Die Kriegsdauer in den einzelnen Frontabschnitten entlang der gesamten Italienfront.
Ortlergruppe:23.Mai 1915 bis 4.November 1918
Adamello-Presanella-Gruppe:23.Mai 1915 -4.November 1918
Judikarien-Gardasee-Front:23.Mai 1915-4.November 1918
Etschtal-Trient-Rovereto-Front:23.Mai 1915-4.November 1918
Zugna Torta,Pasubio,Vallarsa:23.Mai 1915-4.November 1918
Hochfläche der Sieben Gemeinden:23.Mai 1915-4.November 1918
Südliche u.nördliche Fleimstaler Berge:23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Fassaner Dolomiten:23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Marmolata u.Padon-Kamm:23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Buchensteiner Berge,Col di Lana,Monte Sief:23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Valparola,Falzarego,Fanes,Lagazuoi,Tofanen,Travenanzes:23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Cristallo u.Monte Piano:23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Sextener Dolomiten:23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Kreuzbergsattel:23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Karnische Alpen:23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Julische Alpen:23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Isonzo-Front(zwölf schwere Schlachten):23.Mai 1915-Oktober/November 1917
Piave-Front:November 1917-November 1918
Grappa-Asolone-Front:November 1917-4.November 1918
Quelle: Die Dolomiten Front
Gruß
Josef
In den obigen Aufstellung können wir unterscheiden zwischen Zeitspannen vom 23.Mai 1915(Kriegsbeginn)bis 4.November 1918(Kriegsende),weiters zwischen zeitspannen vom 23.Mai 1915 bis Oktober/November 1917 und schließlich Zeitspannen von November 1917 bis 4.November 1918.Dazu ist prinzipiell folgendes zu sagen:Nach elf unerhört blutigen und verlustreichen Schlachten am Isonzo entschlossen sich Österreich-Ungarn u.das Deutsche Reich,gemeinsam vom Isonzo in einem verzweifelten Versuch mit letzter Kraft gegen Italien vorzustoßen.So kam in den letzten Tagen des Oktobers 1917 die zwölfte Isonzo-Schlacht in Gang.Aus den Julischen Alpen setzten sich die verbündeten Armeen Österreich-Ungarns u.des Deutschen Reiches(darunter das legendäre Deutsche Alpenkorps) bei Flitsch-Tolmein-Karfreit u.entlang des ganzen Isonzo in Bewegung,stürmten in einem nie gekannten Furioso in Stärke von weit einer Million Mann u.standen in den ersten Tagen des Novembers 1917 an der Piave.
damit waren die Kräfte Östereich-Ungarns u.des Deutschen Reiches der gesamten italienischen Alpenfront vom Fleimstal bis zu Julischen alpen in den Rücken gelangt.Dem nun beideseitigen Druck konnte die italienische Alpenfront nicht standhalten:Binnen weniger Tage kam es zur blitzartigen Auflösung der italienischen (und damit auch der österreichischen) Alpenfront zwischen Fleimstal u.Julischen Alpen.
Am selben Atemzug kam es zur Ausbildung einer neuen Front entlang dem gesamten Piavelauf u.an dessen nördlichem Eckpfeiler,am Monte Grappa u.Monte Asolone (südlich von Feltre).Diese Front bestand vom November 1917 bis 4.November 1918,dem Kriegsende.Vom Zusammenbruch der italienischen Alpenfront nich erfaßt wurde das Kampfgebiet der Hochfläche der Sieben Gemeinden sowie der Abschnitt Etschtal-Rovereto.
Westlich der Etsch,also von Judikarien bis zum Stilfser Joch,währte das Ringen ohnedies in einem Zug vom 23.Mai 1915 bis 4.November 1918.
Die scheinbar kurze Zeitspanne der Piave-Grappa-Asolone-Front bedeutete nicht,daß die hier kämpfenden Soldaten vom Glück kurzer Kriegsdauer gesegnet waren,sondern genau das grauenhafte Gegenteil:
Entlang dieses letzten Frontabschnittes versuchten beide Seiten,mit allen Mitteln die endgültige Entscheidung zu erzwingen.Gleichzeitig nahm die materielle u.personelle Not in diesem Jahr u. an dieser Front bei der österreichisch-ungarischen Armee ungeheure Ausmaße an.Typhus,Cholera u.Malaria lichteten die Reihen der ohnedies ausgehungerten Soldaten,knietief standen die Männer monatelang im Morast der Stellungen,in deren Boden die verwesenden Leichname Gefallener lagen.In den letzten Kriegsmonaten gab es pro Tag im günstigsten Fall weniger als 500 Gramm Brot,bestehend aus Strohresten oder Maisstreu..Keine warme Nahrung,kein Kaffee,keine hochwertigen Nahrungsmittel standen jenen Männern,die Österreich-Ungarn retten sollten,zur Verfügung.Dieses eine Kriegsjahr entlang der Piave,am Grappa u.Asolone bedeutete die schlimmste aller bisher im Krieg gegen Italien gekannten Höllen.
Gruß
Josef
Von Mori und Marco kommend erreichen wir als erstes den Felsrücken des Zugna-Massivs. Dabei handelt es sich um den Bergkamm, der die Vallarsa südseitig bzw. südwestlich vom Etschtal trennt. Dieser Rücken entspricht einer natürlichen Barriere. Vom Zugna-Rücken stieg die Front nun ab zum Talboden der Vallarsa und zu deren Bach, dem Leno. Hier kam es nicht nur um das Fort Valmorbia, sondern auch um den Talboden entlang des Leno zu Kämpfen. Die Nordostseite der Vallarsa wird ebenfalls durch ein langes, rückenartiges Bergmassiv begrenzt. Darauf liegen nun die nächsten Hauptkampfstätten, der Monte Spil, der Monte Corno (Battisti) und der Monte Testo. Wenn wir den Rücken vom Monte Testo weiter verfolgen, so gelangen wir direkt zum Pasubio. Verfolgen wir dagegen den Rücken der Zugna weiter, so erreichen wir den umkämpften Passo Buole, auch Paß Buol genannt. Zugna, Spil, Testo, Corno und Pasubio sowie der Talboden der Vallarsa waren die Hauptkampfstätten dieser Front. Demzufolge werden wir uns der Reihe nach damit beschäftigen.
Klimatisch stellen diese Berge eine Ausnahme dar, von der wir meist zu wenig wissen. Ihre Lage am Alpenrand führt zu wesentlich ergiebigeren Schneefällen mit längerer Dauer, als wir es von den Zentralalpen her gewohnt sind. Die lange dauernden Winter auf diesen Bergen forderten den Soldaten das Äußerste ab. In den Sommermonaten hingegen wirkt die Sonne im verkarsteten Gestein, ohne Wasser, ohne Quellen, wie ein vielfach verstärkendes Brennglas. Im Krieg ergaben sich größte Probleme bei der Wasserversorgung. Auf Zugna und Pasubio sind Soldaten an Durst gestorben und konnte oft der Durst der Verwundeten nicht gestillt werden. Im Winter dagegen mähten die Lawinen die Soldaten wie Halme zu Tode. Diese unvorstellbaren klimatischen Kontraste blieben, wenn über diese Front berichtet wurde, meist unberücksichtigt. Im Krieg, der dort ohnedies extrem grausam war, bildeten sie ein weiteres Problem.
Nachschub- und Ersatzmannschaften mußten im Krieg große Höhenunterschiede bewältigen. Rovereto liegt nur 192 Meter über dem Meere. Das macht 1672 Meter Höhenunterschied im Anstieg -zum Monte Zugna, 1806 Meter Höhendifferenz im Anstieg zum Monte Testo und 2040 Meter Höhenunterschied im Anmarsch zur Front am Pasubio (in glühender, wasserloser Hitze im Sommer; bei unvorstellbaren Schneemassen im Winter - all dies mit schweren Lasten). Bei der Beurteilung der hier stattgefundenen Kämpfe sollten wir uns diese klimatischen und geländemäßigen Voraussetzungen unbedingt vor Augen halten.
Er bildete buchstäblich die letzte Tiroler Barriere gegen die - italienische Etschtalfront. Während der Frühjahrsoffensive 1916 versuchten die österreichischen Kräfte über die Zugna in das Etschtal vorzubrechen, bissen sich aber an den Italienern fest. Hier kam die Offensive zum Stillstand. Ab Mitte Juni 1916 versuchten nun die Italiener bis Kriegsende 1918 in das Etschtal vorzustoßen, auch vergeblich. Auf Zugna Torta und weiter zum Monte Zugna und zur Coni Zugna verliefen die Fronten oft in nächster Nähe. Am berüchtigsten war der Abschnitt Zugna Torta selbst, da sich hier Freund und Feind auf 30 bis 40 Meter Entfernung gegenüberlagen. Die Hauptstellung, die sogenannte Brechpunktstellung auf der Zugna Torta, wies eine Länge von ca. 300 Schritt, eine Tiefe von nur ca. 70 Schritt auf (ein Schritt = 70 bis 75 cm altösterreichisches Infanteriemaß). Die gesamte Front auf der Zugna wurde, im wesentlichen, von Tiroler Kaiserschützen gehalten, und zwar von Mai 1916 bis Mai 1917 von Kaiserschützen des I. Regimentes, von Mai 1916 bis Oktober 1917 und von April 1918 bis Kriegsende 1918 von Kaiserschützen des II. Regimentes und von Mai bis Juni 1916 und von März 1918 bis Kriegsende 1918 von Kaiserschützen des IIi. Regimentes. Einsatz, Aufopferung und Leidensweg dieser Männer auf der Zugna war dem Einsatz der Kaiserjäger auf dem Pasubio ebenbürtig. Auf beiden Bergen standen die besten Soldaten der alten Landesverteidigung.
Ende September 1917 wurde das I. Bataillon des 1. Tiroler Kaiserjägerregimentes zusätzlich zur Verstärkung auf die Zugna verlegt. Ernst Wißhaupt, der Kaiserjägerchronist, berichtet darüber, daß der Feind unentwegt alle Stellungen Tag und Nacht unter Minen- und Granatwerferfeuer gehalten hat und daß in den Kavernen eine ungeheure Rattenplage herrschte; die italienische Stellung lag nur wenige Meter gegenüber. Halbverweste Tote lagen im Niemandsland und überall erinnerten Holzkreuze an gefallene Kameraden; der verweste Kopf eines Kaiserschützenfähnrichs lag vor der italienischen Stellung.
Unentwegt schlugen die italienischen Granaten, lautlos mit Preßluft durch Minenwerfer abgefeuert, voll in die eigene Stellung, wobei viele Männer jeweils umkamen.
Diese Schilderung zeigt den Alltag des Krieges am Zugna-Rücken am besten. Tag und Nacht deckten sich beide Seiten - auf kürzeste Distanz und voll einsehbar gegenüberliegend - mit Artilleriegeschossen, Minenwerfern, Gasgranaten und MG-Feuer unentwegt ein. Wer den Kopf auch nur ein wenig über den Stellungsrand schob, war ein toter Mann. Im Gegensatz zu den meisten anderen Fronten wurde am Pasubio und auf der Zugna Tag und Nacht ohne Unterbrechung gekämpft. Während des Infernos der kaum je aufhörenden Beschießung versuchten beide Seiten, immer wieder Gegenangriffe vorzutragen. Sturmpatrouillen versuchten, das Niemandsland zu überqueren - im deckungslosen Karstgestein - und in die Stellung des Gegners einzudringen. Die Feldakten über die Zugna Torta und den ganzen Zugna-Rücken verzeichnen die sich ständig wiederholende, nie erfolgreiche Kette jener Stoßtruppunternehmungen. Sie bildeten sozusagen den Höhepunkt im Alltag des Krieges auf der Zugna. Aber keine der beiden Seiten konnte die Positionen des Gegners aufrollen. So herrschte hier ein mörderischer, ewiger Stellungskrieg. Man muß sich die Situation vorstellen: An vielen Stellen lagen nur wenige Meter zwischen beiden Linien, hinter denen der tausendfache Tod lauerte. Das bedeutete unaufhörliche Wachsamkeit (ein Einschlafen wäre gleichbedeutend mit dem Tod gewesen), es bedeutete ständige Beschießung sowie immer wieder vorbrechende Stoßtrupps.
Zusätzlich herrschte der Winter in voller Grausamkeit. So lagen am 5. Dezember 1916 die Tiroler Stellungen auf der Zugna bereits unter einer Schneedecke von zweieinhalb Metern. Unentwegt mußten die Mannschaften die Stellungen ausschaufeln. Ein völliges Zuschneien der Stellung hätte deren Aufgabe Tod und Gefangenschaft für die Besatzung bedeutet. Nur die Stellungen vermochten gewissen Schutz zu bieten. Lawinen versperrten die Nachschubswege und zerstörten die Telefonleitungen; diese mußten Tag und Nacht unter Lebensgefahr, oft unter feindlichem Beschuß, freigehalten bzw. repariert werden. Die Anzahl der Erfrierungen stieg schnell an und schwächte die Truppe. Während des Winters 1916/17 stieg die Schneedecke auf der Zugna auf viele, viele Meter (oft über acht Meter) an; es wüteten tagelange Schneestürme mit orlcanartiger Geschwindigkeit. Plötzliche Wetterwechsel mit prallem Sonnenschein verwandelten die Schneedecke in undurchdringlichen, metertiefen Morast, in dem kein Soldat marschieren oder kämpfen konnte. Mit der Schilderung eines alltäglichen Angriffes auf der Zugna Torta wollen wir die Betrachtung dieses Abschnittes beenden, der bis zum 3. und 4. November 1918 gehalten wurde.
»Unser Kampfgelände war durch das gegnerische überhöht. Der Gegner hatte volle Einsicht in unser Grabensystem ... die Gefechsstände der Kompanien betrugen nur über 50 Mann (1917 !). Am 26. Februar 1917 setzte heftiges Geschützfeuer gegen unsere Stellungen am Zugna-Rücken ein und dauerte zwei Stunden. Der Gegner bedachte diesen kaum 100 Schritte breiten Raum mit 800 bis 1000 Artilleriegeschossen. Um 4 Uhr nachmittags gesellte sich noch schweres Minenfcuer dazu. Der Bergrükken der Zugna Torta war in eine dichte Rauch-, Schnee- und Staubwolke gehüllt. Nach zweistündigem Feuer stürmte italienische Infanterie auf dem weniger als 100 Schritte breiten Rücken gegen die 4. Kompanie der Kaiserschützen vor. Die zielsicheren Schüsse unserer braven Schützen rissen Lücken, die MG mähten ganze Linien nieder, die Minenwerfer leisteten ganze Arbeit. Als auch der vorausstürmende Kommandant tödlich getroffen zu Boden sank, wendete sich der Gegner zur Flucht in die eigenen Gräben zurück ... die deutlich hörbaren, vielfachen Schreie ließen auf gute Wirkung unserer Minen schließen, der Angriff war gründlich abgeschlagen« (Tagebuch des I. Kaiserschützenregimentes). Diese Schilderung zeigt, wie der Krieg auf der Zugna war: Ständiger Danerbeschuß mit Artillerie, Maschinengewehren und Granatwerfern. Im Grauen dieses Alltages steigerte und konzentrierte sich dann plötzlich das Feuer auf einen bestimmten Abschnitt. Jetzt wußte man, daß ein Angriff bevorstehen würde. Von einer Sekunde zur anderen setzte dann das zermürbende Konzentrationsfeuer aus - jetzt griffen die Alpini an, jetzt mußten sich die Tiroler wehren. Jetzt wurde aus dem Krieg ein Abschlachten. Auf der Zugna Torta wurden alle Angriffe der Italiener abgewehrt-vom Frühjahr 1916 bis zum November 1918.Es muß unvorstellbar gewesen sein.Tausende Tiroler ließen hier ihr Leben.
In der Vallarsa errichtete die Tiroler Landesverteidigung, abgesehen vom Fort Valmorbia, noch die sogenannte Leno-BachSperre. Diese lag den ersten Linien der Italiener auf ca. 900 Schritt gegenüber, bestand aus mehreren Stellungssystemen, in die Tiefe gegliedert. Aus dieser Leno-Bach-Sperre und dem Fort Valmorbia setzte sich die Vallarsa-Front im Talboden zusammen. Kaiserschützen verteidigten beide Abschnitte. An der Leno-Sperre kam es zu einigen harten Angriffen der Italiener im Sommer und Herbst 1916 vor allem, die aber dann infolge des Widerstandes der Tiroler Verteidigung nicht mehr aufgenommen wurden. Der Kleinkrieg der Patrouillen wurde sozusagen zum Kriegsalltag an dieser Sperre. Durchbrochen werden konnte sie nie.
Demgegenüber sollte das Festungswerk Valmorbia in die Geschichte des Krieges eingehen. Valmorbia war das einzige Fort, das Italiener erobern konnten, und es war damit auch das einzige Fort, das wieder zurückerobert werden konnte.
Diese Rückeroberung bildet ein ungewöhnliches Kapitel des Krieges. Am 29. Juni 1916 gelang es dem Oberleutnant Alfred Enrich (I. Kaiserschützenregiment) mit nur 60 Kaiserschützen in einem blitzartig anberaumten Kommandounternehmen, das Fort zurückzuerobern. Im Nahkampf dringen die Männer in das Fort, werfen in den Gängen und Kavernen die sich hier erbittert wehrenden Italiener und nehmen den Großteil des Forts in Besitz. Doch aus den Siegern wurden Eingeschlossene, denn die Italiener umstellen das Fort und bilden einen tödlichen Kreis. Wenn sich Enrich und seine Männer in dieser Situation ergeben hätten, so wäre dies verständlich gewesen. Doch Enrich wagte den Gegenstoß in das Freie. Aus nur einer einzigen Öffnung des Forts werfen sich die Kaiserschützen trotz direktem Beschuß durch zwei italienische Maschinengewehre hinaus, kämpfen im Nahkampf auf den Mauern, Wällen und Bastionen, bis dann tat sächlich das Fort mit Unifeld ihnen gehören. Allred Enrich wird mit dem Militär-Maria-Theresieu-Orden dekoriert; nach ihm ist - wie bereits erwähnt - die Enrich-Kaserne des österreichischen Bundesheeres in Kufstein benannt. Die Ausbruchkämpfe aus dem Fort müssen sich sehr schwierig gestaltet haben, wenn wir bedenken, daß sich Enrich und seinem Häuflein allein im Kehlgraben des Forts 200 Italiener entgegenwarfen, die im Nahkampf besiegt wurden. Auch die Verluste unterstreichen die Härte jenes Kampfes: Die Italiener verloren an Toten sechs Offiziere, 168 Mann und 300 Mann an Gefangenen. Bei Emrich betrugen die Verluste sieben Tote und 21 Verwundere; also fast die Hälfe der Kaiserschützen, fast jeder Zweite, war ausgefallen. Wäre das Festungswerk Valmorbia in den Händen der Italiener geblieben, so hätte dies zweifelsfrei zu einem Zusammenbruch der gesamten Vallarsa-Pasubio-Zugna-Torta-Front und damit der Front gegen das Etschtal geführt. Die daraus resultierenden Folgen wären undenkbar gewesen; das Einschreiten Alfred Enrichs hat diese Front gerettet.
Von einem Schicksal auf italienischer Seite können wir dagegen vom Monte Corno berichten. Im Juli 1916 trat das Alpini-Bataillon Vicenza Nr. 6 mit Cesare Battisli zum Gegenangriff an. Um zwei Uhr in der Nacht konnten die Kaiserschützen den Angriff abwehren; 450 Alpini und Cesare Battisti gerieten in Gefangenschaft. Cesare Battisti wurde am 13. Juli 1916 in Trient am Galgen hingerichtet. Sein Schicksal mag menschlich symptomatisch sein für jenes Ringen: Für die Österreicher galt Cesare Battisti als ein sich zu Italien bekennender Reichstagsabgeordneter als Verräter. Battisti hatte sich anderseits immer und offen für einen Anschluß des Trentino an Italien eingesetzt. Bei Kriegsausbruch kämpfte er, seiner Überzeugung getreu, als Alpini-Offizier mit nachweislich großer Tapferkeit und hoher Anständigkeit im Feld; das ist vielfach zu belegen.
Für die österreichische Militärgerichtsbarkeit war Battisti ein Verräter und ein Deserteur und wurde daher als Offizier nicht i erschossen, sondern am Galgen hingerichtet. Dieses Urteil militärischer Justiz mag zwar dem Buchstaben des Gesetzes entsprochen haben (obwohl Juristen auch dies anzweifeln), hat aber dazu geführt, daß auf der italienischen Seite ungeheure Verbitterung enstand. Österreich schuf einen Märtyrer. Dieses Urteil stand auch nicht im Rahmen der österreichischen, bekannt toleranten Justiz. Battisti wurde so zu einem Symbol der italienischen Gebirgstruppe. Für die jüngere Südtiroler Geschichte aber ist noch folgendes von großer Bedeutung:
Cesare Battisti hatte nur einen Anschluß des italienischen Trentino an Italien gefordert. Er war grundsätzlich gegen jede Einverleibung deutschsprachiger Tiroler Gebiete. Er wandte sich oft gegen diese dann realisierten Intentionen der Sieger. Seine Witwe hat diese Ansicht Battistis auch noch in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg öffentlich vertreten; sie handelte sich dadurch die Feindschaft vieler italienischer Kreise ein. Battistis Sohn hatte die gleichen Ansichten wie sein gefallener Vater; er
konnte während der Mussolini-Ära Italien nur mit Mühe verlassen und konnte erst nach 1945 in seine Heimat zurückkehren. In der Gefangennahme Cesare Battistis am Monte Corno hoch über der Vallarsa, über jenem von Alfred Enrich zurückeroberten Fort Valmorbia, haben Entwicklungen und Ereignisse von tragischer, persönlicher Auswirkung ihren Ursprung gefunden ...
Der Monte Corno, jahrelang umkämpft und gehalten von den Tirolern, wurde auch durch Battistis Schicksal zu einem Prestigeziel italienischer Truppen; er konnte im Mai 1918 von den Italienern genommen werden, ohne dal3 sie diesen Gewinn aber in einem Vorstoß in das Etschtal ummünzen hätten können. Darüber berichtete der italienische Generalleutnant Pompilio Schiarini: »Am Monte Corno war unsere Stellung sehr nahe der feindlichen, daher arbeiteten wir längere Zeit schon an einem Minengang. Da man jedoch immer Zweifel hegte, ob der Feind nicht an einem Gegenstollen arbeite, wurde ein Überraschungsangriff befohlen. Der sehr gut vorbereitete Angriff wurde in den Morgenstunden des 10. Mai 1918 durchgeführt. Die Angreifer sprangen trotz der Hindernisse in die feindliche Stellung, jagten nach hartem Kampfe die Verteidiger des Monte Corno in die Kavernen und nahmen sie dort gefangen ... die feindliche Besatzung umfaßte 100 Mann, vier Maschinengewehre und zwei kleine Gebirgskanonen. Als der Monte Corno von uns genommen war, wurde feindlicherseits sofort ein Kaiserjägerbataillon mit Sturmpatrouillen zum Angriff angesetzt, doch unter schwersten Verlusten wurde der Angriff zurückgeschlagen ... trotzdem gelang es einer Gruppe von 26 Kaiserjägern mit einem Maschinengewehr während eines Handgemenges zwei Kampfkavernen auf der Cornospitze zu besetzen und sich zu verschanzen. Sie wurden von den Unseren abgeschnitten, doch verweigerten sie es, sich zu ergeben. Um 15 Uhr des 12. Mai stieg Oberleutnant Sabatini mit einem anderen Offizier und drei Mann unter höchster Gefahr den Felsen hinauf und langte unbemerkt auf der Spitze an. Hier gelang es ihnen, den Feind zu überraschen. Von der 26 Mann starken Besatzung wurden der Kommandant und fünf Mann gefangen.
Fünf Mann verschanzten sich in der Kaverne, die anderen blieben tot oder schwer verwundet auf dem Kampffeld. Oberleutnant Sabatini erhielt Verstärkungen und ging gegen diese fünf Mann vor, von denen hierbei drei Mann fielen und zwei verwundet wurden. Diese zwei Kaiserjäger kämpften, obwohl sie aufgefordert wurden, sich zu ergeben, weiter, ja es gelang den beiden sogar, einen unserer Verwundeten ihrerseits gefangenzunehmen. Am folgenden Morgen ergaben sich die beiden Österreicher, und unser gefangener Verwundeter erhielt die Freiheit.«
Am 10. Mai 1918 begann dieser hier geschilderte Angriff der Italiener, der ihnen 100 Verteidiger als Gefangene nebst dem Gipfel einbrachte. Dann setzten 26 Kaiserjäger zum Gegenschlag an; sie wurden in härtestem Kampf bis zum 12. Mai fast aufgerieben und wehrten sich bis zuletzt. Am Schluß leisteten nur noch zwei verbliebene Kaiserjäger Widerstand bis zum Morgen des 13. Mai. Vier Tage währte das Ringen, von beiden Seiten mit höchster Tapferkeit geführt. Mann um Mann schmolz das Häuflein der Kaiserjäger dahin, bis das Schicksal der letzten zwei Kaiserjäger besiegelt war. »Ein wahrhaft archaisches Ringen vom Ausmaß einer antiken Tragödie« meinte darüber Attilio Bertin, einstiger Alpino des Ersten Weltkrieges.
Ähnlich wie auf der Zugna Torta oder am Monte Corno wurde auch auf den benachbarten Gipfeln des Monte Spil und Monte Testo gerungen, wobei das Frontgebiet des Monte Testo bereits im Zusammenhang der Front am Pasubio zu sehen ist. Die von der Vallarsa zum Monte Spil, Monte Corno und Monte Testo aufsteigenden italienischen Linien verliefen mit großer Distanz von Monte Spil und Monte Testo, berührten dagegen die Tiroler Linie am Monte Corno und Pasubio beinahe.
Allein aus diesem Grund konnten die Italiener am Monte Corno und vor allem dann am Pasubio mit ständig steigender Intensität angreifen, während die Fronten am Monte Spil und Monte Testo eher im Schatten jenes welthistorischen Ringens lagen. Sicher, auch am Testo und Spil griffen die Italiener an, wurden aber immer relativ mühelos abgewehrt. So konzentrierten sich nun beide Seiten auf den Pasubio.
Eine ausführliche Schilderung des Krieges uni den Pasubio würde ein vielbändiges Werk ergeben. Wir wollen uns hier eher auf eine Zusammenfassung der Grundzüge beschränken, um zu zeigen, aus welchen Teilen die Pasubiofront, auch »Kaiserjägerhölle« genannt, bestand. Wollte man die Namen der Männer auf beiden Seiten nennen, die hier über sich selbst hinauswuchsen, so würde man auch dafür bereits ein eigenes Buch erstellen müssen.
Vier Grundzüge prägten das Wesen des Krieges am Pasubio: Der Kampf gegen den Hochwinter und Lawinen; die ständig aufflammende Gefechtstätigkeit über kürzeste Distanz im Karstgestein; der Ablauf mehrerer, großer Schlachten; das gegenseitige Anlegen von unterirdischen Sprengstollen (- Minenstollen) und das daraus folgende In-die-Luft-Sprengen der gegnerischen Stellung. Die Summierung aller vier Grundzüge der Front am Pasubio machte aus alldem zusammen die »Kaiserjägerhölle«. Den Kaiserjägern Tirols gebührt, wenn wir an den Pasubio denken, der mit Abstand erste Ehrenplatz. Hier standen Kaiserjäger des 1. Regimentes, des 3. Regimentes, des 4. Regimentes, darunter das III., IV. und V. Bataillon des 2. Regimentes, weiters das III. Bataillon des 4. Regimentes.
Gegen stärkste italienische übermacht, gegen alle Tücken des Winters, im Grauen der Minensprengungen, im Toben der mehrmaligen Schlachten und in ständigen Gefechten haben die Kaiserjäger diesen Berg, der zu einer Art Altar der Tiroler und Italiener wurde, bis zur letzten Sekunde des Krieges gehalten. Ihr Blut konnte den Pasubio nicht tränken, da es im nackten Karstgestein nicht versickern konnte. Es trocknete auf den Felsen und hat diesem Berg auf ewig ein neues Antlitz verliehen - ein Antlitz vom bedingungslosen Einsatz für die Heimat. Ähnliches empfinden auch die Italiener - und beide Seiten haben nach dem Krieg ohne Verbitterung, nur mit Stolz über die eigene und mit Respekt vor der gegnerischen Leistung und mit gemeinsamer Trauer über die Opfer vom Pasubio gesprochen, geschrieben und berichtet.
Der Pasubio, der höchste Punkt einer wellenartigen Karsthochfläche, bildet in seinem höchsten Teil zwei getrennte Erhebungen von plattenartiger Form. Im Krieg wurden beide Platten von den Österreichern und Italienern besetzt; man sprach von einer österreichischen Platte (2206 m) im Norden und von einer italienischen Platte (2236 m) im Süden. Die italienische Platte war also um gut 30 Meter höher als die österreichische, die von den Italienern eingesehen und beschossen werden konnte. In diesen 30 Metern Höhenunterschied lag der Tod für Tausende begründet; daraus entwickelte sich der Alltag des Todes am Pasubio. Diese 30 Meter Höhenunterschied wurden zum bittersten Punkt in der Tiroler Militärgeschichte. Zwischen beiden Platten lag ein kleiner Sattel. Diesen konnten die Italiener einsehen, die Österreicher bzw. die Tiroler aber nicht. Also konnten hier die Italiener im Schutze eigenen Feuers ihre Angriffsgruppen bis zur Tiroler Linie vorschieben, während die Tiroler Verteidiger nichts dagegen tun konnten - außer den dann folgenden Sturmangriff abzuwarten und abzuwehren. Dies gelang immer, von Mai 1916 bis November 1918. Auf wenigen Metern konzentrierte sich das Ringen, bei dem oft Tausende Soldaten auf beiden Seiten zugleich eingesetzt wurden. Das Erringen der gegnerischen Platte hätte den Sieg bedeutet, aber keine der beiden Seiten konnte die Platte des Gegners einnehmen. Höher zu bewerten ist in diesem Zusammenhang allerdings die Leistung der Verteidiger Tirols, da sie hier in einem Abwehrkampf standen, während die Italiener nach Tirol eindringen wollten. Und genau dies abzuwehren war der Zweck der Tiroler Front am Pasubio.
Bereits während der Frühjahrsoffensive 1916 wurden beide Platten des Pasubio besetzt. Hier rannte sich auch die Frühjahrsoffensive fest. Nach Beendigung der Offensive Mitte Juni 1916 war beiden Seiten klar, daß der Pasubio zum Angelpunkt der Front über dem Etschtal werden mußte. Nun öffnete der Moloch Krieg immer gieriger sein Maul und verschlang immer größere Mengen an Mann und Material, spie die Toten aus, verlangte immer gieriger nach mehr Menschen, nach mehr Blut, nach mehr Material. Bereits am 1. und 2. Juli 1916 versuchten die Tiroler, die italienische Pasubio-Platte zu erobern, aber ve.geblich. Damit war das Schicksal dieser Front bereits vorgezeichnet.
Bereits der erste Winter 1916/1917 wütete am Pasubio fürchterlich. Der Innsbrucker Pasubio-Soldat Dr. Josef Prochaska hatte allein mit seinen Leuten in der Zeit vom 6. bis 16. Dezember 1916 350 Lawinentote ausgegraben; der erste Schneefall hatte bereits im Oktober 1916 eingesetzt. Damals mußten schon die Stellungen, lange vor Wintereinbruch, freigeschaufelt werden.
Vom 4. Dezember bis 15. Dezember i916 schneite es fast durchgehend. Nur für wenige Stunden, um die Mittagszeit, drang das Tageslicht bis zum Pasubio durch; ansonsten herrschte. Finsternis, Dämmerlicht, dunkles und dumpfes Grauen. Und jetzt begannen die Lawinen zu toben. Staublawinen fegten viele Male die einfachen Unterstände aus Brettern mit Zeltplanen als Dach hinweg und begruben und erstickten die Männer. Nacht für Nacht und Tag für Tag ging es so; einmal wurden 40 Mann, dann 80 Mann, dann eine Trägerkolonne verschüttet, und so ging es tagelang weiter. In diesem Winter 1916/17 dürften am Pasubio auf beiden Seiten weit über 1000 Soldaten allein durch Lawinen umgekommen sein; Hunderte verirrten sich im Schneesturm, starben und wurden erst im Frühjahr nach Ausaperung wieder gefunden. Männer gingen auf Patrouille und kamen nie an, kamen nie zurück. Der Winter fraß die Menschen auf. »Als der Frühling im Etschtale schon zu Ende ging und der Wein verblüht war, fuhren wir noch mit Skiern auf der Pozza-Mulde am Pasubio und bauten auf den ersten aperen Flecken schlichte Erinnerungssteine für unsere toten Kameraden« (Dr. Josef Prochaska). So war der Winter am Pasubio; dazu kamen noch die Kriegsereignisse selbst.
Während des Jahres 1916 entwickelte sich der Krieg zum noch eher infanteristisch geführten Gebirgskrieg. Im Jahre 1917 und 1918 steigerte sich der Krieg, indem zahlreiche Versuche unternommen _wurden, die gegnerischen Stellungen mit unterirdisch vorgetriebenen Sprengstollen in die Luft zu jagen - natürlich jeweils mit den Verteidigern. Dazwischen tobten Schlachten und Nahgefechte. Im September 1916 stürmten die Alpini erstmals massiv gegen die österreichische Platte vor, erreichten den Rand der Platte, kämpften im Dunkel der Nacht um die Platte weiter, auch den nächsten Tag - bis die Kaiserjäger ihre Platte wieder vollkommen zurückerobern konnten.
Im Oktober 1916 kam es zu andauernden Gefechten um die Stellungslinie am Cosmagon, einem Felsrücken, der von der italienischen Platte nach Nordwesten zieht. In diesen Kämpfen schrumpften die Stände der Kaiserjägerkompanien von 150 Mann auf zehn bis 30 Mann zusammen. Nun wurde der Cosmagon aufgegeben; die Tiroler richteten an seiner Stelle den berüchtigten Roite-Rücken als flankierende Stellung ein. Erst der Einbruch des Hochwinters führte im Oktober 1916 zu einem Abflauen der beiderseitigen Kampfhandlungen, die bis dorthin allein am Pasubio an die 8500 bis 9000 Mann auf beiden Seiten das Leben gekostet hatten.
Während des Winters 1916/17 trieb die österreichische Seite nun einen ersten Sprengstollen bis unter die italienische Platte vor. Aber auch die Italiener begannen mit dem Krieg der Sprengstollen und trieben ihrerseits Sprengstollen in Richtung des Verlaufs des österreichischen Sprengstollens vor, um diesen durch Sprengung zum Einsturz zu bringen. Und beide Seiten begannen im Frühjahr 1917 das Gebiet ihrer beiden Platten mit Kavernen, Stollen, Kampfstollen, Depot- und Magazinstollen zu spicken. So wurde der Pasubio auf italienischer wie österreichischer Seite wie ein Laib Emmentaler ausgehöhlt. Aus den Öffnungen dieser unterirdischen Front spie ein vieltausendfacher Tod.
Ab August 1917 kam es zu mehreren Sprengungen im italienischen und österreichischen Minenstollen, beide auf wenige Meter Distanz, um den gegnerischen Stollen jeweils zu zerstören. Doch richteten diese Sprengungen nur geringen Schaden an; sie kosteten zwar vielen Männern in den Stollen das Leben, führten aber nur zu Verzögerungen im bald wieder aufgenommenen Vortrieb beider Stollen. Im März 1918 füllten die Österreicher ihren Stollen mit annähernd 50 Tonnen Sprengstoff. Am 13. März wird die Sprengladung gezündet: ein Inferno hüllt den Pasubio ein. Explosion um Explosion zerfetzt die italienische Platte mit ihren Stellungen, Kavernen und Gängen sowie mit einem Besatzungskontingent von über 500 Mann. Die durch die Sprengung erlittenen Verluste auf italienischer Seite werden abweichend mit 500 bis zu 800 Mann angegeben. Zahlreiche Soldaten, durch die Sprengung verwundet, starben erst später; daraus resultieren auch die etwas unterschiedlich angegebenen Verlustzahlen. Im Augenblick der Sprengung dürften aber annähernd an die 600 Italiener sofort getötet worden sein. Ähnlich wie am Col di Lana die Kaiserjäger, so wußten auch hier am Pasubio die Alpini, daß die Sprengung bevorstehen würde. Und so wie die Kaiserjäger den Col di Lana nicht räumten, so blieben auch die Alpini im Angesicht des sicheren Todes am Berg, mit dem sie in die Luft fliegen sollten. Darüber könnte man noch viel berichten, doch würden es nur dürre Worte werden, angesichts von Ereignissen, die wir zwar heute schildern, uns aber nie vorstellen werden können.
Wir wollen hier aber noch kurz zu den Gefechten und Schlachten am Pasubio zurückkehren.
Am 1. und 2. Juli 1916 verloren die Italiener beim Angriff der Kaiserjäger gegen die italienische Platte 600 Tote, 2000 Verwundete und 300 Gefangene. Am 10. September 1916 eröffneten die Italiener ihre erste »Schlacht am Pasubio« gegen die 200 Schritte entfernte österreichische Platte. Im dichten, plötzlich auftretenden Nebel, kam es zum Nahkampf, den die Tiroler gewannen. Zurückblieben an Toten der Italiener über 500 Mann, 2200 Verwundete, 600 Vermißte. Nur 50 Tiroler gerieten in italienische Gefangenschaft.
Bereits wenige Wochen danach griffen die Alpini ununterbrochen vom 9. bis zum 20. Oktober 1916 in einer von den Italienern »Zweite Schlacht am Pasubio« genannten Attacke an. Allein bei den Kämpfen um den Cosmagon verloren die Italiener 3000 Soldaten. In den Tagen vor dem 20. Oktober gipfelte die Schlacht in immer sich wiederholenden Angriffen der Italiener gegen die österreichische Platte. Diese lag Tag und Nacht unter dem Beschuß schwerer italienischer Artillerie, die die Verteidiger betäubte, verwundete, tötete. In den Feuerpausen der Artillerie griffen die Italiener an, doch das Glück des Krieges war ihnen auch dann versagt. Bis zum 20. Oktober 1916 standen die Alpini neunmal auf der österreichischen Platte, hatten diese neunmal betreten und dann endgültig doch nicht erobern können.
»Durch mehr als drei Stunden wogte in diesem Feuerschlunde der Kampf vor und zurück. Die nächtlichen Schatten verdunkelten unserem Blicke die tragischen Kampfszenen. Man sah nur mehr das Mündungsfeuer der Maschinengewehre, das Blitzen der Handgranaten und das Feuer der Granatexplosionen. Von Zeit zu Zeit erbebte alles in wildem Kampfgeschrei.« (Oberleutnant Campana).
»Das allgemeine Gespräch der Anwesenden (der Kaiserjäger) ging von ihrer zu erwartenden Himmelfahrt' bei der nächsten italienischen Sprengung, deren Arbeiten man in unserem Stollen deutlich wahrnehmen konnte. Die meisten glaubten, diesem Berge den Rücken nicht mehr kehren zu können ... schwer war das Los des Kämpfers am Pasubio, noch schwerer jenes des Sappeurs (Pioniers). In tiefen, feuchten Stollen arbeitete er in gasdurchtränkter, stauberfüllter Atmosphäre und vollbrachte schwerste Arbeit bei ständiger Gefahr, durch Gegenminengänge abgequetscht zu werden, was unglücklicherweise des öfteren auch eintrat.« (Hauptmann Eduard Fröhlich).
In seinem Buch »Pasubio« schrieb Robert Skorpil, Augenzeuge jener Kämpfe, vielleicht däs Beste, das je über diesen Berg gesagt wurde. Dies sei hier zum Ausklang und - zum Nachdenken - wiedergegeben:
»Wie viel Wasser braucht doch ein Gärtner, um auch nur ein kleines Stück Erde richtig zu durchfeuchten, und wie wenig vom kostbarsten Saft, vom Blut verströmt so ein armer, zu Tode verwundeter Menschenkörper. Könnten wir jedoch die Schlachtfelder 1914 bis 1918 des Ersten Weltkrieges überfliegen, um einige Quadratmeter zu entdecken, die wirklich mit Blut getränkt, die wahrhaftig mit Gefallenen mehrfach überdeckt gewesen waren, wir würden diese Stelle ... auf dem Pasubio finden ... eine Menschenmühle war das, in der eine Kompanie nach der anderen zermalmt und zerfetzt wurde, als es galt, die Platte' zu erobern, als es galt die Platte' zu halten ... Pasubio, der Berg der zehntausend Toten, die Stelle der gewaltigsten Sprengungen des Ersten Weltkrieges ... der Pasubio ist ein Ort der Läuterung. Er schenkt den Blick ins Grenzenlose, in den Abgrund des Todes, ins Geheimnis des Himmels, in die Macht und Ohnmacht des Menschen. Seltsam: Dieser Berg war nie ein Berg des Hasses, war nie ein Berg der Rache.«
Und Skorpil, der Augenzeuge, vertrat die berechtigte Ansicht, daß dieser Berg kein Ort für Hurrapatriotismus oder Nationalstolz sei. Er meinte, daß den Berg die Grenze nicht kümmere, und daß Frieden und Freiheit des Menschen nicht abhängen dürfen von den Grenzen anderer Länder. Die Grenzen der Länder müßten so geordnet werden, daß die Grenzen der Seelen und der Dinge nicht verletzt werden.
»Das ist der Sinn des Pasubio«, schließt Robert Skorpil, ein Mann, der durch diese Hölle ging. Doch kaum jemand hat seine prophetischen Worte verstanden, außer jenen Menschen, die keine Macht zum Ändern der Dinge haben.
Aus der topographischen Lage der Valsugana läßt sich das Kriegsgeschehen direkt ableiten: Die Valsugana zieht von Trient nach Osten, schwenkt dann nach Süden ab, durchbricht die Randberge östlich der Sieben Gemeinden (als sogenannte Brentaschlucht; benannt nach dem Fluß Brenta) und zieht in weiterer Folge bis Bassano. Im Frieden wie im Krieg stellt die Valsugana, abgesehen vom Etschtal, die wichtigste Nord-Süd-Verbindung zwischen Trient und der italienischen Tiefebene südlich der Sieben Gemeinden dar. Aus genau dieser verkehrsgeographischen Funktion der Valsugana entwickelte sich folgerichtig das Kriegsgeschehen in diesem Tal. Im Süden wird der Talboden der Valsugana durch hoch aufsteigende, sehr steile, klettertechnisch oft extrem schwierige Felswände begrenzt. Diese Felswände münden in Gipfel, welche zugleich die nordseitige Begrenzung der Hochfläche der Sieben Gemeinden darstellen (Cima Manderiolo mit 2049 m; Monte Kempel mit 2295 m; Cima Dodici mit 2236 m; Cima Undici mit 2228 rn; Monte Ortigara mit 2106 m).
Borgo in der Valsugana liegt auf 385 Meter Höhe über dem Meere. Der im Krieg zu überwindende Höhenunterschied beispielsweise zur Cima Dodici beträgt 1910 Meter und stellte im sehr schwierigen Klettergelände enorme Anforderungen an die hier kämpfenden Tiroler Truppen. An keinem Berg der Dolomitenfront hat sich ein so größer relativer Höhenunterschied ergeben. Die Schwierigkeiten des Kampfgeländes in der Valsugana, einem so lieblich erscheinenden, südlichen Tal, dürfen nicht unterschätzt werden.
Dieser Bergkette südlich der Valsugana ist, noch tief darunter im Talboden der Valsugana, ein Bergrücken vorgelagert. Dieser Armentera-Rücken, benannt nach seiner höchsten Erhebung, dem Monte Armentera (1500 m) stellte eine zweite Frontlinie im Krieg dar.
In der Valsugana selbst querte die Front bis Mai-Juni 1916 zuerst bei Barco und Novaledo und stieg nördlich davon zur Panarotta (2002 m) auf. Ab Mai-Juni 1916 stieg die Front vom Abschnitt des Monte Ortigara ab und querte bei Carzano und Castelnuovo die Valsugana, stieg von hier nach Norden zum Monte Val Piana (2368 m) und zum Manghen-Paß empor. Schließlich bildete sich in der innersten Valsugana eine letzte und weitere Front, die als Ergebnis der 12. Isonzo-Schlacht und des österreichischen Vormarsches zur Piave entstand: In Durchbruchskämpfen versuchten österreichisch-ungarische Kräfte, anfangs November 1917 aus der Valsugana gegen ßassano vorzustoßen, scheiterten aber am tapferen Widerstand der Alpini. Über Primolano vorstoßend wurde erbittert in der Brentaschlucht gekämpft; blutig tobte der Krieg hier. Über Cismon del Grappa stießen die Österreicher vor und erreichten noch die kleine Ortschaft San Marino. Hier kam die Front zum Stillstand bis November 1918. Das war also die dritte Front in der Valsugana selbst.
Somit haben wir zu unterscheiden zwischen der Front von Novaledo zur Panarotta; von Carzano zur Val Piana; bei Barco und Novaledo (bis Mai-Juni 1916) und bei Carzano und Castelnuovo (bis November 1917) im Talboden der Valsugana; von der Cima Manderiolo bis zum Monte Ortigara (bis Kriegsende 1918) und der Front bei San Marino am Brentafluß.
Eines der spektakulärsten Ereignisse in der Valsugana bildete der sogenannte »Verrat von Carzano«. Am 18. September 1917 leiteten tschechische und slowakische Soldaten unter Führung des Oberleutnants Pivko aus Marburg an der Dran, teils verkleidet in italienischen Uniformen, die italienischen Truppen durch das österreichische Stellungssystem bei Carzano. Hier war Verrat im größten Stil am Werk. Pivko und seine Männer planten, dadurch den Zusammenbruch der österreichischen Valsugana-Front herbeizuführen. Die Aktion war exakt geplant; große italienische Infanteriemassen standen bereit, um durchzubrechen. Die Folgen wären verheerend gewesen. Nachdem die Verräter zusammen mit den Italienern die Drahtverhaue und Stellungen bereits überwunden hatten, Wurden sie überrascht und konnten von Tiroler Kaiserschützen in stundenlangem, blutigem Kampf mit Mühe und Not aus der Tiroler Stellung bei Carzano geworfen werden. Der Verrat des Oberleutnants Pivko hatte vielen seiner eigenen Kameraden das Leben gekostet.
Bild-Erbeutetes italienisches 10-cm Geschütz
paar Bilder dazu!
Bild 1.Nachtangriff von Engländern und Italienern bei Asiago
Bild 2.Italienisches Beutegeschütz auf Sieben Gemeinden
Bild 3.Feldmesse auf Sieben Gemeinden
Bild 4.Unterstand auf Siben Gemeinden
Bild 5.Erbeuteter italienischer 28-cm-Mörser auf Sieben Gemeinden
Quelle-Gebirgskrieg 1915-1918
Wie hart oft in der Valsugana gekämpft wurde, obwohl sie zum Fronthinterland der Sieben Gemeinden gehörte, verdeutlichen die nachfolgenden Berichte aus dem Tagebuch des Tiroler Kaiserschützenregimentes Nr. I. Bis Februar 1916 bestand die Tiroler Besatzung im Abschnitt von der Cima di Vezzena über die Valsugana bei Barco und Novaledo sowie zur Panarotta hinauf fast nur aus Standschützen und Landstürmern Tirols. Im März 1916 bezogen nun Kaiserschützen des I. Regiments diesen Abschnitt sowie die Abschnitte von der Panarotta bis Palai und zu den Fersentaler Bergen. Aufgabe der Kaiserschützen war es,diese Linie zu verstärken und zu verhindern, daß die Italiener zum Beispiel von der Cima Manderiolo aus die Vorbereitungen zur Frühjahrsoffensive 1916 in der Valsugana beobachten konnten. Aufgabe der Kaiserschützen war es weiters, während der Offensive selbst in diesem Raum wirken zu können. Von Ende Februar 1916 bis Mitte März waren die Kaiserschützen im Raum Panarotta bis Schrimblcrjoch in Stellung gegangen. Große Schneemassen lagen zu dieser Zeit in den Bergen. Auf der Fontanella (2037 m), nördlich der Panarotta, befand sich ein Hauptstützpunkt der Kaiserschützen mit mehreren Baracken. Tag und Nacht mußten die Männer das Lager freischaufeln und mußten auf der Panarotta und Fontanclla mühsam alle Wächten rechtzeitig abtreten, um dadurch die Auslösung von Lawinen infolge Wächtenbruches zu verhindern. Trotz dieser gefahrvollen Tätigkeiten kam es am 12. März 1916 um 3 Uhr in der Frühe zur Katastrophe: Von der Fontanella raste die Lawine zu Tal und erfaßte das Lager der Kaiserschützen. Die auf den oberen Pritschen schlafenden Männer waren sofort tot; von 40 Mann Besatzung wurden sechzehn tot und zehn als Verwundete ausgegraben.
Im Abschnitt des Monte Broi (1296 m), oberhalb von Campregheri, saßen die Alpini, beschossen von hier mit Artilleric ständig die Tiroler Stellungen auf Panarotta und Fontanella und griffen mehrmals, zum Teil unter Einsatz von zwei Bataillonen, an. Am 4. und 5. April griffen die Italiener an, überrannten zwei Feldwachen, stießen aber nicht weiter vor. Am 6. April wurde nach zweieinhalbstündiger, schwerer Artillerievorbereitung von den Italienern erneut angegriffen: In San Osvaldo, westlich oberhalb von Roncegno, kam es zum Nahkampf auf Schrittentfernung. Die Alpini verloren 100 Tote, die Kaiserschützen 28 Tote, 53 Verwundete und 25 Mann Vermißle. Drei Tage wurde hier unentwegt gekämpft, und drei Tage lag schweres italienisches Artilleriefeuer auf den Kaiserschützen, die aber die Stellung halten konnten.
Gruß
Josef
Am Beispiel dieses Detachements last sich besonders gut darstellen,worin die Aufgabe der Spazialeinheiten der Gebirgsfront lal.Am 11.Mai 1916 wurde die Hochalpine Detachement Enrich zusammengestellt,50 Mann,ausschließlich Freiwillige, die sich in übergroßer Zahl meldeten, bildeten das Detachement. Kommandant wurde Oberleutnant Alfred Enrich, der Bezwinger des Forts Valmorbia; sein Stellvertreter war Leutnant Hofherr. Das Detachement bestand somit aus nur 50 Mann und zwei Offizieren. Zu betonen ist, daß das Detachement auch aus einer größeren Zahl von Männern hätte gebildet werden können, doch erachtete man insgesamt 52 Mann als ausreichend für die durchzuführenden Spezialeinsätze.
Am 17. Mai stieg das Detachement von Levico gegen die zu erobernde Cima Manderiolo (2049 m) an, die sich hoch über der Valsugana am Nordabfall der Hochfläche der Sieben Gemeinden erhebt. Senkrechte Felswände, viele hundert Meter hoch, sehr schwer zu durchklettern, bilden das Angriffsgelände. In voller Gebirgsausrüstung - zusätzlich pro Mann mit 200 Patronen, Handgranaten und fünf Reserveportionen - stiegen die Männer auf 1555 Meter an und biwakierten hier. Am 19. Mai durchkletterte Enrich mit nur zwei Männern die Wände, um einen Durchstieg zu erkunden. Dies gelang, ohne vom wachsamen Feind bemerkt zu werden. Am Abend des 19. Mai wurde bereits schweres österreichisches Artilleriefeuer gegen den Gipfel der Cima Manderiolo gerichtet. Im dadurch verursachten Steinschlag harrte das Detachement aus, bereit für den Angriff. Um vier Uhr in der Frühe des 20. Mai 1916 setzten sich die kühnen Angreifer in Bewegung.
Während des Durchkletterns der Felswände durften sie nicht bemerkt werden, da auch nur ein einzelner Italiener die Männer abschießen hätte können. Auch dieser Teil des Unternehmens gelang. Am Ausstieg aus der Wand gingen die Männer unter Enrich nun zum Angriff vor. In mehreren Staffeln wurde trotz starken gegnerischen Feuers angegriffen. Leutnant Hofherr stürmte die Gipfelkaverne der Cima Manderiolo, während die Gruppe Enrich die Italiener in den Gräben aufrollte. Die italienische Gipfelbesatzung in der Kaverne mit 40 Mann und zwei Offizieren wurde überwältigt. In der Kaverne entdeckte man ein militärisches Beobachtungsarsenal mit optischen Apparaten, Fernrohren und Feldtelephon. Außerdem führten zwei Gänge zu Öffnungen in der Felswand hoch über der Valsugana - die Italiener konnten, gutes Wetter vorausgesetzt, alle österreichischen Bewegungen von hier aus in der Valsugana sehen und weitermelden. Trotz der blitzartig durchgeführten Aktion mussten die Italiener noch in der Lage gewesen sein, ihre eigenen Leute telefonisch zu benachrichtigen, denn nun trommelte schweres italienisches Artillerie-Vergeltungsfeuer auf Enrich und seine Männer. 30 Mann von ihnen besetzten den Gipfel, 10 Mann sicherten den Weg zum Einstieg in die Felswände (den einzigen Rückweg ... ). Gegen Abend wurden die Kaiserschützen von zwei italienischen Bataillonen angegriffen; das Hochalpine Detachement Enrich schlug sich nun zum Einstieg in die Wand zurück und konnte im Schutze dichten Nebels ohne einen einzigen Verlust zur Valsugana abklettern. Eine aufsehenerregende Aktion großer Kühnheit war damit zum Abschluß gekommen. Die italienische Beobachtungsstation auf Cima Manderiolo war zumindest vorübergehend während der ersten wichtigen Tage der Frühjahrsoffensive 1916 außer Kraft gesetzt worden (von der Cima Manderiolo aus hatten die italienischen Artilleriebeobachter u. a. das Feuer gegen Ziele in der Valsugana geleitet).
Eine noch kühnere, ungleich schwierigere Aktion führte das Hochalpine Detachement Enrich in den Tagen ab dem 23. Mai 1916, ebenfalls von der Valsugana ausgehend, durch: Diese Aktion richtete sich gegen den Gebirgskamm des Monte Kempel (2295 m), der Cima Dodici (2336 m) und der Cima Undici (2228 m) sowie benachbarter Berge wie Cima Maora. Von Sella am Armentera-Rücken stieg das Detachement zur Porta di Renzola (1949 m) hoch über der Valsugana an und eroberte als
erstes gegen starke italienische Patrouillen den Monte Kempel. Zug um Zug wurden nachfolgend die Cima Dodici, Undici und Moara genommen. Bereits am 24. Mai waren alle Gipfel im Besitz der Männer des Detachements - eine gigantische Leistung. Das Detachement wurde nach seinem großartigen Erfolg abgezogen; die eroberten Ziele konnten durch Einheiten des Infanterieregimentes Nr. 84 besetzt werden.
Beide Angriffsunternehmungen des Detachements standen in Zusammenhang mit der Sicherung der südlichen Flanke über der Valsugana, um den Offensivtruppen Österreich-Ungarns während der Frühjahrsoffensive 1916 im Talboden der Valsugana den Weg gegen seitliches Flankenfeuer (auch der Artillerie) abzusichern. Beide Aktionen unterstreichen den Wert des Einsatzes kleiner Spezialgruppierungen an einer Gebirgsfront. Den Krieg in der Valsugana müssen wir uns somit auch als Gebirgskrieg, wie eben exemplarisch erläutert, vorstellen. Also keine Rede von gleichsam idyllischem Kampfgelände, am Boden eines südlichen Bergtales.
Gruß
Josef
Die Funktion der Festungswerke sowie deren erfolgreicher Einsatz während des Krieges, besonders bis Mai-Juni 1916, haben wir bereits in vorigen Abschnitten ausführlich dargestellt. Ebenso wurde in vorhergehenden Abschnitten die Entstehung der verschiedenen Frontlinien auf der Hochfläche während aller Kriegsjahre erläutert. Auf diese beiden wichtigen Themenkreise des Kampfes um die Hochfläche wird hier nur noch gelegentlich Bezug genommen. Wir wollen uns nachfolgend in übersichtlicher Form mit den großen Zügen der Kampfhandlungen, gereiht nach Kriegsjahren, beschäftigen.
Halten wir uns die Ausgangssituation im Mai 1915 nochmals kurz vor Augen: Von Riva über Rovereto nach Serrada und in die Valsugana (Barco/Novaledo) lief die erste Frontlinie. Durch die Frühjahrsoffensive 1916 wurde weit nach Süden, am weitesten südlich des Pasubio (zur Cima di Mezzana) vorgestoßen. Die Offensive kam zum Abbruch, es entstand nun die neue Frontlinie über Mori/Marco - Zugna - Pasubio - Monte Cimone (nördlich Arsiero) und weiter nach Asiago. Hier zweigten zwei Hauptfronten nach Norden zum Monte Ortigara ab. Nach siegreicher Beendigung der 12. Isonzo-Schlacht entstand schließlich die letzte Frontlinie von Asiago nach Osten nach San Marino am Brentafluß/Valsugana - Monte Asolone - Monte Grappa und entlang des Ostufers der Piave.
Alle Kampfhandlungen auf den Sieben Gemeinden sind ausschließlich unter dem Aspekt zu sehen, daß die österreichischungarischen Kräfte von der Hochfläche ausgehend das italienische Tiefland erobern wollten; dieses Ziel konnte jedoch nie erreicht werden. Hier erhoffte sich das österreichische ArmeeOberkommando aus berechtigten Gründen, vom statischen Stellungskrieg in den dynamischen Offensivkrieg übergehen zu können - vergeblich. Auf der Hochfläche wurde das Ende des Krieges mit-entschieden (ähnlich wie an der Piave). Die Hochfläche che band ungeheure Mengen an Mann und Material und erbrachte keine erfolgreiche Offensive. Ab Herbst 1917 kann man den Krieg auf der Hochfläche der Sieben Gemeinden seitens Österreich-Ungarns nur noch als Frage der Zeit bezeichnen, da der Mangel an Ersatzmannschaften und an jeglicher Art von Kriegsmaterial immer drückender wurde. Infolge der begrenzten Ressourcen Österreich-Ungarns wäre nur in den Jahren 1915 bis 1917 eine Entscheidung möglich gewesen. In gewisser Weise kann dabei auch das Jahr 1915 nicht in Betracht gezogen werden, da zum Zeitpunkt der Kriegserklärung Italiens und bis weit
in den Herbst 1915 hinein die Hauptmassen der kaiserlichen Armee im Osten standen. Somit wären nur 1916 und 1917 als Jahre der Entscheidung verblieben. In diesen beiden Jahren konzentrierte sich daher auch das Ringen um die Sieben Gemeinden.
Konkret gesehen umfaßte dieses Frontgebiet den Raum zwischen Rovereto und dem Brentafluß im Osten: Annähernd eine Distanz von 60 Kilometern Luftlinie. Tatsächlich aber betrug die Länge der Front ab Mai-Juni 1916 in diesem Gebirgsgelände mit tief eingeschnittenen Tälern, hoch ansteigenden Bergen, breiten Flächen sowie den westlichen Randfronten am Pasubio und auf der Zugna zwischen 180 und 200 Kilometer Länge. Dabei stieg die Front von Rovereto (192 m) auf weit über 2000 Meter Höhe im Abschnitt Dodici-Monte Ortigara an. So herrschten beispielsweise im Spätfrühjahr an dieser Front teils frühsommerliche bis hochwinterliche Verhältnisse zugleich.
Würde man die Länge jener Front anhand eines Beispiels in tiefen Lagen erläutern, so wäre sie identisch mit einer Hauptkampflinie von Kiefersfelden-Kufstein bis zur Grenze Tirol-Schweiz westlich von Landeck. Doch auch dieses Beispiel hinkt, da auf den Sieben Gemeinden eine Front mit Luftlinie von ca. 60 Kilometern infolge ständigen Auf- und Absteigens der Frontlinie de facto 180 bis 200 Kilometer betrug. Drei Hauptkriterien zeigte jene Front: Kampf mit Hilfe der Festungswerke 1915/16; dann Einsatz großer infanteristischer Massen bis Kriegsende 1918 und dazwischen Gebirgskrieg in hochkarätiger Form.
Gruß
Josef
Im Mai 1915 plante Italien die österreichischen Forts niederzukämpfen und danach erst mit Truppen vorzustoßen. Vom 23. Mai 1915 bis 30. Mai hielten die Forts schwerstem italienischen Beschuß stand, und rund um die Forts kam es zu erbitterten Nahkämpfen, bei denen die Italiener immer geschlagen wurden; die Fortsbesatzungen zeigten größten Heldenmut.
Ende Mai 1915 wehrten Tiroler Standschützen und Landsturm-Männer den italienischen Angriff gegen Cima di Vezzena erfolgreich ab. Anfang Juni 1915 stand fest, daß die Hochfläche durch Italien nicht erobert werden konnte, und daß die Tiroler Verteidigung hielt, obwohl sie vollkommen unterbesetzt war. Ab Mitte August 1915 setzte die erste italienische Offensive ein. Als Ergebnis davon konnten die Italiener zwar in die Valsugana eindringen und sich am Armentera-Rücken u. a. festsetzen. Das Nebenfort auf Cima di Vezzena wurde zerschossen, das Fort Lusern stark in Mitleidenschaft gezogen. Kaiserschützen, Standschützen aus Kufstein und die Freiwilligen Oberösterreichischen Schützen verteidigten die Hochfläche wirkungsvoll, so etwa auch am Coston. Ab Anfang September 1915 stand endgültig fest, daß Italien hier nicht durchbrechen konnte. Cadorna konzentrierte nun seinerseits sein Hauptaugenmerk auf die Front am Isonzo. Während des Winters 1915/16 herrschte auf der Hochfläche der Stellungskrieg, der Kleinkrieg der Patrouillen und Feldwachen. Gleichzeitig bezogen die von Rußland abgezogenen Truppen als wesentliche Verstärkung die Hochfläche, deren Front im Frühjahr 1916 neu erstarkt war. Ende Oktober 1915 startete Cadorna nochmals einen zaghaften Versuch auf den Sieben Gemeinden, wurde aber am Anfang schon abgeschlagen und wich nun vorerst endgültig zum Isonzo aus.
Das Kriegsjahr 1916 sollte nun auf den Sieben Gemeinden die Entscheidung bringen: Vom 15. Mai 1916 bis 16. Juni 1916 rollte die Frühjahrsoffensive mit großem Schwung, stieß über die ganze Hochfläche bis an deren südlichen Rand vor, mußte aber abgebrochen werden. Was waren die Ursachen für diesen Teilerfolg, der die Eroberung des italienischen Tieflandes nicht erbringen konnte? Conrad von Hötzendorf, Chef des Generalstabes, hatte den Vorstoß über die Sieben Gemeinden und gleichzeitig vom Isonzo aus geplant. Damit wären die Hautpmassen des italienischen Heeres sowie die gesamte Gebirgsfront Italiens zwischen Fleimstal und Sexten in die Zange genommen, wären erdrückt worden im Zwei-, ja Dreifrontenkrieg. Conrad von Hötzendorf rechnete infolge von Zusagen dabei mit den notwendigen deutschen Verstärkungen.
Auf sich allein gestellt wäre Österreich-Ungarn zu schwach gewesen. Doch während der Vorbereitung zur Offensive lehnte General von Falkenhayn - wie wir bereits in unserer Übersicht vermerkt haben - die Unterstützung durch deutsche Truppen ab. Falkenhayn verfolgte die Konzeption, daß in Verdun der deutsche Hauptschlag zu führen sei, daß er daher keinen Mann entbehren könne. Falkenhayn setzte sich durch - das tragische Ergebnis von Verdun kennen wir.
Conrad von Hötzendorf mußte schweren Herzens allein marschieren. Daß seine Truppen dennoch fast den Sieg errungen hätten, beweist, daß im Falle der deutschen Unterstützung die Offensive mit dem Eindringen in das italienische Tiefland geendet hätte.
Am 15. Mai 1916 begann die Offensive auf voller Breite zwischen Rovereto und allen Linien auf der Hochfläche. Vier Wochen tobte die Offensive, die man sich als andauernde Kette von Schlachten vorstellen muß. Bis weit nach Süden stießen die Kräfte Conrads vor, ebenso bis weit nach Osten. 220.000 Mann umfaßte die Stärke der österreichisch-ungarischen Kräfte, während die der Italiener 600.000 Mann betrug. 800.000 Soldaten standen hier im Zentrum weltgeschichtlichen Geschehens, das bis heute meistens als Randgebiet des Geschehens im Ersten Weltkrieg gesehen wird; aber allein die Zahl der Mitkämpfer beweist das Gegenteil.
Das Eingreifen Brussilows in Rußland unterband die Heranführung von dort stehenden Kräften Österreich-Ungarns auf die Sieben Gemeinden und erforderte sogar, daß Conrad von Hötzendorf starke Kräfte von den Sieben Gemeinden an die Ostfront abgeben mußte. In den Wäldern südlich von Asiago, am Pasubio und auf der Zugna Torta versiegte der Schwung der Angreifer. Mitte Juni 1916 wurde die Offensive abgebrochen. Kaiserjäger und Kaiserschützen Tirols, Salzburger »Rainer« (IR Nr. 59), Linzer »Hessen« (IR Nr. 14) hatten sich dennoch in die Geschichte eingeschrieben:
Kaiserjäger erobern die Costa d'Agra; bereits am 17. Mai wird die Zugna Torta besetzt. Die Salzburger »Rainer« (IR 59) nehmen den Soglio d'Aspio. Die Linzer »Hessen« stürmen den Coston bei Arsiero. Col Santo, Monte Corno und Monte Testo hoch über der Vallarsa fallen in österreichische Hände. Am 21. Mai 1916 erobern Kaiserjäger den Monte Majo. An der Flanke der Schlachten tobte der Kampf am Monte Zugna mit aller Grausamkeit; hier versuchten Kaiserschützen gegen die südliche Linie der Italiener - die letzte - auf die Cima di Mezzana vorzugehen, doch hielten die Alpini stand. Am 25. Mai 1916 nehmen die Linzer »Hessen« den Monte Cimone ein. In den ersten Junitagen tobt der Kampf um den Monte Cengio, den Monte Sisemol, um Monte Miela und Meletta - bereits weit im Osten und Südosten der Hochfläche. Einer der letzten Berge, den die Österreicher erobern konnten, war der Monte Sisemol.
Doch wie gesagt, nach vier Wochen kam die Offensive zum Stillstand, die Front wurde zurückgenommen, begradigt und entlang günstigerer Linien festgelegt. Doch jetzt reagierte Cadorna sofort; er eröffnete seinerseits eine Gegenoffensive in der zweiten Junihälfte 1916. Diese wurde von den Österreichern im Keim erstickt und brachte den Italienern keinen Meter Bodengewinn. Das Ziel Cadornas war, die Österreicher über die Hochfläche wieder nach Norden zurückzudrängen in jene Positionen, die am Beginn der Offensive besetzt waren. Die Italiener griffen in der Vallarsa, am Monte Spil, Monte Corno und Testo - vergeblich - an, ebenso vergeblich am Pasubio. Vom 6. Juli bis 8. Juli 1916 konzentrierte Cadorna nun 70 Bataillone gegen 36 Bataillone der Österreicher, schritt zum Massenangriff seiner Gegenoffensive, doch brachen seine Angriffe insgesamt zusammen. Damit ging der Krieg auf der Hochfläche im Jahre 1916 in den Stellungskrieg über. Die neugewonnene österreichische Front hielt und konnte auch im Gegenstoß der Italiener standhalten. Doch schwere Angriffe gegen einzelne Ziele sollten noch folgen: Am 18. Juli 1916 wehrten Tiroler Kaiserjäger dreimalige italienische Massenangriffe gegen den Monte Majo und gegen den Coston ab. Nicht gehalten werden konnte dagegen der Monte Cimone, ein militärisch wichtiger Aussichtspunkt gegen die italienischen Aufmarsch- und Bereitstellungsräume.
Bild- Salzburger "Rainer" im inzwischen ausgebauten Sprengtrichter am Monte Cimone
Gruß
Josef
Der Monte Cimone war ein Dorn im Auge der Italiener. Nach dreitägigem Artilleriebeschuß drangen sie am 23. Juli 1916 auf der Cimonespitze ein und besetzen diese. Doch im nächsten Bereich der Spitze harrten die Salzburger »Rainer« in neuntägigem Nahkampf aus und blieben auf der sogenannten Cimoneplatte; konnten allerdings vorerst die Cimonespitze selbst noch nicht zurückerobern. In nächster Nähe der Cimonespitze hielten die Salzburger ihre Stellung und legten dadurch die Möglichkeit zum späteren Anlegen eines österreichischen Minenstollens gegen den Monte Cimone selbst fest.
Am 23. September 1916, auf den Tag genau drei Monate danach, wurde der Cimone gesprengt und zurückerobert. Die Rückeroberung durch die tapferen »Rainer« Salzburgs über den Verbindungsrücken war gescheitert, da hier das Angriffsgelände zu schmal war. Ab dem 29. Juli 1916 begannen dann die Arbeiten am Minenstollen. Voraussetzung für den Erfolg dieser aufsehenerregenden Aktion war, daß die Salzburger - nur zwanzig Meter von den Italienern entfernt in Stellung liegend - diese Position durch drei Monate halten hatten können. Dabei kam es zu wochenlangen, sehr harten Angriffen der Italiener gegen die »Rainer« und um den Eingang zum Minenstollen. Trotzdem gingen die Bohrarbeiten planmäßig voran.
Vom 30. August an wurde der Stollen vorangetrieben; er erreichte eine Länge von 28 Meter und lag mit seiner Sprengkammer schließlich genau elfeinhalb Meter unter der italienischen Gipfelstellung. 40 Sappeure nebst Helfern errichteten den Stollen, dessen drei Minenkammern mit 4500 Kilogramm Dynamit, 8700 Kilogramm Dynamon, 1000 Kilogramm Schwarzpulver und Sprenggelatine geladen wurden. Am 23. September 1916 wurde die Sprengung um 5 Uhr 45 ausgelöst; die Salzburger »Rainer« stürmten unmittelbar danach im Handstreich den Monte Cinione und eroberten diesen so bedeutenden Punkt zurück. Nur fünfzehn Offiziere und 477 Mann der Italiener überlebten und wurden gefangengenommen, zahlreiche Italiener starben. Der Sprengtrichter wies eine Tiefe von 22 Meter und einen Durchmesser von 50 Meter auf. Nach der Sprengung versuchten die Salzburger während des einsetzenden italienischen Artilleriebeschusses die verschütteten, um Hilfe schreienden Italiener zu bergen (unter eigener Lebensgefahr). Die österreichische Seite schlug den Italienern zu diesem Zweck einen Waffenstillstand vor, der aber abgelehnt wurde (die Italiener fürchteten eine Kriegslist). Trotzdem setzten die Salzburger ihre Rettungsversuche fort und konnten bis zum 30. September 1916 noch 35 verschüttete Italiener lebend bergen. Damit haben sich die Salzburger »Rainer« ein Zeugnis der Menschlichkeit ausgestellt, das als wohl einmalig zu bezeichnen ist. Auch im Grauen des Krieges blieben diese Männer anständig und setzten weit über das übliche Maß ihr Leben ein, um den »Feind« aus Todesgefahr zu bergen.
Die Wiedereroberung des Monte Cimone war zwar schon eine denkbar kühne Aktion gewesen, doch ungleich schwieriger war das nachfolgende Halten des Berges. Durch Wochen beschoß schwere italienische Artillerie die Gipfelbesatzung mit mörderischem Vergeltungsfeuer, das übergroße Verluste forderte. Im Toben des italienischen Artilleriefeuers konnte das Ausbauen der Cimone-Stellung außerdem nur langsam vor sich gehen, so daß erst Wochen nach der Eroberung des Gipfels erträgliche, einigermaßen beschußsichere Unterstände am Gipfel geschaffen werden konnten. Im Herbst 1916 sowie im sehr schneereichen Winter 1916/17 ging dann die Kriegstätigkeit auf den Sieben Gemeinden in den ewigen, zermürbenden Stellungskrieg über, um im Juni 1917 zu neuem Furioso zu erwachen.
Im Juni 1917 kam es zur italienischen Großoffensive im Raum Asiago. Hier hatte die italienische Heeresleitung am 10. Juni 1917 165 Bataillone zum Angriff bereitgestellt. Davon sollten 29 Bataillone gegen die Valsugana, 112 Bataillone über den nördlichen Abschnitt der Sieben Gemeinden und 24 Bataillone im Raum Asiago durchbrechen. Ein Hauptzielpunkt der italienischen Kräfte bildete dabei der Abschnitt rund um den Monte Ortigara. Italienischer Frontpfeiler nächst der Ortigara war die Cima Maora, von der aus die Italiener ihre Verbindung zur eigenen Front in der Valsugana herstellten. Westlich der Cima Maora lag in ca. einem Kilometer Entfernung der Tiroler Frontpfeiler, der Monte Ortigara (auch als die Ortigara, 2106 m, bezeichnet). Nachteilig auf Ortigara war unter anderem, daß die Italiener von Cima Moara in überhöhter Position alles cinschen, beschießen und angreifen konnten. 112 Bataillone setzte die italienische Heeresleitung allein im Abschnitt Ortigara-Kcmpel an, denen insgesamt knapp über 40 Bataillone auf Seite Österreich-Ungarns hier gegenüberstanden. An Geschützen verfügten die Italiener hier über 1500 an der Zahl, die Österreicher dagegen nur über 400 Geschütze.
Gruß
Josef
Vom 9. bis 29. Juni 1917 tobte die Schlacht im Abschnitt des Monte Ortigara mit großer Heftigkeit, eine Schlacht, in der die Kaiserschützen Tirols im letzten Augenblick das Blatt zu ihren eigenen Gunsten wenden konnten und sich unsterblichen Ruhm erwarben. Bereits am 10. Juni 1917 konnten die Angreifer am ivlonte Ortigara eindringen. Sie eroberten die Nordkuppe des Berges, konnten aber die Besatzung am Hauptgipfel, die Männer des Feldjägerbataillones Nr. 7 nicht vertreiben. Bei diesem Erfolg beließen es die Italiener vorläufig, während sie an den anderen Stellen ihrer Offensive nicht weiterkamen. Ab dem 15. Juni 1917 schritten die Österreicher nun zum Gegenstoß. Hauptziel war verständlicherweise die Ortigara, um die Italiener hier vertreiben zu können. Am 15. Juni kam es zum ersten großen Schlachttag um die Ortigara, der beiden Seiten keinen Erfolg brachte, aber 6000 Österreichern an einem einzigen Tag das Leben kostete. Am 18. und 19. Juni griffen die Italiener ihre Offensive wieder auf. Am 18. Juni eröffneten die Angreifer gegen den Monte Ortigara ein zehnstündiges Vernichtungsfeuer der Artillerie, das nahezu alle Verteidigungsanlagen und die meisten Verteidiger vernichtete. Um 6 Uhr in der Frühe des 19. Juni 1917 griffen die italienischen Wellen an und errangen am Ortigara den Sieg gegen die eben kurz davor eingerückten Kaiserjäger. Der Verlust der Ortigara, des Eckpfeilers der Tiroler Front über der Valsugana, ließ schlimmste Befürchtungen aufkommen. Nun war seit Kriegsbeginn die Verbindungsfront Tirols von den Sieben Gemeinden zur Valsugana erstmals hart bedrängt worden. Ein italienischer Stoß durch die Valsugana nach Trient und in das Etschtal hätte die gesamte Front auf den Sieben Gemeinden gefährdet. Die Eroberung des Monte Ortigara durch die Italiener bildete die stärkste Krise der Tiroler Front auf der Hochfläche während aller vier Kriegsjahre.
Am 25. Juni 1917 greifen zwei Bataillone des I. und II. Kaiserschützenregimentes den Monte Ortigara an, arbeiten sich Meter um Meter gegen die haushoch überlegenen italienischen Positionen heran, geben in 24stündigem Gefecht nicht auf, erobern im Nahkampf den Gipfel zurück und retten so buchstäblich die Front zwischen Valsugana und Hochfläche. Gegen eine unvorstellbar große Überlegenheit auf Seite der italienischen Ortigara-Verteidiger errangen die wenigen Kaiserschützen den Sieg. Insgesamt verloren die Italiener im Juni 1917 während aller Ortigara-Kämpfe 9000 Tote, 25.000 Verwundete und 3000 Gefangene. So endete die italienische Offensive im Juni 1917 mit einem grandiosen Mißerfolg. Zusätzlich brachte sie dem italienischen Heer Gesamtverluste von 23.000 Soldaten! Demgegenüber umfaßten die österreichischen Verluste 8828 Soldaten.
In der Zeitschrift »Der Schlern« (Bozen, Jg. 1980) finden sich zwei wichtige Abhandlungen über die Ortigara-Kämpfe. In einem fundierten Grundsatzbeitrag beschäftigt sich Dr. Ludwig Walter Regele (Bozen) mit der Funktion des Monte Ortigara als Angelpunkt jener Front und bietet eine übersichtliche Darstellung des Kampfes um die Ortigara. Der sich daran anschließende Augenzeugenbericht von Prof. Dr. Hermann Francis Mark (New York) schildert in beeindruckender Weise jene Rolle, welche die Soldaten des Bozner Kaiserschützenregimentes Nr. lI bei der Wiedereroberung der Ortigara eingenommen hatten. Eine Fülle von bedeutsamen militärgeschichtlichen Details zeichnen jenen Augenzeugenbericht des Kaiserschützen Prof. Dr. Mark ebenso wie die Abhandlung von Dr. Regele aus.
Das war der Höhepunkt auf den Sieben Gemeinden im Jahre 1917. Ein zweiter Höhepunkt fand sich als Ergebnis der 12. lsonzo-Schlacht, in der österreichisch-ungarische und deutsche Truppen bis zum Ostufer der Piave verstießen, ganz Friaul und Venetien eroberten, den überwiegenden Teil der hier kämpfenden Italiener gefangen nahmen oder zerstreuten. Nun stand fest, daß der zweite -und entscheidende Stoß Österreich-Ungarns von der Hochfläche nach Süden und an das Westufer der Piave erfolgen müsse, um Italien niederzuringen. Das hätte den Sieg gebracht. Bereits am 3. November 1917, nach dem Schock durch die Piave-Offensive Österreich-Ungarns, gab Cadorna zu, daß der Zusammenbruch Italiens unvermeidbar wäre, wenn der Krieg westlich der Piave fortgesetzt werden würde. Am österreichischen Stoß von den Sieben Gemeinden aus nach Süden hing nun das Schicksal des Krieges, aber auch jenes der Donaumonarchie. In diesen Tagen der ersten Novemberwoche 1917 kam es auch zum legendären Aufrollen der italienischen Gebirgsfront vom Fleimstal bis nach Sexten, sowie am 1Carnisch-Julischen Hauptkamm. Binnen weniger Tage wurde die zurückgenommene italienische Gebirgsfront überrollt und besetzt. Damit fand das Kriegsgeschehen an der Hochgebirgsfront östlich der Valsugana endgültig sein Ende. Und nun hing wirklich alles vom Vorstoß der Österreicher über die Sieben Gemeinden ab.
Bild-Stellung am Sattel des Cardinal
Gruß
Josef
Bild 1.-Unterstände auf Zugna Torta
Bild 2.-Offizierskaverne auf Zugna Torta
Bild 3.-Bau einer Kaverne auf Zugna Torta
Bild 4.-Maschinengewehrabteilung auf Zugna Torta
Bild 5.-Der Kampfgraben am Monte Spil,Vallarsa
Gruß
Josef
Buchtip:
Luis Trenker, Sperrfort Rocca Alta Der heroische Kampf um das Panzerwerk Verle
Gruß
Uwe
Ein weiterer Buchtipp:
Anton Graf Bossi-Fedrigotti:Die Kaiserjäger im Ersten Weltkrieg, Neuauflage 2009, 64 SW Abbildungen, Karten, gebunden, 500 S.
mehr dazu steht auf meiner Homepage, wer es kaufen möchte PN an mich.
Die Kaiserjäger im Ersten Weltkrieg (http://www.rad2.at/buchvorstellung.html)
Gruß
Wolfgang
Ein Bericht über den Monte Lagazuoi
Der Monte Lagazuoi war während des ersten Weltkrieges Schauplatz verbitterter Kämpfe zwischen italienischen und österreichischen Alpentruppen. Die italienischen Stellungen auf dem großen Felsband unterhalb des Gipfels des Berges, bildeten durch zwei Jahre ein Bollwerk ersten Ranges der Dolomiten-Front. Das Band selbst erhielt den Namen des Abteilungskommandanten, damals Hauptmann Martini.
Die Höhe des Berges war von den Österreichern sehr stark besetzt. Um die Eroberung dieser Stellungen durchzuführen, plante das italienische Oberkommando die Erstellung eines Felstunnels im Inneren des Berge mit Beginn in der Nähe der « Cengia Martini », welches Projekt sodann durchgeführt wurde.
Die Projektierung und Direktion des Unternehmens wurden den gleichen Offizieren übertragen, welche die Arbeiten für die Mine des Castelletto an der Tofana geleitet hatten: die Leutnante Malvezzi und Cadorin.
Die Arbeiten dauerten, mit einigen Unterbrechungen, ungefähr 6 Monate, wobei nicht weniger als 1100 m. des Haupttunnels hergestellt wurden; außerdem noch mehrere Seitentunnels.
Am 19. Juni 1917 wurde die Einlagerung des Explosivstoffes in die Sprengkammer beendet. 33.000 Kg. Gelatine kamen zur Verwendung, und zwar fast die gleiche Menge die bei der Castelletto-Mine verwendet wurde.
Um 23.00 Uhr des 20. Juni 1917 wurde die Mine entzündet. Die Österreicher hatten jedoch einstweilen die Stellung Höhe 2668 verlassen, und zwar wohl auf Grund des Alarms der durch die Bohrarbeiten der Mine hervorgerufen wurde,; und auch durch die Störungen des Nachschubes durch verschiedene Angriffsaktionen.
Die Alpini besetzten den Sprengkrater, doch gelang es ihnen nicht weiter vorzudringen, trotz heroischer Anstrengungen, und zwar durch eine starke Konzentration des Maschinengewehrfeuers.
Die Lagazuoi A. G. hat den Felstunnel in seiner ganzen Länge wieder hergestellt, und ein Drahtseil, welches als Geländer dient, auf der ganzen Strecke angebracht. Der Tunnel ist von oben nach unten zugänglich. Der Eingang des Tunnels ist von der Bergstation der Seilbahn in 10 Minuten auf bequemem Wege erreichbar.
Der Pfad von der « Cengia Martini > bis zur Station von Falzarego ist mit dem üblichen System weiss-rot des italienischen Alpenklubs markiert, mit einem schwarzen « G » in der Mitte.
Die Strecke im Tunnel ist sehr interessant, und zwar wegen der zahlreichen im Fels gesprengten Fenster und durch die Wendung des Tunnels selbst.
Quelle:Italienischer Reiseprospekt von 1979
mfg
Josef
und wieder ein tolles Buch gefunden:
Führer zu den Schauplätzen des Dolomitenkrieges.Das Buch ist von 1973 ,mit viele Karten und Fotos.
mfg
Josef
toller Tip Josef,
werde ich versuchen mir zu besorgen,
Grüße Andreas