesigen Flugzeugs und befahl den Absprung der Besatzung. Vier Männer, darunter der Co-Pilot Hauptmann Terrance Gauthers, warfen sich hinaus in die Nacht. Aber Bill Robinson konnte nicht abspringen - er zog den Griff, aber nichts geschah.

„Kletter raus!" schrie Mize. Robinson sollte durch das Loch hinausspringen, das durch den Schleudersitz von Bill North entstanden war. Robinson kam näher. Die beiden Männer hatten keine Sprechverbindung über Funk mehr. Hauptmann Mize wartete weiter und verschob seinen Ausstieg.

Es wurde langsam kritisch. Mize konnte nur noch versuchen, die B-52 so lange unter Kontrolle zu halten, bis der Navigator gesprungen war. Inzwischen war nur noch die vordere Kabine beleuchtet, und Flammen züngelten vom Flügel her näher. Hauptmann Mize kämpfte weiter mit den Steuereinrichtungen, aber der Bomber fiel unablässig. Bei dieser Konzentrationsaufgabe hatte der Pilot nicht bemerkt, daß sich Robinson inzwischen aus dem Loch gelehnt und seinen Fallschirm per Hand geöffnet hatte.

Die Rettungstruppen hatten eine Kette aus Flugzeugen und Hubschraubern gebildet, die dem Weg der verkrüppelten B-52 folgten und die aus dem Bomber abspringeden Männer am Boden aufnahmen. Als schließlich der Strom in der Kabine vollständig ausfiel, wußte Mize, daß ihm keine andere Wahl blieb und stieg nun auch aus. In Nacht und Kälte des Thai-Dschungels kamen Hubschrauber heran, die von den URC-64-Pieper-Funkgeräten der Besatzungsmitglieder geleitet wurden. Alle sechs Männer des Bombers wurden innerhalb von 15 Minuten nach dem Ausstieg von Hauptmann Mize gerettet. Hauptmann Mize erhielt für seine Arbeit in der B-52 und für seinen besonderen Einsatz bei der Rettung des Besatzungsmitglieds Robinson umgehend das Luftwaffen Kreuz (Air Force Cross), den zweithöchsten amerikanischen Tapferkeitsorden. Nur ihm wurde dieser Orden innerhalb des SAC im Verlaufe des Vietnamkonflikts verliehen.

Gruß
Josef

 


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