Autor Thema: Schwarzbuch der Weltgeschichte  (Gelesen 1786 mal)

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Offline zirkulon

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Schwarzbuch der Weltgeschichte
« am: Do, 29. März 2007, 12:55 »
Titel: Schwarzbuch der Weltgeschichte  5000 Jahre der Mensch des Menschen Feind
Herausgeber: Hans Dollinger
Verlag: Komet
Erscheinungsdatum: ??
Seitenzahl: 512
ISBN: 3-933366-17-8
Sonstiges:
Im Leben des Einzelnen rächt es sich, wenn Unangenehmes ins Unterbewußtsein verdrängt wird. Früher oder später taucht das Ungelöste - nun aber dramatisch böse und unabweisbar - wieder  auf und führt zu großer Erschütterung.

Nicht anders aber steht es mit Geschehnissen in Gruppen oder ganzen Völkern. Jeder glaubt ohne weiteres, dass "der Mensch des Menschen übelster Feind ist" - aber keiner möchte es hören, alle möchten lieber alles , auch wenn morgen vielleicht schon das Ungelöste böse und dramatisch hereinbricht. Deshalb also ist

die Notwendigkeit, sich damit zu
beschäftigen, unabweisbar!

Die Geschichte der Menschheit hat diese dunklen Seiten, hat diese Kehrseite, die in den Geschichtsbüchern immer übergangen wird. Über diese schwarzen Blätter der Menschheitsgeschichte legt dieses Buch Zeugnis ab: über die Verbrechen gegen den Menschen, über Verfolgungen, Vertreibungen, Massenflucht, Aussiedlung und Ausrottung.

Augenzeugen und Zeitgenossen sind die Berichterstatter dieser Dokumentation der Taten gegen die Menschlichkeit in rund fünf Jahrtausenden; begangen im Namen von Königen, von Völkern, im Namen der Freiheit so gut wie im Namen der Staatsräson oder der Religion. Die dabei handelten, was waren sie:

Helden - oder Verbrecher?
Vorbilder - oder des Abscheus wert?
Idealisten - oder Dummköpfe?
Heilsbringer - oder Fanatiker?
Führer - oder Verführer?

Gilt das Urteil von Jacob Burckhardt über die Weltgeschichte auch heute noch:" Alle politische Größe ist mit furchtbarsten Verbrechen erkauft worden. Der Feind ist nur eine Atempause bis zum nächsten Völkermorden."?

Diese Buch zeichnet das Bild des Menschen, der Geschichte erleidet, der Opfer einer vom falschen Glanz des Sieges und Ruhmes überdeckten Weltgeschichte ist; Opfer auch des kaum bezähmbaren Triebes zum Hassen und Vernichten.

Gruß
Michael
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Offline zirkulon

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Schwarzbuch der Weltgeschichte
« Antwort #1 am: Do, 29. März 2007, 13:15 »
Ich habe gerade noch einen interessanten Link zum Herausgeber im Netz gefunden:

Link Hans Dollinger


Zitat
Laudatio
Sehr geehrter Herr Dollinger,

unsere Redaktion hat Ihnen für das Schwarzbuch der Weltgeschichte den Historikerpreis verliehen.

Wir wünschen Ihnen persönlich und diesem aufklärenden Buch weiterhin viel Erfolg!

Aus der Vielzahl interessanter Beiträge zur Geschichte ragt Ihr Werk heraus, da der anstehende Kalenderwechsel auf das Datum 2000 von vielen Menschen als historische Zäsur empfunden wird, die eine Bilanz in Art und Weise Ihres Buches nahe legt.

Das Schwarzbuch der Weltgeschichte gewinnt durch die geradezu erbarmungslose Verständlichkeit.  Jedermanns ideologische oder intellektuelle Vorurteile treten hinter die Darstellung historischer Fakten menschlichen und politischen Versagens zurück.
So förderten Sie notwendiges Geschichtsbewusstsein, dass den wahren Wert politischer Ziele in Relation zu den Mitteln ihrer Durchsetzungsmethoden stellt. Der Zweck heiligt nicht die Mittel.

Wir verleihen hiermit den Historikerpreis erstmalig und freuen uns sehr, in Ihnen einen Preisträger gefunden zu haben, wie wir ihn uns bei Gründung dieses Preises vorgestellt haben.

Verbunden mit der Preisträgerschaft ist die Möglichkeit, an den kommenden Preisvergaben mitzuwirken.

Wir danken Ihnen für Ihren ausgezeichneten Beitrag zur Geschichtsbewusstmachung!

  Berlin am 31. Dezember 1999

  Markus Sebastian Rabanus

  Redaktion http://www.historikerpreis.de  

  Schwarzbuch der Weltgeschichte
  erschienen bei KOMET  ISBN 3-933366-17-8


Gruß
Michael
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Schwarzbuch der Weltgeschichte
« Antwort #2 am: Do, 29. März 2007, 18:36 »
Ein kleiner Auszug aus dem Buch:

Zitat
Zweieinhalb Jahre später brannte der Himmel über Warschau, Hunderte von Einwohnern der polnischen Hauptstadt starben unter dem Feuerhagel der deutschen Sturzkampfbomber, Tausende wurden obdachlos. Hitler, der mit seinen braunen Horden die erste Demokratie in Deutschland liquidierte, hatte seinen Eroberungskrieg mit dem Überfall auf das fast wehrlose Polen vom Zaum gebrochen. Einer der zahlreichen deutschen Gelehrten, deren Schriften den Boden für den Rassenwahn der Nationalsozialisten vorbereiteten, der Philosoph und Psychiater Kurt Hildebrandt, gab im Jahre 1939 eine plausible Erklärung für die Motive des Denkens der faschistischen Eroberer: " Eine gewaltige Auszumerze ist der Krieg. Wenn auch manche Untüchtige für immer geschädigt werden, so werden doch gerade sie im wesentlichen geschont, die Tüchtigen vernichtet. Die direkte Ausmerze des Krieges ist also ausgesprochen contraselektorisch. Dies gilt aber nur, so weit wir unsere Betrachtung auf eine Nation beschränken. Betrachten wir aber die Nationen in ihrer Mehrheit, so wird die siegreiche, im allgemeinen also kräftigere, vielleicht Bedingungen durchsetzen, die ihre Volksvermehrung ungeheuer steigern!... "
Nacheinander überzogen die deutschen Faschisten mit ihren Verbündeten Polen, Dänemark, Norwegen, Belgien, Holland und rankreich, dann die Balkanländer, Nordafrika von Tripolis bis Ägypten und schließlich die Sowjetunion mit der Furie eines Krieges, der noch grauenvoller als alle bisherigen war, weil seine waffentechnische Todesmaschinerie noch gezielter und massiver mordete. Die Menschen in diesen Ländern wurden in einen Strudel von Angst und Tod gerissen. Ein junger deutscher Soldat in Frankreich beobachtete dieses Ausgeliefertsein bei einer alten Frau, der er begegnete und von der nach Hause schrieb:

" Nur schwer ließ sie sich bewegen, aus Furcht vor neuen Granaten und aus Angst vor dem Ungewissen. Wir führten sie in ihre Wohnung zurück, die Straße hinauf. Mit zitternder Stimme dachte sie an ihren Sohn, der 1918 gefallen war, an ihrer Tochter, die 1914, im August, bei der Geburt von Zwillingen vor Angst und Schrecken gestorben war, während der Mann im Felde war. Im Zimmer lagen Wäsche, Geschirr, Stühle, Tische, Kästen durcheinander, dass Dach war geborsten und schien darauf zu warten einzustürzen. Verstaubt lag in einem Winkel das Bild des gefallenen Sohnes. Weinend griff sie danach und drückte ihre Lippen auf das Glas. Wie ich dann gehen wollte, griff sie nach meinen Händen....."

Millionen anderen Frauen in allen von Krieg heimgesuchten Ländern ging es so. Ein junger Russe erlebte den Überfall der faschistischen Soldaten und die Flucht seiner Landsleute:
" An den Händen der Mütter, auf den Schultern der Väter - Kinder. Manche fahren ihre Kinder in Wagen, andere halten die ganz Kleinen an der Hand. Sie führen auch Ziegen und Kühe mit sich. In den Händen und auf dem Rücken trägt jeder, was ihn zuletzt in die Hand fiel, den Pelz, die Kerze, einen Sack mit Mundvorrat, einen Topf mit Blumen... Nur langsam überholen die Lastwagen die Menge. Sie werden gestürmt, man bittet mitgenommen zu werden, hängt sich hinten an, fällt herunter. Manche Lastwagen sind zum Brechen voll mit Menschen beladen. Das sind die glücklichen, sie müssen nicht zu Fuß gehen.... "

Die Soldaten auf beiden Seiten spüren hautnah die von Gefecht zu Gefecht: " Man besteigt die Fahrzeuge, die Motoren werden angeworfen, fast, als sei gar nichts gewesen. Da merkt man plötzlich, dass der Platz neben einem leer geworden ist... ", schrieb ein deutscher Offizier nach Hause. In feindliche Gefangenschaft geratene Soldaten waren zu langwieriger, oft unmenschliche Haft verurteilt. Die Haft für politische Gegner in den berüchtigten Kellern der Gestapo wurde für Millionen von Verfolgten innerhalb und außerhalb Deutschlands zur Hölle. Der tschechische Kommunist Jan Valtin, der diese Hölle überlebte, schrieb in seinen Erinnerungen:

" Einhundertundeinen Tag dauerte die Inquisition. Alle diese Wochen und Monate kämpfte ich wie ein verwundetes Tier in einer Falle. Es waren Einhundertundein Tage blutbefleckter Finsternis inmitten mitleidloser Unhholde. Abgesehen von einer Woche war ich die ganze Zeit allein, oder eben in Gesellschaft der Folterknechte. Zwei Monate lang lag ich in Ketten und in Einzelhaft. Drei Monate lang sah ich nicht einmal ein Stück Seife, noch wurde mir die Möglichkeit gegeben, zu baden oder mich zu rasieren. Ich schrieb keine Briefe und empfing keine. Die Welt draußen hatte für mich aufgehört zu existieren."

Die Greuel im Verlauf des Kriegsgeschehens waren zahllos und die Betroffenen demselben ohnmächtig ausgeliefert. Nur ein Beispiel: nicht weniger als eine Million Menschen starb allein während der deutschen Belagerung in der Stadt Leningrad von 1941 bis 1943. Die Prawda schrieb am 20. Jahrestag der Blockade, dass " die Welt noch nie eine ähnliche Massenvernichtung der Zivilbevölkerung, so furchtbare menschliche Leiden und Entbehrungen erlebt hat, wie sie das Schicksal den Leningradern aufgebürdet hat".

Hitlers Faschisten errichteten in allen eroberten Ländern ein gut organisiertes Terrorregime mit einer Besatzungs - und Bevölkerungspolitik nach dem Motto" beherrschen, verwalten und ausbeuten ". Millionen "fremdvölkischer Zivilarbeiter "wurden "ausgehobenen "und zur Zwangsarbeit "umgesiedelt ". Tausender von Geiseln wurden von den SS - Polizeieinheiten in den besetzten Gebieten gefangen gehalten und schließlich erschossen. Nach welchen Prinzipien die SS - Einheiten ihre Kriegsverbrechen verübten, geht aus einer Schrift des SS - Hauptamtes aus dem Jahre 1942 hervor, wo es heißt: "die Aufgabe der SS muss es sein, die europäische Jugend zu einer harten und entschlossenen Front zusammenzuschließen. Der westliche Gegner ist nicht bereit, für eine höhere Welt zu sterben, weil er sie nicht kennt. Der Gegner im Osten hat den Völkern bisher nur Unterdrückung und Entbehrungen gebracht. Wenn es unantastbare Menschenwerte gibt, dann werden sie von der Front des deutschen Heeres verteidigt. Auf unserer Seite steht die neue Idee... "

Dies Weltanschauung forderte insgesamt 52 Millionen Menschenleben, auch hinter der Front, wie etwa bei den sowjetischen Partisanen, deren Losung hieß "nur vorwärts, damit es den Faschisten eng wird auf dieser Erde" und bei den Widerstandskämpfern in Frankreich, Griechenland, Jugoslawien und Italien, in Norwegen, Dänemark, Holland und Belgien. Ein italienischer Widerstandskämpfer schrieb wenige Wochen vor seinem Tod im Jahre 1944:  " Heute ist die Stunde der Diktaturen. Und die Diktaturen würden immer, auch wenn es ihnen gelänge Wunder zu wirken, Straßen und Brücken zu bauen, Sümpfe trocken zu legen, siegreiche Kriege zu führen und neue Reiche zu gründen, gleich verachtenswert bleiben, weil sie den Menschen ignorieren, seine Würde demütigen und seine wesentlichen Werte leugnen. "

Gruß
Michael
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« Antwort #3 am: Fr, 30. März 2007, 09:50 »
Noch ein Auszug:

Zitat
"Sie sind es, die die anderen am Leben halten, die sie ernähren und ihren Fortbestand sichern. Und sie selbst sind den größten Qualen ausgesetzt. Sie ertragen Schneefälle, Regengüsse und Unwetter und öffnen die Erde mit ihren Händen. Sie führen ein hartes, elendes Bettlerleben. Und doch weiß ich wirklich nicht, wie die anderen ohne diese Menschen weiterleben sollten. "So hat der Franzose Benoit de Saint-More, ein Sänger und Schriftsteller des 12. Jahrhunderts, das Leben der Bauern im Mittelalter geschildert und damit schon lange vor den großen Bauernrebellionen im späten Mittelalter klar ausgesprochen, welche Gesellschaftsschicht in der mittelalterlichen Ständeordnung gleichzeitig dem stärksten Druck ausgesetzt war und die größte Verantwortung für alle zu tragen hatte.
Der Landbesitz und seine Bewirtschaftung war die Grundlage dieser Ordnung. Doch denjenigen, die Grund und Boden bearbeiteten, brachte ihre mühevolle Arbeit oft nicht einmal für sie selbst das Lebensnotwendige an Brot und Kleidern ein. Die Herren über Grund und Boden waren die Adeligen, die ihren Landbesitz in kleinen Stücken den Bauern zur Bebauung gaben - und zwar zum Vorteil der Grundherren, denen die "leibeigenen" Bauern jeden Monat hohe Abgaben zuführen, denen sie sich zu Fronarbeiten stellen und denen sie schließlich von der Ernte den zehnten Teil jedes Ernteertrages ("Zehnten") abliefern mussten. Die Herren wiederum waren ihren Lehnsherren, den Fürsten und Königen, tributpflichtig. Da diese genauso daran interessiert waren, viel Ertrag aus der Landwirtschaft herauszuholen, verstärkte sich der Druck auf die Bauern immer mehr.

Bei dieser neuen Form der Sklaverei sah es auf den ersten Blick betrachtet so aus, dass der leibeigene Bauer des Mittelalters gegenüber dem Sklaven der Antike den großen Vorzug hatte, mit größerem Interesse seiner Tätigkeit nachgehen zu können, weil er in ein eigener Verantwortung das zur Pacht gewährte Land bearbeiten konnte. Aber der jährliche Pachtzins in Form von Geld, Arbeitskräften und Produktion wurde von den Lehnsherren durch neue Schikanen ständig beliebig vergrößert. Da wurde Backgeld für Brot oder Kuchen verlangt, dass selbst gebraute Bier musste abgegeben werden, ein Geburts- und Feiertagen der Burgherren waren zusätzliche Abgaben in Naturalien fällig. Selbst vor persönlichen Schikanen schreckten viele Gutsherren nicht zurück, wie es in einer zeitgenössischen Chronik heißt: " Wie die Erstlinge des Viehs und der Feldfrüchte dem Gutsbesitzer gehörte, so auch die Blüte der Jungfrauschaft der weiblichen Untertanen, was die Rechtslehrer das >jus primae noctis<  ( Recht der ersten Nacht ) nennen. Nur den Hässlichen war es gestattet, ihre Blume abzukaufen...  " Der Burgherr konnte auch seine Leibeigenen nach Belieben aus der Pacht entlassen, und eine Pacht ging nur dann auf Kinder über, wenn es dem Gutsherren gefiel. Vielfach konnte der Leibeigene - vor allem in Frankreich - unabhängig von seinem Grund und Boden verkauft werden. Die Verhältnisse waren also von denen der Sklaven im alten Rom nicht weit entfernt. Dafür spricht auch dieses deutsche Menschenhandels - Dokument aus dem 14. Jahrhundert:

"Ich Konrad, Truchsess von Urach und Ritter, tue kund und sage öffentlich an mit diesem Brief allen denen, die ihn lesen, sehen oder lesen hören: daß ich den geistlichen Herren, dem Abt und dem Konvent des Klosters zu Lorch, die zwei Frauen Agnes und ihre Schwester Mahilt, des seeligen Degan Reinholds Töchter, und ihre Kinder, die sie haben werden, um drei Pfund Heller verkauft habe. Das Geld ist mir gezahlt, darüber gebe ich diesen Brief, mit meinem Siegel, das daran hängt. Nach Christi Geburt im Jahre 1333. "

Schon ab dem 8. Jahrhundert und während des ganzen Mittelalters hindurch entluden sich immer wieder die ständig gegebenen sozialen Spannungen in Unruhen und Aufständen der Bauern - nicht nur in Europa. In China zum Beispiel hielten im 9. Jahrhundert Bauernunruhen fast zehn Jahre lang an, und bereits im 5. und 6. Jahrhundert wüteten blutige Bauernunruhen im Gebiet des heutigen Iran. Die Situation war in aller Welt so, wie sie der Historiker Johannes Bühler vor fünfzig Jahren beschrieben hatte:

"Das ganze Mittelalter hindurch werden irgendwo Bauern aus ihren brennenden Hütten verjagt, ihre Felder verwüstet, wird Ihr Vieh weggetrieben, werden sie selbst erschlagen, erstochen, ihre Weiber geschändet. Derweil Gottes Gelehrte in ihren Zellen und Stuben erhabene Theorien von dem einigen Leid der Christenheit ersinnen, ergießt sich über die Lande der Blutstrom der "geliebten Kinder Gottes", und derweil Mönche und Nonnen in ihren Chorgesängen Gott lobpreisen, widerhallen die Dörfer, Felder und Wälder von dem Wehgeschrei der von christlichen Rittern, den berufenen Schirmern der Armen und Unterdrückten, mißhandelten Bauern... "

Eine Schilderung des ganzen Ausmaßes der Unterdrückung der Bauern im Mittelalter, vor allem die Dokumentation der blutigen Bauernkriege des 15. und 16. Jahrhunderts, ist allein mit Zeugnissen schreibkundiger Zeitgenossen nicht gerecht zu erfassen. Diese waren ja in der Regel auf Seiten der Unterdrücker beziehungsweise in deren Diensten und berichteten entsprechend tendenziös. Vor etwa zwei Jahren sagte Bundespräsident Heinemann bezüglich der deutschen Bauernkriege im 16. Jahrhundert:
" Einer demokratischen Gesellschaft steht es... schlecht zu Gesicht, wenn sie in den aufständischen Bauern von 1525 nichts anderes als meuternde Rotten sieht, die von der Obrigkeit schnell gezähmt werden und in die Schranken des untertägigen Gehorsams verwiesen wurden. So pflegen Sieger die Geschichte zu schreiben. "

In der überwiegenden Geschichtsschreibung der "Sieger" gerann schon in den damaligen zeitgenössischen Texten das Porträt eines Bauern ebenso wie in der mittelalterlichen Literatur, zur Karikatur: " Er hat ungeheure Arme, plumpe Glieder. Die Augen sind eine Hand weit voneinander entfernt. Es ist breitschultrig und borstenhaarig. Seine Brust ist breit und sein Gesicht kohlschwarz..." Oder der Umgang mit den Bauern wurde, gemäß einem französischen Sprichwort, den höheren Kreisen so empfohlen: " Sei nachsichtig mit dem Bauern, und er wird aufsässig. Fass ihn hart an, und er respektiert dich. "

Aber die " breitschultrigen und borstenhaarigen" Bauern besannen sich auf ihre "breite Brust " und den Gebrauch ihrer "ungeheuren Arme"  Sie lehnten sich auf die gegen die Haltung der " Sieger " zu denen auch die Mehrheit der Bischöfe und Klosteräbte gehörte, während viele Landpfarrer auf Seiten der Armen standen. "Gott selbst hat gewollt, dass es unter den Menschen Herren und Leibeigene gibt", sagte damals ein französischer Mönch. Aber schon 997 überlegten sich die normannischen Bauern, so der romantische Dichter Wace (1110 - 1183): " Warum lassen wir uns denn von ihnen das Fell über die Ohren ziehen? Schütteln wir ihr Joch ab! Auch wir sind Menschen wie Sie, haben Glieder wie die ihren; unsere Körper sind ebenso stark, und wir können ebenso viel ertragen... Binden wir uns durch einen Eid, uns und unsere Habe zu verteidigen! Halten wir zusammen! Dann haben wir, wenn sie Krieg gegen uns führen wollen, ein oder zwei Dutzend kampffähige Bauern gegen jeden ihrer Ritter. "

Immer häufiger fanden Anschläge der Bauern gegen ihre Peiniger statt, wurden Burgen erobert und Barone in Ihre eigenen Kellerverließe geworfen. Anfangs wussten aber dann die außer Rand und Band geratenen Bauern meist nicht mehr weiter. Sie zerstörten die Häuser und Gerätschaften auf den Burgen, taten den ihnen in die Hände fallenden Frauen Gewalt an und versuchten ihre Angst vor der unweigerlich nachfolgenden Vergeltung für ihren Aufruhr im Weinkeller der eroberten Burg zu betäuben. Andere, besonnenere Bauern, versuchten die eroberte Burg gegen alle Widerstände, längere Zeit zu halten. Doch das Ende sein jeden Fall immer wieder so aus: die Bauern wurden über kurz oder lang von den Söldnern der Burgherren in der Nachbarschaft, die ihrem gefangenen Klassenbruder zu Hilfe eilten oder ihn rächen wollten, umzingelt, und Dank deren überlegener Kriegskunst überwältigt. Danach folgte die schreckliche Abrechnung auf eigene Faust: Folter und Galgen. Viele Grundherren konnten die Urteile der Gerichte auch bei größeren Aufständen nicht abwarten. Der Normanne Wace berichtete beispielsweise von einem Burgherrn namens Raoul im Bauernaufstand in der Normandie:

"Raoul ärgerte sich so sehr, dass er nicht erst den Urteilsspruch abwartete. Mehreren ließ er die Zähne ausreißen, andere ließ er mit Pfählen durchbohren, wieder anderen die Augen ausreißen und die Fäuste abschneiden. Allen ließ er die Kniekehlen verbrennen... "

Das Los der Unfreien wurde aber nun mitzunehmendem Wohlstand aller anderen Gesellschaftsschichten in der Blütezeit des mittelalterlichen Feudalsystems nicht besser. Im Gegenteil, die Verbindung von oben nach unten, zu den Leibeigenen, riß ganz ab. Der Stand der Leibeigenen wurde nicht nur härter, er wurde auch immer missachteter, zu einem Schandfleck. Hinzu kam der zunehmende Mangel an Arbeitskräften nach dem verheerenden Pestjahren im 14. Jahrhundert, der zur Verschuldung der Grundherren und zu neuen Zinslasten für die Leibeigenen und zur Erhöhung der Frondienste führte. Um dies alles zu erleichtern wurden die Leibeigenen in ihrer Rechtsstellung schließlich doch dem " rechtlichen "Status der antiken Sklaven durch das Wiederaufleben des römischen Rechts angeglichen, das gute Dienste für die Herren leistete, aber bei den Bauern noch mehr böses Blut machte und sie nun für ihre erhöhten Frondienste Bezahlung forderten. Eine gewisse Verselbstständigung der Bauern war zwar die Folge dieser zugespitzten Lage, und auch das Absinken des niederen Adels in wirtschaftlich schlechteren Situationen brachte später den Bauern Vorteile. Allerdings gingen diese in Notzeiten, bei Missernten oder in Kriegen schnell wieder verloren. Die Herren halten sich immer zu Lasten der Bauern aus den Schwierigkeiten heraus.

Gruß
Michael
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« Antwort #4 am: Mo, 02. April 2007, 10:02 »
ein weiterer Auszug:

Zitat
Die Geschichte der Menschheit begann um 3000 v. Chr. Damals ließen sich im Europa der Jungsteinzeit die ersten Großfamilien in größeren Siedlungen nieder und begannen mit Ackerbau und Viehzucht; zur selben Zeit entstanden die ersten Hochkulturen der Geschichte am Nil in Ägypten, an Euphrat und Tigris in Mesopotamien, am Indus in Indien und am Hoangho in China.
Die Menschen dieser ersten Hochkulturen bildeten sehr bald eine je nach Herkunft und Beruf streng gegliederte Gesellschaft. Ganz oben stand der Herrscher, der die Macht über alle und alles hatte, ein Priesterkönig und Stellvertreter des Gottes, dem die Stadt gehörte. Ganz unten befanden sich die am meisten Getretenen, die Sklaven. Dazwischen befahlen und arbeiteten, kämpften und litten die Priester, Krieger, Beamten, Handwerker, Händler und Bauern. An dieser Ordnung des menschlichen Zusammenlebens vor 5000 Jahren hat sich bis heute nur wenig geändert.

Die Herrscher in Ägypten waren die Pharaonen, die sich als Söhne Gottes oder auch selbst als Gott verehren ließen. Für ihre Gräber ließen sie sich riesige und prunkvolle Totenhäuser errichten. Ganze Heere von Arbeitern und Handwerkern schufteten sich zu Tode, um etwa für die berühmte Cheops - Pyramide aus Steinbrüchen, die hunderte von Kilometern entfernt lagen, rund zweieinhalb Millionen Steinblöcke, von denen manche 150 und alle im Durchschnitt zweieinhalb Tonnen Wogen, heran zu schaffen. Der Grieche Herodot, der um 450v. Chr. Ägypten bereist hat, schrieb über diese Pyramide, ihren Erbauer und die Ausbeutung der Arbeiter:
"Bis auf den König Rampsinit nun, sagten sie, sei in Ägypten Recht und Gerechtigkeit gewesen, und das Land hätte sich in großem Wohlstande befunden; aber nach diesem sei Cheops König geworden, der es ganz schlecht getrieben habe. Denn zuerst hätte er alle Tempel geschlossen und sie vom Opfer abgehalten; sodann hätte er befohlen, dass alle Ägypter ihm Frondienste leisteten. Und einige hätte er angestellt, dass sie aus den Steinbrüchen im arabischen Gebirge Steine bis an den Nil zögen, und wenn die Steine auf Fahrzeugen über den Fluss gesetzt waren, stellte er andere an, die sie von da bis an das Libysche Gebirge ziehen mussten. Und es arbeiteten je zehnmal zehntausend Mann drei Monate hindurch. Und es dauerte, da das Volk so bedrückt war, zehn Jahre, dass sie den Weg bauten, auf dem sie die Steine zogen - ein nicht geringeres Stück Arbeit als die Pyramide selbst."
Bei diesem unmenschlichen Übermaß aufgezwungener Frondienste, die Jahrhunderte hindurch alltäglich waren, kam es bei den ägyptischen Arbeitern immer wieder zu Aufständen gegen die Aufseher und Vorarbeiter. Immer wieder verlangten die geschundenen erträglichere Arbeitsbedingungen, wie diese Aufzeichnungen an einen Vorarbeiter beweisen:
"Hunger und Durst hat uns hierher gebracht, wir haben keine Kleider, wir haben kein Öl, wir haben kein Essen. Schreibe unserem Herrn dem Pharao darüber und schreibe dem Statthalter, der über uns gesetzt ist, damit man uns etwas für unseren Unterhalt gebe."
Unterdrückung und Ausbeutung waren seit Beginn der Weltgeschichte das Los der Masse der Menschen in den unteren Klassen. Hinter den gewaltigen kulturellen Leistungen der Ägypter, Sumerer und Babylonier, die wir in ihren ausgegrabenen Kult- und Kunstzeugnissen bewundern, steckt die Arbeit ungezählter Namenloser, deren Blut, Schweiß und Tränen. Über ihren wenig glanzvollen Alltag blieben wenige Zeugnisse. Ein Stoßseufzer ist uns aus dem dritten Jahrtausend v. Chr. überliefert, er ist erstaunlich modern und doch uralt: "die Herzen sind raubgierig. Jedermann nimmt, was seinem Nächsten gehört! "

Gruß
Michael
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« Antwort #5 am: Mo, 02. April 2007, 10:17 »
weiter:

Zitat
Auch aus dem alten Mesopotamien, wo einst der Garten Eden, das Paradies gewesen sein soll, in dem Mensch und Tier friedlich miteinander lebten und in dem der Mensch den Menschen nur als Freund und Bruder kannte, erreicht uns aus dem Ende des dritten Jahrtausends v. Chr. im Gilgamesch - Epos der Sumerer eine ganz andere Botschaft. Dort ist über die Errichtung der Mauern um Uruk zu hören:

"Held Gilgamesch erbaute Uruks Mauer,
die mächtige, die da steht wie erzgegossen,
so lotrecht sind die Ziegel aufgetürmt.....
Ersteiget Uruks Mauer, geht auf ihr,
bewundert ihren allgewaltigen Bau!
Die Männer Uruks zürnten sehr und schalten,
die Mütter und die Töchter klagten weinend,
denn schwer lag ihres Königs Hand auf ihnen,
und seine Herrschaft dünkte Uruk hart.
Die Mauer, rühmenswert in späten Tagen -
in harter Fron ließ er sie auferbauen.
Es werkten hier die Männer Tag und Nacht.
Es durfte nicht der Sohn den Vater suchen,
das Mädchen konnte seinen Freund nicht sehn,
der Mann die Gattin in den Arm nicht nehmen:
was lebte, diente einzig nur dem Bau......"

Unter den Stadtfürsten der ersten Hochkulturen gab es gelegentlich auch den Einäugigen unter den Blinden, einen Reformer und Humanisten seiner Zeit, der das Los der Menschen zu verbessern suchte. Bei den Sumerern war dies Urukagina, der Fürst von Lagasch. Die Inschriften, die aus seiner Zeit unvollständig erhalten blieben, dokumentieren erstmals den Willen eines Herrschenden zu sozialen Veränderungen:
" Er sprach, und die Kinder von Lagasch befreite er von Dürre, von Diebstahl, von Mord... Er setzte ein die Freiheit. Der Waise und der Witwe trat der Mächtige kein Unrecht an... "

Aber dann berief sich einer der zahllosen Blinden in der Weltgeschichte auf seinen göttlichen Auftrag, hinter dem er eigene Machtansprüche und Eroberungsgier verbarg, und befahl in diesem göttlichen Auftrag Grausamkeit, Verwüstung, Schändung und Schlächterei unter den Nachbarn. Zur Zeit von Urukagina von Lagasch hieß der Blinde Lugalzaggisi, der Herrscher des benachbarten Umma. Er überfiel etwa um die Mitte des dritten Jahrtausends v. Chr. die Stadt Lagasch und zerstörte sie. Die Klage der Geschlagenen um ihren König und über ihr Elend gehört zu den  bewegendsten Dokumenten der Weltgeschichte:

" Die Männer Ummas haben Brand gelegt,
das Antasurra setzten sie in Flammen,
sie raubten Silber, raubten Edelstein,
vergossen Blut in Tirasch, dem Palast!
Ja, Blut vergossen Sie im Enliltempel
und wieder Blut in Babas Heiligtum... "

Dokumente über Zerstörungen von Städten, Ausplünderungen der Feinde und Versklavungen der Gefangenen kennt die Weltgeschichte mehr als Erlasse und Urkunden wie die eines Urukagina. Diese sumerischen Königsgräber in Ur beweisen uns außerdem, dass die Stadtkönige jener Zeit ihren göttlichen Auftrag auch im Jenseits fortführen wollten und deshalb viele Soldaten, Tänzerinnen, Musikanten, Zofen, Beischläferinnen, Fahrer und andere Diener und Dienerinnen mittels Gift mit in den Tod nahmen oder beim Tod der Königinnen, mit in den Tod schickten. Der Fluch der Eroberungen der Stadtfürsten Lugalzaggisi von Umma, der in Lagasch " Blut und wiederum Blut vergossen " hatte, fiel im vierundzwanzigsten Jahrhundert v. Chr. auf ihn selbst zurück. Aus den Wüsten im Norden stürmte ein noch stärkerer Eroberer gegen die sumerischen Phalanxen des Lugalzaggisi heran und vernichtete sie - ein historischer Vorgang, wir er bis heute leider der Hintergrund aller Veränderungen menschlicher Gemeinschaften ist. Der neue Eroberer in Mesopotamien war Sargon I., der um 2350 v. Chr. die semitische Dynastie von Akkad begründete und wegen seiner weit reichenden Eroberungen, bei denen er reiche Beute machte und tausende von Menschen tötete, den Beinamen " der Große " erhielt....

Gruß
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