Autor Thema: Die Toten kehren zurück  (Gelesen 1593 mal)

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Offline md11

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Die Toten kehren zurück
« am: Sa, 24. Juni 2006, 22:05 »
Titel.Die Toten kehren zurück-Bericht eines Arztes aus Workuta
Herausgeber:Joseph Scholmer
Verlag:Kiepenheuer&Witsch Köln/Berlin
Erscheinungsdatum:1954
Seitenzahl:291
Sonstiges:
« Letzte Änderung: Mi, 30. Juni 2010, 13:52 von Adjutant »

Offline md11

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Re: Die Toten kehren zurück
« Antwort #1 am: Mo, 09. März 2009, 20:30 »
hier ein kurzer Auszug aus dem Buch der mir so gefallen hat:
Am dritten Abend - er ahnt, es wird der letzte unseres Zusammenseins sein - erzählt er amüsante Geschichten aus seinem Moskauer Leben der zwanziger Jahre.
Eines Abends besucht er mit seinem Freund T. von der deutschen Botschaft die Oper. Nachts fahren sie in einem Schlitten zu T.s Wohnung. Dort trinken sie. Nach einer Weile sagt T. zu Schlichting:

„Wir sind asoziale Kinder des Kapitalismus. Wir sitzen hier im Warmen und trinken, während der arme Kutscher, der dich nach Hause fahren soll, in der Kälte wartet und friert. Schließlich leben wir im Kommunismus, wenn auch erst in seinen Anfängen.. Wir werden den Kutscher hereinholen." T. holt den Kutscher. Sie trinken zu dritt. Der Kutscher, mit einem Baß ausgestattet wie Sehaljapin, gibt ein Konzert russischer Volkslieder. T. und Schlichting sind gerührt. T. sagt:

„Mein soziales Gewissen drückt mich. Wir sitzen im Warmen und trinken, aber das arme Pferd steht draußen und friert. Schlagen wir dem Kutscher vor, auch das Pferd einzuladen." Der Kutscher ist einverstanden.

Das Pferd wird ausgespannt, einige Stufen hoch in die Parterrewohnung von T. geleitet und in den Salon geführt. T. sucht in der Küche eine große Schüssel, gießt einige Flaschen Wodka hinein und gibt dem Pferd zu trinken. Das Pferd trinkt mit sichtlichem Wohlbehagen. Dann wiehert es kurz, steht noch einen Augenblick mit geblähten Nüstern, geht langsam in die Knie, läßt sich auf den Teppich fallen und schläft augenblicklich ein. Beim Anblick des schlafenden Pferdes kommt den dreien ihre eigene Müdigkeit zum Bewußtsein. T. empfiehlt zu schlafen. Aus Solidarität mit dem Pferd legen sie sich gleichfalls auf den Teppich. Der Kutscher deckt alle mit seinem großen Pelz zu.

Am anderen Morgen gegen acht Uhr weckt T. Pferd, Schlichting und Kutscher. Und nun kommt es zu der Komplikation, die T. fast seine Stellung gekostet hätte: das Pferd weigert sich, die Treppe von T.s Wohnung hinunterzugehen.

Der Kutscher zieht am Kopf, T. und Schlichting, beide im Frack, schieben hinten. Vor dem Hause sammelt sich Publikum. Es ist eine verkehrsreiche Zeit: das werktätige Moskau eilt in die Betriebe, um den Plan zu erfüllen. Die „Miliz" erscheint, zerstreut die Menge, hilft dein Kutscher und nimmt ihn anschließend mit zur Wache. Einige Tage später übermittelt Tschitscherin seinem Freund Brockdorff die Unzufriedenheit seiner Regierung.

Im übrigen glaubt Schlichting, hat sich die Geschichte nicht weit von diesem Gefängnis abgespielt.
Am nächsten Morgen erscheint ein Wachposten mit einer Liste:

„Schlichting, dawai !"
Er verabschiedet sich.
 „Leben Sie wohl. Ich danke Ihnen für einige angenehme Tage."

In welchem Lauer werden sie ihn, der vollkommen unschuldig ist, lebendig begraben ?

mfg
Josef
« Letzte Änderung: Mi, 30. Juni 2010, 13:43 von Adjutant »

 


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