Autor Thema: Operation Zitadelle; Juli 1943 im Abschnitt der Heeresgruppe Süd  (Gelesen 2056 mal)

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Operation Zitadelle; Juli 1943 im Abschnitt der Heeresgruppe Süd
« Antwort #10 am: Sa, 21. April 2007, 07:25 »
Von den Soldaten des III. Btl. (SPW)/Pz.Gren.Rgt. 2 in Stellungen um die Sowchose Oktjabrskij sowie denen des II. Btl./Pz.Gren.Rgt. 2 beiderseits der Höhe 252,2 forderte der ungestüme Angriff der sowjetischen Verbände sofortigen Nahkampf gegen die T-34 mit Hafthohlladungen oder durch Werfen von Handgranaten in die Türme der Feindpanzer und ebenso Nahkampf gegen die begleitende Infanterie. Auch dafür gibt es zahlreiche persönliche Berichte, die das sehr dramatische Erleben in der Kampfgemeinschaft der Gruppen und Züge schildern.(FN 36) Für den größeren Zusammenhang war wesentlich, dass die beiden Bataillone, obwohl von mehreren Wellen der angreifenden sowjetischen TBrig überrollt, ihre Stellungen hielten, was Beweis eines herausragenden Kampfgeistes ist.

Auch die zweite Staffel des 29. TK, die 53. MechBrig, wurde eingeführt und stieß - sowjetischen Angaben zufolge - über die 31. TBrig in Richtung Südwesten vor. Sie drehte dann nach Süden ein, durchstieß den dünnen Sicherungsschleier der AufklärungsAbt. LAH und ging auf die Artilleriestellungen und den DivGefstd. bei der Sowchose Komsomolez vor.(FN 37) Nach deutschen Angaben war dies jedoch nur eine kleine Panzergruppe, die entweder durch die Artillerie im direkten Beschuss oder durch die Infantrie im Nahkampf vernichtet wurde. Hier waren auch zunächst die vier verfügbaren Tiger eingesetzt.

Am frühen Nachmittag des 12. war das Schlachtfeld in der Gegend Sowchose Oktjabrskij - Höhe 252,2 nach Bereinigung eines örtlichen Einbruches bei der Höhe wieder fest in der Hand der hier eingesetzten Teile der Div. LAH - und große Teile der 31. und 32. TBrig des 29. TK vernichtet.(FN 39)

Die 25. TBrig des 29. TK griff - nach einem Aufklärungsvorstoß gegen 04:00 Uhr - südlich des Bahndammes aus Jamki in Richtung Storoschewoje an, unterstützt vom 1446. SflArtRgt und aufgesessenen Teilen des 28. GdFschJgRgt. Dieser Angriff traf auf das Pz.Gren.Rgt. 1, verstärkt durch Sturmgeschütze und Panzerjäger. Auch hier entwickelten sich z.T. erbitterte Nahkämpfe. Der Angriff erzielte nach sowjetischer Darstellung zwar einen Einbruch bis nach Storoschewoje, dort brach er letztlich im Zusammenwirken von Teilen des Pz.Gren.Rgt. 1/LAH mit Teilen des Pz.Gren.Rgt. D der Div. R zusammen.(FN 40)

Das 18. TK, dessen links eingesetzte 170. TBrig wie oben beschrieben auf die Pz.Abt. der Div. LAH hinter dem Panzergraben auflief, stieß mit der rechts eingesetzten 181. TBrig aus dem Raum Petrowka durch die tief gelegene Niederung des Pssel und damit für die Deutschen nicht einsehbar in Richtung auf Michailowka vor. Dort traf sie auf Reste der dorthin abgedrängten 199. TBrig des 2. TK. Im weiteren Vorgehen stieß die Brigade auf die Spitzen des Pz.Gren.Rgt. E der Div. T, die gegen 14:30 Uhr den Westrand von Andrejewka genommen hatten.(FN 41) Die zweite Staffel dieses Korps - das 36. TRgt und 110. TBrig - wurden nicht eingesetzt.

Das 2. GdTK trat mit seinen drei TBrig - der 25. links, der 4. in der Mitte und der 26. TBrig rechts - ebenfalls um 06:30 Uhr mit insgesamt noch vorhandenen 120 Panzern gegen die Regimenter D und DF der Division R an, die sich gerade in der Vorbereitung des ihnen befohlenen Angriffes befanden, um durch Nehmen der Höhen um Praworot einen sicheren Flankenschutz für die Div. LAH aufzubauen. Heftige Kämpfe entwickelten sich zunächst mit Grenadier-Bataillonen, wobei die sowjetischen Kräfte einen Einbruch von ca. 2 km Tiefe bis nach Belenichino und Jasnaja Poljana erzwangen, der jedoch durch den Gegenangriff des Pz.Rgt. R bereinigt wurde. Dabei erlitt das TK starke Verluste. Gegen Mittag kamen die Kämpfe zum Erliegen. Schwere Gewitter hatten den Boden aufgeweicht und schlossen weitere Angriffe aus. Hinzu kam die Entwicklung der Lage in der linken Flanke des TK und damit der 5. GdPzA durch den Vorstoß des deutschen III. Pz.K. Als Watutin dem Kommandeur des 2. GdTK befahl, seine 26. TBrig nach Süden zur Verstärkung der schon dorthin detachierten Gruppe Trufanow in Marsch zu setzen, zog dieser sich mit den verbliebenen Teilen auf die Ausgangsstellungen zurück und ging zur Verteidigung über.(FN 42)

Am frühen Nachmittag muss Rotmistrow klar gewesen sein, dass sein Angriff auf ganzer Front gescheitert war. Dafür gibt es - das ist eine Deutung des Verfassers, die anhand sowjetischer Dokumente geprüft werden müsste - ein untrügliches Zeichen. Als er, wie er später in seinen Memoiren schilderte, gegen 13:00 Uhr erfuhr, dass die Div. T im Angriff nördlich des Pssel mit ihrer gepanzerten Gruppe die Verteidigung der 5. GdA durchstoßen hatte und nun in seine tiefe rechte Flanke vorzugehen drohte, entschloss er sich, die 24. GdTBrig sowie die 10. GdMechBrig des 5. GdMechK zur Verstärkung der 5. GdA nach Norden in Marsch zu setzen, da diese Armee über keinerlei Panzer verfügte. Dieser Entschluss sei ihm umso leichter gefallen, als die Masse seiner zweiten Armeestaffel ohnehin schon als Gruppe Trufanow nach Süden gegen das deutsche III. Pz.K in Marsch gesetzt worden sei.(FN 43) Doch welcher Befehlshaber gibt schon seine letzte Reserve aus der Hand, wenn er auch nur noch den leisesten Gedanken an Angriff hat?

Im Verlauf des Nachmittags des 12.7. befahl Rotmistrow seine TK in die Ausgangsstellungen zurück und baute eine starke Verteidigung auf. Zu diesem Punkt gibt es jedoch widersprüchliche Aussagen: Während Glantz, basierend auf ausschließlich sowjetischen Quellen, behauptet, dass Teile der 170. TBrig des 18. TK sowie die 31. TBrig mit der 53. MechBrig und Teilen des 23. GdFschJgRgt sich nach den Ereignissen im Verlauf des 12.7. in der tiefen linken Flanke der Div. LAH im Raum Michailowka (im Pssel-Tal) und 2 km südöstlich davon zur Verteidigung eingerichtet hätten,(FN 44) sprechen die dem Verfasser verfügbaren deutschen Unterlagen davon, dass die sowjetischen Verbände sich auf ihre Ausgangsstellungen zurückgezogen hätten.(FN 45)

So kam die "Schlacht von Prochorowka" am Nachmittag des 12.7. auf der Landenge zwischen dem Flüsschen Pssel und der Straße sowie südlich davon vor den Div. LAH und R im Großen und Ganzen zum Erliegen. Der Angriff der Division T mit der gepanzerten Gruppe schlug dagegen mit Spitzen am Abend des 12.7. bis zu dem befohlenen Ziel Straße Prochorowka-Kartachewka durch, konnte aber wegen der ununterbrochenen Gegenangriffe sowjetischer Verbände nicht ausgeweitet werden und wurde daher in den frühen Morgenstunden des 13. auf die Ausgangsstellungen im Brückenkopf über den Pssel zurückgenommen.(FN 46)
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Operation Zitadelle; Juli 1943 im Abschnitt der Heeresgruppe Süd
« Antwort #11 am: Sa, 21. April 2007, 07:28 »
Die Tage nach dem 12.7.

Das Korps verlegte angesichts des wachsenden Widerstandes vor der Div. T gegen Mittag des 13.7. den Schwerpunkt für den weiteren Angriff auf den rechten Flügel zur Div. R.(FN 47) Ein Angriff der gepanzerten Gruppe der Div. LAH am 13.7. morgens über die Sowchose Oktjabrskij Richtung nördlich an Prochorowka vorbei wurde nach Auflaufen auf den starken Pak-Riegel sofort wieder eingestellt. Den ganzen 13.7. über gab es laufend vereinzelte Angriffe der Sowjets auf die Stellungen der deutschen Divisionen bis in Regimentsstärke mit bis zu 30 Panzern. Auch die Angriffe "ab 12:00 Uhr ... aus Prochorowka längs der Rollbahn mit je einem Rgt. rechts und links der Straße (wurden) glatt abgewiesen".(FN 49)

Dies scheinen aber insgesamt mehr oder weniger unkoordinierte Aktionen kleinerer Formationen gewesen zu sein, hinter denen jedenfalls kein "tragender Gedanke einer Operation" stand.

Am späten Nachmittag des 13. 7. gab der OB der 4. Pz.A, GenO Hoth, "der ArmeeAbt. Kempf gegenüber seiner Meinung Ausdruck, dass die Armee (soll heißen: 4. Pz.A, der Verf.) vorderhand keine Möglichkeit sehe, den Angriff weiter nach Norden vorzutragen". (FN 50) Ohnehin hatte "bereits am 12.7. ... das Oberkommando der 4. PzA erkannt, dass ein weiterer Vorstoß nach Norden nach Einstellung des Angriffes der 9. Armee mit den vorhandenen Kräften nicht mehr zu erzwingen war". (FN 51) Diese grundsätzliche Beurteilung der Lage durch den OB der 4. Pz.A war die Grundlage dafür, dass dem II. SS Pz.K nicht mehr befohlen wurde, in einem weiteren Angriff die Entscheidung im Sinne der vormaligen Zielsetzung zu erreichen, sondern dass es jetzt im Wesentlichen um das Halten und die Begradigung bzw. Verbesserung der Frontlinie ging. Der Angriff des II. SS Pz.K blieb also nicht liegen, wie in vielen Publikationen behauptet wird, sondern wurde eingestellt.

Parallel muss die Entwicklung im strategischen Kontext gesehen werden. Nachdem die Alliierten am 10.7. in Sizilien gelandet waren, befahl Hitler die OB der H.Gr. zu einer Besprechung über Weiterführung oder Abbruch der Operation Zitadelle in das FührerHQu. Während der OB der H.Gr. Mitte, GFM v. Kluge, für den Abbruch und ein Zurückgehen in die Ausgangsstellungen plädierte, meinte der OB der H.Gr. Süd, GFM v. Manstein, dass eine Entscheidung der Schlacht im Bereich seiner Angriffsarmeen bevorstünde, wenn dazu das XXIV. Pz.K der AAbt Kempf zugeführt werden würde. Hitler entschied letztlich, die Operation Zitadelle abzubrechen, das XXIV. Pz.K nicht für die H.Gr. Süd frei zu geben, aber Manstein zu genehmigen, vor seinem linken Flügel (soll heißen, vor dem XXXXVIII. Pz.K - Anm. des Verf.) noch eine begrenzte Angriffsoperation (die Operation Roland - Anm. des Verf.) durchzuführen.(FN 52) Dazu wurden am 14.7. die ersten Befehle zur Umgruppierung der Kräfte erlassen, die jedoch bald überholt waren.

Dem III. Pz.K gelang es am 15.7., von Süden vorstoßend, mit der 7. Pz.Div. die Verbindung mit der Div. R auf dem rechten Flügel des II. SS Pz.K in Gegend Mal. Jablonowo herzustellen.(FN 53)

Für den 16.7. verzeichnet das KTB des II. SS Pz.K den Eingang von Befehlen, die das Herauslösen der Div. LAH sowie R ankündigten(FN 54) (zur Verwendung in Italien - Anm. des Verf.), womit auch Mansteins Absichten für eine begrenzte Angriffsoperation die Grundlage entzogen wurden. Diese Befehle werden den Ia (G 3) der Divisionen vermutlich wesentlich früher, wie das immer im deutschen Heer üblich war, auf dem Generalstabsstrang von Chef zu Chef avisiert worden sein, ohne dass das in den KTB verzeichnet ist.

Was war das unmittelbare Ergebnis auf dem Schlachtfeld?

Zetterling, der als "Schlacht von Prochorowka" alle Ereignisse vor den drei Divisionen des II. SS Pz.K im Zeitraum 12. bis 16.7. wertet - eine Sicht, der der Verfasser nicht ganz folgt -, fasst in seinem Buch zusammen: "Oft sind die Panzerverluste als gleich schwerwiegend für beide Seiten beschrieben worden, aber dies stimmt nicht mit der Wirklichkeit überein. Die deutschen Verluste an total vernichteten Panzern waren sehr gering im Vergleich zu den Verlusten, die die Rote Armee erleiden musste. Zwischen dem 5.7. und dem 23.7. verlor das II. SS Pz.K 36 Panzer und Sturmgeschütze, wovon wenigstens 19 schon vor (der Schlacht von) Prochorowka vernichtet waren. Entsprechend kann das II. SS Pz.K nicht mehr als 17 Verluste während (der Schlacht von) Prochorowka gehabt haben. ... Rotmistrows 5. GdPzA berichtet, dass sie bis zum 16. 7. 222 T-34, 89 T-70, 12 Churchill und 11 Sturmgeschütze verloren hat. Dies waren Totalverluste. Das gibt zusammen 334 vernichtete sowjetische Panzer und Sturmgeschütze, die verglichen werden können mit höchstens 54 vernichteten deutschen Panzern und Sturmgeschützen. Das bedeutet, dass die sowjetischen Verluste mindestens sechsmal höher waren. ... Vor diesem Hintergrund ist Prochorowka schwerlich als eine entscheidende Niederlage der Deutschen anzusehen." (FN 55)

Nach deutschen Akten wurden allein im Abschnitt vor der Div. LAH insgesamt 190 sowjetische KPz vernichtet bzw. erbeutet.(FN 56) Ungefähr 100 davon standen als rauchende Trümmer in dem Abschnitt zwischen der Höhe 252,2 und dem Panzergraben. Aus einem Gefechtsbericht des 29. TK (verfügbar nach Öffnung der sowjetischen Archive) geht hervor, dass dieses Korps am 12.7. von 212 einsatzbereiten Panzern und StGsch 150 verlor, davon 117 als Totalverluste.(FN 57) Frieser nennt an Verlusten für die 5. GdPzA am 12.7. die Zahl von 239 Totalschäden, die sich bis zum 16.7. auf 334 Totalschäden an Panzern und StGsch steigerte.

Diesen sowjetischen Verlusten können die deutschen Verluste anhand der minutiös geführten Panzerlagemeldungen gegenübergestellt werden.(FN 59)

Danach konnte das II. SS Pz.K am 12.7. keinesfalls 300 oder, wie Rotmistrow behauptete, 400 Panzer verloren haben. Denn das Korps erlitt während der gesamten Operation Zitadelle (vom 5. bis 17.7.) nur 33 Totalausfälle an Panzern und Sturmgeschützen, wie zweifelsfrei aus den deutschen Akten hervorgeht.(FN 60) Für den 12.7. benennt Frieser drei (!) Totalausfälle bei der Div. LAH, davon waren zwei P-IV bei der Kompanie v. Ribbentrop zu verzeichnen sowie ein Tiger.(FN 61) Hier sind ausdrücklich die Totalverluste gemeint, denn die deutschen Panzerverbände hatten in den zahlreichen Gefechten durchaus mehr Ausfälle durch Beschussschäden. "Am 12.7. allerdings hielt sich die Zahl der Ausfälle, gemessen an den vorhergehenden Tagen, im normalen Rahmen, denn bei den Divisionen "Leibstandarte" und "Reich" mussten nur 41 Kampfpanzer und Sturmgeschütze wegen "langfristiger Schäden" in die Instandsetzung." (FN 62) Gleichzeitig mussten zusätzlich 67 Kampfwagen in die kurzfristige Instandsetzung, oft auf Grund von Schäden an den Antennen wegen des starken sowjetischen Artilleriefeuers, die jedoch zumeist sofort behoben werden konnten.(FN 63) Diese Zahlen spiegeln die hervorragenden Leistungen der Panzer-Instandsetzungskompanien wider, die oft in kürzester Zeit Beschussschäden behoben haben. Zuweilen hatten die deutschen Panzerverbände am Tag nach einem schweren Gefecht dann mehr Panzer verfügbar als am Vortag. So ist z.B. der Bestand an einsatzbereiten Gefechtsfahrzeugen der beiden Divisionen LAH und R am Vorabend vor den Gefechten bei Prochorowka mit 186 Pz, StGsch und PzJg (Sfl) angegeben, und für den Tag danach, d.h. den 13.7., mit 190.(FN 64) Das heißt also, dass das II. SS Pz.K seine Kampfkraft trotz der "größten Panzerschlacht der Weltgeschichte" ungebrochen halten konnte.

An personellen Verlusten führt Frieser (unter Verweis auf entsprechende Akten beider Seiten) aus, dass am 12.7. auf deutscher Seite 522 Verwundete und 97 Gefallene und Vermisste zu beklagen waren - dabei sind aber nach den Quellenangaben nur die Div. LAH und R berücksichtigt.(FN 65) Die sowjetischen Gesamtverluste werden mit 2.055 Mann (ohne 5. GdMechK) benannt. Einschließlich der Nachmeldungen sind die Verlustzahlen der Verbände der 5. GdPzA vom 16.7. aufschlussreicher. Danach betrugen die Gesamtverluste 7.107 Mann, wobei die Zahl der Toten und Vermissten mit 3.597 höher war als die der Verwundeten.(FN 66)
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Operation Zitadelle; Juli 1943 im Abschnitt der Heeresgruppe Süd
« Antwort #12 am: Sa, 21. April 2007, 07:30 »
Schlussbetrachtungen

Prochorowka war nicht der grandiose Sieg für die sowjetischen Truppen und erst recht nicht "die größte Panzerschlacht der Weltgeschichte" oder gar ein neues Waterloo und auch nicht der "Schwanengesang der deutschen Panzertruppe". Das belegen die Daten über die Verluste der Sowjets im Verhältnis zu den Deutschen nur zu deutlich. Im Unterschied zu mancher westlichen Publikation, in der Märchen und Mythen ungetrübt weitergetragen werden, hat sich in der russischen Bewertung der Ereignisse am 12.7. ein bemerkenswerter Wandel vollzogen. In der alten Fassung des Werkes über den "Großen Vaterländischen Krieg" aus kommunistischer Zeit ist noch zu lesen: "Die starken deutschen Panzerkräfte wurden von den heldenmütigen sowjetischen Soldaten besiegt. Der Gegner verlor an diesem Kampftag im Raum Prochorowka... mehr als 10.000 Soldaten und Offiziere allein an Toten." (FN 67) Dagegen bringt die in der postkommunistischen Zeit erarbeitete Neufassung eine zutreffende Aussage: "Trotz der ... zahlenmäßigen Überlegenheit über den Feind war es der 5. Garde-Panzerarmee nicht gelungen, der Schlacht eine entscheidende Wende zu geben. Gegen Abend gingen die Verbände der 5. Garde-Panzerarmee nach dem Verlust von 500 Panzern und Selbstfahrlafetten zur Verteidigung über."  Schon ein sowjetischer Bericht, der unmittelbar nach der Schlacht verfasst wurde, enthält die Aussage, dass "im Verlauf des 12.7. der Auftrag, der der 5. Garde-Panzerarmee gegeben war, nicht erfüllt wurde. Als Ergebnis des frontalen Schlages mussten die Korps der Armee schwere Gefechte führen mit starken gepanzerten Feindkräften, in deren Verlauf sie gezwungen wurden, zur Verteidigung überzugehen." (FN 69)

Die deutschen Dokumente lassen ohnehin einen anderen Eindruck als den einer großen Schlacht entstehen. Die Tagesmeldung der Div. LAH vom 12.7. um 18:00 Uhr führt nüchtern die Vielzahl der Angriffe des Gegners unter Angabe der Panzerstärken auf, und die Tagesmeldung des GenKdo. II. SS Pz.K von 19:00 Uhr spricht von "äußerst heftigen Angriffen" mit "neu herangeführten Panzer- und Infanterieverbänden". Das lässt die Bewertung zu, was "Prochorowka" wirklich war: Es war ein heftiges Panzergefecht nördlich der Straße und ein schweres Gefecht der Grenadiere südlich der Straße gegen Panzerfeind - Gefechte, die in dieser Intensität sicher bemerkenswert, aber für die deutschen Truppen keineswegs außergewöhnlich waren. Prochorowka war also bei weitem keine "entscheidende Schlacht, die die Wende im Kriege markierte", sondern ein Gefecht unter anderen, die alle in einem weiteren Zusammenhang standen und in ihrer Gesamtheit die "Schlacht um den Kursker Bogen" bilden.

Welche Bedeutung haben die Ereignisse von Prochorowka in größerem Zusammenhang? Waren sie wirklich "entscheidend"?

Diese Frage erfordert zunächst zu definieren, was unter einer "entscheidenden Schlacht", wie viele Autoren die Ereignisse vor Prochorowka werten, zu verstehen ist. Zunächst ist eine Schlacht dann entscheidend, wenn die mit ihr verfolgten operativen Ziele erreicht und die eigenen weiteren Handlungsoptionen befördert oder sogar erweitert und dem Gegner dessen Optionen verwehrt werden. Dieser Ansatz erlaubt die Beantwortung der Frage nach der historischen Bedeutung, die über das Gegeneinanderstellen von Verlustzahlen hinausgehen muss.

Welche Ziele für die Operation hatten sich die Sowjets gesetzt? Ihre Absicht war, die Deutschen "mit dem Feuer aller Mittel der tiefgestaffelten Verteidigung", mit "wuchtigen Schlägen der Fliegerkräfte", durch "Gegenstöße der operativen und strategischen Reserven" zu zermürben und "auszubluten" und sie dann "durch eine wuchtige Gegenoffensive zu schlagen und anschließend tiefe Angriffsoperationen ... zu unternehmen" (siehe Kapitel: Der sowjetische Grundgedanke). Nichts von dem konnte mit Erfolg umgesetzt werden, kein einziges Ziel wurde erreicht! Die "tiefgestaffelte Verteidigung" mit kilometerweiten Stellungssystemen und ausgedehnten Minenfeldern wurde von den deutschen Verbänden ohne größere Verluste in zwei Tagen durchstoßen, es gab bestenfalls taktische Verzögerungen, im größeren Zusammenhang mit Blick auf die Auswirkung auf den Verlauf der Operation war das Stellungssystem und mit ihr die Stellungstruppe nahezu bedeutungslos. Man muss sich noch einmal die unwahrscheinliche Kraftanstrengung der sowjetischen Seite für den Bau des Stellungssystems verdeutlichen und in Relation setzen zu dem geringen Zeitgewinn - bestenfalls ein Tag! - und dem sehr geringen Erfolg bei der Vernichtung von Feindkräften. Diese Relation erlaubt nach Auffassung des Verfassers sehr wohl das provokative Urteil, dass das Stellungssystem "nahezu bedeutungslos" gewesen ist. (An dieser Stelle soll noch einmal hervorgehoben werden, dass hier ausschließlich über die Operationen der H.Gr. Süd geredet wird. Am Nordflügel der Gesamtoperation Zitadelle waren die Verhältnisse völlig anders, und diese Tatsache wäre Thema für eine vergleichende Untersuchung.)

"Wuchtige Schläge der Fliegerkräfte" mit signifikantem Erfolg hat es nicht gegeben, wohl aber häufige Angriffe der Schlachtflieger, die für die deutsche Truppe schon sehr lästig waren. Einen Beitrag zum "Ausbluten" der deutschen Verbände konnte die sowjetische Luftwaffe jedoch nicht leisten. Im krassen Gegensatz dazu steht die Leistung der deutschen Luftwaffe mit ihren Panzerjagdstaffeln, die ganze sowjetische Panzerverbände aus der Luft zerschlagen haben, und insbesondere der Einsatz der Stukas, die für das Niederkämpfen von Stellungen und Pak-Fronten oft die entscheidende Feuerunterstützung leisteten.

"Gegenstöße der operativen und strategischen Reserven" haben in der Tat den deutschen Angriff stark behindert, insbesondere weil sie in die tiefen Flanken der deutschen Panzerkorps angesetzt waren, die nicht wie gefordert durch nachrückende Infanteriedivisionen abgedeckt wurden. Diese Angriffe haben den Angriff der Deutschen nicht aus der Bahn werfen können, und am "Ausbluten" der deutschen Panzerverbände hatten sie kaum Anteil. Im Gegenteil, die sowjetischen Verbände erlitten erschreckende Verluste, weil die Angriffe auch nicht besonders geschickt vorgetragen wurden (siehe unten zu Angriffsverfahren) und wegen der Überlegenheit der deutschen Seite regelmäßig abgewiesen wurden.

Letztlich blieb die "wuchtige Gegenoffensive" mit der 5. GdPzA und der 1. PzA am 12.7. mit schwersten Verlusten völlig erfolglos. Die 5. GdPzA blieb mit zwei TK vor einer deutschen Panzerabteilung, nämlich der II./Pz.Rgt. LAH, liegen, während die Panzerkräfte der Div. GD im Zusammenwirken mit der 3. Pz.Div. im Bereich des XXXXVIII.Pz.K die Angriffe der 1. PzA angriffsweise zurückschlugen. Nach diesem Tag war für die Sowjets an eine Fortsetzung mit "tiefen Angriffsoperationen" überhaupt nicht zu denken, vielmehr wurden die sowjetischen Kräfte in die Verteidigung gezwungen, und an den folgenden Tagen waren sie nur zu einigen kleineren unkoordinierten Aktionen auf taktischer Ebene fähig. In der Gesamtbilanz ist also festzuhalten, dass den Sowjets nichts von dem gelungen war, was sie sich vorgenommen hatten, erst recht nicht das "Ausbluten" der deutschen Verbände, und am 13.7. befand sich die Woronesch-Front insbesondere im Raum um Prochorowka in einer geradezu verzweifelten operativen Lage: Sie hatte einen angriffsfähigen, zu beweglichen Operationen hoch befähigten Gegner vor sich, war selbst stark angeschlagen und hatte keine Reserven!

Es gibt keinen Zweifel: Prochorowka war ein Höhepunkt in einer Serie von Niederlagen, die die sowjetische Seite seit Beginn der Operation Zitadelle am 5.7. hinnehmen musste. Dass die Ereignisse auch gleichzeitig das Ende dieser Serie waren, hat seine Ursachen freilich in anderen Zusammenhängen, wie mehrfach dargestellt.

Für die deutsche Seite ist in der historischen Bewertung der "Schlacht von Prochorowka" festzuhalten, dass die H.Gr. SÜD/4. Pz.A/II. SS Pz.K das Ziel ihrer Operation, nämlich den Raum Prochorowka zu nehmen als Drehscheibe für das Eindrehen nach Norden "in den Raum der freien Operationen", auch nicht erreicht hatte. Dies war ihr letztlich durch den Einsatz der 5. GdPzA und weiterer Kräfte als offenbar letzter Reserve der obersten sowjetischen Führung für diesen Frontabschnitt am 12.7. verwehrt worden, danach stellte die deutsche Seite den Angriff praktisch ein, obwohl die deutschen Kräfte noch voll angriffsfähig waren und die Heeresgruppe noch ein Panzerkoprs in Reserve hatte. Die deutsche Seite verzichtete also auf die weitere Verfolgung ihrer Absicht, ihr wurde dies nicht von den Sowjets verwehrt. Die Gründe dafür liegen in den Ereignissen an anderer Stelle, nämlich der Offensive bei Orel und der Landung der Alliierten in Sizilien, wie in Kapitel III dargestellt. Da die deutsche Seite ihren Erfolg vor Prochorowka nicht durch weiteres Verfolgen ihrer ursprünglichen Absicht ausnutzen konnte - und zwar nicht wegen des begrenzt erzielten Ergebnisses, sondern weil eben die Kräfte, die die erkämpften Handlungsoptionen hätten nutzen können, nicht verfügbar gemacht wurden -, ist der am 12.7. zweifelsfrei errungene Sieg einer der von Manstein so treffend benannten "verlorenen Siege". Insofern trug das Gefecht bei Prochorowka auch für die deutsche Seite nicht zu einer Entscheidung bei, die ihre Handlungsoptionen beförderte oder verbesserte.
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Diese Erörterung führt nahezu wie selbstverständlich zu der Frage, ob der OB der H.Gr. Süd, GFM v. Manstein, nicht doch seine ursprüngliche operative Absicht mit Freigabe und Einführung des noch in Reserve gehaltenen XXIV. Pz.K hätte erreichen können. Auch wenn wir damit den Raum der Spekulation betreten, will der Verfasser nicht mit seiner Meinung zurückhalten: Angesichts der fast katastrophalen Niederlage der 5. GdPzA und der Tatsache, dass hinter dieser Armee die sowjetische Führung - zumindest unmittelbar und kurzfristig - keine weiteren Reserven verfügbar hatte, wäre ein für den Bereich der H.Gr. Süd räumlich und zeitlich begrenzter durchschlagender Erfolg vorstellbar gewesen, auch wenn eine starke Gefährdung der linken Flanke blieb, auf die der OB der 4. Pz.A, GenO Hoth, besorgt aufmerksam machte. Doch auch solch ein angenommener, über Prochorowka hinauszielender und selbst in größeren räumlichen Dimensionen gedachter Erfolg wäre letztlich umsonst gewesen, weil er eben keine Entscheidung im übergeordneten operativen und erst recht nicht im strategischen Rahmen hätte herbeiführen können. Egal, wie erfolgreich nun die H.Gr. Süd in "freien Operationen" nach Zerschlagung von Feindkräften dann noch Raum gewonnen und weitere Feindkräfte zerschlagen hätte, nach nicht allzu langer Zeit hätte sie mit Sicherheit der Befehl erreicht, die Operation einzustellen, weil nun alle Kräfte zur Bereinigung von Krisen an anderer Stelle dringend benötigt wurden!

Es gibt kein eindeutigeres Indiz dafür, wie stark im strategischen Kontext die deutschen Kräfte überdehnt waren, als die Tatsache, dass bei Prochorowka die sich anbietende Möglichkeit nicht genutzt werden konnte, weil man den Ereignissen an anderer Stelle hinterherlaufen musste. Denn unabhängig von dem begrenzten erfolgreichen Ausgang der Operationen der H.Gr. Süd/4. PzA, die Manstein durchaus richtig einschätzte: Die Entscheidung für den weiteren Verlauf des Krieges im Osten war mit der Offensive gegen Orel gefallen. Dies allerdings hätte auch Manstein erkennen müssen, und insofern überrascht seine nur auf seine Heeresgruppe begrenzte Sicht der Dinge.

Nach dem Abbruch von Zitadelle bestimmten die Sowjets, wo und wann und wie - selbst immer wieder unter entsetzlichen Verlusten, wie bei Prochorowka - sie die Initiative für die weitere Führung des Krieges ergreifen konnten. Im Laufe des August eröffneten sie dann mit allen ihren Fronten Angriffsoperationen gegen die deutschen Kräfte. Es fehlte der deutschen Seite - wie auch schon für die Operation Zitadelle, wo es nicht einmal gelang, die grundlegendsten Forderungen jeder Operationsplanung zu erfüllen (siehe Kap II) - das für jede strategische und operative Planung entscheidende Element, nämlich schlicht die Kräfte.

Im Zusammenhang mit den begrenzt verfügbaren Kräften wird in manchen Publikationen der deutschen Führung vorgehalten, dass es ein fundamentaler Fehler gewesen sei, sich auf eine "Abnutzungsschlacht" einzulassen und ausgerechnet die stärksten Abschnitte der Sowjets anzugreifen. Zuweilen wird sogar der Vergleich mit Verdun gezogen. Für den Bereich der HGrp Süd kann man aber nach Auffassung des Verfassers nicht von einer "Abnutzungsschlacht" sprechen. Zunächst einmal spricht die gesamte Anlage der Operation dagegen. Sie suchte die Entscheidung im "Kampf im freien Raum", in "freien Operationen", und keineswegs im "direkten Kräftemessen auf engstem Raum", wie man manchmal liest. Manstein wollte sich eben nicht auf Abnutzung einlassen, sondern wollte die qualitative Überlegenheit der deutschen Seite in vielerlei Hinsicht zum Tragen bringen. Manstein auch nur in die Nähe von Falkenhayn und Verdun zu bringen heißt, keinen Zugang zu seinem operativen Denken gefunden zu haben.

Ein Grund für die Erfolge bei der H.Gr. Süd, bei der alle Panzer-Divisionen auf Anhieb die feindlichen Stellungssysteme durchstießen - bis auf die 6. Pz.Div., deren Angriff nördlich Belgorod abgebrochen wurde -, war die starke Konzentration an Luftunterstützung, die in diesem Ausmaß bei der 9. Armee nicht gebildet werden konnte, womit wieder die Frage der zu geringen Kräfte für die Gesamtoperation aufgeworfen ist.(FN 70) Diese starke Luftunterstützung ermöglichte das erfolgreiche Angriffsverfahren im Bereich der H.Gr. Süd gegen das Stellungssystem der Sowjets: Zerschlagen der Stellungstruppe durch konzentrierte Feuerwirkung auf eine schmale Durchbruchsstelle, insbesondere durch Stuka im koordinierten Zusammenwirken mit Artillerie; dann Angriff mit Stoßtrupps der Grenadierverbände mit Unterstützung von Panzern (Tiger) und StGsch und Säubern der Durchbruchsstelle; danach sofortiges Vorziehen der gepanzerten Gruppen zum Stoß in die Tiefe. Die Pz.Div./Pz.Gren.Div. 1943 waren dafür nahezu ideal zusammengesetzt, und die Kritik am Ansatz von Pz.Div. gegen feindliche Stellungssysteme, wie sie z.B. von Mellenthin äußert, wird durch die Ereignisse widerlegt.(FN 71) Aber der entscheidende Punkt war eben: vernichtende Feuerkraft zum Aufschlagen der gegnerischen Front.

Ein anderer Grund für die Erfolge der Verbände der H.Gr. Süd ist sicherlich die intensive Ausbildung der Truppe in der langen Zeit der Vorbereitung. Dieser Aspekt der vorbereitenden einsatzorientierten Ausbildung findet in der Literatur wenig angemessene Beachtung. In der Nähe von Peresetschnaja hatte z.B. die Div. R nach Bildern der Luftaufklärung das sowjetische Stellungssystem nachgebaut und übte dort von der Einzelausbildung bis zur Gefechtsübung der Regimeter im scharfen Schuss mit Unterstützung durch Stuka.

Zur Vorbereitung der sowjetischen Verbände durch Führer- und Stabsausbildung sowie gefechtsnahe Ausbildung wird auf die Darstellung in der "Soviet General Staff Study" verwiesen.(FN 72) Hier soll nur ein Punkt aufgenommen werden, den auch Rotmistrow in seinen Erinnerungen anspricht: Ganz offensichtlich war den höheren Führern die Unterlegenheit ihrer eigenen Panzer des Typs T-34/76 sehr bewusst. Sie artikulierten jedoch nur die Unterlegenheit gegenüber dem Tiger, den sie nun auch überall vermuteten, so dass man wohl schon von einer Tiger-Psychose der sowjetischen Führer sprechen kann.

Die Folgerungen, die die sowjetischen Führer zogen, führten zu zwei extremen Formen des Einsatzes von Panzerverbänden, die nach deutschem Verständnis damals wie heute als abwegig auszuschließen waren. Die eine extreme Form war das Eingraben der Panzer. Dazu ging man nicht erst im Verlauf der Operation über, sondern schon in der Vorbereitung. Eine deutsche Ic-Karte mit Ergebnissen der Luftaufklärung vor Beginn des Angriffes vermerkt 84 eingegrabene Panzer in den Durchbruchsabschnitten des XXXXVIII. und II. SS Pz.K.(FN 73) Mit dem Eingraben machte man den Panzer jedoch zur Pak und beraubte ihn eines seiner kennzeichnenden Merkmale, nämlich der Beweglichkeit. Andererseits konnte der T-34 nur eingegraben als Pak den deutschen Panzern auf kurze Entfernungen wirklich gefährlich werden (siehe Anmerkung 21, Teil 1). Das andere Extrem war das von Rotmistrow propagierte ungestüme Draufzufahren auf deutsche Panzer mit Höchstgeschwindigkeit. "Erfolgreicher Kampf mit ihnen (gemeint sind Tiger und Ferdinand, Anm. d.Verf.) ist nur möglich unter den Umständen des Nahkampfes unter Ausnutzung der größeren Beweglichkeit des T-34 und durch flankierendes Feuer gegen die Seiten-Panzerung der schweren deutschen Maschinen." (FN 74) Dass Rotmistrow eine Alternative zu der ersten Lösung, nämlich des Eingrabens der Panzer, vertreten musste, ist klar, denn schließlich sollte er mit seiner GdPzA angreifen, was mit eingegrabenen Panzern schlechterdings nicht möglich ist. Also muss man sich den Angriff sowjetischer Panzerverbände in dieser Zeit so vorstellen - und dieses Bild wird nicht nur von der 5. GdPzA Rotmistrows übermittelt, sondern auch von Gegenangriffen von Verbänden der sowjetischen 1. PzA im Bereich des XXXXVIII. Pz.K -, dass sie sich in sicherer Entfernung - soll heißen außerhalb der Reichweite der KwK 8,8 - bereitstellten und dann mit Höchstgeschwindigkeit auf den erkannten oder vermuteten Feind zufuhren.
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Operation Zitadelle; Juli 1943 im Abschnitt der Heeresgruppe Süd
« Antwort #14 am: Sa, 21. April 2007, 07:32 »
Die Konsequenz dieses Rotmistrow‘schen Angriffsverfahrens war jedoch, dass die sowjetischen Panzerverbände auf ein Grundprinzip für die Führung von selbst kleinsten Formationen der Panzertruppe verzichten mussten: das Prinzip von "Feuer und Bewegung". Bei deutschen Verbänden galt auf unterster Ebene, keine Bewegung ohne Überwachung durch feuerbereite Panzer zu vollziehen. Das kann bei den sowjetischen Verbänden nicht so gewesen sein, wenn sie das geschilderte Angriffsverfahren praktizierten. Dies umso weniger, da die Funktionen des PzKdt und des Richtschützen in einer Person vereinigt waren und zwischen den Panzern keine Kommunikationsmöglichkeit bestand. Es wäre interessant, einmal anhand von sowjetischen Akten darzustellen, wie denn die sowjetischen Panzerverbände auf dieses extreme Angriffsverfahren hin ausgebildet wurden. Die Vermutung liegt nahe, dass die Formationen nach einem oder spätestens zwei Kilometern Höchstfahrt durcheinander gerieten, jedenfalls können sie kaum kontinuierlich unter Kontrolle eines Führungswillens gestanden haben. Man kann daher auch nur sein Erstaunen äußern zu Darstellungen, die diese Kampfweise trotz der desaströsen Ergebnisse für die sowjetische Seite bewundernd hervorheben als "Vorteil der Sowjets: Ihre Panzer sind schneller und wendiger, was sie auch meisterhaft auszunutzen verstehen. Sie rollen immer wieder mit voller Fahrt ganz dreist in die deutschen Bereitstellungen hinein und befeuern auf kürzeste Entfernung deutsche Panzer." (FN 75) Wie solch ein Urteil gefällt werden kann, bleibt ein Geheimnis renommierter Publizisten wie des hier erwähnten.

Dieses extreme Angriffsverfahren erschwerte natürlich auch das Prinzip von Feuer und Bewegung auf den nächsthöheren Führungsebenen. Wahrscheinlich war es sogar unmöglich, etwas Vergleichbares zu praktizieren, was sich auf der deutschen Seite als das "Gefecht der verbundenen Waffen" darstellte. Jedenfalls ist schwer vorstellbar, wie Artilleriefeuer oder der Einsatz von Luftnahunterstützung koordiniert werden konnten mit solch einer ungestümen Bewegung, wie die sowjetischen Panzerverbände sie zeigten. Auch hatten die Sowjets offensichtlich keine Konzeption für das Gefecht der verbundenen Waffen, wie es sich auf deutscher Seite in der Organisation der "gepanzerten Gruppen" der Panzerdivisionen widerspiegelte. Wie erwähnt, wurden das Pz.Rgt. (oder zumindest die Masse davon) mit dem SPW-Bataillon sowie der Pz.Art.Abt. Sfl unter einheitlicher Führung zusammengefasst, so dass hier das enge Zusammenwirken von Panzern und Panzergrenadieren praktiziert werden konnte, die unmittelbare Feuerunterstützung verfügbar war und darüber hinaus durch die Fliegerleitoffiziere, die im gepanzerten Verband mitfuhren, die sofortige unmittelbare Luftunterstützung gewährleistet werden konnte. Solch eine Zusammenfassung von Kräften setzt eine konzeptionelle Vorstellung von der Führung des Gefechtes voraus. Damit waren die Deutschen den Sowjets weit voraus. Diese haben zwar allen Berichten zufolge die Minenfelder hervorragend mit dem vorgeplanten Feuer der Granatwerfer und Artillerie kombiniert, aber das war begrenzt auf eine stationäre Situation. Für die Bewegung hatten die Sowjets nichts dergleichen.

Unter dem Aspekt der Führung nach unserem Verständnis überrascht auch die Darstellung, die Rotmistrow von der Vorbereitung seiner Angriffsoperation gibt. Jedenfalls ist es mehr als erstaunlich, dass sich der Vertreter der Stawka, Wassiljewskij, und der Befehlshaber einer Armee, Rotmistrow, am Abend vor einem geplanten Angriff einer ganzen Armee auf "Kommandeurerkundung" begeben, dabei dort, wo sie die Ablauflinie geplant haben, auf Panzerspitzen des Gegners stoßen und in der Folge ihren ganzen Plan für den Angriff ändern müssen. Nach unserem Verständnis handelte es sich bei der bevorstehenden Operation um Ablösung durch Angriff, die frühzeitige Verbindungsaufnahme nach vorne erfordert. In jedem Fall hätte man erwarten können, dass die letzten Bereitstellungsräume der 5. GdPzA feindwärts gesichert worden wären, wenn nicht durch Kräfte vor Ort, dann durch eigene frühzeitig vorgeschobene Teile. Solche Führungsmaßnahmen sind eigentlich so selbstverständlich, dass man sie auch der höheren sowjetischen Führung unterstellen möchte. Auch kann man fragen, wie Wassiljewskij eigentlich irgend etwas zwischen der 5. GdA und der 5. GdPzA koordinieren wollte, was sein Auftrag war, wenn er keine Ahnung von der Lageentwicklung bei dem vorne führenden Großverband hatte. Die Frage, ob das damalige sowjetische Führungssystem grundsätzlich solches Führungsverhalten zur Konsequenz hatte oder ob das schon erwähnte Urteil aus der revidierten Fassung der "Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges" zutrifft, dass nämlich "ungeachtet der Fronterfahrung aus zwei Jahren Krieg die sowjetischen Führer, Stäbe und Truppe noch nicht das erforderliche militärische Handwerkszeug beherrschten",(FN 76) diese Frage wollen wir so stehen lassen.

Dagegen steht der Führungsablauf auf deutscher Seite als ein sauberes und stringentes, auch wohl von wechselseitigem Vertrauen getragenes Zusammenwirken über alle Führungsebenen von der HGrp bis zum Bataillon. Aber einen Aspekt gibt es, den man schlicht als unfassbar beurteilen muss: Dieser Aspekt ist die offensichtliche völlige Überraschung der deutschen Truppe durch das Auftreten der 5. GdPzA am 12.7. bei Prochorowka. Von Ribbentrop berichtet dazu: "Wir hatten zwar an den Vortagen davon gehört, dass die Sowjets die 5. GdPzA heranführten, aber bei Prochorowka sind wir taktisch völlig überrascht worden." (FN 77)
Dabei hatten die höheren Führungsebenen diese mögliche Entwicklung durchaus im Auge, denn man rechnete "... mit Heranführen neuer feindlicher Panzer- und mot. Reserven in den Raum Prochorowka und westl. davon...".  Die Aufklärung dieser Feindkräfte konnte nun freilich keine Aufgabe für die schwachen Div.Aufkl.Btl. sein, die ohnehin ständig für Kampfaufgaben eingesetzt wurden, und erst recht war das keine Aufgabe für die Gefechtsaufklärung der Regimenter, sondern musste wohl in die Verantwortung des KorpsKdo und der höheren KdoBeh fallen und vornehmlich durch Luft- und Fernmeldeaufklärung gelöst werden. Diese blieb jedoch ohne Erfolg, wie die Feindlagemeldung des Korps vom 10.7.43 19:00 Uhr verzeichnet: "Operative Luftaufklärung: ohne besondere Ergebnisse." Jedoch enthält die Feindlagemeldung des Ic (G2) des GenKdo II. SS Pz.K vom 11.7. 19:00 Uhr unter "Gesamteindruck" den Vermerk: "Feindverstärkung im Raum Prochorowka wahrscheinlich" (FN 79), ohne dass dafür Einzelheiten genannt worden wären.

Aus den Akten und den Berichten der Soldaten an der Front geht nicht hervor, dass eine gezielte Warnung vor neu herangeführten Feindkräften auf dem Führungsstrang nach unten gegeben worden wäre. So tat die Truppe in dem am meisten gefährdeten Abschnitt auf der Landenge westlich Prochorowka zwischen der Bahnlinie und dem Pssel-Fluss das, was sie nach sieben Tagen ununterbrochenen Einsatzes ohne Angriffsauftrag meinte ruhigen Gewissens tun zu können: Sie schlief endlich mal aus - und wurde dann ziemlich überrascht! Insgesamt war das nicht gerade ein Ruhmesblatt für das Zusammenspiel von G2- und G3-Gebiet auf der deutschen Seite.

Dieter Brand, Generalmajor a.D.
Geb. 1939; 1960 Eintritt in die Bundeswehr als aktiver Offizieranwärter, PzBtl 34, Nienburg; 1961/62 Lehrgänge im Zuge der Ausbildung zum Offizier HOS II in Hamburg, PzTrpSch in Munster; 1962 ZugFhr im PzBtl 34, Nienburg, Leutnant; 1963 S 2/S 1 - Offizier im PzBtl 34; 1965 S 3 - Offizier im PzBtl 34, Oberleutnant; 1966 KpChef 2./PzBtl 34, Oberleutnant - Hauptmann; 1968 S 3 - Offizier im Stab der PzBrig 3, Nienburg; 1970 Teilnahme am 13. Genst Lehrg FüAkBw, Hamburg, Major; 1973 Hilfsreferent im FüS III 5, konventionelle Rüstungskontrolle, BMVg Bonn; 1973 Mitglied der Delegation der Bundesrepublik Deutschland bei Rüstungskontrollverhandlungen MBFR, Wien; 1974 G 3 PzBrig 12, Amberg, Oberstleutnant i.G; 1976 Kommandeur PzBtl 324, Schwanewede; 1978 Leiter der Gruppe Truppenfachlehrer KTS II/PzTrSch, Munster; 1981 Chef des Stabes der 2. PzGrenDiv, Kassel, Oberst i.G.; 1983 Teilnahme am Lehrgang US Army War College, Carlisle; 1984 Kommandeur PzBrig 6, Hofgeismar, Oberst/Brigadegeneral; 1988 Stabsabteilungsleiter FüH III - Führung - BMVg, Bonn; 1991 Chef des Stabes des Heeresamtes, Köln, Generalmajor; 1992 Chef des Stabes Heeresgruppe Mitte/CENTAG - Heidelberg; 1993 stellv. Kommandierender General und Kommandeur der Korpstruppen IV. Korps, Potsdam; 1996 Beendigung des aktiven Dienstes.

Quelle ÖMZ 5/2003 u. 6/2003
Auszug mit freundlicher Genehmigung   Österreichischen Militärtärischen Zeitungschrift  
" Tradition ist die Flamme hüten und nicht die Asche bewahren "
Grüße aus Wien

Offline Landser162

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Re: Operation Zitadelle; Juli 1943 im Abschnitt der Heeresgruppe Süd
« Antwort #15 am: So, 24. Februar 2019, 03:48 »
Hallo leute  :]; mehr.........................................

Panzerbrigade 10 - Juli 1943.

Panther Ausf D.............................

Quelle: https://vk.com/wall-85523449?own=1&offset=780

Grüße. Raúl M  8).
« Letzte Änderung: So, 24. Februar 2019, 03:50 von Landser162 »

 


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