Autor Thema: Kriegsende im Coburger Land 1945  (Gelesen 833 mal)

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Kriegsende im Coburger Land 1945
« am: Sa, 14. April 2007, 14:11 »
Die Lufwaffe des Gegners und deren Angriffe vor dem 10.April.
<p>
Mit einer hoffnungslosen Unterlegenheit hatte die deutsche Luftwaffe die Abwehrkämpfe an der Invasionsfront geführt. Rund 25 000 Fluzeuge hatten die Alliierten seit dem 6. Juni eingesetzt, denen die Deutsehen zunächst nur eine dreistellige Zahl entgegenzusetzen hatten. Dazu kam, daß durch die Rückzugskämpfe bis zum Rhein erhebliche Verluste die Kampfkraft der deutschen Luftwaffe weiter schwächten. Der Gegner kontrollierte jeden Punkt im Reichsgebiet. Tiefflieger schreckten die Bevölkerung und lähmten den Verkehr. Sie griffen Eisenbahnzüge und beschossen Bauern bei der Feldarbeit. Ausgebrannte Lastwagen gehörten zum Straßenbild. Am 4. April wurden zwischen Neida Neuses mindestens 25 Lastwagen zusammengeschossen und blieben ausgebrannt auf der Strecke. Aus den nachstehend aufgeführten Orten konnten Auskünfte über Fliegerangriffe kurz vor dem Einmarsch Amerikaner eingeholt werden:
« Letzte Änderung: Fr, 02. Juli 2010, 18:26 von Ulla »

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Kriegsende im Coburger Land 1945
« Antwort #1 am: Sa, 14. April 2007, 14:12 »
1944:
31. März   Nachtangriff feindlicher Bomber gilt den Siemens-Werken in Neuhaus-Schierschnitz, Kreis Sonneberg. Die Bomben fallen ins freie Gelände in der Schlüterau zwischen Buch und Neuhaus-Schierschnitz.

1945:
14. Februar   Angriff auf Mitwitz, Häuserschäden

15. Februar   Angriff auf Hofsteinach

18. Februar   Angriff auf Koppelsdorf und Sonneberg und Malmerz

21. Februar   Angriff auf Wörlsdorf, Fürth am Berg und Schwärzdorf; Scheune des Bürgermeisters Schilling in Schwärzdorf brennt

22. Februar   Angriff auf Hildburghausen -- gilt den NorddeumaWerken, Bomben fallen auch in die Heilanstalt, angeblich 137 Tote, Denkmal auf dem Friedhof

23. Februar   Angriff auf einen Personenzug bei Creidlitz

Februar   Angriff auf Bahnhofsgelände in Hildburghausen, zwei Arbeiter aus dem Osten getötet, eine Frau schwer verletzt

Ende März   Angriff auf einen Militärzug bei Trernersdorf - Verwundete werden mit Sankas nach Coburg gebracht - mehrere Tote

4. April   Angriff auf Königshofen, 8 Tote

6. April   Angriff auf Steinbach am Wald, 12 Tote

$. April   Angriff auf Mitwitz, 4 Tote

8. April   Angriff auf den Milchzug bei Großwalbur, 1 Toter, 2 Verletzte

8. April   Angriff auf Königshofen, 4 Soldaten, 1 Zivilperson getötet

8. bis 12. April   Angriffe auf Küps bei Kronach, 2 Soldaten, 2 Zivilpersonen getötet

8. April   Angriff auf Rodach, 1 Toter, 1 Verletzter

8., 9., 10. und 11.April   Angriffe auf Coburg; in diesen Tagen haben 45 Zivilpersonen  durch Fliegerangriffe, Panzer- und Artilleriebeschuß das Leben verloren. Außer den Bomben sind mindestens 1000 Panzer- und Artilleriegranaten auf Coburg abgeschossen worden.

9. und 10. April   Angriff auf Pressig, 1 Toter

10. April   Angriff auf Sonneberg10. April   Angriff auf Neustadt, 16 Tote

10. April   Angriff auf Kronach, 5 Tote

11. April   Angriff auf Kronach, 1 Soldat und 1 Zivilperson getötet

11. April   Angriff auf Stockheim, 1 Toter

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Kriegsende im Coburger Land 1945
« Antwort #2 am: Sa, 14. April 2007, 14:17 »
In den Morgenstunden des 8. April kreiste ein amerikanischer Aufklärer über Rodach. Dabei muß er Truppenbewegungen festgestellt haben. Es wird gesagt, daß eine Schlächterei-Kp. um diese Zeit auf dem „Turnerplatz" der alten Schule bei der Stadtkirche zur Befehlsausgabe angetreten war. Gegen 13.00 Uhr überflogen fünf Flieger die Stadt, warfen etwa 30 Sprengbomben und beschossen Häuser mit Bordwaffen. Schäden entstanden in der Schulgasse, in der Kirchengasse, am Markt, in der Hildburghäuser Straße, in der Unterstadt, in der Coburger Straße. Im Hof des Anwesens des Landwirts Anton Graßmuck wurde die Witwe Amalie Müller tödlich getroffen; sie starb am folgenden Tag im Landkrankenhaus Coburg. Anton Graßmuck wurde verwundet.

Quelle-Das Ende des Zweiten Weltkrieges im Coburger Land (Dr.A.Schubert)

Gruß
Josef

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Kriegsende im Coburger Land 1945
« Antwort #3 am: Sa, 14. April 2007, 14:34 »
Es geht nicht darum, die Truppenbewegungen lückenlos zu registrieren. Das ist nachträglich nicht mehr möglich. Es ist auch schon deshalb nicht möglich, weil auch Einsatzgruppen operierten, die aus unterschiedlichen Stammeinheiten kamen. Das gilt auch für die Waffen-SS, deren Stammeinheiten bis jetzt nicht einwandfrei ermittelt werden konnten.

Nicht ausreichend geklärt ist auch die Kooperation der Waffen-SS mit der Truppenführung des Heeres. Manches spricht dafür, daß Einsatzgruppen mangels Nachrichtenverbindungen manchenorts auf eigene Faust ihren Krieg führten. Seit Ende März zogen so ziemlich durch jedes Dorf deutsche Verbände. Die allgemeine Aufmerksamkeit galt Thüringen, weil von dort die Amerikaner erwartet wurden.

Am 6. April marschierte Waffen-SS in Kompaniestärke von Rodach ,frontwärts Richtung Hildburghausen. Am 8. und 9. April fluteten Verbände der Waffen-SS und der Wehrmacht wieder zurück. Hildburghausen war am 7. April gefallen. In Rodach lag Waffen-SS in der alten
Turnhalle und in der Ziegelei Fladt im Quartier.

Seit Anfang April war in Rodach eine Schlächterei-Kp. einquartiert. In Herbartsdorf lag eine Instandsetzungsabteilung mit mehreren Werkstattzügen; sie kam von Seidingstadt. Außerdem lag in Herbartsdorfeine Pioniereinheit.

In Hetschbach, Grattstadt und Heldritt lag eine Fuhrparkkolonne mit technisch-optischen Geräten. Diese Einheit wurde später im Itzgrund von den Amerikanern überrollt.

Bei Niederndorf hatte sich der Rest eines Stabes mit höheren Offizieren von der Rheinfront durchgeschlagen. Am 8. April rückte diese Einheit in einer Stärke von etwa 50 Mann mit unbekanntem Ziel wieder ab. Sie gab die Aufklärung, daß der Amerikaner nachts keinen Krieg führe, daß aber am frühen Morgen Aufmerksamkeit geboten sei. Wenn der Amerikaner frühmorgens mit „seinem Krieg" beginne, sei er besonders unberechenbar. Der Amerikaner schösse grundsätzlich, wenn er nur den geringsten Verdacht eines Widerstandes habe. Gute Anweisung Rechtzeitig weiße Fahnen raus!

Auf der Fuchsmühle war in den ersten Apriltagen eine Wehrmachteinheit mit einer Stärke von etwa 50 Mann untergebracht. In der Nacht vom 9. zum 10. April war dort ein SS-Kommando in Gruppenstärke und ein Pionierkommando.

In Weißenbrunn vorm Wald hatte sich die Einheit „Korück" fest setzt. Das war ein Kommando für rückwärtige Dienste. Sie hatte Funkverbindung zu allen Truppenteilen der Armee. Außerdem war in We ßenbrunn ein Lager der Organisation Todt. Ein Nachrichtenzug lag im Saal der Gastwirtschaft Fleischmann.

Bei der Sulzbrücke am Goldberg zwischen Beiersdorf und Neuses stellte die Feldgendarmerie versprengte Soldaten zu einer Kampftruppe zusammen. In Schlettach lag eine Spezialkompanie der Wehrmacht mit ihrem Offizier Lettow-Vorbeck. Er war der Sohn des Generals Lettow-Vorbeck, des Verteidigers von Deutsch-Ostafrika im Ersten Weltkrieg.

Etwa am 5. April 1945 meldete sich ein Oberstleutnant bei dem Bataillonsführer des Volkssturmes Flurschütz und bat um Verwendung. Er nahm an den Kämpfen am Stadtberg in Hildburghausen teil und soll dort gefallen sein.

In der Nacht vom 7. zum 8. April kam aus Richtung Holzhausen ein deutscher Panzer den Stöckenrangen herunter und hielt an der Panzersperre an der Rodachbrücke. Der Kommandant des Panzers erklärte, daß er für den Schutzbereichskommandanten in Coburg eine Meldung von kampfentscheidender Bedeutung habe. Er wurde über Rudelsdorf und Rodach nach Coburg weitergeleitet.

Während amerikanische Flugzeuge bereits vor dem 10. April in Rodach auf dem Gänserasen, auf einer Wiese in Schweighof und in Neida  gelandet waren, als ob sie ein Recht dazu hätten, erfolgte in der Turbulenz der Zeiten eine „Truppenbewegung" im „Rodacher Krieg", die sich recht humorvoll anhört:

Für den 10. April 1945 hatten 14 Rodacher Männer im vorgerückten Alter einen Einberufungsbefehl zur Wehrmacht nach Prag. Die 14 Männer wußten es und ganz Rodach wußte es, daß dieser Befehl undurchführbar war und daß es nur noch Stunden dauern konnte, bis die Amerikaner in Rodach waren. Aber keiner getraute sich, zu den Männern zu sagen: Bleibt da! Und sie selber getrauten sich auch nicht. So setzten sie sich in Marsch und kamen bis zum Fuchsberg. Dort erlebten sie aus der Ferne die Eroberung Rodachs. Sie suchten anfangs Schutz unter der Hairasbrücke und beteiligten sich dann an den Löscharbeiten in der Fuchsmühle, die in Brand geschossen worden war.

Als gegen Mittag der Kampflärm verstummte, ging ein Teil von ihnen in die Jägersruh, wo sie ihre Angehörigen wußten. Die anderen kehrten gegen Abend mit einer weißen Fahne an der Marschspitze unbehelligt nach Rodach zurück. Fuchsbergkämpfer werden sie seitdem genannt, fidie 14 Männer aus Rodach mit dem Einberufungsbefehl nach Prag.

Gruß
Josef

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Kriegsende im Coburger Land 1945
« Antwort #4 am: Sa, 14. April 2007, 14:46 »
Bild 1.-Hof des Erffenhauses in Rodach zum alten Friedhof.

Bild 2.-Das war einmal die Bäckerei Bräutigam in Rodach.

Gruß
Josef
« Letzte Änderung: Fr, 02. Juli 2010, 18:25 von Ulla »

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Kriegsende im Coburger Land 1945
« Antwort #5 am: Mo, 16. April 2007, 22:58 »
Schon Tage vor dem 10. April verkündete ein dumpfes Grollen aus dem Gleichberggebiet, westlich vom Straufhain und vom Stadtberg die Nähe des Gegners. Rauchschwaden am Horizont, Tiefflieger und das Vorverlegen des Artilleriefeuers auf Eishausen und Adelhausen ließen keinen Zweifel mehr aufkommen, daß nun auch auch Rodach „dran war". Der Bombenangriff am 8. April, durch den die Witwe Amalie Müller tödlich verletzt und Anton Graßmuck verwundet werden, war nur ein Vorgeschmack. Zurückflutende Wehrmacht erhöhte die Spannung. Als schließlich 200 Männer der Waffen-SS, die in den Kämpfen um Hildburghausen eingesetzt waren, das SS-Kommando in Rodach verstärkten, wußten die Rodacher, was die Uhr geschlagen hatte. Sehr viele Bewohner, Frauen und Kinder, aber auch Männer, legten das Flüchtlingsgepäck zurecht, um die Stadt zu verlassen. Es wurde Ernst. Mit den Männern des Volkssturmes wäre zu reden gewesen; von diesen war keiner dafür zu gewinnen, für ein militärisch sinnloses Unternehmen seinen Namen herzugeben. Aber der Kampfkommandant Hagen ließ keinen Zweifel aufkommen, daß Rodach verteidigt wird. Er ließ nach dem 7. April noch weiter Erdstellungen ausheben und besetzen. Zurückflutende Soldaten wurden zu Kampfeinheiten zusammengestellt. Sie lagen in den Schulen, in der Turnhalle und in Privathäusern. Die Lindenallee in der Hildburghäuser Straße wurde teilweise gesprengt für Panzersperren. An der Rudelsdorfer Straße und auf dem Pummele am Mühlweg entstanden neue Widerstandsnester. Letztere, gut getarnt, ausreichend in Zugstärke besetzt und kriegserfahren angelegt, hätten ein ernst zu nehmendes Hindernis werden können, wenn die Mannschaft die erforderlichen Waffen gehabt hätte.

Am Pummele wurde Widerstand geleistet, desgleichen auch in der Rudelsdorfer Straße. Von anderen Stellen liegen widersprüchliche Angaben vor; jedoch steht fest, daß auch aus anderen Richtungen geschossen wurde. Inzwischen setzte die„ Völkerwanderung" nach der Jägersruh ein. Die Gebäude dieser Waldgaststätte waren von Müttern mit Kindern überfüllt. Hunderte machten sich im Wald ein Strohlager zurecht-es war ja sommerliches Wetter-oder richteten die Felsenkeller „wohnlich" her. Ein anderer Flüchtlingsstrom ergoß sich nach Michelsdorf, zu abgelegenen Stellen am Schleichersberg, wo heute das Thermalbad steht, zum Kleinen Georgenberg (Petschesberg), zum Weberleaberg an der alten Kiesgrube und in die Mulde. Auch der Georgenberg mit seinem rückwärtigen Gebiet, am Hasensteig, am Arbeitsdienstweg und Hainles war Zufluchtsort von „Schutzflehenden". Der Reith wurde nur vereinzelt aufgesucht. Vom Meisterberg aus beobachteten Späher die Vorgänge in Rodach.

Die Panzersperren waren nicht besetzt, obwohl Hagen einen entsprechenden Befehl erteilt hatte.

Am 10. April gegen 5 Uhr -- es war ein Dienstag   meldeten sich die Amerikaner lautstark durch Artilleriebeschuß an. Dann folgte eine lange und beängstigende Pause. Gegen 8 Uhr überflogen mehrere Jagdbomber im Tiefflug die Stadt und verursachten etwa zehn Brandherde. Gleichzeitig setzte Beschuß durch Panzer und Artillerie ein, deren Feuer von Aufklärungsflugzeugen geleitet wurde. Gegen 9 Uhr trat eine Feuerpause ein. Löschversuche der Feuerwehr mußten aufgegeben werden, weil es nach einer halben Stunde erneut und in stärkerem Ausmaß Granaten auf Rodach hagelte. Soweit die Bevölkerung in der Stadt geblieben war, ließ sie verängstigt oder in Gleichmut in den Kellern das Donnerwetter über sich ergehen. Verluste durch Volltreffer oder Kellereinstürze und durch Rauchvergiftungen sind nicht entstanden. In der Hildburghäuser Straße Nummer 2 hätte es leicht dazu kommen können. Der Keller konnte nur durch eine Falltür verlassen werden, und darüber schwelte und loderte Feuer. Amerikanische Soldaten waren es, die an der lebensgefährlichen Stelle das Feuer eindämmten und mit nassen Tüchern dafür sorgten, daß die Falltür geöffnet werden konnte.

Sehr viele der Soldaten hatten gemeinsam mit der Bevölkerung Schutz in den Kellern gesucht. Das erklärt vielleicht die geringen Verluste im Vergleich zum Ausmaß der Zerstörung. Zwei Soldaten sind gefallen, mehrere wurden verwundet. Von diesen sollen einige noch gestorben sein. Die meisten Soldaten krochen nach dem Einmarsch aus den Kellern, lieferten ihre Waffen ab, soweit sie noch Waffen hatten, und ließen sich gefangennehmen. Einige SS-Männer flohen Richtung Schweighof und Fuchsberg. Die letzten Soldaten - es waren SS-Männer - wurden nachts durch Zuruf aus dem Friedhof geholt, wo sie sich hinter Grabsteinen versteckt hatten.

Acht Soldaten der Wehrmacht lagen bei Rosa Strecker im Keller. Ein „verrückter Hund" wollte amerikanische Infanterie, die sichernd die Gartenstraße herunterkam, aus dem Kellerloch heraus mit Gewehrfeuer empfangen. Erboste Frauen schlugen ihm das Gewehr aus der Hand. Schließlich flüchteten die acht Soldaten auf Fahrrädern im Schutze der Hintergebäude über den Brühlsteg Richtung Gauerstadt.

Der Kampfkommandant Hagen fiel in der äußeren Heldritter Straße den Amerikanern in die Hand. Über seine Tätigkeit in den letzten vier Stunden liegen keine Berichte vor.

Gegen Mittag war jeder Versuch eines Widerstandes erstickt. Mit Panzern und abgesessener Infanterie drangen die Amerikaner in Rodach ein. Am Marktplatz wurden die Gefangenen gesammelt und abtransportiert. Ab 13 Uhr fuhren stundenlang Heeresfahrzeuge durch Rodach.

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Kriegsende im Coburger Land 1945
« Antwort #6 am: Mo, 16. April 2007, 23:06 »
In Rodach mußten das Leben lassen:

Alma Völker, Wiesenweg 12

Wilhelmine Götz, Kupferschmieds-Minna genannt, Heldburger Str. 25

Helene Schreyer, Gerbergasse 26

Alma Müller, Gerbergasse 4

Auguste Ritz, Färbergasse 19

Reinhold Luthardt, Heldburger Straße 30

Prane Janeariene aus Litauen, Wiesenweg 12

Biruta Ona Jancyte, Sportlehrerin aus Litauen, Heldritter Straße 1

Ursula Most, geborene Engel

zwei Schwestern Brauer

zwei Soldaten

Alma Müller starb am 9. April im Landkrankenhaus Coburg an ihren Verletzungen, die sie bei dem Bombenangriff am Tag zuvor erlitten hatte, und Auguste Ritz in Meiningen in einem amerikanischen Militärlazarett. Ursula Most ist 1949 in Berlin nach qualvollem Siechtum ihren Verletzungen erlegen. Helene Schreyer, Wilhelmine Götz und Reinhold Luthardt wurden gleichzeitig von einer Granate getötet. Alma Völker und die beiden Litauerinnen wurden am Birkenweg im Rodachgrund vom Tod ereilt. Der eine Soldat lag schwer verwundet an einer Baumreihe in der Nähe der heutigen Lönsstraße; er starb im Rodacher Feldlazarett. Der andere fiel an der Leichenhalle. Zu den Opfern des Krieges sind auch die Schwestern Brauer zu rechnen. Sie wurden an der Abzweigung des Waldweges von den Dicken Bergen zum Straufhain tot aufgefunden.

Am 27. Mai forderte der Krieg noch einmal drei Opfer. Der 10jährige Helmut Pfeiffer, der etwa gleichaltrige Günther Lange und sein 5jähriger Bruder wurden beim Hantieren mit aufgefundenen Handgranaten an einem ausrangierten Geländewagen in der äußeren Hildburghäuser Straße zerrissen. Die Geschwister Lange waren sofort tot, Helmut Pfeiffer starb auf dem Weg ins Krankenhaus in einem amerikanischen Sanitätswagen.

Verwundet wurden:

Anton Graßmuck, Gerbergasse 4

Paula Wank, Coburger Straße 21

einige Soldaten.

Anton Graßmuck trug eine Splitterverletzung im Hüftgelenk davon. Paula Wank wurde mit Schußbruch des Beines in den amerikanischen Militärlazaretten Alsfeld Lind Lautertal in Hessen ausgeheilt. Erst im Spätsommer erhielten ihre Angehörigen Nachricht, und sie konnte mit einem „Holzvergaser" abgeholt werden.

Eine beachtliche Anzahl von schwerverwundeten Soldaten wurde von den Amerikanern nach rückwärts geschafft. Nach unbestätigten Meldungen sollen von diesen Verwundeten noch einige gestorben sein.
Nach den Aufzeichnungen des damaligen Feuerwehrkommandanten Gottfried Kaiser sind folgende Gebäude vollkommen zerstört oder beschädigt worden:

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Kriegsende im Coburger Land 1945
« Antwort #7 am: Mo, 16. April 2007, 23:19 »
Vollständig zerstört:

Braugasse 2   
Hildburghäuser Straße 2
Braugasse 3   
Hildburghäuser Straße 3
Braugasse 6   
Hildburghäuser Straße 5
Heldburger Straße 1   
Hildburghäuser Straße 6
(Turnhalle)   
Hildburghäuser Straße 24
Heldburger Straße 2   (Spittel)
Heldburger Straße 3   
Hildburghäuser Straße 59
Heldburger Straße 4   
Coburger Straße 34
Heldburger Straße 5   
August-Grosch-Straße 37
Heldburger Straße 6   
Gartenstraße 7
Heldburger Straße 8   
Schloßplatz 2 (Kindergarten)
Heldburger Straße 12   
Schloßplatz 3 (Zehntstadel)
Herrengasse 11          
Färbergasse 15
Herrengasse 13               
Färbergasse 18

Zu 9/10 zerstört:
Färbergasse 20   
August-Grosch-Straße 47a
Hildburghäuser Straße 19 (Scheune)
August-Grosch-Straße 47b
August-Grosch-Straße 47

Zu 7/10 zerstört:
Braugasse 6   
Markt 4

Zu 6/10 zerstört:
Feldstraße 8   
Hildburghäuser Straße 7
Danziger Straße1

Zu 5/10 zerstört:
Kirchgasse 7   
Heldburger Straße 10
Färbergasse 2   
Schloßplatz 4 (Rückertschule)
August-Grosch-Straße 7

Zu 4/10 zerstört:
Alexandrinenstraße 8   
Hildburghäuser Straße 9
Coburger Straße 36   
Markt 16

Zu 3/10 zerstört:
Feldstraße 2   
Auweg 6
Färbergasse 6   
Markt 5
Färbergasse 11   
Markt 6
Coburger Straße 24   
Mönchszehnt 4
Coburger Straße 49   
Gerbergasse 22
Alexandrinenstraße 5   
Herrengasse 6

Zu 2/10 zerstört:
Rückertstraße 9
Saarstraße 26
Markt 8                 
Heldburger Straße 13
Markt 9               
Heldburger Straße 26
Markt 12   
Coburger Straße 6
Markt 15   
Coburger Straße 10
Markt 17   
Coburger Straße 14
Markt 20   
Coburger Straße 18
Hildburghäuser Straße 13   
Steinerer Weg 2
Hildburghäuser Straße 16   
Feldstraße 1

Zu 1/10 zerstört:
August-Grosch-Straße 46

Diese Einstufung nach Zehnteln soll nur einen Eindruck von den schlimmsten Zerstörungen vermitteln. In Wirklichkeit hatte wohl so gut wie jedes Haus Beschädigungen aufzuweisen, gar nicht erst zu reden von den eingedrückten Fensterscheiben und den zerschlagenen Dachziegeln. Auch die schwer beschädigte Johannniskirche ist nicht mit erfaßt. In drei großen Bauabschnitten ein Millionenprojekt wurde die Johannniskirche bis zum Jahre 1973 restauriert. Desgleichen war auch die Salvatorkirche (Friedhofskirche) arg angeschlagen. Sie strahlt heute wieder im neuen Glanz.

Bild-Blick vom Amtsgerichtsgebäude zur Hildburghäuser Straße.Der Kupferturm,ein Wahrzeichen Rodachs,überstand beschädigt den Angriff.

Gruß
Josef
« Letzte Änderung: Fr, 02. Juli 2010, 18:25 von Ulla »

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Kriegsende im Coburger Land 1945
« Antwort #8 am: Fr, 20. April 2007, 23:29 »
Die ersten Gefangenen wurden in Rodach auf dem Marktplatz zusammengetrieben. Auch bei dem Bäcker Meyer an der Abzweigung zur August-Grosch-Straße standen Männer mit verschränkten Armen im Nacken. Wenig später fuhren bei Haus Kulze/Wohlleben erneut Panzer auf. Eine Wiese im Flußwinkel Marbach-Rodach wurde mit einem weißen Band umsteckt und rundum mit Maschinengewehren bestückt. Auf dieser Wiese wurden im Laufe der nächsten Tage rund 4000 deutsche  Soldaten zusammengepfercht. Sie wurden aus der ganzen Gegend zusammengefahren, und nachdem sich die Amerikaner etwas heimischer  fühlten, wagten sie sich auch gelegentlich in Wälder oder an den Waldrand und brachten Gefangene mit. Das Gefangenenlager bestand bis etwa Mitte Mai. Ein großer Teil wurde dann verlegt, einige wurden von Rodach aus entlassen.

Der Kommandant des Lagers hieß Schumann. Er war in der Post  untergebracht. Die Verpflegung war sehr schlecht. Dazu kam, daß Ende April/Anfang Mai eine Regenperiode einsetzte, die von den Gefangenen körperlich und seelisch die letzten Reserven verlangte. Schließlich wurden sie gruppenweise in die Fabrikanlagen der Firma Siemens geholt, wo man sie über ihre politische Vergangenheit ausquetschte, Männer der Waffen-SS wurden sofort zur Einweisung in ein Sonderlager isoliert.

Jeden Tag standen Frauen aus Rodach auf Abstand an dem weißen Band mit Brot, das sie sich selber abgehungert hatten, oder mit Töpfen voller Essen. Ob sie ihre Gaben auch loswurden, das kam ganz auf die Bewacher an. Manche waren sogar sehr freundlich und erlaubten den Zutritt zum Lager. Eine bevorzugte Stellung besaß Frau Kulze als Anliegerin und als Betreuerin der Wachmannschaften. Unabhängig von dieser Vertrauensstellung stand das Haus Kulze mit Einbruch der Dunkelheit unter strenger Bewachung. Die Scheinwerfer streiften ihre Strahlenbündel über das ganze Lager. In diesem Lager waren auch Robert Hoffmann, Julius Völker und Ewald Schirm aus Rodach eingesperrt. Robert Hoffmann kam auf Krücken mit einem Streckverband und mit einem Gehgips Ende März mit Fieber nach Rodach. Er wurde in diesem Zustand aus seiner Wohnung geholt und so auch auf der Wiese unter freiem Himmel gefangengehalten. Eine Vergünstigung bestand darin, daß er bei Kulze zum Austreten gehen durfte. Julius Völker hatte ebenfalls einen Gipsverband. Die ärztliche Betreuung des Lagers unterlag einem deutschen Arzt und deutschem Sanitätspersonal. Sie waren Kriegsgefangene.

Gruß
Josef

 


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