Autor Thema: Die Nackten und die Toten  (Gelesen 1246 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline md11

  • Global Moderator
  • Dauerschreiber
  • *****
  • Beiträge: 4.743
  • Country: 00
  • Geschlecht: Männlich
Die Nackten und die Toten
« am: So, 17. Februar 2008, 18:34 »
Titel:Die Nackten und die Toten
Herausgeber:Norman Mailer
Verlag:F.A.Herbig
Erscheinungsdatum:1953
Seitenzahl:600
ISBN:-
Sonstiges:

hier dazu einen Auszug aus dem Buch:
LEUTNANT Dowe hatte nunmehr seine nackten Beine vollständig mit Sand bedeckt und stöhnte- "Mein Gott, ist das grausam."

"Was ist grausam?" fragte Hearn.

Dove strampelte sich mit den Zehen durch den Sand. „Nun, hier sein zu müssen. Mein Gott, an einem so heißen Tag! Vor einem Jahr war ich in Washington, und Sie können sich denken, daß sich da manches tat. Dieses verdammte Klima hier !"

„Ich war vor anderthalb Jahren in Washington", sagte Conn mit ;einer Whiskystimme.
Jetzt fing es an. Hearn seufzte in sich hinein, ließ sich langsam auf den Sand nieder, bis sein Kopf die Erde berührte, und streckte seine Brust der Sonne entgegen. Die Hitze war fast greifbar, und er fühlte, wie sich die Sonnenstrahlen durch die Augenlider bohrten und auf der Regenbogenhaut wilde, rote Kreise entstehen ließen Der Dschungel strömte von Zeit zu Zeit seinen feuchten, schwefligen Atem aus. Es war wie ein warmer Luftzug, der von einem Ofen ausgeht, wenn die Tür geöffnet wird.

Hearn setzte sich wieder aufrecht, schlang die Arme um seine behaarten Knie und starrte die Küste entlang. Einige der Offiziere, die mit ihnen gekommen waren, schwammen bereits im Meer, und andere spielten Bridge auf einer Decke im Schatten einer vereinzelt stehenden Kokospalme, die sich über den Strand beugte. Fast hundert Yards entfernt warf Major Dalleson auf einer schmalen Landzunge Steine in die Luft und schoß mit seinem Karabiner danach. Hin und wieder hörte man das harmlos klingende "Pop" des Karabiners. Die Farbe des Wassers hatte sich vom Blau des frühen Morgens in ein dunkles Violett verwandelt, und die Sonne glitzerte darauf wie Lampenlicht auf nächtlichem, nassem Asphalt. Fast eine Meile entfernt, zur Rechten, näherte sich puffend ein Landungsboot, das Vorräte von einem weit draußen verankerten Frachter übernommen hatte; langsam der Küste.

Sonntag am Meer. Es war ein wenig unglaubwürdig. Wenn man noch ein paar gestreifte Sonnenschirme und die übliche Anzahl von Frauen und Kindern dazugetan hätte, wäre kaum ein Unterschied gegenüber dem Strandleben in einem der Luxusbadeorte vorhanden gewesen, in denen seine Familie den einen oder anderen Sommer verbracht hatte. Vielleicht hätte das Landungsboot durch ein Segelboot ersetzt werden müssen, und Dalleson sollte fischen, anstatt nach Steinen zu schießen, aber auch so kam es jenem Bild sehr nahe.   

Nein, es war völlig unglaubwürdig. Es war vielleicht auch taktlos, daß sie sich hier fünfundzwanzig Meilen von der Front entfernt, wo sich an diesem Sonntagmorgen die Patrouillen gegen die Toyaku-Stellung vorschoben, bis zur äußersten Spitze der Halbinsel für ihre Strandunterhaltung zurückgezogen hatten. „Geht, meine Kinder, und Gott beschütze euch!" hatte der General tatsächlich gesagt. Und natürlich erregte es den Haß der Soldaten des Hauptquartiers, die an diesem Morgen entlang der Straße und am Dschungelsaum, in dessen Nähe die Offiziere badeten, für die Patrouillen verantwortlich waren. Aber größer noch war, nach Cummings' Meinung, ihre Furcht.

mfg
Josef
« Letzte Änderung: So, 17. Februar 2008, 18:37 von md11 »

 


SimplePortal 2.3.2 © 2008-2010, SimplePortal