Autor Thema: Kriegsjahr 1918  (Gelesen 2392 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline BlackWolf

  • Doppel-As
  • *
  • Beiträge: 129
  • Geschlecht: Männlich
Kriegsjahr 1918
« am: Di, 16. Mai 2006, 16:34 »
Aufgrund der zähen Friedensverhandlungen mit Russland rückten die Mittelmächte Anfang 1918 weiter auf russisches Territorium vor und schlossen am 9. Februar 1918 einen Sonderfrieden mit der Ukraine. Lenin ließ trotz der harten Bestimmungen am 3. März den Friedensvertrag von Brest-Litowsk unterzeichnen. Russland schied unter dem Verlust von etwa 25 Prozent seines europäischen Territoriums aus dem Krieg aus. Die Ukraine wurde unter deutsche Kontrolle gestellt, wovon man sich eine Verbesserung der Rohstoff- und Getreideversorgung erhoffte. Durch das Ausscheiden Russlands wurde es der deutschen Heeresleitung ermöglicht, etwa 1 Million Soldaten an die Westfront zu verlegen. Dadurch erlangten die Mittelmächte an der Westfront die personelle Überlegenheit. Diese Überlegenheit konnte aufgrund des Eintreffens von immer mehr US-amerikanischen Verbänden in Frankreich nur von kurzer Dauer sein, weshalb sich die OHL erstmals seit 1916 zu einer Großoffensive an der Westfront entschloss. Die deutsche Armee plante einen Angriff auf die Nahtstelle der britisch-französischen Front.

Am frühen Morgen des 21. März 1918 begann die deutsche Frühjahrsoffensive mit einem mehrstündigen Trommelfeuer aus mehreren Tausend Geschützen. Erstmals wurde auch das so genannte Paris-Geschütz eingesetzt. Deutsche Sturmtruppen erzielten einen tiefen Einbruch in die britische Front, die sich an mehreren Abschnitten nahezu auflöste. Innerhalb weniger Tage rückte das deutsche Heer fast siebzig Kilometer vor. Doch die deutschen Angriffskeile verloren durch ihr strahlenförmiges Auseinderstreben rasch an Wucht. Nach dem 6. April ging man wiederum zum Stellungskrieg über. Unter dem Druck der bedrohlichen Lage des Frühjahres 1918 konnten sich die Alliierten nun endlich auf einen gemeinsamen Oberbefehl über die alliierten Streitkräfte in Frankreich und Belgien verständigen: Oberbefehlshaber wurde der französische Marschall Ferdinand Foch. Weitere deutsche Offensiven ab 9. April in Flandern und ab 27. Mai an der Aisne (wobei man wiederum, wie 1914, bis auf wenige Dutzend Kilometer an Paris herankam), liefen sich letztendlich ebenso fest. Die Übernahme eines längeren alliierten Frontabschnittes in Lothringen durch US-Verbände ermöglichte es den Franzosen, Kräfte zu verlagern und so zur Abwehr der deutschen Offensiven beizutragen. Am 3. Juni endete die deutsche Frühjahrsoffensive an der Aisne.

Die letzte deutsche Großoffensive vom 15. Juli 1918 bei Reims und in der Champagne verpuffte nahezu wirkungslos, trotz erneut sehr starker Artillerievorbereitung. Begünstigt durch die immer stärkere US-amerikanische Unterstützung konnten die Alliierten bereits am 18. Juli zwischen Marne und Aisne zur Gegenoffensive übergehen. An der Somme, in der Panzerschlacht bei Amiens (8. August 1918) mussten die Deutschen eine schwere Niederlage hinnehmen. Auf deutscher Seite sprach man vom „schwarzen Tag des deutschen Heeres“. Das deutsche Heer war bereits deutlich geschwächt. Einerseits wurden die ersten Angehörigen des Jahrgangs 1900 an die Front geschickt; andererseits konnte man nicht umhin, Soldaten weit über 30 Jahren und Familienväter weiter in der Front zu belassen. Die mittleren Altersgruppen waren durch die vorausgegangenen Kriegsjahre bereits stark dezimiert. Ab dem Sommer 1918 gerieten zudem immer mehr deutsche Soldaten in alliierte Gefangenschaft. Bereits am 14. August stufte die OHL die militärische Lage als aussichtslos ein. Die deutschen Truppen mussten sich nun langsam aber stetig zurückziehen. Im November 1918 hielten sie nur noch einen kleinen Teil Nordostfrankreichs und gut die Hälfte Belgiens sowie Luxemburg besetzt. Die Deutschen leisteten trotz hoher Verluste und stark abnehmender Truppenstärke bis zum Schluss hartnäckigen Widerstand (beschrieben als das „Spinnennetz“ von Verteidigern); der Stand der Kriegstaktik (Vorteile der Defensive, auch bei relativ wenigen MG und Abwehrgeschützen), die starken Zerstörungen im Kampfgebiet (Wege, Infrastruktur / Panzer waren als Offensivwaffe noch nicht ausgereift!) und nicht zuletzt alliierte Nachschubschwierigkeiten kamen den Deutschen hier insoweit zugute.

Somit gelang den Alliierten bis zuletzt kein entscheidender Durchbruch, was der so genannten Dolchstoßlegende nach dem Krieg zu einem Auftrieb verhalf.

Ab dem 15. September 1918 brach der Widerstand der bulgarischen Armee nach einem Durchbruch der Alliierten in die mazedonische Front komplett zusammen. Vor diesem Hintergrund verlangten Hindenburg und Ludendorff am 29. September ultimativ die Ausarbeitung eines Waffenstillstandsangebots durch politische Vertreter des Reiches. Um Verhandlungen auf der Basis des 14-Punkte-Programms des amerikanischen Präsidenten zu ermöglichen, wurde durch Erlass des Kaisers am 30. September ein parlamentarisches Regierungssystem in Deutschland eingeführt. Der neue, vom Parlament bestätigte Reichskanzler Max von Baden unterbreitete am 4. Oktober Woodrow Wilson ein derartiges Angebot. Die USA forderten daraufhin die Räumung der von den Deutschen besetzten Gebiete, die Einstellung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges und die Abschaffung der Monarchie. Gerade die Abschaffung der Monarchie wird jedoch von Regierung und SPD abgelehnt.

Im Oktober 1918 begann sich die Donaumonarchie aufzulösen. Am 28. Oktober wurden die österreichisch-ungarischen Truppen an der italienischen Front (am Piave) in Venetien entscheidend geschlagen (ital.: „Vittorio Veneto“). Am selben Tag wurde die Gründung der Tschechoslowakei beschlossen, während am darauf folgenden Tag Jugoslawien gegründet wurde. Am 1. November bildete sich eine unabhängige Regierung in Ungarn. Am 3. November unterzeichnete General Viktor Weber Edler von Webenau den Waffenstillstand von Villa Giusti mit den Alliierten. Acht Tage später dankte Kaiser Karl I. ab und verzichtete auf jegliche Beteiligung an der neuen österreichischen Regierung.

Ungeachtet der deutschen Waffenstillstandsbemühungen befahl die deutsche Admiralität für den 29. Oktober das Auslaufen der Flotte zu einer letzten, verzweifelten Schlacht („ehrenvoller Untergang“) gegen die überlegene Royal Navy. Daraufhin kam es in Wilhelmshaven zu Meutereien. Man verlegte die Flotte deshalb zum Teil nach Kiel und wollte die Meuterer bestrafen. Es brach ein Matrosenaufstand aus, in dessen Folge in zahlreichen deutschen Städten Arbeiter- und Soldatenräte gegründet wurden. Kurt Eisner rief in München den Freistaat Bayern aus. Hier folgte im Frühjahr 1919 die Münchner Räterepublik. Die Revolution erfasste am 9. November auch Berlin, wo Reichskanzler Prinz Maximilian von Baden aus Sorge vor einem radikalen politischen Umsturz eigenmächtig die Abdankung des Kaisers bekannt gab und die Reichskanzlerschaft auf den Vorsitzenden der SPD, Friedrich Ebert, übertrug. Am Nachmittag desselben Tages rief Philipp Scheidemann die deutsche Republik aus. Karl Liebknecht vom Spartakusbund proklamiert die Freie Sozialistische Republik Deutschland. Sowohl der Kaiser als auch sämtliche deutsche Fürsten dankten ab. Kaiser Wilhelm II. floh am 10. November ins niederländische Exil.

Ab 7. November verhandelten der französische Marschall Foch und vier deutsche Politiker der Regierung Max von Badens unter Führung von Matthias Erzberger (Vorsitzender der katholischen Zentrumspartei) in einem Salonwagen im Wald von Compiègne über den Waffenstillstand zwischen den Alliierten und dem Deutschen Reich. Nach dem Regierungswechsel drängte Friedrich Ebert auf eine Unterzeichnung des von Frankreich diktierten Vertrages. Am 11. November um 5 Uhr früh unterzeichneten die beiden Parteien den Waffenstillstandsvertrag. Dieser sah unter anderem die Bedingungen für die Räumung der von der deutschen Armee besetzten Gebiete und des linken Rheinufers vor, das zusammen mit drei Brückenköpfen in Mainz, Koblenz und Köln von den Alliierten besetzt wurde. Zudem wurde der Friedensvertrag von Brest-Litowsk aufgehoben. Durch die Verpflichtung zur Abgabe großer Mengen von Transportmitteln und Waffen sowie die Internierung der Hochseeflotte wurde dem Reich die Weiterführung des Krieges praktisch unmöglich gemacht, obwohl der Waffenstillstand immer nur für 30 Tage galt und dann verlängert werden musste. Ab 11 Uhr am 11. November schwiegen die Waffen.
« Letzte Änderung: Mo, 21. Juni 2010, 14:44 von Adjutant »

 


SimplePortal 2.3.2 © 2008-2010, SimplePortal