Autor Thema: Oberfeuerwerker Polet - Richtigstellung einer Geschichtslüge  (Gelesen 1748 mal)

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Offline Adjutant

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Oberfeuerwerker P O L E T - Richtigstellung einer Geschichtslüge

Die österreichische Geschichte, reich an großen Männern und großen Taten wie die kaum eines anderen Volkes, fällt zuweilen  -  wenn auch nur selten  -  empörende Fehlurteile.
Hier ein besonders krasser Fall :

POLET !   Der Name eines braven österreichischen Soldaten, dem von der Öffentlichkeit eine schändliche Tat in die Schuhe geschoben wurde, die er in Wirklichkeit gar nicht begangen hatte;  eines Mannes, der dadurch unschuldiger-weise als gebrandmarkter Verbrecher in die Weltgeschichte einging.

Hier  die Tatsachen nach den noch vorhandenen  Kriegsakten, wie sie sich wirklich ereignet haben:

Vor der Märzrevolution 1848 standen im Inneren Burghof zu Wien zu beiden Seiten der Burghauptwache zwei Geschütze, die dazu bestimmt waren, im Fall eines großen Brandes, einer Überschwemmung, eines Volksauflaufes oder eines Aufruhrs Alarmschüsse abzugeben und dadurch  da es ja damals noch kein Telephon gab  die Garnison auf rascheste Weise zu alarmieren.

Ihrer Bestimmung, als bloße Lärmkanonen gemäß, hatten sie keine scharfe Munition, sondern nur blinde Pulverladungen.  Diese beiden Geschütze standen jeden Tag unter Kommando eines anderen Oberfeuerwerkers des Wiener k.u.k. Bombardierkorps.

Als nun der Aufstand am 13. März 1848 losbrach und sich auf dem Michaelerplatz vor der Hofburg  eine große Menschenmenge ansammelte, befahl der kommandie-rende General, die beiden Kanonen vor das Michaelertor zu schaffen und sie dort zur Abschreckung der Aufrührer drohend, mit den Mündungen gegen den Kohlmarkt gerichtet, aufzustellen.

Als dann im Laufe des Tages die Volksmenge auf dem Michaelerplatz immer größer und ihre Haltung immer drohender wurde, als die zum Schutz des Tores aufgestellte Truppe beschimpft, mit Steinen beworfen und vereinzelt auch beschossen wurde; als die Aufrührer sich schließlich anschickten, das Michaelertor mit bewaffneter Hand zu erstürmen, gab der General dem die beiden Kanonen kommandierenden Oberfeuerwerker den Befehl, das Feuer auf die anstürmende Volksmenge zu eröffnen.

Daraufhin meldete der Oberfeuerwerker es war an diesem Tag ein gewisser POLET – dem General pflichtgemäß, dass die Geschütze nur blinde Munition hätten, ein Blind- oder Hochfeuern bei Tumulten aber nach Paragraph zweiundsiebzig des Dienstreglements für das k.k.Heer streng verboten sei;   auch würde ein solches Blindschießen so gab er dem General zu bedenken die knapp vor den Geschützen aufgestellte eigene Truppe aufs höchste gefährden. Solches einsehend, nahm der General von seinem Schießbefehl Abstand.

Aus diesem den  Vorschriften vollkommen entsprechenden Vorgang machte die Fama  hinterher eine äußerst dramatische Begebenheit. Es hieß.  Dieser Ober-feuerwerker Polet  habe dem General den Gehorsam versagt, er habe sich geweigert, auf das Volk zu schießen,  ja, es wurde sogar behauptet, Polet habe sich vor die Mündung eines der Geschütze gestellt, um zu verhindern, dass seine Leute das  Feuer eröffnen.

An  alledem  ist  kein  Wort  wahr !!

Wäre es wirklich so gewesen, wie die Fama lügt, so wäre dieser meuternde Unteroffizier nach dem damaligen sehr strengen Disziplinarvorschriften wegen Gehorsamsaverweigerung in Kriegszeiten selbstverständlich verhaftet und vor ein Kriegsgericht gestellt worden.
So aber wurde diesem Polet nicht nur kein Haar gekrümmt, sondern er selbst bat, als ihn in den Tagen nach dem Aufstand die über ihn umlaufenden Gerüchte zu Ohren kamen und ihn die Kameraden zu meiden begannen, um seine militärgerichtliche Untersuchung.
Diese fand auf Befehl des dienstlich sehr strengen Wiener Militärgouverneurs, des k.k.Feldmarschalleutnants Fürsten Alfred Windischgrätz, alsbald statt. Sie ergab die völlige Grundlosigkeit der über Polet herumschwirrenden Gerüchte;  sie bestätigte, dass der Oberfeuerwerker vollständig pflichtgemäß und den bestehenden Vorschriften entsprechend, gehandelt habe. Die Untersuchung wurde daher auf Befehl des Fürsten niedergeschlagen.

Aber noch mehr:
Siebzehn Tage nach dem Vorfall beim Michaelertor wurde der Oberfeuerwerker Polet für sein wackeres Verhalten beim Märzaufstand vom Kaiser Ferdinand außer der Rangtour zum k.k.Leutnant befördert, was wohl am besten seine völlige Schuldlosigkeit beweist.

Leutnant Polet machte dann noch die Niederwerfung der Aufstände in Prag und Wien als zweiter Offizier einer Zwölfpfünderbatterie mit.

Im nachfolgenden Feldzug gegen Ungarn 1849 wurde er – wieder außer der Rangtour  zum Oberleutnant befördert und für sein tapferes und erfolgreiches Verhalten in der Schlacht von Iszaszig mit dem Militärverdienstkreuz ausgezeichnet.  Alle diese Ehrungen wären einem Gehorsamsverweigerer sicher nicht zuteil geworden !

Für die staatsfeindlichen Politiker aber blieb der Glaube an Polts “revolutionäre Tat” bestehen. Bis heute noch wird er siehe die Gedenktafel am Michaelerplatz von den Umstürzlern in aller Welt als “Held der Achtundvierziger Revolution” gefeiert.

Polet machte später noch den Feldzug 1859 (Magenta und Solferin) höchst ehrenvoll als k.k.Hauptmann mit.

Die ihm einige Jahre nachher vom Österreichischen Parlament und von der Stadt Wien für sein volksfreundliches Verhalten im Achtundvierziger Jahr zugedachten Ehrungen
-   Verleihung des Ehrenbürgerrechtesvon Wien
-   Stiftung eines silbernen Lorbeerkranzes – und
-   Schenkung eines Stadthauses

Wies er sämtlich mit Entrüstung zurück. Was ihm umso höher anzurechnen ist, als er, inzwischen pensioniert, ein ganz armes Mädchen geheiratet hatte, Familienvater war und in sehr bescheidenen Verhältnissen lebte.

Die steten Aufregungen über die seine Offiziersehre beschmutzenden Gerüchte nagten an der Gesundheit des wackeren Mannes. Schließlich fiel der Ärmste in geistige Umnachtung, aus der ihm im Jahre 1873 der Tod erlöste.
E H R E    S E I N E M    A N D E N K EN



« Letzte Änderung: Sa, 23. April 2011, 17:47 von Adjutant »
" Tradition ist die Flamme hüten und nicht die Asche bewahren "
Grüße aus Wien

 


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