Autor Thema: Pfaffenheck im Hunsrück  (Gelesen 1479 mal)

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Offline 3.generation

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Pfaffenheck im Hunsrück
« am: Sa, 05. Januar 2013, 19:57 »
Hallo Gemeinschaft,

ich möchte Euch Pfaffenheck im Hunsrück vorstellen.
Das mir zur Verfügung stehende Material habe ich aus Literatur und Internet zusammengestellt.

Hier ein paar Bilder zur Gedenkstätte Pfaffenheck:

Offline 3.generation

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Re: Pfaffenheck im Hunsrück
« Antwort #1 am: Sa, 05. Januar 2013, 20:02 »
Hintergrundinfo zu Pfaffenheck:


Augenzeugen berichten: "Auf der Löfer und der Katteneser Höhe tauchen Männer auf. Die SS sagt, es sind Waldarbeiter. Franz Josef Becker bringt die Post nach Brodenbach aufs Amt. Kurz vor Brodenbach eröffnen die Waldarbeiter das Feuer. Eine Frau stirbt durch einen Kopfschuss, Franz Josef erleidet einen Durchschuss im Bein. Er kommt in ein Notlazarett in die alte Schule Brodenbach. Ein Stein in der Mauer erinnert noch an die Frau. Die Frontlinie steht gegenüber. Die Amis sind da, die SS erwidert das Feuer."
In der Nacht vom 13. auf den 14. März 1945 setzte das 357. Regiment der 90. US-Infanterie-Division mit massiver Artillerieunterstützung in Höhe der heutigen "Löferbrücke" über die Mosel. Aus der Divisionsgeschichte der 90. US-Inf. Division: "Der Feind rechnete mit einem Übergang, was nichts daran änderte, dass er Ihn nicht verhindern konnte, als er am Morgen des 14.03. um 02.00 Uhr anlief. Nur vereinzeltes Feuer aus Handfeuer- und Maschinenwaffen begrüßte das 357. Reg., als es in Sturmbooten lautlos über das Gewässer glitt. Am Südufer der Mosel tauchten verschwommen Höhen auf, Höhen die vor Tagesanbruch zu nehmen waren, wenn dem Gegner die Sicht auf die Übergangsstellen verwehrt werden sollte."

"Vom vom Katteneser Berg herab, eröffnete die Amerikanische Artillerie das Feuer. Durch Phosphorgeschosse ging die Burg in Flammen auf. Auch die alte Mühle und Einschläge im Weinberg brannte tagelang. Heute sieht man nichts mehr davon, aber jedes Haus der Moselfront wurde getroffen. Die Scheune vom Bäcker Becker wurde zerstört; der Fachwerkgiebel bei Schnee´s Gasthaus (heute Landhaus Müller) einfach weggeschossen.", so Augenzeugen.
Der Albert Malewski berichtete hierzu: "Unheimliche Stille, die Einwohner lagen in zum Teil sicheren Kellern. Ich blieb mit meiner Frau und Tochter im Schulkeller. Die Gegend war vernebelt. Mit Pontons hatten die Amerikaner von der Löfer Gegend über die Mosel gesetzt. Gewehr- und MG Feuer ließen uns gegen 2 Uhr nachts aufhorchen. Als ein Melder aufgeregt erschien und nach der Unterkunft der Soldaten fragte, pfiffen schon die Kugeln um die Schule. In aller Hast sind die Soldaten zum Gefecht angetreten. Ein MG feuerte in nächster Entfernung der Schule. Stimmengewirr und Getrampel auf dem Schulpflaster. Die Scheiben der Schultür flogen ein. Ich ging mit einem weißen Handtuch und einem Kerzenstummel hinaus und stand etwa 6 Amerikanern gegenüber, alle mit Maschinepistolen bewaffnet. Sie fragten mich: ,Nix deutsche Soldaten, auch in Kirche?'"

Augenzeugen berichten: "Nachts hörte man Bomberverbände dröhnen. Sie warfen Christbäume ab, das waren Lichter, damit die Bomber sehen konnten, wo sie ihre Bomben abwerfen mußten. Keine Straßenlaterne brannte. Wir hängten Nachts die Fenster zu, da auf jedes Licht geschossen wurde. Die Amerikaner kamen aus der Mark durch die Fallerport. Es waren viele, gegen wenige Deutsche. Die SS lagerte im Gemeindehaus (Schule) und wurde schnell in den Ort gedrängt. Der Straßenkampf dauerte 3 Tage. Auch in den Häusern wurde geschossen. Der Amerikaner schoss von Höhe Oberstr. auf die letzten Deutschen vor unserem Haus. Fenster, Türen sogar Wände und Treppenstufen aus Stein wurden durchsiebt... wie durch ein Wunder giab es unter den Alkenern keine Toten. Unter den Soldaten sah es anders aus. Überall lagen Tote und Verwundete; einige Amis und viele Deutsche."
Ein weiterer Augenzeuge ergänzte: "Vor dem Einfall der Amerikaner, sorgte der Volkssturm unter Edels Pitter und Krullese Pitter für Panzersperren. In die Moselstraße wurde ein Loch gegraben. Mit Baumstämmen und Brocken aus dem Steinbruch wurde von der Mosel bis in unser Gasthaus zur Post eine Sperre gebaut. In der Mitte nur eine Durchfahrt für den Opel Blitz. Für Panzer war das aber nix. Als die anrückten, saß Edels Pitter mit einer alten Flinte auf dem Haufen und rief: Bleib stehn oder ich schieß Dich aus den Lumpen!" Ein schwarzer Amerikaner sagte, er solle nach Hause gehen und schob (mit seinem Fahrzeug) die Sperre einfach weg. Vor Brachtendorfs in der Allee stand noch monatelang eine kaputter amerikanischer Panzer. Als Alken eingenommen wurde, waren wir im Keller des Gasthauses. Oma, mein Bruder und ich hörten oben im Saal die Amerikaner. Wir erkannten sie an den quietschenden Sohlen. Die deutschen Nagelschuhe konnte man leicht von den Leisetretern unterscheiden.Sie kamen in den Keller und suchen auch hinter den Fässern nach deutschen Soldaten. Wir Kinder bekamen Schokolade..."

Der Alkener Pfarrer Ludwig Ebenau fügte hinzu: "In der Nacht hörten wir überall Geschützdonner. Thurandt ging in Flammen auf. In der Oberstr., in der Nähe des Malteserhauses, hielt sich eine MG Stellung bis ca. 4 Uhr. Im Kampf fiel ein Amerikaner am Fallerport und ein SS Soldat in der Nähe der Schule. Von der Alkener Bevölkerung wurde keiner getötet, nur vier verletzt."

Alken, Fallerport. Quelle: IHA Best03-0017


Die Amerikaner bauten den Brückenkopf am nächsten Morgen zu einer Pontonbrücke aus und führten weitere Bataillone mit schwerem Material zur Verstärkung heran. Aus der Divisionsgeschichte der 90. US-Inf. Division: "Im Schutz der Dunkelheit arbeiteten sich die Männer die steilen Hänge der beherrschenden Höhen hinauf, wobei sie sich an Büschen, Baumwurzeln, Felsblöcken und Grasbüscheln Halt suchten. Am Morgengrauen waren die Hügel genommen. Trotz starker Gegenwehr mussten sich Herschwiesen, Oppenhausen und Alken dem 357. Rgt. ergeben."

Den deutschen Soldaten blieb nur der Rückzug. Der massiven amerikanischen Überlegenheit hatten sie nicht entgegenzusetzen. Sie zogen sich durchs Alkener Bachtal in Richtung Pfaffenheck zurück.
Die Schäden des Artilleriebeschusses sind heute noch in Alken an der neuen Kirche und am zerstörten Herrenhaus der Burg Thurant zu sehen. Tote gab es in der Alkener Bevölkerung nicht zu beklagen, aber vier Menschen wurden verletzt. In Alken fielen folgende deutsche Soldaten: Wilhelm Hafner (Matterdingen), Franz Jedinger (St.Georgen), Josef Markardt (Verhany, Ungarn) und ein unbekannter Soldat.
 Die amerikanischen Verluste sind nicht genau bekannt.

Quelle: Alkener Heimat-Archive

Bild zeigt Rheinüberquerung vom 13./14. März 1945

Offline 3.generation

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Re: Pfaffenheck im Hunsrück
« Antwort #2 am: Sa, 05. Januar 2013, 20:08 »
Bericht von Fritz Gehring, Kommandeur 1.Kompanie; 6. SS-Gebirgs-Division:

"Wir gehen die letzten 50 m auf einem dämmrigen Waldweg zum Berg hinab. Plötzlich stehen wir vor einem schweren Maschinengewehr und neun schlafenden Amerikanern in Schlafsäcken. Ich glaube, wir sind bleich geworden, doch handeln wir rasch.
Im Nu sind die Amis aus ihren Träumen wachgerüttelt und nach rückwärts geschafft. Die 1. Kompanie geht zum Angriff über und kämpft weitere Widerstandsnester nieder. Die anderen Kompanien schließen sich an. Der Berg ist unser. Leider fällt dabei als erster unser eigener Artilleriebeobachter (VB) im Nahkampf.
Kaum haben wir uns zur Verteidigung eingerichtet, geht der Zauber los. Der Amerikaner trommelt uns mit Werfern und Artillerie regelrecht zusammen. Zwei Panzer fahren unten auf der Straße auf und schießen, ohne dass wir sie bekämpfen können, unsere linke Waldstellung vollständig zusammen. Mit Hilfe unseres zweiten VB versuchten wir die Panzer durch unsere eigene Artillerie bekämpfen zu lassen, doch wir schafften es nicht. Es ist zum Heulen, wie ein Mann nach dem anderen ausfällt.
Am Nachmittag kommt es noch toller. Mit Unterstützung seiner schweren Waffen bricht der amerikanische Verband mit einem Panzer und mit Infanterie am rechten Flügel meiner Kompanie ein, überwalzt zwei Gruppen, ohne dass wir durch das dichte Unterholz zum Schuß kommen können. Stattdessen peitschen die Leuchtspurgeschosse des Panzers über uns hinweg, und die abgeschossenen Zweige regnen auf uns hernieder.
Auf einmal hört das Feuer auf. Dafür hörten wir plötzlich eine Lautsprecherstimme aus dem Panzer. Das "tapfere Bataillon Degen,wird in gebrochenem Deutsch aufgefordert , sich zu ergeben. Wir seien eingeschlossen und jeder weitere Widerstand sei sinnlos.
Ich kann diese Feuerpause ausnützen und mich wieder zur Kompanie zurückarbeiten, dann nehmen unsere MG das Feuer wieder auf. Allmählich wird unsere Lage hoffnungslos. Der Amerikaner wiederholt seine Angriffe, aber auch seine Aufforderung, sich zu ergeben. Der Raum wird enger, wir haben große Ausfälle und unsere Munition wird knapp.
Degen entschließt sich, mit Einbruch der Nacht den Schafskopf zu räumen und mit Resten des Bataillons nach Pfaffenheck zurück zukehren. Die Verbindung zu den im Raum Alken verbliebenen Soldaten konnte zwar hergestellt werden, und einige Gruppen konnten aufgenommen werden, aber der weitere Auftrag scheiterte an der Stärke des Gegners. Wir liegen abgeschnitten und eingekesselt im Rücken des Gegners.
Im Schutze der Nacht pieseln wir in Reihe durch eine Lücke in der feindlichen Front und Erreichen am frühen Morgen das Waldhaus Schiebigeich am Rande von Pfaffenheck. Hier werden wir uns der letzten Tage erst richtig bewusst. Nachdem die Leichtverwundeten der Kompanie zum Verbandsplatz gegangen sind, bleiben mir in der Kompanie noch 12 Mann und 8 MG 42."

Foto1, zeigt Batallionschef Günther Degen

Foto 2, Stellung im Wald bei Pfaffenheck

Offline 3.generation

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Re: Pfaffenheck im Hunsrück
« Antwort #3 am: Sa, 05. Januar 2013, 20:10 »
Hinergrundinfos zur Gedenkstätte:

Ab Sonntag, dem 17. März begann die Bergung der deutschen Toten in Pfaffenheck und der umliegenden Gemarkung, die aber erst nach Tagen, nach der Feststellung von Rang, Truppenteil usw. durch US-Armeeangehörige, in einem Massengrab bestattet werden durften. Die Bergung - angeordnet von einem US-Offizier - wurde von einer Gruppe Halbwüchsiger und alter Männern aus Nörtershausen durchgeführt.
Ein damals 15 jähriger Junge aus dieser Gruppe erinnert sich 1994: "Die Toten fuhren wir mit einem Handkarren zu der Grube neben der Straße. Dort lagen sie in Zeltplanen eingewickelt. Am nächsten Tag sahen wir, dass ihnen die Stiefel fehlten, die Brusttaschen der Uniformjacken waren aufgeschlitzt, manchen waren die Finger abgeschnitten".
Als Grab war eine Grube neben der Hunsrückhöhenstraße ausgehoben, in der die Leichen in mehreren Lagen übereinander lagen. Ein Erdwall mit einem Birkenstammkreuz und einem Wehrmachts-Stahlhelm kennzeichnete bis in die frühen 1950er Jahre diesen Platz als Soldatenfriedhof.
Deutsche Kriegsgefangene mußten die gefallenen US-Soldaten bergen. Sie wurden mit Lastkraftwagen zu einem Friedhof nach Luxemburg überführt.

Foto zeigt Einweihung der Gedenkstätte Pfaffenheck


Offline 3.generation

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Re: Pfaffenheck im Hunsrück
« Antwort #5 am: Sa, 05. Januar 2013, 20:16 »

Offline md11

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Re: Pfaffenheck im Hunsrück
« Antwort #6 am: So, 06. Januar 2013, 07:16 »
Hallo Manuel,
danke für Deine Geschichte hier.
hier Anbei zwei Fotos noch dazu zum Thema:

Foto 1:Hunsrückhöhenstraße,die umkämpfte Straße nach Bucholz und zur Mosel.Man sieht das Kreuz oben (Gedenkstätte).

Foto 2:Totenehrung auf dem Friedhof Pfaffeneck
Quelle:Steurich, Alfred: Gebirgsjaeger im Bild 6. SS-Gebirgsdivision Nord 1940-1945. Osnabrück 1976 (Munin Verlag)

Gruß
Josef
« Letzte Änderung: So, 06. Januar 2013, 07:35 von md11 »

 


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