Autor Thema: Kriegsende in Franken 1945!  (Gelesen 8938 mal)

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Kriegsende in Franken 1945
« Antwort #40 am: So, 01. April 2007, 12:52 »
Der Verhandlungstermin vor dem Landgericht Ansbach war für die Zeit vom 10.-14.12.1946 festgesetzt. Schließlich verurteilte die Strafkammer am 14.12.1946 den Angeklagten Meyer wegen eines Verbrechens des Totschlags zu einer Zuchthausstrafe von 10 Jahren, Hauenstein wegen eines Verbrechens der Beihilfe des Totschlags zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten und Zippold ebenfalls wegen Beihilfe zum Totschlag zu 1 Jahr Gefängnis. Den Angeklagten Wechsler, der von Hauenstein mit der Beschaffung des „Henkerstricks" beauftragt worden war, sprach man frei. Bei Meyer hat das Gericht die Anrechnung der U-Haft auf die Strafe abgelehnt, weil er sich dauernd in Haft der Besatzungsmacht befand. Statt dessen wurden Hauenstein 6 Monate und Zippold 8 Monate der verbüßten U-Haft auf die Gefängnisstrafe angerechnet.

Alle Beteiligten fochten das landgerichtliche Urteil durch Revision an. Im Fall Hauenstein konnte die Berufungsinstanz das Verfahren nicht mehr zur Entscheidung bringen, da er am 31.3.1947 einem Herzleiden erlag. Meyer und Zippold konnten laut Beschluß des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20.5.1947 erreichen, daß der Spruch vom 14.12.1946 aufgehoben und das Verfahren erneut aufgegriffen werden sollte. Allerdings wurde Meyers Antrag auf Anrechnung der U-Haft strikt abgelehnt. Daraufhin fällte die Strafkammer des Landgerichts Ansbach in ihrer Sitzung vom 28.8.1947 folgendes Urteil: Meyer wurde die vom 16.10.1945 bis 19.5.1947 verbüßte U-Haft auf die Strafe angerechnet; demnach wurde das Strafende auf den 16.10.1955 festgesetzt. Zippold wurde freigesprochen.

Meyer war bereits am 20.6.1947 wegen Herzschwäche ins Ansbacher Krankenhaus und 3 Tage später wegen eines Nervenzusammenbruches in die Heil- und Pflegeanstalt eingeliefert worden. Nach Mitteilung eines leitenden Arztes vom 15.10.1947 wurde der Verurteilte Meyer als haftfähig bezeichnet und noch am selben Tag in das Landgerichtsgefängnis zurückgebracht. Am 16.10.1947 um 17 Uhr übergab man ihn der Stadtpolizei Ansbach zur Überführung in die Strafanstalt Kaisheim bei Donauwörth.

Der Anwalt Meyers richtete am 24.5.1948 ein erstes Gnadengesuch an die Strafkammer. Hieraus ein Auszug: „Untadelige Führung in seinem bisherigen Leben, korrekter, verantwortungsbewußter, sittlich hochstehender und tief veranlagter Mensch. Strafe zu hart im Vergleich zu anderen Urteilen. Dem Dr. Meyer sei sein unerschütterliches Pflichtbewußtsein zum Verhängnis geworden. Seine Tragik sei es, daß er die damalige Gesamtlage infolge des ihm innewohnenden Charakterzuges der Treue und des Pflichtgefühls, sowie seiner vom soldatischen aus zu beurteilenden Vaterlandsliebe, nicht mit der nötigen Klarheit übersehen habe. Notlage der Familie. Schlechter Gesundheitszustand, außerordentlich schwerer Druck, den der Strafvollzug auf Dr. Meyer ausübe, sodaß er dem Wahnsinn zu verfallen drohe, nachdem er bereits einen Nervenzusammenbruch erlitten habe". Die Kammer hielt das Gesuch zu verfrüht, zumal auch der Vorstand der Strafanstalt Kaisheim nach einem Schreiben vom 8.2.1949 überaus negativ über Meyer urteilte: „Meyer macht sich immer mehr als recht schwieriger Gefangener bemerkbar, der die Maßnahmen des Strafvollzugs kritisiert und sich zum ausgesprochenen Querulanten entwickelt. ( ... ) Seiner Persönlichkeit nach ist er ein unbelehrbarer Fanatiker, der stur an seiner selbstherrlichen Auffassung über seine Verurteilung festhält. Durch die Tatsache, dass er jede Schuld ableugnet und sich als zu Unrecht verurteilt fühlen will, gerät er in schwere seelische Konflikte, die eine erhebliche Haftpsychose hervorrufen. ( ... ) Die verbüßte Strafzeit kann meines Erachtens noch nicht als ausreichende Sühne angesehen werden, ich spreche mich daher für Ablehnung des Gesuchs aus". Ein zweiter „Anlauf" Meyers vom 26.9.1950 scheiterte ebenfalls.

Trotz etlicher Leumundszeugen konnte eine Begnadigung erst Ende 1951 erreicht werden. Gemäß der Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 28.11.1951 wurde mit Wirkung vom 20.12.1951 die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe unter Bewilligung einer Bewährungsfrist bis 1.1.1955 ausgesetzt. Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 15.12.1954 war eine neuerliche Bestrafung nicht erfolgt. Die Reststrafe galt daher als erloschen.

Meyer war nach seiner Entlassung aus dem Zuchthaus am 19.12.1951 bis zum Herbst 1952 arbeitslos, obwohl er sich sofort nach seiner Rückkehr nachweislich um Arbeit bemüht hatte. Seine Einstellung scheiterte aber immer wieder aufgrund seiner Vorstrafe. Schließlich konnte er bei der Fa. Elektro-Gerätebau Blanc & Fischer in Oberderdingen/Württemberg in seinem Beruf als Physiker arbeiten.

Quelle-Geschichte Ansbachs (D.Fitz)

Gruß
Josef

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Re:Kriegsende in Franken 1945!
« Antwort #41 am: Mo, 18. Oktober 2010, 21:08 »
Als die US-Truppen im April 1945 in Nürnberg einmarschierten, verkrochen sich W. Maile und seine Familie in einem Luftschutzkeller. Vier Tage ertrugen sie den Kugelhagel über ihren Köpfen, bis die Wehrmacht endlich kapitulierte. Zur Überraschung waren die GIs freundlich - und verschenkten Kaugummi.


Die Amerikaner rückten immer näher an Nürnberg heran. Aschaffenburg hatte kapituliert und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Nürnberg erobert werden würde. Mein Bruder, meine Schwester und ich waren wieder zu Hause. Gegen Mitte April dachten wir ernsthaft daran, unser Haus zu verlassen und uns in der Umgebung des Vororts Laufamholz eine Felsenhöhle als bombensicheren Unterschlupf zu suchen.

Vater verwarf jedoch diese Lösung und wir beschlossen, im Privatbunker neben unserem Haus zu kampieren. Das Nachbarhaus war total abgebrannt. Die Bewohner waren entweder evakuiert worden oder geflüchtet. Niemand nutzte den Luftschutzkeller mehr. Dann kam der 17. April 1945, Mutters Geburtstag. Plötzlich heulten die Sirenen im minutenlangen Dauerton. Das war kein Fliegeralarm mehr, sondern Panzeralarm!

Wir verließen fluchtartig unser Haus und gingen in den Bunker - voller Angst und Ungewissheit. Nach einiger Zeit gesellte sich auch noch der Bahnhofsvorstand mit seiner Frau zu uns. Die amerikanischen Truppen hatten Nürnberg umzingelt: Etwa tausend Panzer, Geschütze und eine ganze Division standen vor den Toren der Stadt. Sie drangen von Norden und Osten vor und eroberten einige Vororte, darunter auch nach kurzen heftigen Kämpfen Laufamholz.

Angst vor aufgeschlitzten Bäuchen

Das Rasseln der Panzerketten, die stundenlang auf der Autobahn dröhnten, war fast unerträglich geworden. Plötzlich hörten wir einen Panzer und einige Jeeps in unserer Straße vorfahren. Wir wurden aus dem Bunker geholt. Mehrere Amerikaner in voller Kampfmontur standen vor uns. Mein Vater musste mit ihnen ins Haus gehen. Sie nahmen ihm seine Orden aus dem Ersten Weltkrieg ab und zerbrachen die Läufe von zwei Luftdruckgewehren, die uns Jungen gehörten.

Als ich aus dem Bunker wankte, stand plötzlich ein schwarzer GI vor mir. Ich erschrak furchtbar, denn in der Nazi-Hochschule hatte man uns beigebracht, dass die "Neger" den kleinen Kindern und Jugendlichen den Bauch aufschlitzen und das Herz herausreißen. Und nun dachte ich, uns würde dasselbe Schicksal blühen.

Aber das Gegenteil war der Fall, der Schwarze lächelte uns an und schenkte jedem einen Kaugummi! Uns fiel ein Stein vom Herzen!

Zwischen den Fronten

Die Amerikaner benahmen sich human und richteten im Haus kaum Schaden an. Dann kam eine größere Kampfeinheit mit Panzern und Artilleriegeschützen und grub sich etwa 200 Meter östlich unseres Hauses am Waldrand ein. Eine missliche Situation, denn 500 Meter in westlicher Richtung stand eine Deutsche Flakbatterie mit etwa zwölf Geschützen Kaliber 8,8 cm. Sie wurden hauptsächlich zur Flugzeugabwehr eingesetzt, dienten aber im Endkampf auch als Waffen gegen Panzer.

Hier amerikanische Artillerie, dort deutsche Geschütze - und wir waren mittendrin. Hätten sie aufeinander geschossen, wäre Laufamholz unweigerlich total zerstört worden, wobei die "Amis" natürlich auch noch auf ihre unbegrenzte Luftüberlegenheit zurückgegriffen hätten.
Dann das große Glück! Die Flakbesatzung, meistens einige ältere Soldaten und sonst junge Volkssturmsoldaten kaum älter als 16 Jahre, flüchteten - sprengten vorher jedoch noch die Geschützverschlüsse.

Das war unsere Rettung, denn es gab keine Gegenwehr mehr. Die amerikanische Artillerie schoss über unser Haus Richtung Stadtzentrum und wir verkrochen uns wieder im Bunker. Plötzlich machte das Gerücht die Runde, dass es in der verlassenen Flakstellung noch reichlich Lebensmittel und Schuhe gab.

Hakenkreuz gesprengt

Meine Schwester und mein Bruder rannten noch während des amerikanischen Beschusses unter höchster Lebensgefahr zur Flakstellung und kamen beladen mit köstlichen Lebensmitteln wie Hartwürsten, Speck, Konserven und mit Wehrmachtsstiefeln zurück. Währenddessen saß ich mit meinem Vater und meiner Mutter nur noch zitternd und heulend im Bunker.

Die Wehrmacht verteidigte die Stadt der Reichsparteitage, die nicht mehr als ein Schutthaufen war, noch vier Tage lang. Der Stadtkommandant Karl Holz hatte Hitler in seinem letzten Funkspruch nach Berlin versprochen, "die deutscheste aller Städte" bis zum letzten Atemzuge zu verteidigen. Er fiel dann als einer der Letzten im Kampf im Polizeihauptquartier am 20. April 1945.

An diesem Tag, dem Geburtstag Hitlers, sprengten die Amerikaner das riesige Hakenkreuz auf der Ehrentribüne des Zeppelinfeldes in Nürnberg. Dieses Bild ging um die ganze Welt! Für uns war damit der Wahn dieses Weltkriegs auch symbolisch beendet. Möge Gott verhüten, dass jemals wieder so eine schreckliche Zeit über Deutschland und die Welt hereinbricht!
Quelle:Der Spiegel März 2010

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Re: Kriegsende in Franken 1945!
« Antwort #42 am: So, 01. Juli 2012, 08:23 »
67 Jahre nach Kriegsende
Soldat in der Rednitz entdeckt

hier der Artikel dazu (Quelle:Bild vom 29.06.2012

 


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