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Gedenktafeln/-stätten, Soldatenfriedhöfe, Museen, Beratungsstellen, Personensuche => Volksbund und Co. => Thema gestartet von: Hubert in So, 21. Oktober 2012, 19:34

Titel: Wunder nach 70 Jahren
Beitrag von: Hubert in So, 21. Oktober 2012, 19:34
Familie findet gefallenen Angehörigen.

Für Familie Winkler aus Regensburg schließt sich durch den Fund eine Lücke im Leben

Am 11. Dezember 1942, also genau vor 70 Jahren starb Willi Klein in Rshew in Russland. Der Hauptmann aus Deutschland fiel im Zweiten Weltkrieg, als Oberleutnant wurde er auf einem hölzernen Grabkreuz nahe des Dorfes Schelkowitino verewigt, seine Einheit hatte von der erfolgten Beförderung nicht mehr erfahren. In Regensburg lebt Wilma Winkler, die Tochter von Willi Klein. Fast 70 Jahre nach dem Tod im Kriegseinsatz nahm sie die Spur ihres Vaters auf - und wurde fündig.
   Das Foto des verschneiten Grabkreuzes, das die Familie zugeschickt bekam, hat Wilma Winkler noch heute, eine der wenigen Erinnerungen an den Vater. "Schaut doch dort, ob ihr den Opa findet", so motivierten Willi Kleins Enkel ihre Eltern, Wilma und Werner Winkler, die Reise anzutreten. Zweimal waren sie bereits in Russland, Rshew war dabei immer ihr Ziel. In diesem Herbst traten sie die Reise ein drittes mal an, im Rahmen der Herbstreise des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge machten sie sich auf die Suche nach den Spuren des Vaters und Schwiegervaters. 2Eigentlich war er ein hundertprozentiger Soldat. Aber er sagt: Am liebsten würde ich bei Euch bleiben. - Wäre er doch nur geblieben, wenn er nur hätte bleiben dürfen", erzählt Wilma Winkler. Sie war fünfeinhalb, als der geliebte Vater in Russland fiel.
   Seit mehr als zehn Jahren arbeitet der Volksbund bereits im ehemaligen Frontbogen um die Stadt Rshew. 24.821 gefallenen deutschen Soldaten konnten geborgen und auf dem neuen deutschen Friedhof bestattet werden. Wie es der Zufall will, haben wenige Tage vor der Ankunft der Winklers Suchgrabungen bei Schelkowitino begonnen. Am 22. September macht sich die Gruppe nach Schelkowitino auf, dort aber findet man - sehr zur Enttäuschung von Wilma Winkler - keinen Friedhof vor, das hatte sie sich doch anders vorgestellt. Doch es blieb keine Zeit, enttäuscht zu sein, die Gruppe muss weiter nach Rshew, dort soll eine Gedenkfeier zu zehnjährigen Bestehen des deutsch - russischen Soldatenfriedhofes stattfinden.

Tränen der Trauer und Glücks

Und dort bekommt Wilma Winkler wohl die wichtigste Nachricht ihres Lebens: Tags zuvor hatten die Umbetter ein Grab geöffnet und die Gebeine eines deutschen Soldaten gefunden. Und die Erkennungsmarke des Gefallenen ließ vermuten, dass es sich um Willi Klein handelt. "Zwar ist die Identität des Toten noch nicht amtlich von der deutschen Dienststelle bestätigt, und das kann auch noch eine Weile dauern. Aber für den Volksbund steht mit großer Sicherheit fest: Willi Klein ist gefunden. Er wird bald bei seinen fast 25.000 Kameraden in Rshew ruhen", so Kaspar Becher vom Volksbund.
   Rund 600 Deutsche und Russische gedenken an diesem Tag der gefallenen Soldaten beider Seiten. "Es gibt kein besseres Symbol dieser Gemeinsamkeit als den Doppelfriedhof von Rshew. Der russische und deutsche Soldatenfriedhof liegen einander nicht gegenüber wie zwei feindliche Heere. Sie lehnen Seite an Seite an derselben Straße.", so Staatssekretär a. D. Hans-Jürgen Wolff. Viele Menschen besuchten beide Anlagen, grüßten einander am Wege, "helfen vielleicht einem Fremden dabei, ein Erinnerungsfoto zu machen oder einen Blumenstrauß zu richten".

Über 750.000 Soldaten wurden bestattet

  "Die beiden Friedhöfe trennen im Leben die Deutschen und Russen nicht, sie verbinden sie, so wie uns der heutige Tag verbindet", so Wolf. Und schnell spricht sich "das Wunder von Rshew", wie die Bergung von Wilma Winklers Vater genannt wird, herum. Und die Bevölkerung zeigt ihre Anteilnahme. Wilma Winkler vergießt Tränen der Trauer und des Glücks - Trauer, weil der geliebte Vater viel zu früh, mit gerade mal 32 Jahren, gehen musste, Glück , weil sie ihn nach 70 Jahren wiedergefunden hat.
   Seit 1992 hat der Volksbund 52 Soldatenfriedhöfe mit insgesamt rund 40.000 Gräbern neu gebaut. Über 750.000 Soldaten konnten bestattet werden, viele von ihnen wurden identifiziert. "So wurden auch viele schmerzhafte Lücken in Familienbiografien geschlossen werden", so der Volksbund. Auch für Wilma Winkler und ihre Familie hat so eine Lücke eine andere Bedeutung bekommen; Der Vater ist gefunden!


Quelle : Wochenblatt 17.10.2012
Grüße Hubert