Am 7. September 1967 gab Verteidigungsminister Robert McNamara den Plan einer perfekten Sperre südlich der EMZ bekannt. Sie sollte bis zum südlichen Ausläufer von Laos reichen, um den Ho-Chi-Minh-Pfad abzudecken. Die Sperre sollte aus Stacheldrahtstrecken, Sensoren, Minen und chemischen Waffen bestehen und in Abständen entlaubte Freie Feuerzonen als Korridore zum Angriff lassen.
Die Reaktion der Presse war positiv. Man gab der Sperre verschiedene Spitznamen wie „McNamaras Mauer, Streifen, McNamaras Fahrrinne,elektronischer Zaun". Schließlich setzte sich die „McNamara-Linie" durch. Hätten die Journalisten die merkwürdige Vorgeschichte des Projektes gekannt, sie wären wohl skeptischer gewesen.
Die abgeschiedenen Räume von Dana Hall, einer ruhigen, einsam gelegenen Privatschule für Mädchen in Wellesley, Massachusetts, waren im Sommer 1966 der idyllische Rahmen für eine Reihe von Seminaren und Arbeitstagungen. Aber man redete nicht über das ABC für unschuldige Kinder, sondern über Tötungsmaschinen des Krieges. Es war ein außergewöhnliches Forum, das eine der wunderlichsten Diskussionen des Krieges führte.
Jason und die Argonauten
Am Seminar nahm eine Gruppe führender Wissenschaftler teil, die als „Jasons" bekannt waren - benannt nach Jason und den Argonauten, die in einer Sage ebenfalls in unerforschtes Land gereist waren. Sie waren auf Bitten von McNamara zusammengekommen, der damit einem Hinweis Robert Fishers von der Harvard Law School nachging. Fisher hatte den Bau einer 16 km breiten und 255 km langen Sperre vorgeschlagen, um die NVA-Infiltration zu unterbinden. Weder Admiral Sharp (Oberkommandierender Pazifik) noch General Westmoreland sahen darin eine Problemlösung, aber der Verteidigungsminister wollte der Sache nachgehen.
Nach ersten Berichten aus Dana Hall sollte der Aufbau „etwa ein Jahr ab Auftragserteilung" dauern. Die Sperre könne dann immer mit der jeweils neuesten Technologie verfeinert werden.
Zu den präziseren Vorschlägen zählte die Räumung eines 19 km breiten und knapp 100 km langen Gebietes, das dann flächendeckend mit kleinen tödlichen Minen bestückt werden sollte. Dazu gehörten „Kiesminen" - 7 cm große quadratische, in Stoff gewickelte Sprengstoffpakete. Sie detonieren beim Drauftreten oder beim Überfahren durch ein Fahrzeug mit verheerender Wirkung. Dann gab es „Knopfbömbchen", Geräte in der Größe einer Aspirintablette, die einerseits bei Berührung einige Zehen abreißen konnten, andererseits ein Geräusch machten, das von akustischen Sensoren aufgenommen wurde. Die Geräusche sollten dann von Patrouillenflugzeugen über dem Sperrgebiet abgehört werden. Bei den dann folgenden Luftschlägen sollte der Typ „Haufenbombe" eingesetzt werden, der kurz über dem Ziel kleinere Bomben in Fußballgröße ausstößt. Die Jasons errechneten für die Sperre einen jährlichen Bedarf von 240 Millionen Kiesminen, 300 Millionen Knopfbömbchen und 120000 Haufenbomben. Hinzu kamen 100 Patrouillen- und minenwerfende Flugzeuge, sowie der Apparat für die Weiterentwicklung der Technik. Die Gesamtkosten sollten sich auf rund eine Milliarde Dollar belaufen. Das Programm war ehrgeizig angelegt!
Leider war es aber nicht narrensicher: Die Minen konnten auch von Tieren ausgelöst werden, so daß Luftangriffe auf Wasserbüffel zu befürchten waren.