Autor Thema: Letzte Briefe aus Stalingrad  (Gelesen 11450 mal)

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Offline Ulla

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Letzte Briefe aus Stalingrad
« am: Mi, 01. August 2007, 21:43 »
Das Führerhauptquartier ordnete an, Feldpostbriefe aus Stalingrad einzuziehen um einen Einblick in der Stimmung der Truppe dort zu erhalten.
Als die letzte Maschine (Januar 1943) aus dem Kessel landete wurden 7 Postsäcke beschlagnahmt und die Briefe geöffnet. Es wurden die Adressen und Absender entfernt,sortiert nach Inhalt und gebündelt dem Oberkommando der Wehrmacht übergeben. Danach wurde eine Statistik verfasst nach "Stimmung". Beeindruckend ist das etwa 2,1% positiv zur Kriegsführung standen und etwa 57 % als ungläubig, ablehnend  die Lage einschätzten.
Es war geplant, die Unterlagen in einem großen Dokumentenwerk zusammenzufassen um über die Schlacht an der Wolga zu berichten. Jedoch war der Inhalt der Briefe so niederschmetternd das der Propagandaminister entschied: "Untragbar für das deutsche Volk".
Die authentischen Abschriften gelangten in das Heeresarchiv Potsdam und wurden dort wenige Tage vor der Einnahme Berlins sichergestellt.

Anmerkung:
Ich hab einige Briefe davon gelesen, sie sind grauenvoll.
Es sind Briefe, voller Hoffnung, voller Liebe und die Sehnsucht nach Hause.
Es sind Briefe, die wie Abschiedsbriefe klingen weil man ahnt was kommen wird.
Es sind Briefe, wo Menschen sich trennen weil man mit der Situation des Krieges nicht klar kommt.
Es sind Briefe, voller Verzweiflung.
Was mich so berührt an der Sache, ist die Tatsache das viele in der Heimat auf diese Post vergeblich gewartet haben. Es wird für viele der letzte Brief gewesen sein.

Ulla


« Letzte Änderung: So, 04. Juli 2010, 12:04 von Adjutant »
Gruß Ulla

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Offline six.darkness

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Re: Letzte Briefe aus Stalingrad
« Antwort #1 am: Mi, 01. August 2007, 22:05 »
hallo Ulla,

ist es möglich diese briefe zu lesen,hast du kopien davon?

dank und gruss

Roman

p.s was neues von der Trabbifront?-g-
Niemand sollte Vergangenes mit dem Maßstab von Heute beurteilen.

Offline Ulla

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Re: Letzte Briefe aus Stalingrad
« Antwort #2 am: Mi, 01. August 2007, 22:27 »
Die Briefe müßte ich alle abschreiben.

Hast PN.

Gruß Ulla
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Offline zirkulon

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Re: Letzte Briefe aus Stalingrad
« Antwort #3 am: Do, 02. August 2007, 00:29 »
Hallo Ulla,
gibt es eine Möglichkeit an diese Post heran zu kommen.
Hätte gerne weitere dieser Briefe hier im Forum veröffentlicht.

Gruß
Michael
Bei allen von mir erstellten Beiträgen berufe ich mich auf :
Artikel 5, GG der BRD.
Artikel 11, Charta der Grundrechte der EU.
Artikel 19, Menschenrechtscharta der UN.

Was Du nicht willst dass man Dir tu,
das füg´ auch keinem Andern zu

Offline md11

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Re: Letzte Briefe aus Stalingrad
« Antwort #4 am: So, 05. August 2007, 12:12 »
Die Feldpost in Stalingrad

Im Sommer und Herbst 1942 wurde mit dem Vorstoß der deutschen Armee in den Südosten der Sowjetunion die Versorgung mit Nachschub immer schwieriger. Auch die Laufzeiten der Feldpost wurden länger. So wurde der Versand von Päckchen von der Heimat zur Front vorübergehend gesperrt und dann über Zulassungsmarken  gesteuert.  Seit April 1942 hatte zusätzlich zu den herkömmlichen Transportmitteln Bahn und Kraftwagen auch der regelmäßige Luftfeldpostdienst seine Arbeit aufgenommen - nur so konnte die Masse der gewöhnlichen Brief- und Nachrichtensendungen über die weiten Entfernungen zugestellt  werden.

Seit der Einschließung der 6. Armee am 22. November 1942 war eine Versorgung auf dem Landweg nicht mehr möglich; die gesamte Versorgung von 300.000 Menschen hing nun vom Lufttransport ab. Schon in den ersten Dezembertagen wurde aber klar, daß die notwendigen täglichen Mengen von mindestens 500 Tonnen Gütern aller Art nie eingeflogen werden konnten. Auch wenn der Nachschub in die Nähe von Stalingrad gelangte, so fehlten doch die Flugzeuge, um solche Mengen weiterzutransportieren. Der einzige für Tag- und Nachtflug ausgebaute Flugplatz Pitomnik war seit 24. November bereits Ziel von sowjetischen Angriffen, und so konnten z. B. an einem Tag wie dem 29. November nur 42 statt der anvisierten 400 Tonnen eingeflogen werden.

Dabei verschärfte sich die Lage für die Soldaten noch einmal dadurch, daß die Priorität dem Nachschub an Munition und Betriebsstoff galt, erst dann kam die Verpflegung. Briefpost konnte nur unregelmäßig als Beiladung in Transportflugzeugen eingeflogen werden . Nach der Einschließung der 6. Armee wurde erst am2. Dezember »Feldpost in geringen Mengen zugeflogen« und ab 6. Dezember auch wieder Feldpost aus Stalingrad ausgeflogen. Die Paketbeförderung dagegen wurde vom ersten Tag der Einschließung an sofort eingestellt. Von einer regelmäßigen Verbindung in die Heimat konnte keine Rede mehr sein.

FoIgt man dem Rechenschaftsbericht des Heeresfeldpostmeisters Ziegler , so wurden im Dezember 1942 noch ca. 73 Tonnen Post ein- und ca. 15 Tonnen ausgeflogen. Für den Januar 1943 sanken die transportierten Mengen auf ca. 16 bzw. 7 Tonnen für Ein- und Ausflug. Insgesamt schätzte Ziegler damit das Postaufkommen während der Belagerung auf immerhin 6,7 Millionen Einzelsendungen von der Heimat an die Front und auf 2,9 Millionen Sendungen von der Front in die Heimat.

Die Zahl der nicht zustellbaren Feldpostpakete und Weihnachtspäckchen ätzte Ziegler auf 2 Millionen. Sie wurden bei der Feldpostleitstelle 547 des Armeepostmeisters 6 in Awdejewka und in Berditschew im Freien gestapelt  und »nach dem Ausgang der Belagerung« dann andernorts in Lazaretten verteilt, »um den Verderb des Inhalts nach Möglichkeit zu verhindern.  Nach Verlust des Flughafens Pitomnik am 16. Januar 1943 konnte Post fast nur noch von Flugzeugen abgeworfen werden und gelangte allenfalls in ganz geringen Mengen aus dem Kessel nach außen.



„...die unanbringlichen Päckchen“
Der Schwerpunkt des militärischen Geschehens lag im Jahre 1943 weiterhin im Osten. Mit dem Heldenkampf der 6. Armee begann das harte Jahr. Bereits im Dezember 1942 war es unmöglich geworden, der in Stalingrad eingeschlossenen Armee Feldpost auf dem Landweg zuzuführen. Während die Nachrichtenpost in den Kessel eingeflogen werden konnte, mußte die Päckchenpost - darunter der größte Teil der Weihnachtssendungen - gestapelt werden, da der Transportraum der Flugzeuge ihre Beförderung nicht zuließ. Bis zum 27Januar konnten die Kämpfer in Stalingrad auf dem Luftweg mit Nachrichtenpost versorgt werden. Am 3. Februar 1943 fiel die Festung. Große Mengen im Frontbereich gestapelter Feldpostpäckchen und die noch eingehenden, bereits auf dem Transport befindlichen Briefsendungen für die in Stalingrad verbliebenen Angehörigen der 6. Armee wurden damit unanbringlich. Für Teile von Einheiten, Urlauber und Kommandierte, die dem harten Schicksal entgangen waren, wurden aus diesen Postmengen die für sie bestimmten Sendungen herausgesucht. Die danach noch vorhandene Briefpost wurde den Absendern zurückgesandt. Für die Päckchen war dies wegen Überlastung der Transportmittel durch die Absetzbewegungen und die damit verbundene Abbeförderung kriegswichtigen Räumungsgutes leider nicht möglich. Befehlsgemäß wurden die unanbringlichen Päckchen an die nächstgelegenen Lazarette und schließlich auch an die kämpfende Truppe zur Verwertung abgegeben.

Quelle- Stalingrad (W.Wette und Gerd R.Ueberschär) und Die Deutsche Post 68 (1944)

Gruß
Josef

Offline Ulla

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Re: Letzte Briefe aus Stalingrad
« Antwort #5 am: So, 05. August 2007, 12:55 »
Wie schon bemerkt sind die Briefe alle ohne Adresse und Absender.
Mich würde trotzdem interessieren ob diese konfiszierten Briefe noch vorhanden sind.

Wir sind ganz allein

...Hannes hat mich heute morgen auf dem Gefechtsstanddazu überredet, doch an Dich zu schreiben. Ich habe mich seit einer Woche um diesen Brief herumgedrückt und immer gedacht, dass die Ungewissheit zwar qualvoll sei, aber immer noch einen Hoffnungsschimmer enthalte. So dachte ich auch über den Ausgangmeines eigenen Schicksals nach und nahm täglich die Ungewissheit unserer Lage, die zwischen Hilfe und Untergang schwebte, mit in den Schlaf. Und ich bemühte mich auch nicht, das Zweifelhafte endgültig zu klären. Vielleicht aus Feigheit. Ich hätte dreimal unter der Erde liegen können, aber das wäre dann immer unvorbereitet gewesen, urplötzlich und überraschend. Jetzt ist es anders geworden, seit heute morgen weiss ich Bescheid und weil mir so ein freier ist, sollst Du auch von der bangen Ungewissheit befreit sein.
Ich war entsetzt, als ich die Karte gesehen habe. Wir sind ganz allein, ohne Hilfe von aussen. Hitler hat uns sitzen gelassen. Dieser Brief geht noch ab, wenn der Flugplatz noch  in unserem Besitz ist. Wir liegen im Norden der Stadt. Die Männer meiner Batterie ahnen es auch, aber sie wissen es nicht so genau wie ich. So also sieht das Ende aus. In Gefangenschaft gehen Hannes und ich nicht, ich habe gestern vier Mann gesehen, die von den Russen gefangengenommen waren, nachden unsere Infanterie wieder den Stützpunkt genommen hatt. Nein, in Gefangenschaft gehen wir nicht. Wenn Stalingrad gefallen ist, wirst Du es hören und lesen und Du weisst dann, dass ich nicht wiederkehre.



Aus "Stalingrad-Wie es wirklich war"  v. Dr.Chr.Zentner
Gruß Ulla

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Offline Ulla

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Re: Letzte Briefe aus Stalingrad
« Antwort #6 am: So, 05. August 2007, 13:07 »
Nur Gott war nicht da

..In Stalingrad die Frage nach Gott stellen, heisst sie verneinen. Ich muss Dir sagen, lieber Vater, und es ist mir doppelt leid darum. Du hast mich erzogen, weil mir die Mutter fehlte, und mir Gott immer vor die Augen und die Seele gestellt.
Und doppelt bedaure ich meine Worte, weil es meine letzten sein werden, und ich hiernach keine Worte mehr sprechen kann, die ausgleichen könnten und versöhnen.
Du bist Seelsorger, Vater, und man sagt in seinem letzten Brief nur das was wahr ist oder von dem man glaubt, dass es wahr sein könnte. Ich habe Gott gesucht in jedem Trichter, in jedem zerstörten Haus, an jeder Ecke, bei jedem Kameraden, wenn ich in meinem Loch lag, und am Himmel. Gott zeigte sich nicht, wenn mein Herz nach ihm schrie. Die Häuser waren zerstört, die Kameraden so tapfer oder so feige wie ich, auf der Erde war Hunger und Mord, vom Himmel kamen Bomben und Feuer, nur Gott war nicht da. Nein, Vater, es gibt keinen Gott. Wieder schreibe ich es, und weiss, dass es entsetzlich ist, und von mir nicht wieder gutzumachen. Und wenn es doch einen Gott geben sollte, dann gibt es ihn nur bei Euch, in den Gesangbüchern und Gebeten, den frommen Sprüchen der Priester und Pastöre, den Läuten der Glocken und dem Duft des Weihrauches, aber in Stalingrad nicht.



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Re: Letzte Briefe aus Stalingrad
« Antwort #7 am: So, 05. August 2007, 13:15 »
Ich habe keinen Hass

...Nachdem ich nun weiss,woran ich bin, gebe ich Dir dein Wort zurück. Es ist mir nicht leicht geworden, aber die Gegensätze waren zu gross. Ich suchte eine Frau mit weitem Herzen, aber so weit sollte es nicht sein. Ich habe an Mutter schon geschrieben und ihr auch gesagt, was sie wissen soll. Ersprae es mir bitte, Dir die Zeugen zu benennen und die Umstände, die mir die Beweise für Deienen Treuebruch brachten. Ich habe keinen Hass gegen Dich, sondern gebe Dir den Rat, suche Dir einen guten Grund aus und beschleunige alles sehr. ich habe an Dr. F.... geschrieben, dass ich mit der Scheidung einverstanden bin. Und wenn ich nach sechs Monaten nach Hause komme, dann möchte ich durch nichts mehr an Dich erinnert werden.
Auf meinen Urlaub im Februar oder März werde ich verzichten.


Aus "Stalingrad-Wie es wirklich war"  v. Dr.Chr.Zentner
Gruß Ulla

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Offline md11

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Re: Letzte Briefe aus Stalingrad
« Antwort #8 am: So, 05. August 2007, 13:23 »
Hallo Ulla,
ich hab hier auch ein Buch mit Feldpostbriefe.Bei den Feldpostbriefen steht auch die quelle dazu:
Bibliothek für Zeitgeschichte,Stuttgart.Sammlung Sterz

Landeshauptarchiv Koblenz,Bestand 700,153 Nr.80

Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg


Gruß
Josef
« Letzte Änderung: Mo, 01. September 2008, 17:00 von Impuls »

Offline md11

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Re: Feldpostbriefe
« Antwort #9 am: So, 05. August 2007, 17:29 »
H., Obergefreiter, an seinen Vater Feldpostbrief aus Stalingrad vom 13. Januar 1943

Lieber Vater, Lotte wird es Dir schon erzählt haben, daß wir bei Stalingrad eingeschlossen sind und nur durch Flugzeuge versorgt werden können. Bis jetzt ging es ganz gut, es gab zwar nicht all zu viel zu essen, aber man hätte es aushalten können. Aber, lieber Vater, seit Sonntag ist die Sache sehr ernst geworden. Der Russe hat den Ring noch enger eingedrückt, aber jetzt können wir nicht mehr weg, wo wollen wir noch hin, entweder in russische Gefangenschaft oder in den Tod. Wir wollen zwar beides nicht hoffen, aber es ist sehr ernst, und jetzt hat jeder den Befehl bekommen, noch einmal nach Hause zu schreiben, muß aber bis 17 Uhr abgegeben sein. Lieber Vater, da ich schon als Sicherung eingeteilt worden bin, als Verteidigung, denn es wird damit gerechnet, daß der Russe heute abend kommt, so bitte ich Dich, lieber Vater, wenn es das Schicksal schlecht mit mir will, meiner lieben Frau viele Grüße und viele Küsse zu übermitteln, und sie soll sich nicht grämen über mich, sie soll noch recht lange gesund bleiben, und Euch liebe Eltern viele Grüße und vielen Dank für Eure Mühe, die Ihr an mir hattet, aber wir wollen hoffen, das es Gott im letzten Moment doch noch gut meint mit mir. Darum bitte ich Dich, lieber Vater, halte den Brief geheim für Dich, und wenn Du neue Post von mir bekommst, daß alles gut abgegangen ist, bitte ich Dich, den Brief zu vernichten, aber wenn es das Schicksal will, dass ich die Heimat, Euch liebe Eltern und meine heißgeliebte Frau, die ich treu liebte bis zum letzten Tag, nicht wiedersehen sollte, so sag' bitte meiner Frau die letzten Grüße.




H., Soldat, an seine Eltern Feldpostbrief aus Stalingrad vom 15. Januar 1943

Ob wir das aber solange aushalten bei der Verpflegung ist eine Frage für sich. Die Kälte und der Hunger zermürbt den besten Soldaten. Genau wie im vorigen Jahr häufen sich die Fälle von Fuß- uind Fingererfrierungen. Der Russe macht schwer Propaganda mit Flugblättern und fordert uns jeden Tag aufs nette auf uns zu ergeben, da unsere Lage aussichtslos sei. Aber so ganz ohne Hoffnung sind wir ja doch nicht, obwohl wir einsehen das wir ...  Wir haben überhaupt kein Fleisch zu essen. Jetzt haben wir noch zwei Pferde und dann ist endgültig Schluß damit. Wir haben uns schon selbst Lunge gekocht nur um etwas im Magen zu haben. Ich esse nur noch einmal am Tag und zwar Mittags. Wenn ich mein Wassersüppchen gelöffelt habe, wird gleich das Stückchen Brot mit Wurst oder Butter hinterher gegessen, dann warte ich wieder sehnsüchtig auf den nächsten Mittag. Ich möchte blos wissen, was wir verbrochen haben, das wir dieses ganze Elend so grausam durchkosten müssen. Ihr werdet jetzt sicher schon geschlachtet haben, und wenn ich mir vorstelle davon jetzt etwas essen zu können, könnte ich verrückt werden. Ich male mir so oft in Gedanken ein gutes Essen vor, aber dann bekommt man bloß noch mehr Kohldampf. Liebe Eltern ich könnte Euch ja alles verschweigen und schreiben es geht mir gut, aber Ihr sollt immer wissen wie es tatsächlich ist.

Quelle- BA-MA Freiburg

Gruß
Josef
« Letzte Änderung: Di, 07. August 2007, 19:08 von Ulla »

 


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