Artikel der SZ v. 20.03.2008 v. Uwe Peter:
US-Präsident Bush hält den Einmarsch in den Irak vor 5 Jahren auch heute für richtig.
Die Kriegsfolgen aber sind katastrophal.
Fünf Jahre nach Beginn der Irak-Ivasion am 20.März 2003 hat US-Präsident George W.Bush seine Entscheidung für den Krieg verteidigt. Der Beschluss, den damaligen irakischen Diktator Saddam Hussein von der Macht zu vertreiben, sei trotz "hoher Kosten an Menschleben und Vermögen" richtig gewesen, sagte Bush gestern in einer Rede im Pentagon. "Die Erfolge, die wir im Irak sehen, sind unleugbar", so Bush. Die Realitäten sehen jedoch anders aus.
Die Politische Situation ist weiter instabil
Die Regierung in Bagdad hat kaum realen Einfluss auf das, was im Land vor sich geht. Die staatliche Einheit ist nahezu zerbrochen. In den Regionen herrschen oft örtliche religiöse oder Stammesführer und militärische Gruppen. Polizei und Sicherheitskräfte stehen Gewalt und Kriminalität oft hilflos gegenüber oder sind korrumpiert. Die Bevölkerung vertraut mehr den irregulären "Al-Sahwa"-Milizen als der Armee oder den Besatzern.
Die militärische Lage verbessert sich kaum
Trotz 162.000 US-Soldaten - so viele wie noch nie - herrscht im Land de facto ein brutaler Bürgerkrieg.
Vier von zehn Irakern berichten, es habe in den letzten sechs Monaten Selbstmordanschläge, Straßenkämpfe, Entführungen oder andere Gewaltaktionen in Ihrem Wohngebiet gegeben. 42 Prozent der Iraker geben an, in den letzten Monaten in ihrer Nachbarschaft Gewalt von US-Soldaten gegenüber Zivilisten erlebt zu haben.
Der Krieg kostete weit über 100.000 Todesopfer
Für die Zahl der irakischen Toten seit Kriegsbeginn gibt es nur Schätzungen. Sie gehen von 70.000 bis zu 150.000 Opfern aus. Eine umstrittenen US-Studie der Hopkins-Universität spricht sogar von 655.000 getöteten Irakern.
Der Einsatz im Irak kostete zudem bisher rund 3.900 US-Soldaten das Leben, weitere 28.000 Soldaten wurden verletzt.
Rund 4,5 Millionen Iraker sind auf der Flucht
In direkter Folge des Krieges haben rund zwei Millionen Menschen allein in Syrien, Jordanien, der Türkei, im Libanon oder in Ägypten Zuflucht gesucht. Zudem sind weitere 2,5 Millionen Iraker zu Flüchtlingen im eigenen Land geworden. Die Zahl der Asylanträge von Irakern in 43 Industrieländern hat sich allein im Vorjahr verdoppelt - von 22900 Anträgen im Jahr 2006 auf 45200 solcher Anträge 2007.
Zwei Milliarden Dollar Kosten pro Woche
Viel Kritik erntete zu Kriegsbeginn 2003 der damalige Chefökonom im Weißen Haus, Lawrence Lindesey, als er die Gesamtkosten für den Krieg auf eine Summe von 100 bis 200 Milliarden Dollar hochrechnete.
Inzwischen gehen Experten von bis zu 500 Milliarden Dollar aus und da sind nur die offiziellen Ausgaben erfasst.
Nach gegenwärtigen Schätzungen kostet der Krieg derzeit rund 2 Millarden Dollar in der Woche - zu Kriegsbeginn war es noch etwa eine Milliarde.
Embargo und Krieg haben die Wirtschaft ruiniert
Innerhalb von 25 Jahren wurde aus einem der entwickelsten Länder der arabischen Welt eines mit den niedrigsten Wachstums- und Sozialindikatoren. Das sind vor allem direkte Folgen des Embargos und des Krieges. Mit 120 Milliarden US-Dollar Schulden zählt der Irak zu den am höchsten verschuldeten Ländern der Welt. Die Arbeitslosigkeit liegt bei mindestens 30 Prozent.
Öl-Multis und US-Firmen sind die Gewinner
Die Us-Regierung finanziert den Krieg in erster Linie, indem sie die Staatsverschuldung immer weiter in die Höhe treibt und Staatsanleihen verkauft. Hauptkunden dafür sind vor allem Japan und China, was auch ein politisches Problem für die USA ist. Zugleich hat der Irakkrieg mit zum enorm gestiegenen Ölpreis beigetragen, was vor allem den Ölmultis zugute kommt. Einen buchstäblichen Hauptgewinn haben vor allem jene US-Firmen, die mit Rüstung oder Truppenversorgung sowie mit Wiederaufbauprogrammen beauftragt sind.
Folgen für ganz Nahost und für das Völkerrecht
Durch den Einmarsch in den Irak hat das Völkerrecht erheblichen Schaden genommen. Zudem wurden das Kräfteverhältnis in Nahost stark verändert, die Situation in der Region destabilisiert und dem Iran der Aufstieg zur Regionalmacht ermöglicht.
Für die Mission in Afghanistan war der Irakkrieg eine Katastrophe, für islamische Fundamentalisten und Terroristen ein gefundenes Fressen. Die Einheit der Nato und des Westens nahm zudem enormen Schaden.