Autor Thema: Die Schlacht um Tilly-sur-Seulles 8.-19.Juni 1944  (Gelesen 405 mal)

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Die Schlacht um Tilly-sur-Seulles 8.-19.Juni 1944
« am: Sa, 14. Juli 2007, 18:22 »
Vom 8. bis 19. Juni 1944 fand bei Tilly-sur-Seulles eine Schlacht zwischen Teilen des 30. Britischen Armeekorps und der deutschen Panzerlehrdivision statt, die gemeinhin auch als Schlacht bei Tilly-sur-Seulles bekannt ist. Beide Parteien lieferten sich heftige Kämpfe um den Ort und die Frontlinie. Erst als britische Verbände am Abend des 18. Juni in den größtenteils zerstörten Ort vordrangen und sich dort trotz vereinzelten deutschen Gegenangriffen hielten, befahl Generalmajor Fritz Bayerlein, Kommandeur der Panzerlehrdivision, seinen Truppen, sich aus Tilly-sur-Seulles zurückzuziehen.

Nachdem die Gegend mehrere Male - etwa 23 Mal - ihren Besitzer gewechselt hatte, gelang es der 50. Britischen Infanteriedivision am 19. Juni, das Gelände komplett zu erobern. Bei den Kämpfen verloren 76 der Dorfbewohner ihr Leben, also starb etwa jeder Zehnte Einwohner von Tilly-sur-Seulles.

Die Panzerlehrdivison verfügte vor der Schlacht über 190 Panzer; danach nur noch über 66. Neben den Panzern verloren die Deutschen auch 5.500 Mann. In Tilly-sur-Seulles befindet sich seitdem ein britischer Soldatenfriedhof und ein Museum, das an die Schlacht erinnert. Etwas weiter entfernt lässt sich noch ein weiterer Soldatenfriedhof, nämlich der "Jerusalem" War Cemetery, der kleinste Soldatenfriedhof in der Normandie, finden.

« Letzte Änderung: Do, 01. Juli 2010, 23:04 von Ulla »

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Re: Die Schlacht um Tilly-sur-Seulles 8.-19.Juni 1944
« Antwort #1 am: Sa, 14. Juli 2007, 18:26 »
Hier dazu noch paar Auszüge!

In der Nacht zum 10. Juni wurde die Abwehr im Raum Tilly mit den vollständig eingetroffenen Verbänden der Panzer-Lehrdivision organisiert. Die Sicherungslinie war gleichzeitig »Hauptkampflinie«. Sie verlief von Cristot - hart an der großen Straße Caen-Bayeux - über Tilly-Nord mit den vorgelagerten Schlössern Verrieres und Bernieres, über La-Belle-Epine und Torteval bis St. Germain-d'Ectot und Anctoville. Damit war eine Linie von nicht weniger als 17 Kilometer zu sichern und zu verteidigen. Von einer einzigen Division!

Der Divisionsgefechtsstand war in einem Bauernhof von Sermentot untergebracht. Die Jabo-Gefahr machte auch hier ernste Sicherheitsmaßnahmen nötig. Die Funkstellen waren einige Kilometer entfernt aufgebaut. Auf diese Weise konnte der Stab vom Feinde nicht angepeilt werden. Kein Kraftfahrzeug durfte sich bei Tag in eine Bannmeile von 50o Meter Radius begeben. Alle Fahrzeugspuren mußten sorgfältig verwischt werden. Nur so blieb ein Gefechtsstand von Jabos und von durch Luftbeobachter gelenktem Artilleriefeuer verschont.

Ein böses und fürchterliches Exempel hatte kurz zuvor alle hohen Stäbe diese Vorsichtsmaßregel gelehrt: Am 8. Juni hatte Rommel durchgesetzt, daß zur Schaffung klarer Kommandoverhältnisse der General Geyr zum Befehlshaber des ganzen Frontabschnitts ostwärts der Dives bis Tilly ernannt wurde. Mit den zusammengefaßten drei Panzerdivisionen (21., 12. SS und Pz-Lehr) sollte er endlich den Stoß zur Küste führen. »Endlich«, hatten die Frontkommandeure gesagt. Aber am 9., nachmittags, wurde das Hauptquartier des Generals im Schloß La Caine, 6 Kilometer nordostwärts Thury-Harcourt, von Jabos angegriffen und durch einen Bombenteppich vernichtet. Der Funkverkehr des Stabes war vom Gegner eingepeilt worden. Der Chef des Stabes, General Ritter und Edler v. Dawans, und zwölf Stabsoffiziere fielen. Nur General Geyr und General Major Pemsel, Chef des Stabes der 7. Armee und heute Kommandeur eines Korps der Bundeswehr, kamen durch Zufall davon. Der geplante Angriff konnte nicht durchgeführt werden. Es dauerte bis Ende Juni, ehe der Stab neu aufgestellt war und seine Aufgaben übernehmen konnte.

Das Gelände vor Tilly war für die infanteristische Verteidigung nicht günstig. Die Panzergrenadiere der i. und 3. Kompanie vom I. Bataillon 902 zum Beispiel waren in einem leicht ansteigenden Höhengelände in Stellung gegangen. Leutnant Bohmbach hatte mit dem Bataillonskommandeur kurz vor Morgengrauen die Stellungen besichtigt. Das war nicht ermutigend. Die Grenadiere konnten sich wegen des steinigen Untergrunds nur ungenügend eingraben und lagen in ganz flachen, mühselig gekratzten Mulden, hier und dort ein paar Steine vor dem Kopf.

Gegen 5 Uhr ging es los: Artillerieüberfall. 45 Minuten dauerte der Feuerorkan. Schutzlos lagen die Landser im Granathagel. Das zerschlug die Nerven. Die ersten Männer sprangen auf und rannten nach hinten. Andere folgten. Die Stellung drohte sich aufzulösen. Oberleutnant Ritter stellte sich der Panik entgegen. Sammelte die Männer und führte sie wieder nach vorn. Zum Glück folgte dem Feuerorkan kein Angriff.

Gegen Mittag rollten fünf Panzer an dem Bauernhaus vorbei, in dem der Bataillonsstab untergebracht war. Sie sahen aus wie deutsche »Panther«. Aber da blieb einer stehen. Der Turm ging auf. Der Kommandant blickte auf das taktische Zeichen, das den Bauernhof als Bataillonsgefechtsstand kenntlich machte. Das Geschützrohr des Panzers schwenkte herüber: Rums.

Jetzt war klar, dag es sich nicht um deutsche »Panther« handelte. Und jetzt war der Ofen aus, wenn nicht Hilfe in letzter Minute kam. Sie kam.

Leutnant Werner mit seiner Panzerjägerkompanie lag dicht bei dem Bauernhaus. Er hatte vor ein paar Tagen die neuen Selbstfahrlafetten bekommen und machte jetzt Generalprobe. In 15 Minuten schoß er drei von den fünf englischen Panzern aus dem Hinterhalt ab. Die anderen fuhren sich fest. Die Besatzung stieg aus und versuchte vergeblich, sich mit Pistole und MPi den Rückzug am Bataillonsgefechtsstand vorbei zu erfechten.

Aber schließlich mußte nach blutigen Verlusten der Rest die Hände heben. In exaktem Schuldeutsch wandte sich ein im Gesicht verwundeter Leutnant an Bohmbach, salutierte: »Ich ergebe mich!«

Um die gleiche Stunde, da Leutnant Werner westlich Tilly die Panzer eines schottischen Regiments knackte, entdeckte General Bayerlein bei einer Rundfahrt auf der freien Fläche nördlich Tilly eine starke britische Panzergruppe, die wie im tiefsten Frieden biwakierte.

»Hartdegen, holen Sie heran, was Sie finden.« Schon war der Ordonnanzoffizier weg. Er mobilisierte vier »Panther« und zwei 8,8-cmGeschütze, die alte Wunderwaffe, die in den afrikanischen Tagen schon zu manchem Erfolg verholfen hatte. Bayerlein war in seinem Element. Er stellte seine Streitmacht in günstiger Schußentfernung getarnt auf. Dann hieß es: »Feuer frei!«

Die britische Kampfgruppe wurde zum Ameisenhaufen. Die Fahrzeuge fuhren wild durcheinander, und in das Durcheinander knallten die »Panther« aus den Schnellfeuerkanonen, röhrten die 8,8.

Doch der Kampf blieb nicht lange einseitig. Die Engländer deckten Bayerleins Streitmacht mit einem ihrer typischen Artillerieüberfälle ein. Schwerste Kaliber, Schiffsgeschütze darunter. Sie hatten es ja. Schleunigst mußten »Panther« und 8,8 verschwinden.

So war es immer: Die List, die Tapferkeit und selbst der Opfermut mußten stets der Übermacht weichen.

Am Abend traf der vermißte Oberstleutnant Zeißler, der Abteilungskommandeur im Panzer-Artillerieregiment, auf Bayerleins Gefechtsstand ein. Er war mit Oberst Luxenburger und den Unteroffizieren und Soldaten der Patrouille am S. Juni von einem kanadischen Panzerrudel überrascht und gefangen worden.

Unbegreiflicherweise hatte sich die kanadische Truppe -Panzer des Regiments »Inns of Court« -- äußerst rabiat gezeigt. Die Härte Lind die Fanatisierung der Invasionsschlacht, die auf beiden Seiten zu Entgleisungen führte, gipfelte in einem bösen Exempel. Bei der allgemeinen Verprügelei der deutschen Gefangenen war Zeiftler ins Unterholz entwischt und konnte sich später zu den deutschen Linien durchschlagen. Was er berichtete, wurde am nächsten Tage drastisch und traurig unter Beweis gestellt:

Der einarmige Oberst Luxenburger wurde schwer verwundet auf einem kanadichen Panzer gefunden, den eine deutsche Pak abgeschossen hatte. Er war am Turm festgebunden und starb drei Tagt später in einem deutschen Feldlazarett.


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Re: Die Schlacht um Tilly-sur-Seulles 8.-19.Juni 1944
« Antwort #2 am: Sa, 14. Juli 2007, 18:42 »
Am 16. Juni entstand am linken Flügel eine gefährliche Lage. Mit Panzern und Infanterie hatte der Feind am Vormittag die dünne Sicherunglinie abseits der Wege durchbrochen und war bis zur Straße Hottot -Torteval vorgestoßen. lm Gegenangriff mit Panzern und zusammengerafften Alarmeinheiten gelang es bis 18.00 ilhr, die alte Linie wiederherzustellen. Hierauf wurde die Divisions-Begleitkompanie der HJ-Division der Aufklärungslehrabteilung 130 zur Verstärkung der vordersten Linie unterstellt. Hier versuchte die britische 69. Brigade mit besonderer Zähigkeit immer wieder, die nur dünn besetzten Stellungen der Aufklärungslehrabteilung zu durchbrechen. Im Gegenstoß konnte aber die alte Linie stets wiederhergestellt werden.

Am  8. Juni griff das 7. Bataillon der »Green Howards« nach starker Mörservorbereitung die 3./Panzeraufklärungslehrabteilung in Longraye an. Die Kompanie wich aus. Mit Unterstützung eines Achtrad-Spähtrupps, leichter Infanteriegeschütze und des Pionierzuges gelang es aber, die Voraussetzungen für den Gegenangriff zur Wiederherstellung der alten Linie zu schaffen. Diesen Gegenangriff führten 3. und 4./Aufklärungslehrabteilung gemeinsam mit der SS-Begleitkompanie so überraschend und schwungvoll, daß die Gegner einfach überrannt wurden. Deren Bataillonskommandeur, Lieutenant Colonel Williamson, mit seinem Stabe und 120 Mann wurden gefangengenommen.Allerdings gelang es ihm selber, wenig später wieder zu entkommen.

Inzwischen hatten die anderen Truppenteile der Panzerlehrdivision die kurze Atempause nach Kräften genutzt, um die Stellung und das Vorfeld durch Minen und Erdarbeiten zu verstärken.Trotzdem kosteten (las andauernde starke Artilleriefeuer und örtliche Angriffe die Division täglich etwa 60 Ausfälle. Der Kräfteschwund ging personell und materiell unaufhaltsam weiter, zumal der zugeführte Ersatz selten den Anforderungen des Großkampfes entsprach. Ritterkreuzträger Obergefreiter Brasche vernichtete mit seinem »Ofenrohr« aus einer Flecke heraus fünf Feindpanzer und beschädigte zwei weitere, wurde dabei aber verwundet. General Bayerlein würdigte in einem Tagesbefehl seine hervorragende Tapferkeit und beförderte ihn zum Unteroffizier.

Die erwarteten Großangriffe gegen Tilly begannen am 18.Juni unter Einsatz stärkster Artillerie und mit Unterstützung von gleichzeitigen Angriffen an der gesamten Front. Ostwärts der Seulles griff die frische 49. britische Division an. Sie besetzte das von der HJ-Division vorsorglich geräumte Christot und drang in St. Pierre von Nordosten ein. Gleichzeitig warf sich die 50. Division von Nordwesten auf Tilly das vom Bataillon Schöne ( II./901) mit Unterstützung einzelner Sturmgeschütze der Funklenkpanzerkompanie gehalten wurde. Nach schweren Kämpfen gelang es dem Gegner, St.Pierre zu nehmen und einen Teil der zu Kampfständen ausgebauten Hausruinen in Tilly niederzukämpfen. Der am Abend angesetzte Gegenangriff der Panther Abteilung drang nur langsam durch. Durch Artilleriefeuer wurde ihr Kommander,Major Markowski, verwundet, Hauptmann Jahnke übernahm die Abteilung. Der Kräftemangel zwang dazu, nachts nach Verminung das tagelang heißumkämpfte'Tilly aufzugeben und die Hauptkampflinie bis Montilly - Sagy zurück zu nehmen.Weiter links konnte die Gruppe (:erhardt im Gegenangriff gegen südwestlich Longraye eingebrochenen Feind 14 Gefangene einbringen.

Der Vormittag des 19. Juni verlief ruhig. Die 50. Division richtete sich in Tilly ein, trieb auffallend rege GefechtsaWldärung und stellte sich offenbar zu neuen Großangriffen bereit. Mit schweren Feuerüberfällen auf die vordere Linie und Artilleriestellungen ab 15.00 Uhr begann ein heftiges zweistündiges Trommelfeuer. Um 15.15 Uhr trat der Feind an der Naht zwischen den Regimentern 901 und 902 zum Angriff an. Während es dem Regiment Welsch (902) gelang, alle Einbrüche in Gegenstößen zu bereinigen, drückte der Feind die deutsche Linie beim Regiment Scholze bis an den Rand von Hottot zurück. Der Gegenangriff der verstärkten Panther-Abteilung führte erst nach stundenlang hin und her wogenden Kämpfen zum'1'cilert'oIg, nachdem er in den Morgenstunden neu angesetzt war. 15 Feindpanzer wurden abgeschossen, auch die eigenen Verluste waren hoch. Zu diesem Zeitpunkt meldete die Division bereits 2300 Mann Verluste, hauptsächlich Panzergrenadiere.Berücksichtigt man, da13 sicherlich 75% dieser Verluste in den 40 Schützenzügen der Panzergrenadiere und aufklärer (mit einer Sollstärke von zusammen 1600 Mann) entstanden sind, so bedeutet dies, daß mehr als die gesamte erste Besetzung dieser Züge ausgefallen war.

Quellen-Der deutsche Bericht über die Invasion und die 80tätige Schlacht um Frankreich (1960) und Wikipedia.

Gruß
Josef

 


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