• Willkommen im Forum „Die neue Gedenk-tafel - das Informationsportal“.

Van der Lubbe-Urteil nach 75 Jahren aufgehoben

Begonnen von md11, So, 17. Februar 2008, 09:15

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

md11

Für die einen war Marinus van der Lubbe ein Widerstandskämpfer, für andere gilt er als Bauernopfer, Dritte nennen ihn einen verwirrten Anarchisten. Fast genau 75 Jahre nach dem Brand des Reichstags in Berlin ist der 1933 zum Tode verurteilte und hingerichtete Holländer nun freigesprochen und das Strafverfahren gegen ihn eingestellt worden.

BERLIN - ,,Ich habe mich der Sache aus historischem Interesse angenommen", erzählt Anwalt Reinhard Hillebrand, warum er sich nach so langer Zeit für van der Lubbe einsetzte. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs habe es zwar immer wieder Versuche gegeben, van der Lubbe von seiner Schuld freizusprechen. ,Die sind aber nie zum Erfolg gelangt", sagt der Jurist. Denn in den Augen der meisten Historiker ist der damals 24-Jährige nach wie vor der Mann, der am 27. Februar 1933 die Flammen am Plenarsaal entfacht hat. Aber es gibt auch Zweifel an dieser Theorie.

Zunächst war das Todesurteil wegen Hochverrats und Brandstiftung im April 1967 vom Berliner Landgericht teilweise abgeändert und zu einer Strafe von acht Jahren Zuchthaus umgewandelt worden. Dagegen hatten sowohl die Generalstaatsanwaltschaft wie auch der Bruder Jan van der Lubbe Beschwerden eingelegt, die aber verworfen wurden.

Mehrmals musste sich in der Folge der Bundesgerichtshof mit dem Fall beschäftigen, der 1983 entschied, dass das Urteil von 1967 Bestand habe. Grundlage für die jetzt gefällte Entscheidung der Generalbundesanwältin ist das sogenannte Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile aus dem Jahr 1998. Die Verhängung der Todesstrafe beruhe auf zwei spezifisch nationalsozialistischen Unrechtsvorschriften, erklärte die Bundesanwaltschaft. Diese seien geschaffen worden, um das nationalsozialistische Regime durchzusetzen, und ermöglichten die Verstöße gegen Grundvorstellungen von Gerechtigkeit.

Auch Hillebrand ist sich sicher: ,,Alleine mit einem Todesurteil gegen van der Lubbe konnte nachträglich die Aushebelung der Verfassung durch die Nationalsozialisten gerechtfertigt werden." Daher sei das Urteil des Reichsgerichts aus politischen Gründen ergangen. Vom Tatvorwurf freisprechen will der Berliner Jurist den schnell verhafteten holländischen Anarchisten aber keineswegs: ,,Man kommt nicht darum herum, dass er vor Ort als Brandstifter festgenommen wurde."

Mit der Zerstörung des von den Nazis verhassten Symbols der Demokratie war die Weimarer Republik sinnbildlich in Schutt und Asche versunken. Der beim Brand erst vier Wochen amtierende Reichskanzler Adolf Hitler nutzte das Feuer zum Griff nach der absoluten Macht: Er verschärfte die systematische Verfolgung seiner Gegner und festigte seine Machtposition mit dem ,,Ermächtigungsgesetz". Noch in der Brandnacht wurden Tausende Kommunisten, Sozialdemokraten und Pazifisten eingesperrt. Während van der Lubbe wegen schwerer Brandstiftung für schuldig erklärt wurde, sprach das Gericht vier Mitangeklagte frei.

Historiker streiten weiter
Auch fast 75 Jahre später führen Historiker und Publizisten einen Glaubenskrieg um den spektakulärsten Polit-Kriminalfall der deutschen Geschichte. Kritiker an der Theorie der Alleintäterschaft van der Lubbes betonen immer wieder, ein Einzelner habe den Großbrand nicht ohne fremde Hilfe und systematische Planung entfachen können.
Quelle:Erlanger Nachrichten 11.01.2008

hier mehr dazu über dieses Thema:

Van der Lubbe

mfg
Josef