Begegnung mit einem früheren US-Soldaten in der Normandie
Der 6. Juni ist ein hoher Feiertag in Frankreich: An diesem Tag landeten 1944 die Alliierten in der Normandie. Zu dem Tag und den Feierlichkeiten an diesem Wochenende gehört aber auch die Erinnerung an fast 250000 Soldaten auf beiden Seiten, die dort binnen weniger Tage getötet wurden.
37 Jahre alt wurde Karl Kreller aus Nürnberg. Bei den Kämpfen nach der Invasion hatte er bei der Explosion einer Granate schwere Rückenverletzungen erlitten. Heilloses Durcheinander herrscht in diesen Tagen in Nordfrankreich. Seine Kameraden bringen ihn in die Nähe von Rennes - heute Partnerstadt von Erlangen - in der Bretagne. Dort stirbt er am 4. August 1944 an den Folgen der Verletzung.
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge hat die Geschichte von Karl Kreller in seine Broschüren aufgenommen, weil seine Witwe erst 1970 den Leichnam identifizieren konnte.
Krellers Überreste wurden zunächst zweimal umgebettet, erst 1957 hatte er als Unbekannter auf einem der zahlreichen Soldatenfriedhöfe seine letzte Ruhestätte bekommen. Durch die Angaben seiner Witwe konnte dem Unbekannten 1970 sein Name zurückgegeben werden: Sie beschrieb die Schuheinlagen, die ihr Mann trug. Die Angaben passten genau zu dem Soldaten, der am 4. August 1944 gestorben war.
Keith Walter Hook (88) aus Kalifornien überlebte den „Wahnsinn". Wenige Tage vor den offiziellen Feierlichkeiten fuhr der Witwer jetzt mit seiner 48-jährigen Tochter Susann an den Strand, an dem er vor 64 Jahren gelandet war. Utah-Beach hatte die US-Armee den Abschnitt getauft.
Hook, der nach dem Krieg bei den Nürnberger Prozessen als medizinischer Betreuer eingesetzt war und später in der Merrell-Kaserne an der Frankenstraße und im US-Hospital an der Rothenburger Straße arbeitete, wird plötzlich wortkarg. Ständig murmelt er „horrible". Im Museum am Strand, wo er am 6. Juni gelandet war, sieht er die Bilder von der Landung seiner Kameraden. Und in seinem Kopf tauchen wieder die Bilder auf, die er damals sah und nie vergessen hat: Als er in einem kleinen Kutter an der Küste ankam, lagen am Sandstrand schon die Leichenberge. Schon in der Nacht zuvor waren Fallschirmspringer im Hinterland gelandet und hatten die deutschen Stellungen angegriffen. Unzählige US-Elitesoldaten ertranken aber in der Nacht in den Feldern, die Feldmarschall Erwin Rommel hatte fluten lassen.
Als Sanitäter Hook sich mit dem Kutter dem Strand nähert, hört er noch die Maschinenpistolen aus den deutschen Bunkern am Strand bellen, und er hört das Zischen der abgefeuerten Granaten, mit denen die Betonmassen geknackt wurden.
Nürnberg, so sagt Hook, dessen Vorfahren aus Franken stammen, aber den Namen Huch nach dem Ersten Weltkrieg amerikanisiert hatten, war seine „Oase nach dem Horror": Nach dem Koreakrieg meldete er sich freiwillig in die Stadt zurück, an deren Wiederaufbau er sich gerne erinnert. 1960 kehrte er in die Staaten zurück,
gründete eine Familie und eine Firma für Arzneimittelvertrieb. „Horrible", sagt Hook beim Blick auf den menschenleeren Strand, südlich von Cherbourg. Dann erzählt er von seinem Enkel (22), der im Januar 2008 in Bagdad verwundet wurde. „Horrible".
Quelle:Nürnberger Nachrichten 07.06.2008
Bild:Der Soldatenfriedhof in Orglandes in der Normandie
mfg
Josef