Autor Thema: Zeugnisse und Dokumente über den Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges 1941  (Gelesen 328 mal)

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Offline adrian

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Zeugnisse und Dokumente über den Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges 1941

Der deutsch-sowjetische Krieg (1941-1945)... hat eine Fülle gegensätzlicher, auch irrtümlicher und irreführender Beurteilungen gefunden. Viele Autoren, besonders in Westdeutschland, neigen zu der einseitigen Betrachtungsweise , 1939 habe allein Hitler aggressive Ziele verfolgt, während die Sowjetunion Stalins ein friedliebendes und nur an ihrem >Aufbau des Sozialismus< interessiertes Land gewesen sei ... Diese Darstellung gipfelt dann zumeist in der These vom >deutschen Überfall auf die (friedliebende) Sowjetunion< ... Die skizzierte Argumentation (ist) häufig von bewusster Verschleierung von Fakten und einer Unterdrückung von Schlüsseltexten gekennzeichnet. Sie versucht, sich dann auf die mehrheitlich noch nicht zugänglichen sowjetischen Archive hinauszureden, ohne die bereits vorliegende Fülle beweiskräftiger Quellen einzugestehen, die heute eine verhältnismäßig eindeutige Beurteilung erlaubt.“1

Am 23. August 1939 Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes mit Geheimklauseln über Interessenszonen und eine Aufteilung Polens.
Stalin ging es  (bei dem Pakt) vor allem darum, dass nun endlich der Krieg zwischen jenen beiden Lagern ausbrechen sollte, in die sie der Kapitalismus gespalten hatte. Stalin hatte sich ausgerechnet, Hitler werde sich, wie es ein vernünftiges Sicherheitskalkül zwingend erscheinen ließ, auf einen großen Waffengang nur einlassen, wenn er Rückenfreiheit durch ein Bündnis mit der Sowjetunion besäße.
Es war darum Stalin, der die Annäherung einleitete und ... über die Hürden brachte.“2
Am 19. August 1939, vier Tage vor dem Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes, hielt Stalin auf einer Geheimsitzung des Politbüros eine Rede, in der er die Beweggründe seiner Politik darlegte. Dabei sagte er: “Wenn die Sowjets einen Allianzvertrag mit Frankreich und Großbritannien abschließen, so wird Deutschland sich gezwungen sehen, vor Polen den Rückzug anzutreten und mit den Westmächten einen modus vivendi zu suchen. Auf diese Weise könnte der Krieg vermieden und die spätere Entwicklung der Sachlage würde einen gefährlichen Charakter für uns haben. Wenn wir andererseits den Vorschlag Deutschlands annehmen, so wird es sicher zum Kriege mit Deutschland kommen, und die Intervention Englands und Frankreichs wird unvermeidlich sein. Wir werden denn große Chancen ... und wir können mit Vorteil unseren Zeitpunkt erwarten. Das ist es, was unser Interesse verlangt.“3
Am 24. August 1939, einen Tag nach dem Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes, sagte Stalin zu Chruschtschow: „Ich habe ihn (Hitler) getäuscht, hinters Licht geführt.“4
16.-22.Juni 1940: Während Deutschland im Frankreichfeldzug gebunden ist, besetzt die Rote Armee die Baltischen Staaten und erklärt sie zu Sowjetrepubliken.
24. Juni 1940: Stalin fordert von Rumänien ultimativ Bessarabien und die Nordbukowina und besetzt diese Gebiete durch die Rote Armee. Russland hat sich damit an die für Deutschlands Kriegführung notwendigen rumänischen Ölfelder herangeschoben.
Bis Ende 1940 verstärkt die Sowjetunion ihre Streitkräfte an ihrer Westfront vom Finnischen Meerbusen bis zum Schwarzen Meer auf 113 Divisionen und 28 mot. Brigaden. Auf deutscher Seite standen sechs Sicherungsdivisionen und 27 rumänische Divisionen.5
Am 12.-13. November stellt Stalins Außenminister Molotow bei seinem Besuch in Berlin fast ultimative Forderungen nach territorialem Einfluss auf dem Balkan, in Finnland, an den Dardanellen und den Ostseeausgängen. Hitler lehnt ab.
Am 1. Mai 1941 wurden von der Roten Armee 800.000 Reservisten einberufen, die Divisionen und Korps in den westlichen Grenz-Militär-Bezirken erhielten Befehl, näher an die Grenze aufzuschließen und Frontgefechtsstände einzurichten. Das Kräfteverhältnis an der deutschen Ost- bzw. russischen Westgrenze sah so aus:
Auf russischer Seite: 118 Schallplattendivisionen, 20 Kavalleriedivisionen, 49 Panzerbrigaden.
Auf deutscher Seite: 77 Infanteriedivisionen, 3 Panzerdivisionen. Bei diesen deutschen Kräften, vor allem den geringen Panzerkräften, war ein deutscher Angriff praktisch ausgeschlossen.
Am 15. Mai 1941 verlangen Volkskommissar Timoschenko und Generalstabschef Schukow in einem Geheimbericht an Stalin den Angriffsbefehl gegen Deutschland.
In dem Bericht heißt es: “Wenn in Betracht gezogen wird, dass Deutschland zur jetzigen Zeit seine Armee mobilisiert und mit breiter Nachhut hält, so hat es die Möglichkeit, uns zuvorzukommen und einen plötzlichen Schlag zu versetzen. Um dies zu vermeiden, halten wir es für unumgänglich, dem deutschen Kommando keinerlei Möglichkeiten der Initiative zu geben, dem Gegner zuvorzukommen und die deutsche Armee in dem Moment anzugreifen, wenn sie sich im Stadium der Entfaltung befindet ...“. Die Rote Armee stand also am 15. Mai 1941 sprungbereit an Deutschlands Ostgrenze und konnte offenbar in kürzester zeit zur Offensive übergehen. 6
Am 21. Juni 1941 deutscher Angriff auf die Sowjetunion. Deutsche Kräfte: drei Heeresgruppen mit 123 Divisionen, davon 17 Panzerdivisionen und 35 Divisionen der Verbündeten. 3.330 Panzer, 2.000 Maschinen der Luftwaffe.
Auf russischer Seite standen nach jetzigen Erkenntnissen: die erste Staffel aus fünf Heeresgruppen mit 170 Divisionen, 46 mot. Verbänden, 10.000 Panzern, davon 1475 T 34 und KW, die den deutschen Panzern überlegen waren. Dahinter stand die zweite Staffel mit 70 Divisionen und 8.000 Panzern. Seit dem 13. Juni rollten diese Kräfte an die russische Westfront; sie sollten ihre Stellungen am 10. Juli erreichen. Wäre der deutsche Angriff nicht am 21. Juni erfolgt, hätte die Rote Armee am 10. Juli mit 240 Divisionen, 29 mot. Korps, 20.000 Panzern und 10.000 Kampfflugzeugen in ihren Stellungen bereitgestanden. Bereitgestanden wofür.7, 8
Die Antwort gibt die PRAWDA, das offizielle Organ der russischen KP am 8. Mai 1991. Zum Jahrestag der deutschen Kapitulation publizierte sie, dass der deutsche Angriff „Barbarossa“ in einen im Gang befindlichen Offensivaufmarsch der Roten Armee hineingestoßen ist. Der Wortlaut der PRAWDA: „Infolge Überschätzung eigener Möglichkeiten und Unterschätzung des Gegners schuf man vor dem Krieg unrealistische Pläne offensiven Charakters. In ihrem Sinne begann man, die Gruppierung der sowjetischen Streitkräfte an der Westgrenze zu formieren. Aber der Gegner kam uns zuvor.“9
Damit bestätigt die PRAWDA, was aus deutscher kriegsgeschichtlicher Beurteilung und sowjetischen Memoirenquellen seit langem geschlossen werden konnte:
Der deutsche Angriff am 21. Juni 1941 war objektiv ein Präventivschlag.

Quelle: Paul Carell, Stalingrad Sieg und Untergang der 6. Armee

Werner

1.   Prof. Klaus Hornung: „DasSignum des Jahrhunderts, 1992. Aus Manuskript vor Drucklegung
2.   2. Konrad Gerhard, „Präventivschlag oder Überfall“ unveröffentlichte Aktenstudie, 1992.
Aus: Gottfried Schramm: „Grundmuster deutscher Ostpolitik. 1918-1939“ S. 16f.
3.   Viktor Suworow, „Der Eisbrecher, 1989. George F. Willing, „Der Zweite Weltkrieg”, 1988. S. 139
4.   Nikita Chruchtschow, „Vospominanija (Erinnerungen)“, New York, 1981, S. 69
5.   Vergleichsübersicht über die Verstärkung der Roten Armee seit dem 1.9.1929“ OKW an Auswärtiges Amt, Anlage zu 944/41-9 GKDOS
6.   Dr. Walter Post; „Zur Vorgeschichte des deutsch-russischen Krieges unter der
7.   sowjetischen Geschichtsschreibung“, CRITICON
8.   Mau/Juni 91. Nach Viktor Suworow a.a.O., OKW-Tagebuch, Dimitri Wolkogonow, „Stalin, Triumph und Tragödie“, 1989, S. 557; Marschall Schukow, „Erinnerungen und Gedanken“, 1969, S. 195-201
9.   PRAWDA, Moskau, 8. Mai 1991. Text nach Prof. Topitsch in DIE WELT 7.12.1991
« Letzte Änderung: So, 27. Juni 2010, 20:37 von Ulla »
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Offline zirkulon

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Nábend Werner,
die Zahlen sind schon mächtig interessant.....

Ich hab das auch noch so gelernt dass die "bösen Deutschen" einfach einen Angriffskrieg gestartet haben und den "friedliebenden Russen" einfach überfielen. Wenn man dann allerdings die Zahlen mal gegenüber stellt, wird einem ganz anders......

Gruß
Michael
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline adrian

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Hallo Michael,

zu dieser Sache wird noch viel mehr ans Tageslicht kommen. Ich bin jetzt schon
enorm angespannt, nachdem ich vieles gelesen und recherchiert habe. Und es wird immer mehr.
Auch zu den Alliierten (Rheinwiesen) sollten wir mal etwas gedenken. Dort gab es auch so unendlich
viel Tod und Leid. Manchmal bin auch ich ratlos.

Gruß Werner
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