Autor Thema: Wer rettete Regensburg wirklich  (Gelesen 111 mal)

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Offline Hubert

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Wer rettete Regensburg wirklich
« am: Sa, 09. Mai 2015, 19:40 »

Aus der MZ ein Bericht v0m 09.05.2015
Grüße Hubert


Wer rettete Regensburg wirklich?

Am 27. April 1945 geht in Regensburg der Zweite Weltkrieg zu Ende. Forscher diskutieren, wer den Beschuss wirklich verhindert hat.

Regensburg.„Jetzt ist in Wahrheit jeder Hof eine Burg!“ So trotzig entschlossen lautet die Botschaft der NSDAP, als am 1. April 1945 wegen eines Fliegeralarms in Regensburg die Ostergottesdienste entfallen. Den Schrecken des Krieges kannten die Bewohner schon seit dem ersten Bombardement im August 1943.
Hauptziel der Alliierten war das Messerschmitt-Werk, in dem insgesamt über 10 700 Jäger vom legendären Typ Me 109 produziert wurden. Jetzt geht die Nazi-Propaganda sogar so weit, vor Kinderversklavung seitens der „Feinde“ zu warnen und versucht, den längst kriegsmüden Stadtbewohnern durch die tägliche Zeitungsrubrik „Aus dem Führerhauptquartier“ weiszumachen, der Vormarsch der Alliierten sei noch aufzuhalten.
Regensburger fordert die Freigabe

Nachdem es schon fast 20 Mal auf Regensburg Bomben geregnet hatte, galt am 11. April der erste Luftangriff des Monats dem Ölhafen. Die letzten Treibstoffreserven der Stadt gingen in Flammen auf. Obwohl man „nur“ drei Tote vermutete, war die Stimmung erdrückend. Nur die fanatischen Nationalsozialisten hielten an Adolf Hitlers unsinnigen Durchhaltebefehlen fest. „Regensburg wird verteidigt bis zum letzten Stein“, verkündete NS-Gauleiter Ludwig Ruckdeschel noch am 22. April in seiner Rede im „Capitol“, bevor er sich in der Gauleitung in Schloss Haus bei Neueglofsheim, weit genug ab vom Schuss, verkriecht.
In Dechbetten stehen die Einwohner vor ihren verwüsteten Häusern.

In Regensburg hat sich das Schicksal von Neumarkt längst herumgesprochen. Es ist bekannt, dass Städte, die Widerstand leisten, beschossen und notfalls dem Erdboden gleichgemacht werden. In ihrer Verzweiflung versammeln sich am Abend des 23. April um die 1000 Menschen, zumeist Frauen, Kinder und ältere Männer, am Moltkeplatz, dem heutigen Dachauplatz. Sie fordern in Sprechchören „Gebt die Stadt frei“ und „Gott erhalte Regensburg“. Domprediger Dr. Johann Maier ergreift das Wort und erbittet die kampflose Übergabe der Stadt mit ihren vielen Lazaretten.

Der Rest ist eines der niederträchtigsten Kapitel der jüngeren Regensburger Geschichte: Wenige Tage vor Kriegsende zerren die NS-Schergen den Domprediger vor ein Standgericht und verurteilen ihn und den Lagerhausarbeiter Josef Zirkl wegen Wehrkraftzersetzung zum Tod durch den Strang. Das Gesicht zum Dom gerichtet, um den Hals ein Schild mit der Aufschrift „Hier starb ein Saboteur“, hängen die Leichen bis zum Abend des folgenden Tages am Galgen, der auf dem Moltkeplatz errichtet wurde.
Noch sind starke Kräfte in der Stadt

Verhältnismäßig starke Kräfte, rund 2400 Soldaten, sind in der Stadt konzentriert. Einige hundert Mann des Volkssturms kommen dazu. Bei der erwarteten Verteidigung ist mit der völligen Vernichtung der historischen Stadt mit ihren vielen Kulturgütern zu rechnen.
Um den feindlichen Bodentruppen das Überqueren der Donau zu erschweren, wurde auch die Steinerne Brücke in Regensburg von den deutschen Truppen gesprengt.

Am 26. April stehen die Amerikaner vor den Toren der Stadt Regensburg. Die 65. US-Infanteriedivision beginnt noch in der Nacht, bei Bad Abbach von Nordwesten kommend über die Donau zu setzen. Bei Donaustauf kann die 71. US-Infanteriedivision eine Notbrücke errichten und von Osten her die Stadt umfassen. Die beiden deutschen Divisionen, die die Donaulinie von Süden halten sollen, kamen zu spät: Die Sprengung der Brücken durch die eigenen Truppen hatte sie zu einem Umweg gezwungen. Noch von den Amerikanern unbesetzt ist am Abend des 26. April ein etwa fünf Kilometer breiter Streifen zwischen Hohengebraching und Obertraubling.

Unterdessen hat die Wehrmacht beschlossen, sich nach Süden abzusetzen und an der Isar eine neue Verteidigungsstellung aufzubauen. Es wird sondiert, ob die in Regensburg verbliebenen Truppen aus der Stadt herausgebracht werden können, um sich dem Rückzug anzuschließen.
In Obermünster war vom Altarraum kaum etwas übrig geblieben.

Und hier beginnen zwei unterschiedliche Darstellungen, die sich um den möglichen Retter Regensburgs drehen. Bislang war man davon ausgegangen, dass Wehrmachts-Major Robert Bürger, der stellvertretende Kampfkommandant der Stadt, den „Geistesblitz“ hatte, die Truppe in einer Art Gänsemarsch aus der Stadt herauszuführen. Er habe die Aktion persönlich geleitet und somit Regensburg vor der Zerstörung gerettet, behauptete der spätere Bundeswehroffizier 1983 in dem Aufsatz „Regensburg in den letzten Kriegstagen“.

Forschungen von Peter Eiser und Günter Schießl aus dem Jahr 2012 kommen zum Ergebnis, dass es sich bei der Darstellung Bürgers um eine subjektive und eigennützige Schilderung handle, die durch keine verlässliche Quellenbasis gesichert sei. Es sei das Verdienst des Stabsoffiziers Othmar Matzke, die Kapitulation und kampflose Übergabe der Stadt Regensburg in die Wege geleitet zu haben. Matzke habe in den frühen Morgenstunden des 27. April in Absprache mit NS-Oberbürgermeister Otto Schottenheim Generalmajor Leythäuser a. D. als Parlamentär zur 71. US-Infanteriedivision nach Sarching geschickt. Leythäuser bot schließlich der für die Einnahme Regensburgs zuständigen 65. US-Infanteriedivision in Bad Abbach, wohin er weitergeschickt worden war, die bedingungslose Kapitulation an. Daraufhin wurde Regensburg kampflos und ohne weitere Zerstörungen an die US-Armee übergeben.

MORTUI VIVENTES OBLIGANT "Die Toten verpflichten die Lebenden"

 


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